TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/5 G303 1312615-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.11.2019
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Entscheidungsdatum

05.11.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §68 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

G303 1312615-4/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Kosovo, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich in 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.08.2018, Zl. XXXX, betreffend Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) hat am 25.05.2018 aus dem Stande der Strafhaft einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Es handelt sich hierbei um seinen fünften Antrag auf internationalen Schutz.

Die Erstbefragung des BF fand am 05.06.2018 statt und gab der BF an, dass sich seit der ersten Antragstellung an seinen Fluchtgründen nichts geändert habe. Weiters habe er in Österreich eine Lebensgefährtin und einen gemeinsamen Sohn. Er habe einen Brief in dem mit seiner Ermordung gedroht werde.

Am 20.06.2018 wurde der BF vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde), Erstaufnahmestelle West, einvernommen. Der BF hielt die bereits gemachten Angaben aufrecht und führte an, dass er seit der Trennung von seiner Ex-Frau im Jahr 2006 von ihrer Familie bedroht werde und Drohschreiben erhalten habe.

Am 16.07.2018 übermittelte der BF der belangten Behörde eine Stellungnahme und legte ein handgeschriebenes Drohschreiben in albanischer Sprache vor. Die von der belangten Behörde in Auftrag gegebene Übersetzung des Schreibens langte am 06.08.2018 ein.

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid der belangten Behörde, dem BF zugestellt am 08.08.2018, wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 05.06.2018 (gemeint wohl am 25.05.2018) hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) und der Antrag auf internationalen Schutz vom 05.06.2018 (gemeint wohl am 25.05.2018) hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II.). Die Entscheidung der belangten Behörde wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der BF im Rahmen seiner verfahrensgegenständlichen Asylantragsstellung Umstände geltend gemacht habe, die seinen Schilderungen zufolge, schon vor Eintritt der Rechtskraft des erlassenen Bescheides vom 30.11.2009, XXXX im ersten Asylverfahren bestanden hätten. Diese Umstände seien daher von vornherein nicht geeignet, eine neue Sachentscheidung herbeizuführen, zumal diese nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes, sondern wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergebe, auch im Fall desselben Begehrens auf Grund von Tatsachen und Beweismittel, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden hätten, ausgeschlossen sei.

Mit dem am 29.08.2018 bei der belangten Behörde eingebrachten und datierten Schriftsatz erhob der BF Beschwerde gegen diesen Bescheid. Darin wurde beantragt, "die Rechtsmittelbehörde" möge den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass dem Antrag des BF auf internationalen Schutz Folge gegeben und dem BF der Status des Asylberechtigten zuerkannt werde; in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass dem BF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kosovo zuerkannt werde, in eventu den angefochtenen Bescheid beheben und zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die erste Instanz zurückverweisen sowie eine öffentliche, mündliche Verhandlung anberaumen. Begründend wurde vorgebracht, dass die Fluchtgründe des BF nicht mit der erforderlichen Tiefe seitens der belangten Behörde ermittelt worden sei. Dies stelle einen Verstoß gegen § 18 AsylG 2005 dar.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 03.09.2018 von der belangten Behörde vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist am XXXX geboren und ist Staatsangehöriger von Kosovo. Er leidet an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung.

Der BF hat in Österreich bislang fünf Anträge auf internationalen Schutz gestellt.

Am 09.04.2007 brachte der BF in Österreich seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz ein. Der Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle Ost, vom 04.06.2007, XXXX, als unzulässig zurückgewiesen, da für die Prüfung des Antrages Slowenien zuständig war. Die Berufung gegen diesen Bescheid wurde mit am 27.06.2007 in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates (UBAS), GZ XXXX, abgewiesen.

Am 30.01.2008 brachte der BF seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz,XXXX ein. Am 26.03.2008 kehrte der BF freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurück und wurde sein Antrag daher als gegenstandslos abgelegt.

Am 11.10.2009 brachte der BF seinen dritten Antrag auf internationalen Schutz ein, der mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Wien, vom 30.11.2009, XXXX gemäß §§ 3, 8 AsylG 2005 abgewiesen und der BF gemäß § 10 Abs. 1 Z2 AsylG 2005 in den Kosovo ausgewiesen wurde (RK 24.12.2009). Der vom BF gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Wien, vom 28.01.2010 abgewiesen. Die Beschwerde dagegen wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 01.03.2010, GZ XXXX, abgewiesen.

Am 11.05.2012 brachte der BF seinen vierten Antrag auf internationalen Schutz ein. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle Ost, vom 25.06.2012, XXXX, als unzulässig zurückgewiesen, da für die Prüfung des Antrages Ungarn zuständig war (RK vom 05.07.2012).

Aufgrund der strafrechtlichen Delinquenz des BF wurde gegen ihn mit Bescheid der LPD Burgenland vom 02.08.2013 eine Rückkehrentscheidung und ein für die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot für den gesamten Schengenraum rechtskräftig erlassen.

Der BF wurde am 26.12.2014 festgenommen und befindet sich seitdem im Strafvollzug im Bundesgebiet. Seit Oktober 2016 verbüßt er seine Strafe in der Justizanstalt XXXX. Der voraussichtliche Entlassungstermin ist Oktober 2021.

Am 25.05.2018 stellte der BF schließlich den fünften und verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz und gab an, dass sich seine Fluchtgründe nicht geändert haben. Zudem brachte er als Fluchtgrund vor, er werde seit 2006 von der Familie seiner Ex-Frau bedroht und habe er einen Brief in dem mit seiner Ermordung gedroht werde.

Feststellungen zur Lage im Kosovo:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des BF sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 07.08.2018 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens haben sich diesbezüglich auch keine maßgeblichen Änderungen ergeben, sodass das BVwG sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Kosovo gilt als sicherer Herkunftsstaat.

Es konnte keine maßgebliche Änderung der asylrelevanten Lage im Herkunftsstaat seit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens über den letzten Antrag des BF auf internationalen Schutz (3. Antrag), indem in der Sache entschieden wurde, festgestellt werden.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbedenklichen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

In der Beschwerde wird den entscheidungswesentlichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht entgegengetreten und auch sonst kein dem festgestellten Sachverhalt entgegenstehendes oder darüber hinaus gehendes Vorbringen in konkreter und substanziierter Weise erstattet.

Die oben getroffenen Feststellungen beruhen somit auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.

Die Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit ergeben sich aus der unbestrittenen Aktenlage.

Dass der BF an einer lebensbedrohlichen Erkrankung leiden würde, wurde weder in den vorangegangen Verfahren noch im gegenständlichen Verfahren behauptet. Daher konnte diesbezüglich eine Negativfeststellung getroffen werden.

Die getroffenen Feststellungen zu den einzelnen vorangegangen Asylverfahren ergeben sich aus dem Zentralen Fremdenregister und aus dem angefochtenen Bescheid, der diesbezüglich nicht bekämpft wurde.

Die Feststellungen zur rechtskräftig erlassenen Rückkehrentscheidung und zum Einreiseverbot ergeben sich aus dem vorliegenden Bescheid der LPD Burgenland vom 02.08.2013 und dem Zentralen Fremdenregister.

Dass der BF den verfahrensgegenständlichen fünften Antrag auf internationalen Schutz bereits am 25.05.2018 gestellt hat und nicht wie im angefochtenen Bescheid angegeben mit 05.06.2018, ergibt sich aus der Niederschrift der Erstbefragung vom 05.06.2018 sowie aus dem Zentralen Fremdenregister.

Dass der BF im Hinblick auf seine Fluchtmotive seine bisherigen Angaben, die er in den Vorverfahren geltend gemacht habe, aufrecht halte, bestätigte er im Rahmen seiner Einvernahme bezüglich seines fünften Asylantrages vor der belangten Behörde am 20.06.2018 und im Rahmen seiner Erstbefragung am 05.06.2018. Sein Fluchtvorbringen, dass er von der Familie seiner Ex-Frau bedroht werde, ergibt sich ebenso aus der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 20.06.2018 und aus seinen Angaben bei der Erstbefragung am 05.06.2018.

Zum Herkunftsstaat:

Bezüglich der Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat wurden sowohl Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen herangezogen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Es konnten im gegenständlichen Beschwerdeverfahren auch keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen festgestellt werden. Das BVwG schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.

Die Feststellung, dass Kosovo als sicherer Herkunftsstaat gilt, basiert auf § 19 Abs. 5 Z 2 BFA-VG iVm § 1 Z 2 Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV).

Dass sich keine maßgebliche Änderung der asylrelevanten Lage im Kosovo seit dem Verfahren über den dritten Asylantrag, in dem zuletzt inhaltlich entschieden wurde, nämlich am 30.11.2009 ergeben hat, konnte insbesondere aufgrund der Tatsache festgestellt werden, dass der Kosovo bereits damals aufgrund der Herkunftsstaaten-Verordnung als sicherer Herkunftsstaat gegolten hat. Die Festlegung eines Staates als sicherer Herkunftsstaat spricht für die Annahme einer grundsätzlich bestehenden staatlichen Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der Behörden dieses Staates (vgl. VwGH 10.8.2017, Ra 2017/20/0153, 0154; 29.5.2018, Ra 2017/20/0388; 6.11.2018, Ra 2017/01/0292). Dies hat daher bereits bei der Entscheidung über den dritten Antrag auf internalen Schutz des damaligen Bundesasylamtes am 30.11.2009 vorgelegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, Zl. 94/08/0183; 30.05.1995, Zl. 93/08/0207; 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).

Eine "entschiedene Sache" ("res iudicata") iSd. § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen (d.h. abgesehen von Nebenumständen, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind) mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; 21.09.2000, Zl. 98/20/0564; 27.09.2000, Zl. 98/12/0057; 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235). Eine Modifizierung des Vorbringens oder der Sachlage, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern (VwGH 22.11.2004, Zl. 2001/10/0035). Bei nach Erlassung des Bescheides hervorgekommenen Umständen, welche die Unrichtigkeit des in Rechtskraft erwachsenen Bescheides dartun, handelt es sich nicht um eine Änderung des Sachverhaltes, sondern sind diese von der Rechtskraft des Bescheides umfasst und bilden lediglich unter den Voraussetzungen des § 69 AVG einen Wiederaufnahmegrund (VwGH 24.09.1992, Zl. 91/06/0113; 24.06.2003, Zl. 2001/11/0317; 06.09.2005, Zl. 2005/03/0065).

Als Vergleichsbescheid (Vergleichserkenntnis) ist der Bescheid (das Erkenntnis) heranzuziehen, mit dem zuletzt materiell in der Sache entschieden wurde (vgl. in Bezug auf mehrere Folgeanträge VwGH 26.07.2005, 2005/20/0226, mwN).

Für das Verfahren vor dem BVwG ist Gegenstand ("Sache") ausschließlich die Frage, ob die belangte Behörde den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht zurückgewiesen hat (vgl. VfGH 11.06.2015, Zl. E 1286/2014-17).

Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist somit nur die Frage, ob die belangte Behörde den neuerlichen Asylantrag vom 25.05.2018 zu Recht gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

Bei einer Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig abgesprochenen Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleichbleibender Sach- und Rechtslage stützen durfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit der Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhaltes nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können in der Berufung (Beschwerde) nicht neu geltend gemacht werden (VwGH 06.10.1961, VwSlg. 5642 A; 28.11.1968, Zl. 0571/68; 30.06.1992, Zl. 89/07/0200; 20.04.1995, Zl. 93/09/0341; 23.05.1995, Zl. 94/04/0081; zur Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens siehe VwSlg. 12.799 A). Dies bezieht sich auf Sachverhaltsänderungen, die in der Sphäre des Antragstellers gelegen sind. Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, Zl. 99/01/0400; 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).

Dem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH 15.12.1992, Zl. 91/08/0166; ebenso VwGH 16.12.1992, Zl. 92/12/0127; 23.11.1993, Zl. 91/04/0205; 26.04.1994, Zl. 93/08/0212; 30.01.1995, Zl. 94/10/0162). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, Zl. 83/07/0274; 21.02.1991, Zl. 90/09/0162; 10.06.1991, Zl. 89/10/0078; 04.08.1992, Zl. 88/12/0169; 18.03.1994, Zl. 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A; VwGH 05.05.1960, Zl. 1202/58; 03.12.1990, Zl. 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung - obgleich auch diese Möglichkeit besteht - nicht zu einem anderen, von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass in der gegenständlichen Rechtssache eine entschiedene Sache vorliegt. Dies aus folgenden Erwägungen:

Der erste und der zweite Asylantrag wurden nicht inhaltlich behandelt. Über den dritten Asylantrag des BF vom 11.10.2009 hat das Bundesasylamt, Außenstelle Wien, mit Bescheid vom 30.11.2009 inhaltlich entschieden (RK 24.12.2009). Da mit diesem Bescheid zuletzt in der Sache entschieden wurde, ist dieser als Vergleichsbescheid für den gegenständlichen Folgeantrag heranzuziehen (siehe VwGH 26.07.2005, 2005/20/0226, mwN). In diesem (dritten) Verfahren brachte der BF vor, dass es in seinem Heimatland eine Bande gäbe, die Leute sammeln würde, diese nach Mitrovica bringe und als Mörder ausbilde. Der BF sei zweimal von diesen Leuten besucht und dahingehend - da er nicht dort erschienen sei - bedroht worden, dass er den Kosovo verlassen solle oder als toter Mann betrachtet werde.

Im gegenständlichen (fünften) Verfahren führte der BF an, dass die von ihm (in den vorangegangenen Verfahren) geltend gemachten Asylgründe weiterhin aufrecht gehalten werden. Ergänzend brachte er vor, dass er durch die Familie seiner Ex-Frau einer Bedrohung ausgesetzt sei. Diese Bedrohung bestehe seit der Trennung von seiner Ex-Frau im Jahr 2006 und habe er Drohbriefe erhalten.

Da die Drohungen und Drohbriefe von Seiten der Familie der Ex-Frau des BF - so sie tatsächlich stattgefunden haben - dem BF bereits vor Rechtskrafteintritt des dritten Asylverfahrens bekannt gewesen waren, steht diesem Vorbringen jedenfalls die Rechtskraft des Bescheides des Bundesasylamtes vom 30.11.2009 (RK 24.12.2009) betreffend den dritten Antrag auf internationalen Schutz entgegen.

Es ist der belangten Behörde im Ergebnis beizupflichten, dass das Vorbringen des BF im nunmehr fünften Asylverfahren keinen entscheidungsrelevanten Sachverhalt darstellt, welcher nach rechtskräftigem Abschluss des vorangegangenen Verfahrens neu entstanden wäre bzw. dem letztlich im Vergleich zum vorangegangenen Verfahren Entscheidungsrelevanz zukommen würde.

Die nunmehr behauptete "Neuerung" des maßgeblichen Sachverhaltes besteht nach den Angaben des BF vor der belangten Behörde bereits seit dem Jahr 2006.

Gegenüber neu entstandenen Tatsachen (novae causae supervenientes; vgl. VwGH 20.2.1992, 91/09/0196) fehlt es an der Identität der Sache; neu hervorgekommene Tatsachen (oder Beweismittel) rechtfertigen dagegen allenfalls eine Wiederaufnahme iSd. § 69 Abs. 1 Z 2 AVG (wegen nova reperta; zur Abgrenzung vgl. zB VwGH 4.5.2000, 99/20/0192; 21.9.2000, 98/20/0564; 24.8.2004, 2003/01/0431; 4.11.2004, 2002/20/0391), bedeuten jedoch keine Änderung des Sachverhaltes iSd § 68 Abs. 1 AVG. Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identischem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes ausgeschlossen, sondern auch dann, wenn dasselbe Begehren auf Tatsachen und Beweismittel gestützt wird, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben (VwGH 30.9.1994, 94/08/0183 mwN; 24.8.2004, 2003/01/0431).

Der BF stützt seinen gegenständlichen Asylantrag auf einen Sachverhalt, der bereits seit 2006 bestanden haben soll, den er aber im gesamten vorhergehenden dritten Verfahren nicht vorbrachte. Da sich das Begehren damit auf vorgebliche Tatsachen stützt, die schon vor Abschluss des dritten Asylverfahrens als relevantes Vorverfahrens bestanden haben, ist eine neue Sachentscheidung ausgeschlossen. Es liegt zweifelsfrei eine entschiedene Sache vor.

Von einer relevanten, wesentlichen Änderung des Sachverhalts seit der rechtskräftigen Entscheidung über den dritten Asylantrag kann daher diesbezüglich nicht gesprochen werden.

Schließlich liegen auch sonst keine Anhaltspunkte für eine Änderung des Sachverhalts im Hinblick auf allgemein bekannte Tatsachen vor, die von der belangten Behörde von Amts wegen zu berücksichtigen gewesen wären, zumal sich weder die allgemeine Situation im Herkunftsstaat Kosovo bezogen auf das gesamte Staatsgebiet noch die Rechtslage in der Zwischenzeit entscheidungswesentlich geändert haben.

Auch in der persönlichen Sphäre des BF sind seit dem rechtskräftigen Abschluss des vorangegangenen Verfahrens keine entscheidungsrelevanten Umstände eingetreten, welche geeignet gewesen wären, einen zulässigen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz zu begründen, sind doch dem gesamten Vorbringen keine neuen asylrelevanten Sachverhaltsänderungen zu entnehmen, die eine andere Beurteilung zuließen.

Der BF leidet weder an einer unmittelbar lebensbedrohenden Erkrankung noch wurde ein sonstiger auf die Person des BF bezogener "außergewöhnlicher Umstand" behauptet oder bescheinigt, der ein Rückführungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 darstellen könnte.

Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass die belangte Behörde willkürlich gehandelt oder ohne die geforderte Sorgfalt ermittelt hätte, sind nicht erkennbar. Dass im angefochtenen Bescheid irrtümlich als Datum der Asylantragstellung das Datum der niederschriftlichen Erstbefragung, nämlich der 05.06.2018 anstelle richtigerweise der 25.05.2018 angegeben wurde, ist als Schreibfehler zu qualifizieren und kann allein eine Rechtswidrigkeit des Bescheides nicht begründen.

Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die belangte Behörde im gegenständlich angefochtenen Bescheid zu Recht davon ausgegangen ist, dass der Behandlung des neuerlichen Antrages auf internationalen Schutz daher sowohl im Hinblick auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegensteht, weshalb gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm. § 68 Abs. 1 AVG die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.

Die belangte Behörde hat im bekämpften Bescheid den Ausspruch über eine Rückkehrentscheidung zu Recht unterlassen. Da eine aufrechte mit einem zehnjährigen Einreiseverbot verbundene am 11.09.2013 in Rechtskraft erwachsene Rückkehrentscheidung (Bescheid der LPD Burgenland, Zl. XXXX, vom 02.08.2013) besteht, konnte gemäß § 59 Abs. 5 FPG die Erlassung einer neuerlichen Rückkehrentscheidung unterbleiben, zumal aus Sicht der belangten Behörde eine Neubemessung der Dauer des zehnjährigen Einreiseverbotes nicht erforderlich erscheint (siehe dazu VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0082, zuletzt 13.02.2018, Ra 2017/18/0332).

3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substanziierter Weise behauptet (siehe VwGH 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9). Es konnte daher - trotz des in der Beschwerde gestellten Antrages - gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

Zudem entfällt die Beschwerdeverhandlung auch gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG, weil der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag des BF zurückzuweisen ist (siehe zuletzt VwGH 30.11.2018, Ra 2018/20/0526).

3.3. Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist teilweise zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

entschiedene Sache, Identität der Sache, Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G303.1312615.4.00

Zuletzt aktualisiert am

28.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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