Entscheidungsdatum
25.10.2019Norm
BBG §40Spruch
G304 2220036-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER als Vorsitzende, sowie den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER und den fachkundigen Laienrichter Rudolf KRAVANJA als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Kärnten, vom 02.05.2019, Sozialversicherungsnummer: XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu Recht erkannt:
A)
Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF. iVm. §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 22/1970 idF. BGBl. I Nr. 138/2013 wird die gegen den angefochtenen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Am 17.12.2018 brachte der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Steiermark, (im Folgenden: belangte Behörde) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses samt Beilagen ein.
2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.
In dem eingeholten Gutachten von XXXX, Fachärztin für Innere Medizin, vom 03.04.2019 wird aufgrund der am 22.03.2019 durchgeführten Begutachtung des BF im Wesentlichen Folgendes festgehalten:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Ischämische Kardomyopathie mit Z.n. aortokoronarer 2-fach Bypassoperation Echokardiografisch erhaltene linksventrikuläre Funktion, klinisch kein Hinweis für kardiale Dekompensation. Bei schwerer Belastung oder Bergaufgehen aufgrund von Belastungsdyspnoe Einlegen einer Pause notwendig. Subjektiv keine Rhythmusstörungen, keine Schwindelsymptomatik.
05.05.02
40
2
Hypertonie, Mäßige Hypertonie Unter medikamentöser Mehrfachkombinationstherapie relativ zufriedenstellende Blutdruckeinstellung. Echokardiografisch Zeichen einer konzentrischen linksventrikulären Hypertrophie.
05.01.02
20
3
Chronische Lumbago Rezidivierend Schmerzen im LWS-Bereich, vor allem bewegungsabhängig. Schmerztherapie wird bei akuter Exazerbation eingenommen (zumeist NSAR). Klinisch kein Hinweis für motorische oder sensible Ausfälle.
02.01.01
20
4
Struma nonosa / Hypothyreose, substituiert Unter entsprechender Substitution normale Schilddrüsenfunktion
09.01.01
10
Gesamtgrad der Behinderung 40 v.H.
Für den Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt:
"Der Gesamtgrad der Behinderung ergibt sich mit 40%, führend ist die Gesundheitsschädigung Position 1. Die Gesundheitsschädigung Position 2 steht in Wechselwirkung mit der Gesundheitsschädigung Position 1, aufgrund des medikamentös gut eingestellten Blutdruck steigert dieser jedoch nicht weiter. Bei Position 3 und 4 besteht keine direkte gegenseitige negative Beeinflussung mit der führenden Gesundheitsschädigung."
Es wurde von einem Dauerzustand ausgegangen.
3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 02.05.2019 wurde der Antrag des BF auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen und festgestellt, dass der Grad der Behinderung 40 v.H. betrage.
Begründend wurde ausgeführt, dass das aufgrund des Antrages des BF durchgeführte Beweisverfahren ergeben habe, dass der Grad der Behinderung 40 v.H. betrage. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien dem beiliegenden Sachverständigengutachten vom 03.04.2019 zu entnehmen.
4. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Der BF brachte unter Verweis auf seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen vor, dass ihm der festgestellte Gesamtgrad der Behinderung im Ausmaß von 40 v.H. als zu niedrig erscheine.
5. Am 13.06.2019 langten der gegenständliche Verwaltungsakt und die Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) ein.
6. Mit Schreiben des BVwG vom 10.07.2019, Zahl: G304 2220036-1/2Z, wurde
XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, um Erstellung eines Sachverständigengutachtens aufgrund der Einschätzungsverordnung ersucht.
Mit weiterem Schreiben vom 10.07.2019, Zahl: G304 2220036-1/2Z, wurde
die BF ersucht, sich am 19.08.2019 um 14:00 Uhr bei XXXX zur ärztlichen Begutachtung einzufinden.
7. In dem eingeholten Gutachten von XXXX vom 19.08.2019 wird nach an demselben Tag durchgeführter Begutachtung des BF im Wesentlichen Folgendes festgehalten:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Ischämische Kardomyopathie mit Zustand nach aortokoronarem Zweifachbypass Oberer Rahmenwert, keine kardiale Dekompensation, keine Rhythmusstörungen, gutes operatives Ergebnis
05.05.02
40
2
Arterielle Hypertonie Vorgegebener Rahmensatz entsprechend der kombinierten antihypertensiven Therapie.
05.01.02
20
3
Chronische Lumbago Oberer Rahmenwert bei zeitweise auftretenden Beschwerden und geringfügigen Bewegungseinschränkungen und sehr selten eingenommener Bedarfsschmerzmedikation
02.01.01
20
4
Struma nonosa / Hypothyreose, substituiert unter Rahmenwert bei euthyreoter Funktionslage unter entsprechender Medikation
09.01.01
10
Gesamtgrad der Behinderung 40 v.H.
Als Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt:
"Führend ist die Gesundheitsschädigung 1, weil sie die Schwerwiegendste ist. Die Position 2 steht in einer Wechselwirkung mit der Führenden Gesundheitsschädigung, sie steigert aber wegen er Geringfügigkeit ihrer Ausprägung nicht. Die beiden anderen Gesundheitsschädigungen steigern wegen der Geringfügigkeit ihrer Ausprägung nicht weiter."
Bezüglich der angeführten Gesundheitsschädigungen wurde von einem Dauerzustand ausgegangen.
8. Mit Verfügung des BVwG vom 11.09.2019, Zahl: G304 2220036-1/4Z, dem BF zugestellt am 17.09.2019, wurde dem BF das eingeholte Sachverständigengutachten seitens des BVwG übermittelt und ihm zur Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung Stellung zu nehmen.
9. Bis dato langte beim BVwG keine Stellungnahme dazu ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF ist österreichischer Staatsbürger und hat in Österreich seinen Hauptwohnsitz.
1.2. Der GdB beträgt 40 v. H.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die unter Punkt II. getroffenen Feststellungen beruhen auf dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.
2.2. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (im Folgenden: VwGH) muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zu Grund gelegt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).
Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).
Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).
Der VwGH führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).
2.3. Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, ist das von Amts wegen eingeholte Gutachten der Amtssachverständigen XXXX vom 19.08.2019 schlüssig, nachvollziehbar und weist dieses keine Widersprüche auf. In diesem Gutachten wird auf die Art und Leiden des BF und deren Ausmaß ausführlich eingegangen.
Im allgemeinmedizinischen Gutachten vom 19.08.2019 wurde der Gesamtgrad der Behinderung mit dem nach der Einschätzungsverordnung eingeschätzten Behinderungsgrad der beim BF vorliegenden ischämischen Kardiomyopathie mit Zustand nach aortokoronarer Zweifachbypass-Operation begründet. Die vorgenommene Einschätzung der "ischämischen Kardiomyopathie" mit 40 v.H. wurde durch die arterielle Hypertonie des BF trotz gegenseitiger Wechselwirkung wegen Geringfügigkeit ihrer Ausprägung nicht gesteigert und auch durch die beiden weiteren Gesundheitsschädigungen der chronischen Lumbago (erg.: d.s. chronische Rückenschmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule) und der "Struma nodosa (erg.: d.s. Knoten in der Schilddrüse) /Hypothyreose (erg.: d.i. mangelnde Versorgung des Körpers mit Schilddrüsenhormonen)" wegen Geringfügigkeit ihrer Ausprägung nicht weiter gesteigert.
Da der BF innerhalb der ihm im Rahmen des Parteiengehörs gewährten Frist keine Einwendung gegen das ihm vorgehaltene Sachverständigengutachten vom 19.08.2019 erhoben hat, wird dieses in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des BVwG (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - im Folgenden: BVwGG) entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des BVwG durch den Senat zu erfolgen.
Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die im § 10 Abs. 1 Z 6 des Bundesbehindertengesetzes genannte Vereinigung entsendet die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 des Bundesbehindertengesetzes anzuwenden. Für die Vertreterin oder den Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - im Folgenden: VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.2. Zu Spruchteil A)
3.2.1. Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§1 Abs. 2 BBG)
Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören. (§ 40 Abs. 1 BBG)
Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt. (§ 41 Abs. 1 BBG)
§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
(2) Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderungen in den Voraussetzungen zu erwarten sind.
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird. (§ 45 Abs. 2 BBG)
3.2.2. Wie unter Punkt 2.3. ausgeführt, wurde seitens des BVwG ein allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten eingeholt und nach Begutachtung des BF am 19.08.2019 in diesem von einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 v. H. ausgegangen.
Dem als schlüssig und nachvollziehbar gewerteten Sachverständigengutachten vom 19.08.2019 wird gefolgt. Aufgrund eines insgesamt vorliegenden Behinderungsgrades von 40 v.H. wird mangels Erreichens des für die Ausstellung eines Behindertenpasses erforderlichen Behinderungsgrades von 50 v.H. die gegenständliche Beschwerde abgewiesen.
3.2.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren gebe, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung aufträten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).
Im gegenständlichen Fall wurde der GdB des BF unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen nach Begutachtung des BF unter Berücksichtigung der aktenmäßigen Befunde festgesetzt. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht bestrittenen Sachverständigengutachtens vom 19.08.2019, welches als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei erachtet wird, geklärt, weshalb eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte.
3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.
Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die Zulassung der Revision war gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zudem zu verneinen, weil die gegenständliche Entscheidung in Wesentlichen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G304.2220036.1.00Zuletzt aktualisiert am
26.02.2020