Entscheidungsdatum
31.10.2019Norm
AsylG 2005 §12a Abs2Spruch
I411 2163102-2/4E
BESCHLUSS
In dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Zl. XXXX, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, geb. XXXX, StA. IRAK, hat das Bundesverwaltungsgericht durch den Richter Mag. Robert POLLANZ als Einzelrichter beschlossen:
A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 sowie § 22 BFA-VG rechtmäßig.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG
A) Verfahrensgang
Zum Vorverfahren:
Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz als "BF" bezeichnet), ein Staatsangehöriger der Republik Irak, (in weiterer Folge "Irak" genannt), stellte nach illegaler Einreise am 06.04.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte der BF am 06.04.2015 Folgendes vor: Er sei ledig, Moslem, gehöre der arabischen Volksgruppe an und habe 6 Jahre die Grundschule besucht. Er habe den Irak legal per Flugzeug verlassen.
Zum Fluchtgrund befragt gab der BF an, er habe als Polizist im Gefängnis gearbeitet. Milizen hätten ihn bestechen wollen, dass er Gefangene freilasse. Der BF habe sich jedoch nicht bestechen lassen. Bei einer Rückkehr in seine Heimat habe der BF Angst um sein Leben. Vor einem Organwalter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge kurz "BFA") brachte der BF am 14.06.2016 im Wesentlichen Folgendes vor:
Er habe seine Heimat verlassen, da seine Aufgabe in der Schubhaftabteilung darin bestand, dass er die Häftlinge vom Gefängnis zum Gericht brachte. In der Haft sei eine Person gewesen, dessen Familie zum BF gekommen sei. Diese hätten ihn bestechen wollen, dass der BF diese Person freilasse. Der BF habe verweigert. Die Familie hätte den BF daraufhin bedroht, dass sie ihn töten werden. Sie hätten den BF nicht in Ruhe gelassen und wären öfter beim BF zuhause gewesen. Der BF sei aber nie zu Hause gewesen. Sie hätten ein Pferd, welches dem BF gehörte, getötet, da der BF nicht zuhause gewesen sei. Sie hätten das Haus des BF zerstört. Der Vorgesetzte des BF habe gesagt, dass diese Familie sicher einen Weg finden würde den BF umzubringen. Er habe gemeinte der BF solle den Irak verlassen. Der Vorgesetzte habe dem BF geholfen, dass er über den Flughafen ausreisen konnte. Der BF habe eine Anzeige bei der Polizei gemacht, aber diese hätten gesagt, sie könnten den BF nicht schützen.
Der BF brachte zahlreiche Beweismittel in Vorlage. Am 15.09.2016 langten kriminaltechnische Untersuchungsberichte bezüglich des vom BF vorgelegten Personalausweises und seines Dienstausweises nach entsprechendem Auftrag durch das BFA ein. Es wurde bezüglich des Personalausweises festgehalten, dass unter Berücksichtigung des derzeitigen Kenntnisstandes die urkundentechnischen Untersuchungen keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer falschen oder verfälschten Urkunde ergaben. Im Hinblick auf den vorgelegten Dienstausweis wurde festgehalten, dass unter Berücksichtigung des derzeitigen Kenntnisstandes die urkundentechnischen Untersuchungen das Vorliegen einer falschen Urkunde, da es sich um eine Totalfälschung handelt, ergaben. Am 24.02.2017 sowie 30.05.2017 wurde der BF zu den Erkenntnissen der Dokumentenprüfung und seinen individuellen Umständen erneut einvernommen.
Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde folglich mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom XXXX, Zl. XXXX, gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I). Gem. § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak nicht zugesprochen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III). Es wurde festgehalten, dass gemäß § 55 Absatz 1a 3 FPG keine Frist zur freiwilligen Ausreise bestehe (Spruchpunkt IV). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz wurde gemäß § 18 Absatz 1 Ziffer 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V).
Das BFA führte unter anderem aus, dass sich die vom BF angeführten Gründe zu seiner Ausreise als unglaubwürdig erwiesen. Der BF habe einen Polizeiausweis vorgelegt, der sich als Totalfälschung herausstellte. Der BF habe zu diesem Beweismittel auch keine glaubhafte Erklärung abgeben können. Die anderen Beweismittel bezüglich des Polizeidienstes habe der BF lediglich in Kopie vorgelegt, sodass diesbezüglich keine kriminaltechnischen Untersuchungen möglich waren. Auffällig sei aber, dass ein Dokument erhebliche Schreibfehler aufweise. Gemäß Anfragebeantwortung der Staatendokumentation hätten Polizisten eigene Ausweise und würden keine normalen ID- Karten besitzen. Da der BF solch eine ID- Karte vorgelegt habe und sich sein Polizeiausweis als Totalfälschung erwiesen habe, sei davon auszugehen, dass er kein Polizist gewesen sei. Somit sei sein gesamtes Fluchtvorbringen, welches sich auf den Dienst als Polizist beziehe, nicht glaubwürdig. Zudem habe der BF auf Nachfrage nur sehr oberflächliche, rudimentäre Angaben über seine Tätigkeit und Ausbildung bei der Polizei bzw. bei der Emergency Respons Unit (ERU) machen können. Weiters sei anzumerken, dass der BF auf einem Foto einer angeblichen Bestätigung eines Ausbildungslehrganges für die Polizei, eine Militäruniform trage. Auf dieser Uniform seien mehrere Abzeichen zu sehen, welche die Zugehörigkeit zu den "Golden Brigades" der irakischen Armee zeigen. Die vom BF angegeben ERU der Polizei würde andere Abzeichen tragen (AS 241 ff.).
Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Irak traf die belangte Behörde ausführliche, Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben. Rechtlich führte das BFA aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam.
Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar. Zudem sei die Abschiebung zulässig, da kein Sachverhalt im Sinne des § 50 Abs 1, 2 und 3 FPG vorliege. Eine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe nicht, da einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 18 Absatz 1 Ziffer 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde.
Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 13.06.2017 (AS 279). Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb offener Frist wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften Beschwerde erhoben und der Bescheid zur Gänze angefochten (AS 261ff.).
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX, XXXX, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Dem Vorbringen zum behaupteten Ausreisegrund wurde (vom BVwG ausführlich begründet) insgesamt die Glaubhaftigkeit abgesprochen. Auch zur Sicherheitslage im Irak wurde vom BVwG ausführlich Stellung genommen und ausgeführt, dass Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, nicht hervorgekommen sind.
Zum gegenständlichen Verfahren:
Der Beschwerdeführer verließ nach rechtkräftigem Abschluss seines Asylverfahrens das Bundesgebiet. Am 27.07.2017 wurde in Rahmen eines Dublin-Verfahrens die Zustimmung der Republik Österreich für die Übernahme des BF an Frankreich übermittelt. Am 30.07.2019 wurde der BF schließlich im Rahmen eines Dublin-Verfahrens von der Bundesrepublik Deutschland an Österreich rücküberstellt. Am gleichen Tag stellte er einen neuerlichen Asylantrag unter der Berufung auf seine bisher geltend gemachten Fluchtgründe:
"Ihr Verfahren wurde am 06.04.2015 bereits rechtskräftig entschieden.
Warum stellen Sie jetzt einen (neuerlichen) Asylantrag? Was hat sich seit der Rechtskraft konkret gegenüber Ihrem bereits entschiedenen Verfahren - in persönlicher Hinsicht und im Hinblick auf die Gefährdungslage im Herkunftsstaat - verändert?
Erläutern Sie umfassend und detailliert sämtliche Gründe für Ihre neuerliche Asylantragstellung und legen Sie nun alle Ihnen nunmehr zur Verfügung stehenden (neuen) Bescheinigungsmittel vor.
Bei mir hat sich nichts geändert. Ich wollte nicht nach Österreich, sondern Österreich hat mich zurück geholt.
Haben Sie alle Ausreise-, Flucht, oder Verfolgungsgründe genannt?
Ich habe jetzt ca 1,5 Jahre auf der Straße gelebt. Heute hat man mich nach Österreich gebracht. Ich wollte nicht mehr hierher.
Meine damals angegebenen Fluchtgründe sind nach wie vor aufrecht. Weitere Ausreise-, Flucht- oder Verfolgungsgründe gibt es nicht.
Was befürchten Sie bei einer Rückkehr in Ihre Heimat? (unbedingt auszufüllen)
Wenn ich in den Irak zurück müsste, würde ich mit Sicherheit (zu einer Million Prozente) umgebracht werden.
Gibt es konkrete Hinweise, dass Ihnen bei Ihrer Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe, die Todesstrafe droht, oder sie mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen haben? (ja, welche?/keine)
Nein, habe ich nicht."
Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am XXXX hielt er seine Fluchtgründe weiterhin aufrecht:
"LA: Sie geben in der Erstbefragung an, dass sich Ihre Fluchtgründe nicht geändert hätten?
VP: Ja die alten Fluchtgründe sind aufrecht aber es gibt etwas Neues.
Nach der Flucht haben sie mein Haus zerstört.
LA: Wann war das?
VP: 2018. Es wurden Arbeitskollegen festgenommen und wegen meiner Tätigkeit verhört.
LA: Wodurch verändert sich der Fluchtgrund?
VP: Ich bin noch immer verfolgt von den Milizen.
LA: Hat sich etwas geändert?
VP: Mein Haus wurde zerstört, meine Kollegen sind festgenommen worden, sie werden immer wieder befragt ob ich Kontakt zu ihnen habe. Ich bin zurzeit noch immer psychisch krank, ich habe vor jedem Iraker hier Angst. Ich habe noch nie mit den Irakern hier Kontakt gehabt. Ich bin ein Staatsbeamter und ich bin davongelaufen, deswegen werde ich gejagt. Die Milizen sind frei und machen was sie wollen. Es wird vom Staat gedeckt."
Mit mündlich verkündetem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Zl. XXXX, hob die belangte Behörde den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12 a Abs. 2 AsylG auf.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist ein Staatsangehöriger der Republik Irak, und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 20 b AsylG. Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest. Der Beschwerdeführer ist Moslem. Der Beschwerdeführer stellte bereits einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher wie oben ausgeführt rechtskräftig negativ entschieden wurden. Der Beschwerdeführer verließ daraufhin das Bundesgebiet.
Der Beschwerdeführer ist volljährig, ledig und kinderlos. Er leidet an keinen derart schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die eine Rückkehr in den Irak unzumutbar erscheinen lassen. Es leben keine Familienangehörigen oder Verwandten des Beschwerdeführers in Österreich. Der Beschwerdeführer ist in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht im Bundesgebiet nicht verfestigt.
Nach Abschluss seines ersten Asylverfahrens in Österreich stellte er in Frankreich und Deutschland Asylanträge.
Im gegenständlichen Asylverfahren bringt der Beschwerdeführer keine neuen Gründe für die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vor.
In Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers in seinem Folgeantrag und aufgrund der allgemeinen Lage im Land wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in den Irak mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existenziellen Bedrohungen ausgesetzt sein wird. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Irak aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wurde oder werden wird.
In Bezug auf den Beschwerdeführer besteht kein schützenswertes Privat- und/oder Familienleben im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren körperlichen oder ansteckenden Krankheit, noch ergab sich eine schwere psychische Störung, die bei einer Abschiebung in den Irak eine unzumutbare Verschlechterung seines Gesundheitszustandes bewirken würde. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers in den Irak eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen. Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Der Beschwerdeführer verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.
Der Folgeantrag wird voraussichtlich zurückzuweisen sein.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem unzweifelhaften, unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Person und der Herkunft des Beschwerdeführers gründen sich auf seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und vor der belangten Behörde.
Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine Dokumente vorgelegt hat, steht seine Identität nicht fest.
Dass er in Frankreich und Deutschland Asylanträge gestellt hat, ergibt sich aus einem EURODAC-Abgleich.
Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer erklärte im gegenständlichen Verfahren sowohl in der Erstbefragung als auch in der Einvernahme vor dem BFA, dass er keine neue Fluchtgründe habe. Er ergänzte lediglich, dass nach seiner Flucht sein Haus zerstört worden sei und ein Arbeitskollege festgenommen und verhört worden sein.
Angesichts dieses unsubstantiierten Fluchtvorbringens, liegt es vielmehr nahe, dass er diesen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz nur stellte, um seine bevorstehende Abschiebung zu vereiteln. Vor diesem Hintergrund ist dem nunmehrigen Vorbringen des Beschwerdeführers die Glaubhaftigkeit abzusprechen. Im gegenständlichen Asylverfahren bringt der Beschwerdeführer somit keine neuen Gründe für die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vor.
Ein Abgleich zwischen den Länderfeststellungen des ersten Asylverfahrens und dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Irak im gegenständlichen Verfahren ergibt keine Verschlechterung der allgemeinen Situation in Irak. Eine solche würde auch nicht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes entsprechen und wurde vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Irak eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt. Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden.
Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine privaten, familiären, beruflichen oder sonstigen sozialen Anknüpfungspunkte. Er verfügt über keine ausreichenden Existenzmittel und ist nicht erwerbstätig. In Bezug auf das Privat- und/oder Familienleben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ist seit Erlassung des ersten (abschlägigen) Bescheides am XXXX bzw des Erkenntnisses des BVwG vom XXXX keine entscheidungsrelevante Änderung des Sachverhaltes erkennbar.
Auch das Vorliegen dermaßen akuter und schwerwiegender Erkrankungen, welche im Irak nicht behandelbar wären und im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat allenfalls zu einer Überschreitung der hohen Eingriffsschwelle des Art. 3 EMRK führen könnten, wurde weder behauptet noch bot sich dafür im Beschwerdefall ein Anhaltspunkt. Der Beschwerdeführer legte zwar dem BFA einen Entlassungsbrief vom Krankenhaus Baden über den stationären Aufenthalt vom 06. bis 08.08.2019 vor. Es wurde ein psychotisches Zustandsbild nach ICD
23.8 diagnostiziert. Nach International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems (ICD) sollen unter Punkt
23.8 alle anderen nicht näher bezeichneten akuten psychotischen Störungen, ohne Anhalt für eine organische Ursache, klassifiziert werden und die nicht die Kriterien für F23.0 bis F23.3 erfüllen. Der BF nahm allerdings den für 09.09.2019 vereinbarten Termin zur psychologischen Untersuchung nicht war. Dies begründete er lapidar damit, dass "kein Doktor anwesend war."
In Bezug auf psychische Erkrankungen, wie zB schweren Depressionen und Posttraumatische Belastungsstörungen mit suizidaler Einengung, haben auch nachfolgende, sich aus der Rechtsprechung des EGMR ergebende, Überlegungen (vgl. auch VfGH v. 6. März 2008, B 2400/07 sowie Premiszl, Migralex 2/2008, 54ff, Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren" mwN auf die Judikatur des EGMR) für eine Art 3-EMRK-konforme Entscheidung mit einzufließen:
Schwere psychische Erkrankungen erreichen solange nicht die erforderliche Gravität, als es nicht zumindest einmal zu einer Zwangseinweisung in eine geschlossene Psychiatrie gekommen ist. Sollte diese allerdings schon länger als ein Jahr zurückliegen und in der Zwischenzeit nichts Nennenswertes passiert sein, dürfte von keiner akuten Gefährdung mehr auszugehen sein. Die lediglich fallweise oder auch regelmäßige Inanspruchnahme von psychiatrischen oder psychotherapeutischen Leistungen einschließlich freiwilliger Aufenthalte in offenen Bereichen psychiatrischer Kliniken indizieren eine fehlende Gravität der Erkrankung.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
§ 12a Abs. 1 und 2 sowie § 22 Abs. 10 Asylgesetz 2005, BGBl. I 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, lauten:
"Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen
§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn
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(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn
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(3) ...
Entscheidungen
§ 22. ...
(10) Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.
...".
§ 22 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, in der Fassung BGBl. I Nr. 84/2015, lautet:
"Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes
§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.
(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.
(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."
Zunächst ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer einen Folgeantrag im Sinne des
§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005 gestellt hat und dass kein Fall des § 12 a Abs. 1 AsylG 2005 vorliegt.
Auch die übrigen Voraussetzungen des § 12 a Abs. 2 Z 1-3 AsylG 2005 liegen vor:
Der erste Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz wurde (rechtskräftig) als unbegründet abgewiesen. Dem Beschwerdeführer droht demzufolge im Irak keine asylrelevante Verfolgung.
Auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Irak die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059), gibt es im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte, zumal der Beschwerdeführer grundsätzlich gesund und daher erwerbsfähig ist. Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht wieder bestreiten können sollte. Außerdem besteht ganz allgemein in Irak keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre.
Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf dem Beschwerdeführer ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenen Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.
Auch führt der Beschwerdeführer in Österreich kein im Sinne des Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben in Österreich und sein Privatleben weist keine ausgeprägte Intensität auf.
Wie auch schon der Erstantrag wird auch der gegenständliche Folgeantrag des Beschwerdeführers voraussichtlich zurückzuweisen sein, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist. Der Beschwerdeführer gibt selbst an, dass sein Fluchtgrund noch immer aufrecht sei und ergänzt im gegenständlichen Verfahren lediglich, dass sein Haus zerstört und ein Arbeitskollege verhaftet worden sei. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinem zweiten Antrag auf internationalen Schutz mangelt es daher an einem "glaubhaften Kern" (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Februar 2009, Zl. 2008/01/0344, mwN), dh die behauptete Sachverhaltsänderung ist in Wahrheit nicht eingetreten bzw. mangelt es ihr an Asylrelevanz.
Zudem ist grundsätzlich festzuhalten, dass (auch) im Verfahren zur allfälligen Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durch die belangte Behörde ein Ermittlungsverfahren durchzuführen ist, wobei auch der Grundsatz der notwendigen Einräumung von rechtlichen Gehören zu beachten ist. Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt; der Beschwerdeführer wurde am 30.07.2019 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie am XXXX durch das BFA (in Anwesenheit eines Rechtsberaters der ARGE sowie eines Dolmetschers) einvernommen. Es wurden ihm weiters die Länderfeststellungen zur Lage in Irak zur Kenntnis gebracht.
Im Lichte des § 22 BFA-VG hatte keine mündliche Verhandlung stattzufinden.
Da insgesamt die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorgelegen sind, ist der dazu mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes vom 19.03.2018 rechtmäßig erfolgt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I411.2163102.2.00Zuletzt aktualisiert am
28.02.2020