TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/22 W259 2206856-1

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Veröffentlicht am 22.10.2019
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Entscheidungsdatum

22.10.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs2
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W259 2206855-1/16E

W259 2206856-1/17E

Schriftliche Ausfertigung der am 26.07.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisse:

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike RUPRECHT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG

2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt und gemäß § 3 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis 26.07.2022 erteilt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike RUPRECHT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG

2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt und gemäß § 3 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis 26.07.2022 erteilt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erstbeschwerdeführer (in der Folge "BF1") und die Zweitbeschwerdeführerin (in der Folge "BF2"), beide iranische Staatsangehörige der Volksgruppe der Perser, reisten gemeinsam in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am 04.10.2017 Anträge auf internationalen Schutz.

2. Im Rahmen der am nächsten Tag erfolgten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gaben der BF1 und die BF2 zusammengefasst an, dass sie bereits in Iran zum Christentum konvertiert seien und dort heimlich Hauskirchen besucht hätten. Der BF1 führte ergänzend an, dass er 2007 an einer Demonstration beteiligt gewesen sei. Dort seien sie geschlagen und mit Steinen beworfen worden. Es gebe Videoaufnahmen von der Demonstration, jedoch sei sein Gesicht verhüllt gewesen (BF1, AS 33; BF2, AS 29).

3. Bei der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge kurz "BFA") am 29.11.2017 und am 23.08.2018 gaben der BF1 und die BF2 zusammengefasst an, dass der BF1 über seine Frau Christ geworden sei. Sie seien in Iran an einem Sonntag in die Kirche gefahren. Dort hätten sie gemerkt, dass die Polizei vor der Kirche gestanden sei. Sie seien wieder ins Auto zurückgegangen und zu einem Freund gefahren. Die BF2 sei von ihrer Schwester informiert worden, dass die Polizei bei ihnen zu Hause gewesen sei. Sie hätten Angst gehabt, weil sie erfahren hätten, dass die Polizei bei ihnen und bei den Eltern der BF2 gewesen sei. Wenn die Beschwerdeführer erwischt worden wären, wären sie als Ungläubige betrachtet worden. Die BF2 sei im Jahr 2015 nach Deutschland gefahren und habe dort eine Kirche besucht. Sie sei in Deutschland getauft worden und danach wieder nach Iran gereist (BF1, AS 75 ff; BF2, AS 63 f).

4. Das BFA wies die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz mit dem jeweils im Spruch genannten Bescheid bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab. Weiters wurde den Beschwerdeführern kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 und § 57 AsylG 2005 erteilt (Spruchpunkt III.). Gegenüber den Beschwerdeführern wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Schließlich sprach das BFA aus, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

5. Gegen diese Bescheide richteten sich die fristgerecht erhobenen Beschwerden. In den Beschwerdebegründungen wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführer nicht als Christen geboren seien. Die Verfahrensfehler seitens der Behörde erster Instanz und die mangelhafte Rechtsanwendung hätten zur Nichtgewährung des internationalen Schutzes geführt (BF1, AS 235 ff).

6. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 26.07.2019 in Anwesenheit eines beeideten Dolmetschers für die Sprache Farsi und im Beisein des rechtskundigen Vertreters der Beschwerdeführer eine mündliche Verhandlung durch, in welcher der BF1 und die BF2 ausführlich zu ihren Fluchtgründen befragt wurden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage der erhobenen Anträge auf internationalen Schutz, der Erstbefragung und Einvernahme des BF1 und der BF2 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie des BFA, der Beschwerden gegen die jeweils im Spruch genannten Bescheide des BFA, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht, der Einsichtnahme in die Bezug habenden Verwaltungsakte, das Zentrale Melderegister, das Fremdeninformationssystem, das Strafregister und das Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zu den Personen der Beschwerdeführer:

Die Beschwerdeführer besitzen die iranische Staatsangehörigkeit und gehören der Volksgruppe der Perser an. Die Muttersprache der Beschwerdeführer ist Farsi.

Der BF1 und die BF2 sind im erwerbsfähigen Alter. Die Beschwerdeführer leiden an keiner lebensbedrohlichen Krankheit.

Der BF1 ist mit der BF2 verheiratet.

Der BF1 ist am XXXX in Iran geboren. Zu seiner Familie zählen seine Eltern, eine Schwester und zwei Brüder. Seine Eltern, eine Schwester und ein Bruder leben in der Stadt XXXX und ein weiterer Bruder wohnt in XXXX . Der BF1 pflegt mit seinen Eltern und seiner Schwester regelmäßigen Kontakt.

Der BF1 hat in Iran die Schulausbildung mit Matura abgeschlossen und anschließend im Sanitär-Bereich als Techniker gearbeitet.

Die BF2 ist am XXXX in XXXX geboren. Zu ihrer Familie zählen ihre Eltern, drei Schwestern und zwei Brüder. Ihre Eltern und ihre Schwestern sind in XXXX aufhältig. Ihre Brüder leben in Deutschland. Die BF2 pflegt mit ihrer Familie in Iran Kontakt.

Die BF2 hat in Iran die Schulausbildung mit Matura abgeschlossen und anschließend ein Bachelor- Studium absolviert. In Iran war sie zuletzt Hausfrau.

Der BF1 wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX zu GZ XXXX wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach § 223 Abs. 2 und § 224 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe im Ausmaß von drei Monaten verurteilt. Die Probezeit beträgt drei Jahre.

Die BF2 wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX zu XXXX wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach § 223 Abs. 2 und § 224 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 4 Wochen verurteilt. Die Probezeit beträgt drei Jahre.

Die Beschwerdeführer sind in ihrem Herkunftsstaat nicht vorbestraft.

1.2. Zum Fluchtgrund und zur Verfolgung im Falle einer Rückkehr:

Der BF1 und die BF2 sind als schiitische Moslem in Iran aufgewachsen und haben bereits zuletzt in Iran den islamischen Glauben nicht aktiv ausgeübt. Der BF1 und die BF2 sind getauft und christlich orientiert, was sich dadurch manifestiert, dass der BF1 und die BF2 religiös gebildet sind und regelmäßig am Gottesdienst und an religiösen Veranstaltungen teilnehmen. Bereits in Iran sind sie mit dem Christentum in Berührung gekommen. In Österreich haben sie schließlich ihren Glauben zum Christentum gefestigt. Sie sind bestrebt, ihr Leben nach der christlichen Glaubenslehre und den christlichen Geboten zu führen und besuchen - auch nach ihrer Taufe - weiterhin regelmäßig die Kirche. Die Beschwerdeführer können sich nicht vorstellen, den christlichen Glauben wieder abzulegen.

Der christliche Glaube ist ein wesentlicher Bestandteil der Identität des BF1 und der BF2 geworden und der BF1 und die BF2 sind aus innerer Überzeugung vom islamischen Glauben zum Christentum konvertiert. Der BF1 und die BF2 sind nicht bereit, ihren christlichen Glauben - vor allem auch nicht in islamischer Umgebung - zu verleugnen. Das Praktizieren des christlichen Glaubens in der Öffentlichkeit ist ihnen wichtig. Der BF1 und die BF2 wollen auch im Falle einer Rückkehr nach Iran den christlichen Glauben sowohl innerlich als auch nach außen offen leben.

Der BF1 und die BF2 sind im Falle der Rückkehr nach Iran aufgrund ihrer öffentlichen Zuwendung zum Christentum psychischer und/oder physischer Gewalt ausgesetzt.

1.3. Das Bundesverwaltungsgericht trifft aufgrund der im Beschwerdeverfahren eingebrachten Erkenntnisquellen folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:

1.3.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 03.07.2018:

Religionsfreiheit

In Iran leben ca. 82 Millionen Menschen, von denen ungefähr 99% dem Islam angehören. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% sind Sunniten und der Rest verteilt sich auf Christen, Juden, Zoroastrier, Baha'i, Sufis, Ahl-e Haqq und nicht weiter spezifizierte religiöse Gruppierungen (BFA Analyse 23.5.2018). Der Islam schiitischer Prägung ist im Iran Staatsreligion. Gleichwohl dürfen die in Art. 13 der iranischen Verfassung anerkannten "Buchreligionen" (Christen, Juden, Zoroastrier) ihren Glauben im Land relativ frei ausüben. In Fragen des Ehe- und Familienrechts genießen sie verfassungsrechtlich Autonomie. Jegliche Missionstätigkeit kann jedoch als "mohareb" (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden. Auch unterliegen Vertreter religiöser Minderheiten Beschränkungen beim Zugang zu höheren Staatsämtern. Nichtmuslime sehen sich darüber hinaus im Familien- und Erbrecht nachteiliger Behandlung ausgesetzt, sobald ein Muslim Teil der relevanten Personengruppe ist (AA 2.3.2018, vgl. ÖB Teheran 9.2017).

Anerkannte religiöse Minderheiten - Zoroastrier, Juden, (v.a. armenische und assyrische) Christen - werden diskriminiert, nicht anerkannte nicht-schiitische Gruppen - Bahá'í, konvertierte evangelikale Christen, Sufi (Derwisch-Orden), Atheisten - werden in unterschiedlichem Grad verfolgt. Sunniten werden v.a. beim beruflichen Aufstieg im öffentlichen Dienst diskriminiert. Vertreter von anerkannten religiösen Minderheiten betonen immer wieder, wenig oder kaum Repressalien ausgesetzt zu sein. Sie sind in ihrer Religionsausübung - im Vergleich mit anderen Ländern der Region - nur relativ geringen Einschränkungen unterworfen (religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt; christliche Gottesdienste in Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind generell verboten). Darüber hinaus haben sie gewisse anerkannte Minderheitenrechte, etwa - unabhängig von ihrer zahlenmäßigen Stärke - eigene Vertreter im Parlament sowie das Recht auf Alkoholkonsum bei religiösen Riten und im Privatbereich, wenn keine Moslems anwesend sind. Es gibt Berichte von gesellschaftlicher Diskriminierung von Bahai aufgrund ihrer Religion. Dennoch geht die Verfolgung hauptsächlich von staatlichen Akteuren aus. Der Auswanderungsdruck ist auf Grund der für alle Iraner geringeren wirtschaftlichen Perspektiven auch bei den Angehörigen der anerkannten religiösen Minderheiten weiterhin groß (ÖB Teheran 9.2017).

Das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit wird sowohl durch Gesetze als auch im täglichen Leben systematisch verletzt. Die Behörden zwangen weiterhin Personen aller Glaubensrichtungen einen Kodex für Verhalten in der Öffentlichkeit auf, der auf einer strikten Auslegung des schiitischen Islams gründete. Muslime, die keine Schiiten waren, durften weder für das Amt des Präsidenten kandidieren noch andere hochrangige politische Ämter bekleiden. Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wurde weiterhin verletzt. Personen, die zum Christentum übergetreten waren, erhielten hohe Gefängnisstrafen, die in einigen Fällen von zehn bis 15 Jahren reichten. Es gab weiterhin Razzien in Hauskirchen. Personen, die sich zum Atheismus bekannten, konnten jederzeit willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und anderweitig misshandelt werden. Sie liefen Gefahr, wegen "Apostasie" (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden (AI 22.2.2018).

Anerkannten ethnischen Gemeinden ist es verboten, Christen mit muslimischem Hintergrund zu unterstützen. Gottesdienste in der Landessprache Persisch sind in Iran verboten, ebenso die Verbreitung christlicher Schriften. Teilweise werden einzelne Gemeindemitglieder vorgeladen und befragt. Unter besonderer Beobachtung stehen insbesondere auch hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden. Muslimische Konvertiten und Mitglieder protestantischer Freikirchen sind demgegenüber willkürlichen Verhaftungen und Schikanen ausgesetzt (AA 2.3.2018).

Auch die Aussagen und Ansichten von schiitischen Geistlichen werden beobachtet. Schiitische Religionsführer, die die Politik der Regierung oder des Obersten Führers Khamenei nicht unterstützen, können sich auch Einschüchterungen und Repressionen bis hin zu Haftstrafen gegenübersehen (US DOS 15.8.2018).

Laut der in den USA ansässigen NGO "United for Iran" waren 2016 198 Gefangene wegen "Feindschaft gegen Gott", 31 wegen "Beleidigung des Islam" und 12 wegen "Korruption auf Erden" inhaftiert (US DOS 15.8.2017).

Christen (Apostasie, Konversion,... )

Glaubwürdige Schätzungen sprechen von 100.000 bis 300.000 Christen in Iran, von denen der Großteil den armenischen Christen angehört. Diese leben hauptsächlich in Teheran und Isfahan. Die armenischen Christen gehören zu den anerkannten religiösen Minderheiten, die in der Verfassung genannt werden. Ihnen stehen zwei der 290 Sitze im iranischen Parlament zu. Laut den konsultierten Quellen können armenische Christen - solange sie sich an die Gesetze der Islamischen Republik Iran halten - ihren Glauben relativ frei ausüben. Es gibt Kirchen, die auch von außen als solche erkennbar sind. Sie haben das Recht, religiöse Riten und Zeremonien abzuhalten, Ehen nach den eigenen religiösen Gesetzen zu schließen und auch Privatschulen zu betreiben. Persönliche Angelegenheiten und religiöse Erziehung können dem eigenen religiösen Kanon nach geregelt werden. Es gibt aber auch Einschränkungen, mit denen auch anerkannte religiöse Minderheiten zu leben haben, beispielsweise Nachteile bei der Arbeitssuche, islamische Bekleidungsvorschriften und Benachteiligungen insbesondere im Familien- und Erbrecht. Eine wichtige Einschränkung ist das Proselytismusverbot, das für alle religiösen Minderheiten gilt. Missionierung kann im Extremfall mit dem Tod bestraft werden (BFA Analyse 23.5.2018). Nicht einmal Zeugen Jehovas missionieren in Iran (DIS/DRC 23.2.2018).

Das Christentum in Iran kann in ethnische und nicht-ethnische Christen unterteilt werden. Die Mehrheit der iranischen Christen ist den ethnischen Christen zuzuordnen und bezieht sich auf armenische und assyrische (oder auch chaldäische) Christen, die eine lange Geschichte in Iran vorweisen können und ihre eigenen linguistischen und kulturellen Traditionen besitzen. Die nicht-ethnischen Christen gehören hauptsächlich der katholischen und protestantischen Kirche an und haben ihren Ursprung in der Zeit des Schah-Regimes. Grundrechtlich besteht "Kultusfreiheit" innerhalb der Mauern der Gemeindezentren und der - auch von außen als solche klar erkennbaren - Kirchen. Jedoch haben Nichtmuslime keine Religionsfreiheit in der Öffentlichkeit, weder Freiheit der Meinungsäußerung noch Versammlungsfreiheit (Proselytismusverbot). Jegliche missionarische Tätigkeit inklusive des öffentlichen Verkaufs von werbenden Publikationen und der Anwerbung Andersgläubiger ist verboten und wird streng bestraft. Das Strafgesetz sieht für Proselytismus die Todesstrafe vor. Infolge des Proselytismusverbots wird gegen evangelikale Gruppen ("Hauskirchen") oft hart vorgegangen (Verhaftungen, Beschlagnahmungen, vor ein paar Jahren auch angeblich vollstreckte Todesurteile). Autochthone Kirchen halten sich aus unterschiedlichen Gründen penibel an das Verbot. Mitglieder mancher Glaubensgemeinschaften sind angewiesen, Mitgliedskarten mit sich zu tragen, die von Behördenvertretern außerhalb von Gottesdiensten kontrolliert werden (ÖB Teheran 9.2017).

Da Konversion vom Islam zu einer anderen Religion verboten ist, erkennt die Regierung nur armenische oder assyrische Christen an [abgesehen von Juden und Zoroastriern], da diese Gruppen schon vor dem Islam im Land waren, bzw. es sich um Staatsbürger handelt, die beweisen können, dass ihre Familien schon vor 1979 [Islamische Revolution] Christen waren. Sabäer-Mandäer werden auch als Christen geführt, obwohl sie sich selbst nicht als Christen bezeichnen. Staatsbürger, die nicht den Armeniern, Assyrern oder Sabäer-Mandäern angehören, oder den Juden oder Zoroastriern, oder die beweisen können, dass ihre Familien schon vor der Islamischen Revolution Christen waren, werden als Muslime angesehen. Mitglieder der anerkannten Minderheiten müssen sich registrieren lassen (US DOS 15.8.2017).

Laut der Gefangenenliste von Open Doors mit Stand September 2017 befanden sich 56 Christen in Haft, fünf wurden freigelassen, 13 wurden auf Kaution freigelassen und zehn mit dem Verbot das Land zu verlassen freigelassen (Open Doors 2017).

Apostasie, Konversion zum Christentum, Proselytismus, Hauskirchen

Apostasie (d.h. Abtrünnigkeit vom Islam) ist in Iran verboten und mit langen Haftstrafen (bis hin zur Todesstrafe) bedroht. Im iranischen Strafgesetzbuch ist der Tatbestand zwar nicht definiert, die Verfassung sieht aber vor, dass die Gerichte in Abwesenheit einer definitiven Regelung entsprechend der islamischen Jurisprudenz zu entscheiden haben. Dabei folgen die Richter im Regelfall einer sehr strengen Auslegung auf Basis der Ansicht von konservativen Geistlichen wie Staatsgründer Ayatollah Khomenei, der für die Abkehr vom Islam die Todesstrafe verlangte. Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel "moharebeh" ("Waffenaufnahme gegen Gott"), "mofsid-fil-arz/fisad-al-arz" ("Verdorbenheit auf Erden"), oder "Handlungen gegen die nationale Sicherheit". In der Praxis sind Verurteilungen wegen Apostasie selten, bei keiner der Hinrichtungen in den letzten Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie einer bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war. Hingegen wurden im Jahr 2016 25 Sunniten (davon 22 Kurden) u.a. wegen "moharebeh" exekutiert (ÖB Teheran 9.2017). Christliche Konvertiten werden normalerweise nicht wegen Apostasie bestraft, sondern Fälle von Konversion werden als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit angesehen und diese werden vor den Revolutionsgerichten verhandelt. Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Die Todesstrafe ist bei Fällen, die mit Konversion zusammenhängen keine geläufige Bestrafung. Die Todesstrafe wird hauptsächlich bei Drogendelikten und Morden angewandt und seltener bei politischen "high-profile" Fällen. Für Konversion wurde in den letzten zehn Jahren keine Todesstrafe ausgesprochen. Allein wegen Konversion werden keine Gerichtsverfahren geführt (DIS/DRC 23.2.2018). Nach anderen Quellen wurden im Jahr 2017 gegen mehrere christliche Konvertiten hohe Haftstrafen verhängt [Anmerkung der Staatendokumentation:

Verurteilungsgrund unklar] (AA 2.3.2018, vgl. AI 22.2.2018).

Missionstätigkeit unter Muslimen kann eine Anklage wegen Apostasie und Sanktionen bis zur Todesstrafe nach sich ziehen. Muslime dürfen daher nicht an Gottesdiensten anderer Religionen teilnehmen. Oftmals lautet die Anklage jedoch auf "Gefährdung der nationalen Sicherheit", "Organisation von Hauskirchen" und "Beleidigung des Heiligen", um die Anwendung des Scharia-Rechts und damit die Todesstrafe wegen Apostasie zu vermeiden. Trotz des Verbots nimmt die Konversion zum sunnitischen Islam und zum Christentum weiter zu. Unter den Christen in Iran stellen Konvertiten aus dem Islam mit schätzungsweise mehreren Hunderttausend inzwischen die größte Gruppe dar, noch vor den Angehörigen traditioneller Kirchen (AA 2.3.2018). Die Regierung schränkt die Veröffentlichung von religiösem Material ein, und christliche Bibeln werden häufig konfisziert. Verlage werden unter Druck gesetzt, Bibeln oder nicht genehmigtes nicht-muslimisches Material nicht zu drucken (US DOS 15.8.2018).

In Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß Abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf. Wer zum Islam zurückkehrt, tut dies ohne besondere religiöse Zeremonie, um Aufsehen zu vermeiden. Es genügt, wenn die betreffende Person glaubhaft versichert, weiterhin oder wieder dem islamischen Glauben zu folgen. Es gibt hier für den Rückkehrer bestimmte religiöse Formeln, die dem Beitritt zum Islam ähneln bzw. nahezu identisch sind (ÖB Teheran 9.2017).

Kirchenvertreter sind angehalten, die Behörden zu informieren, bevor sie neue Mitglieder in ihre Glaubensgemeinschaft aufnehmen. Es kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass auch ein im Ausland Konvertierter in Iran wegen Apostasie verfolgt wird. Einige Geistliche, die in der Vergangenheit in Iran verfolgt oder ermordet wurden, waren im Ausland zum Christentum konvertiert. Die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und nach Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab (ÖB Teheran 9.2017). Jedoch wird von familiärer Ausgrenzung berichtet, sowie von Problemen, sich in der islamischen Struktur des Staates zurechtzufinden (z.B. Eheschließung, soziales Leben). In Familien eines öffentlich Bediensteten oder eines Polizisten wird die Konversion eines Familienmitgliedes jedoch als heikler eingeschätzt, wobei es sein kann, dass der oder die Konvertierte aus der Familie verbannt oder sogar den Behörden gemeldet wird, um die Arbeit des Amtsträgers nicht zu beeinträchtigen (ÖB Teheran 9.2017, vgl. DIS/DRC 23.2.2018).

Keine besonderen Bestimmungen gibt es zur Konversion von einer nicht-islamischen zu einer anderen nicht-islamischen Religion, da diese nicht als Apostasie gilt (ÖB Teheran 9.2017).

Die Schließungen der "Assembly of God" Kirchen im Jahr 2013 führten zu einer Ausbreitung der Hauskirchen. Es gibt viele Hauskirchen in Iran und ihre Anzahl steigt. Dieser Anstieg an Hauskirchen zeigt, dass sie - obwohl sie verboten sind - trotzdem die Möglichkeit haben, zu agieren. Obwohl die Behörden die Ausbreitung der Hauskirchen fürchten, ist es schwierig, diese zu kontrollieren, da sie verstreut, unstrukturiert und ihre Örtlichkeiten meist nicht bekannt sind. Nichtsdestotrotz werden sie teils überwacht. Die Behörden nutzen Informanten, die die Hauskirchen infiltrieren, deshalb organisieren sich die Hauskirchen in kleinen und mobilen Gruppen. Wenn Behörden Informationen bezüglich einer Hauskirche bekommen, wird ein Überwachungsprozess in Gang gesetzt. Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Behörden sofort reagieren, da man zuerst Informationen über die Mitglieder sammeln und wissen will, wer was in der Gemeinschaft macht. Ob die Behörden eingreifen, hängt von den Aktivitäten und der Größe der Hauskirche ab. Die Überwachung von Telekommunikation, Social Media und Online-Aktivitäten ist weit verbreitet. Es kann jedoch nicht klargestellt werden, wie hoch die Kapazitäten zur Überwachung sind. Die Behörden können nicht jeden zu jeder Zeit überwachen, haben aber eine Atmosphäre geschaffen, in der die Bürger von einer ständigen Beobachtung ausgehen (DIS/DRC 23.2.2018). In den letzten Jahren gab es mehrere Razzien in Hauskirchen und Anführer und Mitglieder wurden verhaftet (FH 1.2018). Eine Hauskirche kann beispielsweise durch Nachbarn aufgedeckt werden, die abnormale Aktivitäten um ein Haus bemerken und dies den Behörden melden. Ansonsten haben die Behörden eigentlich keine Möglichkeit eine Hauskirche zu entdecken, da die Mitglieder in der Regel sehr diskret sind (DIS/DRC 23.2.2018).

Organisatoren von Hauskirchen können sich dem Risiko ausgesetzt sehen, wegen "Verbrechen gegen Gott" angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Es ist aber kein Fall bekannt, bei dem diese Beschuldigung auch tatsächlich zu einer Exekution geführt hätte. In Bezug auf die Strafverfolgung von Mitgliedern von Hauskirchen besagte eine Quelle, dass eher nur die Anführer von Hauskirchen gerichtlich verfolgt würden, während eine andere Quelle meint, dass auch "low-profile" Mitglieder davon betroffen sein können. Manchmal werden inhaftierte Anführer von Hauskirchen oder Mitglieder auf Kaution entlassen, und wenn es ein prominenter Fall ist, werden diese Personen von den Behörden gedrängt, das Land zu verlassen. Primär zielen die Behörden auf Anführer der Hauskirchen ab, dann erst auf Mitglieder. Es gibt aber auch Quellen, die besagen, dass auch auf Mitglieder abgezielt wird. Ein Hauskirchenmitglied, das zum ersten Mal festgenommen wird, wird aber normalerweise nach 24 Stunden wieder freigelassen. Die typische Vorgehensweise gegen eine Hauskirche ist, dass der Anführer der Hauskirche verhaftet und wieder freigelassen wird, um die Gemeinschaft anzugreifen und zu schwächen. Es gibt auch für normale Mitglieder das Risiko verhaftet zu werden, allerdings werden diese wieder freigelassen mit der Bedingung, dass sie sich vom Missionieren fernhalten. Wenn sie das Missionieren stoppen, werden die Behörden i.d.R. aufhören, Informationen über sie zu sammeln. Es soll auch die Möglichkeit geben, sich den Weg aus der Haft zu erkaufen. Ob ein Mitglied einer Hauskirche im Visier der Behörden ist, hängt auch von seinen durchgeführten Aktivitäten und ob er/sie auch im Ausland bekannt ist, ab. Normale Mitglieder von Hauskirchen riskieren, zu regelmäßigen Befragungen vorgeladen zu werden, da die Behörden diese Personen schikanieren und einschüchtern wollen. Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung, wenn der Konversion aber andere Aktivitäten nachfolgen, wie zum Beispiel Missionierung oder andere Personen im Glauben zu unterrichten, dann kann dies zu einem Problem werden. Wenn ein Konvertit nicht missioniert oder eine Hauskirche bewirbt, werden die Behörden i.d.R. nicht über ihn Bescheid wissen (DIS/DRC 23.2.2018).

Konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, werden für die Behörden nicht von Interesse sein. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, könnte dies anders sein. Wenn er den Behörden nicht bekannt war, dann wäre eine Rückkehr nach Iran kein Problem. Konvertiten, die ihre Konversion aber öffentlich machen, können sich Problemen gegenübersehen. Wenn ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social Media-Kanälen, einschließlich Facebook berichtet, können die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Der weitere Vorgang würde davon abhängen, was der Konvertit den Behörden erzählt. Wenn der Konvertit kein "high-profile"-Fall ist und nicht missionarisch tätig ist bzw. keine anderen Aktivitäten setzt, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, wird der Konvertit wohl keine harsche Strafe bekommen. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein, würde nicht zu einer Verfolgung führen, aber es kann durchaus dazu führen, dass man beobachtet wird. Ein gepostetes Foto im Internet kann von den Behörden ausgewertet werden, gemeinsam mit einem Profil und den Aktivitäten der konvertierten Person. Wenn die Person vor dem Verlassen des Landes keine Verbindung mit dem Christentum hatte, würde er/sie nicht verfolgt werden. Wenn eine konvertierte Person die Religion in politischer Weise heranzieht, um zum Beispiel Nachteile des Islam mit Vorteilen des Christentums auf sozialen Netzwerken zu vergleichen, kann das zu einem Problem werden (DIS/DRC 23.2.2018).

Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, kann nicht zweifelsfrei gesagt werden. Während Amnesty International und eine anonyme Quelle vor Ort aussagen, dass eine Taufe keine Bedeutung habe, ist sich ein Ausländer mit Kontakt zu Christen in Iran unsicher, ob eine Taufe Auswirkungen hat; Middle East Concern, eine Organisation, die sich um die Bedürfnisse von Christen im Mittleren Osten und Nordafrika kümmert, ist der Meinung, dass eine dokumentierte Taufe die Behörden alarmieren und problematisch sein könnte (DIS/DRC 23.2.2018).

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu den Personen der Beschwerdeführer:

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und Herkunft der Beschwerdeführer, insbesondere zu ihrer Volksgruppenzugehörigkeit, stützen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem BFA, in der Beschwerde und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie auf die Kenntnis und Verwendung der Sprache Farsi. Die Feststellungen zur Identität der Beschwerdeführer ergeben sich aus ihren Angaben vor dem BFA, in der Beschwerde und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität der Beschwerdeführer getroffen wurden, gelten diese ausschließlich für die Identifizierung der Personen der Beschwerdeführer im Asylverfahren.

Die Feststellung, dass der BF1 und die BF2 verheiratet sind, konnte aufgrund der dahingehenden glaubhaften Angaben im gesamten Verfahren sowie aufgrund ihres dahingehenden Auftretens in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG getroffen werden.

Die Angaben des BF1 und der BF2 zu ihren Geburts- und Aufenthaltsorten, den Eigentums-und Vermögensverhältnissen, ihrem Gesundheitszustand, zu ihren Familienangehörigen und deren Aufenthaltsort sowie zu ihrem beruflichen und schulischen Werdegang sind chronologisch stringent und vor dem Hintergrund der bestehenden sozio-ökonomischen Strukturen in Iran plausibel. Die von den Beschwerdeführern in diesem Zusammenhang getätigten Angaben waren im Wesentlichen gleichbleibend und widerspruchsfrei (BF1, AS 69 ff; BF2, AS 59 ff; Seite 10 f des Verhandlungsprotokolls vom 26.07.2019).

Die Feststellungen, dass der BF1 und die BF2 in Österreich strafrechtlich verurteilt wurden, ergeben sich aus der Einsichtnahme in den aktuellen Strafregisterauszug und aus ihren dahingehenden glaubhaften Angaben (Seite 13 und 28 des Verhandlungsprotokolls vom 26.07.2019).

2.2. Zum Fluchtgrund und zur Verfolgung im Falle einer Rückkehr:

Die Feststellungen hinsichtlich der Hinwendung zum Christentum stützen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des BF1 und der BF2 und auf die in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Taufscheine (BF1, OZ 6; BF2, AS 85). Der BF1 und die BF2 legten in diesem Zusammenhang zudem mehrere Schreiben vor, aus denen hervorgeht, dass der BF1 und die BF2 wiederholt an kirchlichen Veranstaltungen, insbesondere an den Gottesdiensten und der BF1 auch an einem Taufvorbereitungskurs teilgenommen haben (BF1, AS 95, 271 und 275; Beilagenkonvolut I.). Auch die Zeugenaussage in der mündlichen Verhandlung stützt die Angaben des BF1 und der BF2 zu ihrem Leben nach den christlichen Glaubensgrundsätzen (Seite 6 ff des Verhandlungsprotokolls vom 03.07.2019).

Der BF1 und die BF2 konnten durch ihre Angaben und die vorgelegten Dokumente glaubhaft machen, dass sie sich aus freier persönlicher Überzeugung vom schiitischen Islam dem Christentum zugewandt haben. Es sind im Verfahren auch keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die den Schluss zulassen würden, dass die Konversion des BF1 und der BF2 zum christlichen Glauben bloß zum Schein erfolgt wäre. Auch in den bekämpften Bescheiden wurde angeführt, dass die Beschwerdeführer in ihrer Erstbefragung zu ihrer Religionszugehörigkeit und zu ihrem Fluchtgrund wahrheitsgemäß angeführt hätten, dass sie dem Christentum/protestantische Richtung angehören würden. Es sei ihnen gelungen hinsichtlich des Christentums schlussfolgernde und glaubwürdige Antworten zu tätigen Insoweit die belangte Behörde in den bekämpften Bescheiden davon ausgeht, dass es sich bei den Beschwerdeführern um gebürtige Christen handeln würde, ist festzuhalten, dass dies damit begründet wurde, dass es den Beschwerdeführern nicht gelungen sei, allgemeine Fragen zu ihrer behaupteten vormaligen Glaubensrichtung richtig zu beantworten (BF1, AS 186; BF2, AS 208). In diesem Zusammenhang ergaben sich jedoch in Zusammenschau der Angaben der Beschwerdeführer sowohl vor dem BFA als auch in der mündlichen Verhandlung keine Hinweise darauf, dass es sich bei den Beschwerdeführern bereits von Geburt an um Christen handeln würde. Somit kann den Beschwerdeführern geglaubt werden, dass sie in Iran als Angehörige des muslimischen Glaubens aufgewachsen sind. Des Weiteren haben der BF1 und die BF2 durch ihre Aussagen in der Beschwerdeverhandlung und der vorgelegten Unterlagen glaubhaft dargelegt, dass sie sich auf Grund einer persönlichen Entscheidung vom Islam abgewendet und aus innerer religiöser Überzeugung dem Christentum zugewendet haben (vgl. BF1 AS 73 ff; BF2, AS 71; Seite 13 und 26 f des Verhandlungsprotokolls vom 26.07.2019). Der BF1 und die BF2 konnten die erste Kontaktaufnahme mit der XXXX Pfarre in XXXX schlüssig darstellen und stehen diese Angaben auch im Einklang mit der Aussage des Zeugen (Seite 6 f, 18, 32 und 35 des Verhandlungsprotokolls vom 26.07.2019). Die Angaben des einvernommenen Zeugen bestätigen im Wesentlichen die Darstellungen des BF1 und der BF2 und gab dieser nachvollziehbar an, dass der BF1 auch nach seiner Taufe regelmäßig die Kirche besucht habe und die Beschwerdeführer regelmäßig an kirchlichen Veranstaltungen teilgenommen hätten. Zudem seien sie auch in der ökumenischen Szene bekannt und würden sich nicht auf die Kirchengemeinde in XXXX beschränken. Der Zeuge sei mit den Beschwerdeführern auch bei kirchlichen Veranstaltungen in XXXX gewesen. Zudem führte der Zeuge an, dass es in der evangelischen Kirche die Möglichkeit gebe, dass alle an priesterlichen Funktionen teilnehmen könnten. Das habe BF1 mit der Anleitung des Glaubensbekenntnisses gemacht. Es sei eine verantwortungsvolle Aufgabe, die mit Lampenfieber verbunden sei und nicht alle Mitglieder machen würden (Seite 7 bis 10, 21 und 34f des Verhandlungsprotokolls vom 26.07.2019). An der Ernsthaftigkeit der Religionsausübung des BF1 und der BF2 war somit nicht zu zweifeln.

Das Vorbringen des BF1 und der BF2 in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich ihrer Furcht vor Verfolgung im Fall der Rückkehr nach Iran auf Grund ihrer erfolgten Konversion vom Islam zum Christentum waren in ganzheitlicher Würdigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, insbesondere unter Berücksichtigung der diesbezüglich vorliegenden herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen zur Situation von konvertierten Christen in Iran, insgesamt als glaubhaft zu beurteilen. So war das Vorbringen des BF1 und der BF2 zur möglichen Furcht vor Verfolgung im Fall der Rückkehr nach Iran ausreichend substantiiert, umfassend, in sich schlüssig und im Hinblick auf die besonderen Umstände des BF1 und der BF2 und die allgemeine Situation in Iran plausibel. Aus den Aussagen des BF1 und der BF2 in der mündlichen Verhandlung geht in Zusammenschau mit der Darstellung des Zeugen glaubhaft hervor, dass sie mit dem Christentum bereits in Iran in Berührung gekommen sind und die BF2 bereits in Deutschland im Jahr 2016 getauft wurde. Sie haben sich in Österreich intensiv mit dem Christentum auseinandergesetzt und BF1 hat sich in Österreich taufen lassen. Der BF1 und die BF2 besuchen weiterhin regelmäßig Veranstaltungen in der Kirche. Sie konnten auch nachvollziehbar darstellen, dass sie nicht bereit seien, den christlichen Glauben wieder abzulegen. Zudem konnten sie schlüssig angeben, dass sie sich auch außerhalb der Kirche mit dem christlichen Glauben beschäftigen und die Bibel lesen sowie an ökumenischen Veranstaltungen teilnehmen würden. Der BF1 und die BF2 kennen wesentliche Inhalte betreffend das Leben von Jesus Christus, religiöse Feste und deren Bedeutung und konnten auch nachvollziehbar einzelne Passagen aus der Bibel nennen und deren persönliche Bedeutung glaubhaft vermitteln (Seite 14 ff und 28 ff des Verhandlungsprotokolls vom 26.07.2019). Befragt, ob sich ihre Lebensweise oder Verhaltensweise durch die Konversion für ihr alltägliches Leben verändert habe, gab die BF2 an, dass sie sehr egoistisch und eifersüchtig gewesen sei. Sie habe den anderen nicht vergeben können und habe immer eine Art Rachegefühl gehabt. Danach sei sie zu einem anderen Menschen geworden. Sie könne jetzt vergeben und sei nicht eifersüchtig. Diese Dinge seien nicht in ihr drinnen und sie habe sich verändert. Im Falle einer Rückkehr nach Iran würde sie nach wie vor eine gläubige Christin bleiben und ihren Glauben noch stärker praktizieren. Sie würde auch andere Menschen missionieren. Dies begründete die BF2 damit, dass sie viele Menschen mit dieser Religion vertraut machen wolle, dass sie diese Religion kennenlernen. Sie wolle sie informieren, wer Jesus Christus gewesen sei und dass er wegen ihrer Sünden gekreuzigt worden und drei Tage danach von den Toten auferstanden sei. Sie selbst sei mit Hilfe des Christentums gerettet worden und wolle damit auch andere Menschen retten. Auf dieselbe Frage führte der BF1 an, dass er im Falle einer Rückkehr nach Iran nach wie vor als Christ leben und in keiner Weise seine Religion ändern würde. Er würde auch missionieren, selbst wenn er dabei sterben sollte. Dies begründete er damit, dass das Blut von Jesus wegen ihm und seiner Sünden vergossen worden sei und er nicht nur wegen ihm, sondern wegen allen Menschen auf der Welt habe leiden müssen. Er wolle seinen Glauben nicht geheim halten (Seite 14 f, 22 f und 28 f des Verhandlungsprotokolls vom 26.07.2019).

Wesentlich bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit des Vorbringens des BF1 und der BF2 zu den Gründen für die Konversion zum christlichen Glauben waren auch die Umstände, dass das diesbezügliche Vorbringen in sich stimmig war und keine maßgeblichen Widersprüche aufwies, die geeignet gewesen wären, das gesamte Vorbringen als unglaubhaft zu werten. Ihre Angaben zu ihrem Leben als Christen wurde zudem durch die vorgelegten Dokumente und die Zeugenaussage gestützt.

In einer Gesamtschau der Angaben des BF1 und der BF2 im gesamten Verlauf des Verfahrens und aus den dargelegten Erwägungen erscheinen die Vorbringen des BF1 und der BF2 zu ihrer Furcht vor Verfolgung in Iran aufgrund ihres Glaubenswechsels insgesamt als glaubhaft. Es ist daher davon auszugehen, dass dem BF1 und der BF2 im Fall ihrer Rückkehr nach Iran mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus asylrelevanten Gründen drohen würde. Es waren somit die entsprechenden Feststellungen zu treffen.

Der BF1 und die BF2 sind aufgrund ihrer öffentlichen Religionsausübung für Dritte wahrnehmbar zum christlichen Glauben konvertiert. Eine mit dem Religionswechsel einhergegangene Verhaltens- bzw. Einstellungsänderung wurde von den BF1 und der BF2 nachvollziehbar vermittelt.

Angesichts dieses Ergebnisses kann die Würdigung der weiteren vorgebrachten Fluchtgründe im Verfahren unterbleiben.

2.3. Zu den Länderfeststellungen:

Die diesem Erkenntnis zugrunde gelegten Länderfeststellungen gründen sich auf Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Iran ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde gelegt wurden, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung von anderen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichten aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht maßgeblich geändert haben.

Inhaltich wurden die festgestellten Länderberichte nicht substantiiert bestritten.

Die Aufnahme weitere Beweise war wegen spruchreife nicht erforderlich.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt A) Stattgabe der Beschwerde:

3.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist einem Fremden, der in Österreich einen (zulässigen) Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU) verweist.). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offensteht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.

Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren (VwGH 08.09.2015, Ra 2015/18/0080, mwN).

§ 3 Abs. 2 AsylG 2005 lautet:

"(2) Die Verfolgung kann auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).

§ 3 Abs. 2 AsylG 2005 ist Artikel 5 Abs. 2 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über die Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl L 337/9 vom 20.12.2011, (Statusrichtlinie) nachgebildet.

Art. 5 Abs. 2 Statusrichtlinie lautet:

"Die begründete Furcht vor Verfolgung oder die tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, kann auf Aktivitäten des Antragstellers nach Verlassen des Herkunftslandes beruhen, insbesondere wenn die Aktivitäten, auf die er sich stützt, nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind."

Voraussetzung für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ist im Übrigen, dass die begründete Furcht einer Person vor Verfolgung in kausalem Zusammenhang mit einem oder mehreren Konventionsgründen steht (vgl. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/20/0113). Sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

Zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in der konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 23.09.2009, 2007/01/0284 bis 0285, mwN). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen (vgl. VwGH 22.03.2017, Ra 2016/19/0350, mwN). Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0185, mwN).

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine dem Staat zurechnende Verfolgungshandlung nicht nur dann vor, wenn diese unmittelbar von staatlichen Organen aus Gründen der Konvention gesetzt wird. Auch kommt von Privatpersonen oder privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten (vgl. VwGH 18.11.2015, Ra 2014/18/0162, mwN). Eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat hingegen nur dann asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (VwGH 20.05.2015, Ra 2015/20/0030). Ob in diesem Zusammenhang eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichen Schutzes einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH 08.09.2009, 2008/23/0027, mwN). Eine mangelnde staatliche Schutzgewährung setzt nicht voraus, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256).

Wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen, bedürfen sie nicht des Schutzes durch Asyl (vgl. VwGH 15.03.2001, 99/20/0036). Eine inländische Fluchtalternative ist nur dann gegeben, wenn sie vom Asylwerber in zumutbarer Weise in Anspruch genommen werden kann. Herrschen am Ort ins Auge gefassten Fluchtalternative - nicht notwendigerweise auf Konventionsgründen beruhende - Bedingungen, die eine Verbringung des Betroffenen dorthin als Verstoß gegen Art. 3 EMRK erscheinen lassen würden, so ist die Zumutbarkeit jedenfalls zu verneinen (vgl. VwGH 16.12.2010, 2007/20/0913). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "internen Flucht- oder Schutzalternative" innewohnt, setzt voraus, dass nähere Feststellungen über die zu erwartende konkrete Lage des Betroffenen in dem in Frage kommenden Gebiet getroffen werden (vgl. VwGH 29.04.2015, Ra 2014/20/0151, mwN).

Um die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu erreichen, müssen konkrete, gegen den Asylwerber selbst gerichtete Verfolgungshandlungen glaubhaft gemacht werden (VwGH 10.03.1994, 94/19/0056). In diesem Zusammenhang hat der Betroffene die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darzustellen (EGMR 07.07.1987, Nr. 12877/87, Kalema/Frankreich).

3.1.1. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die behauptete Furcht des BF1 und der BF2, in ihrem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, begründet ist.

Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.

Mit dem Vorbringen des BF1 und der BF2 wegen ihrer Konversion zum christlichen Glauben im Fall ihrer Rückkehr nach Iran aus religiösen Gründen verfolgt zu werden, machen der BF1 und die BF2 einen (subjektiven) Nachfluchtgrund geltend (vgl. § 3 Abs. 2 AsylG 2005).

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgeführt hat, können diese neuen - in Österreich eingetretenen - Umstände, mit denen ein Asylwerber seine Furcht vor Verfolgung (nunmehr) begründet, grundsätzlich zur Asylgewährung führen. Sie sind daher zu überprüfen, wenn sie geeignet sind, die Annahme "wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung" zu rechtfertigen (VwGH 18.09.1997, Zl. 96/20/0923).

Allein aus der Zugehörigkeit zu einer religiösen Minderheit kann das Vorliegen von Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention aber nicht abgeleitet werden (VwGH 09.11.1995, Zl. 94/19/1414). Es sind darüber hinausgehende konkret gegen den Asylwerber gerichtete, von staatlichen Stellen ausgehende bzw. von diesen geduldete Verfolgungshandlungen gegen seine Person erforderlich, um die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers zu erweisen (VwGH 08.07.2000, Zl. 99/20/0203; 21.09.2000, Zl. 98/20/0557).

Nach dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom 05.09.2012 in den verbundenen Rechtssachen C 71/11 und C 99/11, Bundesrepublik Deutschland gegen Y und Z, ist Artikel 2 Buchstabe c der Richtlinie 2004/83 dahin auszulegen, dass eine begründete Furcht des Antragstellers vor Verfolgung vorliegt, sobald nach Auffassung der zuständigen Behörden im Hinblick auf die persönlichen Umstände des Antragstellers vernünftigerweise anzunehmen ist, dass er nach Rückkehr in sein Herkunftsland religiöse Betätigungen vornehmen wird, die ihn der tatsächlichen Gefahr einer Verfolgung aussetzen. Bei der individuellen Prüfung eines Antrags auf Anerkennung als Flüchtling können die Behörden dem Antragsteller nicht zumuten, auf diese religiösen Betätigungen zu verzichten (VfGH 12.6.2013, U 2087/2012-17).

Der VwGH hat sich mehrfach mit drohender Verfolgung von zum christlichen Glauben konvertierten Muslimen im Iran befasst (zB VwGH 19.12.2001, 2000/20/0369; Ra 2014/01/0117). Danach kommt es darauf an, ob der Asylwerber bei weiterer Ausführung des inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, aus diesem Grund mit einer die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktion belegt zu werden. Feststellungen zu behaupteten aktuell bestehenden Glaubensüberzeugung sind im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von - allfälligen - Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln (VwGH 23.6.2015, Ra 2014/01/0117 mwN).

Aus dem oben zu den Personen des BF1 und der BF2 festgestellten Sachverhalt und den Feststellungen zur Situation von Personen in Iran, die vom Islam zum Christentum konvertiert sind, ergibt sich, dass der BF1 und die BF2 als konvertierte Personen mit innerer und öffentlicher christlicher Überzeugung im Falle ihrer Rückkehr nach Iran mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einem erheblichen Verfolgungsrisiko für ihre persönliche Sicherheit und physische Integrität sowohl von privater Seite - ohne dass in dieser Hinsicht staatlicher Schutz zukäme - als auch von staatlicher Seite ausgesetzt wären. Dass die Konversion des BF1 und der BF2 zum Christentum den iranischen Behörden oder anderen Personen in ihrem familiären und sozialen Umfeld verborgen bleiben würde, kann nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Konversion des BF1 und der BF2 zum Christentum nur zum Schein erfolgt wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Im gegenständlichen Fall liegt daher das oben dargestellte Verfolgungsrisiko in der religiösen Überzeugung des BF1 und der BF2 vor.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich der BF1 und die BF2 aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der religiösen Überzeugung einer vom Islam zum Christentum konvertierten Person verfolgt zu werden, außerhalb Irans befindet und im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt sind, in ihren Herkunftsstaat zurückzukehren.

Aus den Feststellungen geht hervor, dass sich der BF1 und die BF2 aus freier innerer religiöser Überzeugung vom schiitischen Islam dem Christentum zugewandt haben.

Auf Grund des in ganz Iran gültigen islamischen Rechts nach der Scharia und der in der Praxis angewendeten islamischen Rechtsprechung sowie auf Grund der in der iranischen Gesellschaft bestehenden Traditionen und Moralvorstellungen ist in ganz Iran davon auszugehen, dass sich die oben dargestellte Situation für den BF1 und die BF2 im gesamten Staatsgebiet Irans ergibt. Es ist daher hinsichtlich dieses dargestellten Verfolgungsrisikos davon auszugehen, dass keine inländische Fluchtalternative besteht.

Da weder eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht noch ein in Art. 1 Abschnitt C oder F der GFK genannter Endigungs- und Asylausschlussgrund hervorgekommen ist, war der Beschwerde des BF1 und der BF2 stattzugeben und ihnen gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuzuerkennen.

Im Sinne einer richtlinienkonformen Interpretation kann von einer "Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich" gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 bei Vorliegen von Delikten, wie sie die Beschwerdeführer begangen haben (Fälschung besonders geschützter Urkunden) nicht gesprochen werden, da es sich im gegenständlichen Fall nicht um besonders qualifizierte Straftatbestände handelt, die den Bestand des Staates gefährden (vgl. VwGH 23.09.2009, 2006/01/0626). Ausschlussgründe nach § 6 Abs. 1 AsylG 2005 liegen somit nicht vor.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten mit der Feststellung zu verbinden, dass den Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Gemäß § 3 Abs. 4 iVm § 75 Abs. 24 AsylG 2005 kommt einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu, wenn er einen Antrag auf internationalen Schutz nicht vor dem 15.11.2015 gestellt hat. Die Aufenthaltsberechtigung gilt drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird.

Die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz wurden am 04.10.2017 und damit nach dem 15.11.2015 gestellt; die §§ 2 Abs. 1 Z 15 und 3 Abs. 4 AsylG 2005 finden daher gemäß § 75 Abs. 24 leg.cit. im vorliegenden Fall Anwendung.

Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchpunkt A wiedergegeben. Die unter Spruchpunkt A angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zum Teil zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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