Entscheidungsdatum
15.10.2019Norm
AsylG 2005 §12a Abs2Spruch
W102 2179350-2/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Dr. Werner ANDRÄ als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX (alias XXXX ) geb. am XXXX (alias XXXX ), StA. Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den gegen den mündlich verkündeten Bescheid (protokolliert in der Niederschrift vom 09.10.2019) zur FZ XXXX des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 22 Abs. 10 AsylG als unbegründet
abgewiesen. Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG rechtmäßig.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Am 21.07.2015 stellte der Beschwerdeführer, afghanischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken und der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam, nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz, den er damit begründete, er und sein Vater seien von den Taliban bedroht worden. Sie hätten sie aufgefordert, für sie Waffen zu transportieren, dies hätten sie einmal gemacht und sich dann geweigert. Sie hätten dies auch den Sicherheitsbehörden mitgeteilt und dabei gebeichtet, dass sie einmal Waffen transportiert hätten.
Am 20.10.2017 gab der Beschwerdeführer in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen an, sein Vater und er seien von den Taliban aufgefordert worden, mit ihrem LKW Waffen zu transportieren. Beim ersten Mal hätten sie den Transport durchgeführt. Beim zweiten Besuch der Taliban hätten sie nur zum Schein zugestimmt und am nächsten Tag Anzeige bei der Polizei erstattet. Vier bis fünf Tage nach der Anzeige seien die Taliban nachts erneut gekommen und hätten gesagt, sie hätten von der Anzeige erfahren und würden die gesamte Familie ausrotten. Das Problem mit der Polizei habe sich von selbst geklärt.
Mit Bescheid vom 06.11.2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei und gewährte ihm eine für die freiwillige Ausreise eine Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 18.08.2018 führte der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt aus, die Taliban hätten den Vater zum Waffentransport aufgefordert. Der Beschwerdeführer und sein Vater seien der Forderung nachgekommen. Am nächsten Tag seien sie zur Polizei gegangen und hätten Anzeige erstattet. Die Polizei hätte gesagt, sie seien schuldig. Sie hätten einen Anwalt genommen und seien wieder freigelassen worden. Am nächsten Tag in der Nacht seien die Taliban gekommen und hätten gedroht, sie zu töten.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.01.2019, W242 2179350-1/13E wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, das Fluchtvorbringen sei nicht glaubhaft. Der Beschwerdeführer drohe bei Rückkehr nach Kunduz ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit, er könne sich jedoch in Herat oder Mazar-e Sharif ansiedeln, wo junge, alleinstehende Männer sich auch ohne familiäre Unterstützung ansiedeln könnten. Ein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 EMRK drohe im Fall der Verbringung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat nicht.
Die außerordentliche Revision des Beschwerdeführers gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.01.2019 wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 25.06.2019, Ra 2019/19/0067, zurückgewiesen.
2. Am 01.10.2019 wurde der Beschwerdeführer aus Frankreich nach Österreich rücküberstellt, wo er am 20.02.2019 einen Asylantrag gestellt hatte.
Am 01.10.2019 gab der Beschwerdeführer in seiner Erstbefragung zum Folgeantrag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes an, seine alten Asylgründe würden noch gelten, weitere Gründe habe er nicht.
Mit Schreiben vom 04.10.2019 übermittelte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 29.06.2018, letzte Kurzinformation eingefügt am 04.06.2019 und gab ihm Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme.
Am 09.10.2019 wurde der Beschwerdeführer zum Antrag auf internationalen Schutz niederschriftlich einvernommen und gab an, die alte Geschichte sei aktuell. Die Sicherheitslage in der Provinz Kunduz sei sehr schlecht, Kunduz sei vor kurzem von den Taliban überfallen worden und seine Familie sei von dort nach Kabul geflüchtet. Die Taliban hätten auch erfahren, dass er in Frankreich gewesen sei und seien bei seiner Familie gewesen. Als er damals die Behörden informiert habe, sei eine höhere Person von den Taliban ermordet worden, diese Geschichte würden sie nie vergessen.
3. Mit mündlich verkündetem Bescheid vom 09.10.2019 sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gegenüber dem Beschwerdeführer aus, dass der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG gemäß § 12a AsylG aufgehoben werde.
Am 11.10.2019 langte der Akt bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichts ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen, geboren am XXXX und ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan, Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Dari. Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat keine Kinder. Er wurde in der XXXX , Provinz XXXX , geboren, wo er bis zu seiner Ausreise lebte.
Der Beschwerdeführer reiste nach Abweisung seiner Beschwerde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.01.2019 nach Frankreich aus, wo er am 20.02.2019 einen Asylantrag stellte. Er kehrte am 01.10.2019 ins Bundesgebiet zurück. Änderungen im Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers seit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.01.2019 können nicht festgestellt werden.
Als Fluchtgründe zum Folgeantrag beruft sich der Beschwerdeführer auf die Talibanbedrohung, die bereits im ersten Verfahren Gegenstand seines Fluchtvorbringens war und ergänzt, dass die Taliban erneut bei seiner Familie in Kunduz nach ihm gefragt und gewusst hätten, dass er in Frankreich gewesen sei. Ansonsten gibt er im Wesentlichen an, dass sich die Sicherheitslage in Kunduz verschlechtert hat und Kunduz vor kurzem von den Taliban attackiert wurde. Die Familie sei nunmehr in Kabul aufhältig.
Der Beschwerdeführer leidet an keiner schweren oder lebensbedrohlichen Krankheit.
Eine wesentliche Änderung der Sicherheits- und Versorgungslage ist seit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.01.2019 insbesondere in Herat und Mazar-e Sharif nicht eingetreten.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt.
Die Feststellungen zu Identität, Staatsangehöriger, Volksgruppenzugehörigkeit und Religionsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seinen Sprachkenntnissen und seinen Familienverhältnissen beruhen auf den Feststellungen des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.01.2019. Seitherige Änderungen wurden nicht behauptet.
Die Feststellung zur Ausreise des Beschwerdeführers nach Frankreich ergibt sich aus dem aktenkundigen Datum der Asylantragstellung in Frankreich in Zusammenschau mit den Angaben des Beschwerdeführers in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 09.10.2019 (Einvernahmeprotokoll S. 4, AS 234).
Dass Änderungen im Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers seit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.01.2019 nicht festgestellt worden sind, ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer diesbezüglich befragt keine Änderungen angeführt hat. Insbesondere war er in diesem Zeitraum weitgehend nicht im Bundesgebiet aufhältig, weswegen eine Integrationsverfestigung nicht anzunehmen ist.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer sich als Fluchtgründe zum Folgeantrag auf die Talibanbedrohung beruft, die bereits im ersten Verfahren Gegenstand seines Fluchtvorbringens war, beruht auf den Angaben des Beschwerdeführers sowie deren Vergleich mit den Angaben im ersten Verfahren. Zunächst gibt der Beschwerdeführer in seiner Erstbefragung am 01.10.2019 an, es würden noch immer die alten Asylgründe gelten, sowie, dass er keine weiteren Gründe für eine Asylantragstellung habe. In seiner niederschriftlichen Einvernahme am 09.10.2019 gibt der Beschwerdeführer sodann an, die alte Geschichte sei immer noch aktuell, er habe jedoch Neues dazu zu sagen (Einvernahmeprotokoll S. 3, AS 221). In der Folge gibt der Beschwerdeführer sodann an, die Taliban hätten nach ihm gefragt und auch gewusst, dass er (in diesem Zeitpunkt) in Frankreich gewesen sei (Einvernahmeprotokoll S. 3, AS 221 und S. 5, AS 225). Weiter tätigt er die zusammengefasst festgestellten Ausführungen zur verschlechterten Sicherheitslage in Kunduz, sowie, dass die Familie mittlerweile in Kabul aufhältig sei.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer an keiner schweren oder lebensbedrohlichen Krankheit leidet, ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer keine ärztlichen Unterlagen in Vorlage gebracht hat, die eine Erkrankung nachweisen würden und die Frage, ob er in ärztlicher Behandlung stehe oder Medikamente nehme, verneinte (Einvernahmeprotokoll S. 2. AS 232).
Die Feststellung zur im Wesentlichen unveränderten Sicherheits- und Versorgungslage insbesondere in Herat und Mazar-e Sharif ergibt sich aus dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung 29.06.2018, letzte Kurzinformation eingefügt am 04.06.2019, das das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als Grundlage für seinen Bescheid herangezogen und dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 04.10.2019 übermittelt und ihm die Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme eingeräumt hat (AS 95). Auch im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme am 09.10.2019 wurde dem Beschwerdeführer nochmals Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben (Einvernahmeprotokoll S. 5, AS 225). Dieses berichtet nicht von wesentlichen Änderungen hinsichtlich der Sicherheits- und Versorgungslage in Herat (Stadt) und Mazar-e Sharif seit Anfang 2019 und sind solche auch in einem Vergleich mit den Länderfeststellungen des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Erkenntnis vom 22.01.2019 ersichtlich.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 12a Abs. 2 AsylG kann das Bundesamt, hat der Fremde einen Folgeantrag gestellt, den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn gegen ihn unter anderem eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG besteht (Z 1), der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist (Z 2), und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde (Z 3).
Nach § 2 Abs. 1 Z 23 ist ein Folgeantrag jeder einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag nachfolgende weitere Antrag.
Nach § 22 Abs. 1 BFA-V G ist eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde, vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.
Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG sind die Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.
Bei der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Rahmen der Überprüfung des faktischen Abschiebeschutzes handelt es sich um eine Entscheidung über eine fingerte Beschwerde gegen den Bescheid über die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes (VfGH 10.10.2018, G 186/2018 ua).
Die Tatbestandsvoraussetzung des § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG bedeutet, dass "eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Antrags" zu treffen ist. Zieht man das vom Gesetz angestrebte Ziel in Betracht, den faktischen Abschiebeschutz nur für "klar missbräuchliche Anträge" beseitigen zu wollen, kann damit nur gemeint sein, dass schon bei einer Grobprüfung die (spätere) Zurückweisung des Folgeantrags auf der Hand liegt, weil sich der maßgebliche Sachverhalt nicht entscheidungswesentlich geändert hat. Nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine (spätere) Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG in Betracht kommen könnte, berechtigt daher zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 AsylG. Es muss sich vielmehr um einen Fall handeln, in dem sich dieser Verfahrensausgang von vornherein deutlich abzeichnet. Nur dann kann auch angenommen werden, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolgt, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen (rechtskräftigen) Vorentscheidung zu verhindern (VwGH 19.12.2017, Ra 2017/18/0451; 12.12.2018, Ra 2018/19/0010).
Im vorliegenden Fall wurde ein Folgeantrag gestellt, nachdem der Erstantrag bereits mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.01.2019 rechtskräftig abgewiesen worden war. Damit ist der Anwendungsbereit des § 12a Abs. 2 AsylG grundsätzlich eröffnet und das Bundesamt "kann" bei Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 bis 3 den faktischen Abschiebeschutz aberkennen.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.01.2019 wurde auch die Beschwerde gegen die gegen den Beschwerdeführer erlassene Rückkehrentscheidung (rechtskräftig) abgewiesen, weswegen eine aufrechte Rückkehrentscheidung besteht (Z 1)
Die im Sinne der oben zitierten Judikatur erforderliche Grobprüfung ergibt, dass der Beschwerdeführer neue Tatsachen nicht behauptet, sondern lediglich darlegt, dass die im ersten Verfahren behauptete Bedrohung durch die Taliban nach wie vor aufrecht sei. Mit seinem Vorbringen, damals sei eine hohe Persönlichkeit der Taliban ermordet worden, behauptet der Beschwerdeführer ein Sachverhaltselement, dass sich bereits zur Zeit des ersten Verfahrens ereignet haben soll, während seine Behauptung, die Taliban hätten erneut nach ihm gefragt, ebenso lediglich die im ersten Verfahren behauptete Bedrohung aufrechterhält. Damit behauptet der Beschwerdeführer keine Sachverhaltsänderung im Vergleich zum mit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.01.2019 als nicht glaubhaft qualifizierten Fluchtvorbringen.
Zum Vorbringen einer Verschlechterung der Sicherheitslage in Kunduz ist auszuführen, dass das Bundesverwaltungsgericht im Erkenntnis vom 22.01.2019 von der Möglichkeit einer Rückkehr des Beschwerdeführers nach Kunduz nicht ausgegangen ist, wenn es eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Kunduz aufgrund einer möglichen ernstzunehmenden Gefahr für Leib und Leben des Beschwerdeführers ausschließt. An dieser Beurteilung kann sich im Fall des Zutreffens der vom Beschwerdeführer behaupteten Verschlechterung der Sicherheitslage in Kunduz freilich nichts ändern.
Maßgeblich für die Abweisung der Beschwerde hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten war viel mehr, dass das Bundesverwaltungsgericht von der Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative für den Beschwerdeführer in Mazar-e Sharif oder Herat allenfalls auch ohne familiäre Unterstützung ausging. Eine Verschlechterung der dortigen Sicherheits- und Versorgungslage seit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.01.2019 wurde allerdings vom Beschwerdeführer nicht behauptet und ist auch sonst nicht ersichtlich, während eine Änderung in den persönlichen Lebensumständen des Beschwerdeführers (Gesundheit, Arbeitsfähigkeit etc.) im Lauf des Verfahrens nicht hervorgekommen ist. Angesichts der bejahten Zumutbarkeit der innerstaatlichen Fluchtalternative auch ohne familiäre Unterstützung vermag auch der behauptete Umzug der Familie nach Kabul eine verfahrensrelevante Sachverhaltsänderung nicht zu begründen.
Demnach liegt - mangels Behauptung entscheidungswesentlicher Änderungen des maßgeblichen Sachverhaltes - auf der Hand, dass der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist (Z 2).
Zur Frage, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung für den Beschwerdeführer eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, ist auszuführen, dass diese Gefahr mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.01.2019 (rechtskräftig) verneint wurde und seither - wie bereits ausgeführt - keine maßgeblichen Sachverhaltsänderungen hinsichtlich der Sicherheits- und Versorgungslage im Herkunftsstaat insbesondere in Mazar-e Sharif und Herat oder in den persönlichen Umständen des Beschwerdeführers (Privat- und Familienleben, Gesundheitszustand) festgestellt werden konnten. Von einer solchen realen Gefahr ist daher nicht auszugehen (Z 3).
Insbesondere bildet auch die Ausreise des Beschwerdeführers nach Frankreich und die dortige Asylantragstellung (die der Beschwerdeführer selbst damit begründet, dass er nicht nach Afghanistan zurückkehren wollte) etwa einen Monat nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens in Österreich ein Indiz dafür, dass die Antragstellung im Sinne der oben zitierten Judikatur den Zweck verfolgt, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen (rechtskräftigen) Vorentscheidung zu verhindern.
Die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes erfolgte daher zu Recht und war die Beschwerde mit Beschluss (§ 22 Abs. 10 AsylG) und ohne Verhandlung (§ 22 Abs. 1 BFA-VG) abzuweisen und die Aberkennung zu bestätigen.
4. Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht folgt der unter A) zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Verfahrensgegenstand und Prüfumfang zur Überprüfung der Rechtsmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nach §§ 22 Abs. 10 und 12a Abs. 2 AsylG (VwGH 19.12.2017, Ra 2017/18/0451; 12.12.2018, Ra 2018/19/0010).
Schlagworte
aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz -European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W102.2179350.2.00Zuletzt aktualisiert am
02.03.2020