TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/14 W131 2189547-1

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Veröffentlicht am 14.10.2019
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Entscheidungsdatum

14.10.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W131 2189547-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag Reinhard GRASBÖCK über die Beschwerde der mj XXXX , geb XXXX , StA Afghanistan, vertreten durch ihre Mutter XXXX , diese vertreten durch RA Mag Robert BITSCHE, Nikolsdorfergasse 7-11/15, 1050 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.02.2018, Zl XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs 1 iVm § 34 Abs 2 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt.

II. Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Die minderjährige Beschwerdeführerin (= Bf) reiste im Jahr 2016 gemeinsam mit ihren Eltern (darunter ihre Mutter XXXX ) und ihren vier Geschwistern schlepperunterstützt und unter Umgehung der Einreisebestimmungen in das Bundesgebiet ein und stellte (vertreten durch ihre Mutter) am 02.10.2016 - ebenso wie ihre Eltern und ihre Geschwister - einen Antrag auf internationalen Schutz. In Österreich wurde eine weitere Schwester der Bf geboren, für die ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz im Familienverfahren gestellt wurde.

2. Der Antrag der Bf auf internationalen Schutz wurde mit dem angefochtenen Bescheid vom 12.02.2018 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten als auch einer subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und mit gleichem Bescheid die Ausweisung der Bf nach Afghanistan verfügt.

3. Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig Beschwerde erhoben.

4. Der Mutter der Bf, XXXX , wurde mittlerweile mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (= BVwG) vom 14.10.2019, W131 2189549-1/13E, der Asylstatus zuerkannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen: 1. Feststellungen:

Die Bf führt den Namen XXXX , ist am XXXX geboren und Staatsangehörige von Afghanistan.

Die Bf reiste im Jahr 2016 gemeinsam mit ihren Eltern (darunter ihre Mutter XXXX ) und ihren vier minderjährigen Geschwistern in das Bundesgebiet ein und stellte am 02.10.2016, vertreten durch ihre Mutter, einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu diesem Zeitpunkt war die Bf minderjährig und ledig.

In Österreich wurde eine weitere Schwester der Bf geboren, für die ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz im Familienverfahren gestellt wurde.

Die Bf hält sich derzeit gemeinsam mit ihren Eltern und ihren Geschwistern im Bundesgebiet auf.

Die Bf ist aufgrund ihres Alters strafunmündig und daher in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Mit Erkenntnis des BVwG vom 14.10.2019 wurde der Beschwerde der Mutter der Bf ( XXXX , W131 2189549-1/13E) stattgegeben und ihr der Staus einer Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 zuerkannt sowie festgestellt, dass ihr damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Im Falle der Mutter der Bf ist kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen betreffend die Person der Bf gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben ihrer Eltern vor der belangten Behörde und dem BVwG. Das BVwG hat keine Veranlassung, an diesen - im gesamten Verfahren gleich gebliebenen - Aussagen zu zweifeln. Die Identität der Bf steht mit für das Verfahren ausreichender Sicherheit fest.

Die übrigen Feststellungen ergeben sich aus den Gerichtsakten der Bf und ihrer Mutter sowie den diesbezüglich vorgelegten Verwaltungsakten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt A) - Stattgabe der Beschwerde:

Im vorliegenden Fall wurde der Mutter der Bf mit Erkenntnis des BVwG vom 14.10.2019, W131 2189549-1/13E, der Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 zuerkannt und festgestellt, dass dieser gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Anhand der Ermittlungsergebnisse war davon auszugehen, dass sich die Mutter der Bf angesichts ihrer auf ein selbstbestimmtes Leben gerichteten Einstellung ("westliche Gesinnung") aus wohlbegründeter Furcht wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe verfolgt zu werden, außerhalb Afghanistans befindet und in Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren (vgl das Erkenntnis des BVwG vom 14.10.2019, W131 2189549-1/13E). Es liegt auch in Bezug auf die Mutter der Bf keiner der in Art 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- und Ausschlussgründe vor.

Gemäß § 34 Abs 2 iVm Abs 5 AsylG 2005 hat das BVwG aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist und gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7 AsylG 2005).

Gemäß § 2 Abs 1 Z 22 AsylG 2005 ist "Familienangehöriger", wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits vor der Einreise bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise bestanden hat.

Die minderjährige und im Zeitpunkt der Antragstellung ledige Bf ist die Tochter von XXXX (Bf zu W131 2189549-1) und daher als Familienangehörige iSd § 2 Abs 1 Z 22 AsylG 2005 zu betrachten.

Die Bf ist strafunmündig und daher nicht straffällig geworden. Gegen die Mutter der Bf ist kein Asylaberkennungsverfahren anhängig.

Der Bf war daher gemäß § 34 Abs 4 AsylG 2005 der gleiche Schutzumfang, dh der Status der Asylberechtigten nach § 3 Abs 1 AsylG 2005, zuzuerkennen, ohne dass allfällige eigene Fluchtgründe zu beurteilen waren.

Der Beschwerde war daher stattzugeben und der Bf gemäß § 3 Abs 1 iVm § 34 Abs 2 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuzuerkennen. Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass der Bf damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz (und auch jener der Mutter der Bf) wurde am 02.10.2016 - und somit nach dem 15.11.2015 - gestellt, wodurch insbesondere § 2 Abs 1 Z 15 und § 3 Abs 4 AsylG 2005 ("Asyl auf Zeit") gemäß § 75 Abs 24 leg cit im konkreten Fall Anwendung finden. Dementsprechend kommt der Bf eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltsberechtigung zu, welche sich in eine unbefristete Aufenthaltsberechtigung umändert, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird.

3.2. Zu Spruchpunkt B) - Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor (Zur unproblematischen Anwendung des § 34 AsylG 2005 auch im Zusammenhang mit dem Begriff des Familienangehörigen gemäß § 2 Abs 1 Z 22 AsylG 2005 im Familienverfahren siehe etwa die Erkenntnisse des VwGH vom 26.06.2007, 2007/20/0281; vom 09.04.2008, 2008/19/0205; vom 25.11.2009, 2007/01/1153; vom 24.03.2011, 2008/23/1338, sowie vom 06.09.2012, 2010/18/0398).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen, befristete
Aufenthaltsberechtigung, Familienverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W131.2189547.1.00

Zuletzt aktualisiert am

02.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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