TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/7 L503 2114862-2

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Veröffentlicht am 07.11.2019
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Entscheidungsdatum

07.11.2019

Norm

AlVG §1 Abs1 lita
ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

L503 2114862-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Rupert WOLFF, gegen den Bescheid der Salzburger Gebietskrankenkasse vom 19.9.2016, GZ: XXXX , zu Recht erkannt:

A.) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 VwGVG stattgegeben und festgestellt, dass XXXX aufgrund der für die XXXX ausgeübten Tätigkeit im Zeitraum vom 1.6.2011 bis 31.3.2014 als Dienstnehmer der Vollversicherung (Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung) gemäß § 4 Abs 1 und 2 ASVG sowie der Arbeitslosenversicherung gemäß § 1 Abs 1 lit a AlVG unterlag.

B.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird zunächst auf die Ausführungen zum Verfahrensgang im hg. Erkenntnis vom 30.10.2015, Zl. L511 2114862-1/2E, verwiesen.

2. Mit Schriftsatz seines rechtsfreundlichen Vertreters vom 27.6.2016 erhob der Beschwerdeführer (im Folgenden kurz: "BF") Säumnisbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

3. In der Folge erließ die SGKK den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19.9.2016, XXXX . Darin sprach die SGKK aus, dass der BF aufgrund der für die XXXX (im Folgenden: "I. GmbH") ausgeübten Tätigkeit im Zeitraum von 1.6.2011 bis 31.3.2014 nicht der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung gemäß § 4 Abs 1 und 2 ASVG sowie gemäß § 1 Abs 1 lit a AlVG unterlegen sei.

Zur Begründung führte die SGKK nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges aus, dass sie von ihrem Recht gemäß § 16 Abs 1 VwGVG Gebrauch mache und den beantragten Feststellungsbescheid innerhalb der gesetzlichen Frist nachhole.

Es stehe aufgrund des in Rechtskraft erwachsenen Spruchpunktes a) des Bescheides vom 24.7.2015 fest, dass der BF in der Zeit vom 3.11.2010 bis 31.5.2011 auf Grund der für die I. GmbH in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübten Tätigkeit als Kraftfahrer der Pflicht(Vollversicherung) in der Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung unterlegen sei. In diesem Zeitraum habe der BF Waren aller Art mit LKW und im Auftrag der I. GmbH von Salzburg nach XXXX in Tirol und von dort nach Italien (Verona) und retour nach Salzburg transportiert.

Am 8.1.2011 sei in Deutschland die XXXX (im Folgenden: "O. UG") mit Sitz in F. registriert worden. Ab 29.3.2011 sei der BF neben seiner Lebensgefährtin Geschäftsführer dieser Gesellschaft gewesen. Seit 18.4.2016 sei der BF alleiniger Geschäftsführer der O. UG. Er sei zugleich deren Alleingesellschafter. Gegenstand der O. UG sei neben der Durchführung von Gütertransporten und weiteren - im Bescheid aufgezählten - Tätigkeiten auch die Vermittlung von Personal gewesen. Die Geschäftstätigkeit der O. UG sei vom Firmensitz in F. aus durchgeführt worden. Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum von 1.6.2011 bis 31.3.2014 seien seitens der O. UG Dienstleistungen für die I. GmbH erbracht worden. Diese hätten in der Bereitstellung (Vermittlung) von Personal bestanden. Der BF sei seitens der O. UG als LKW-Fahrer an die I. AG (gemeint: I. GmbH) vermittelt worden und hätte mit LKW der I. GmbH Fahrten im Raum Österreich, Deutschland und Italien durchgeführt. Diese Dienstleistungen seien der I. GmbH von der O. UG in Rechnung gestellt und nachweislich auch bezahlt worden. Die O. UG habe neben der I. GmbH weitere Auftraggeber gehabt, wie sich aus der Rechnung der O. UG an die M. GmbH ergebe.

Dieser Sachverhalt unterscheide sich von der Tätigkeit des BF im Zeitraum von 3.11.2010 bis 31.5.2011. So habe der BF ab 1.6.2011 sowohl operativ als auch funktional für die O. UG agiert. Daher hätten ab diesem Zeitpunkt eine betriebliche Struktur und wirtschaftliche Aktivität in Deutschland bestanden. Ab 1.6.2011 sei der BF an die I. GmbH als LKW-Fahrer vermittelt worden. Die LKW-Fahrten für die I. GmbH habe er zwar mit LKW der I. GmbH durchgeführt, jedoch als seitens der O. UG "vermitteltes Personal". Die Dienstleistungen seien der I. GmbH in Rechnung gestellt und von dieser nachweislich an die O. UG bezahlt worden. Der BF habe in diesem Zeitraum auch kein Entgelt von der I. GmbH erhalten.

In ihrer Beweiswürdigung hielt die SGKK unter anderem fest, dass der BF nicht bzw. nur äußerst mangelhaft seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen sei.

Rechtlich führte die SGKK aus, dass der BF im verfahrensgegenständlichen Zeitraum für den Betrieb der O. UG operativ und funktional tätig gewesen sei. Als geschäftsführender Gesellschafter, der die wirtschaftliche Macht im Unternehmen maßgeblich ausgeübt habe (100% Beteiligung), sei der BF in diesem Zeitraum als selbständig Tätiger zu beurteilen.

4. Mit Schriftsatz seines rechtsfreundlichen Vertreters vom 18.10.2016 erhob der BF fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid der SGKK vom 19.9.2016.

Darin führte der BF zusammengefasst aus, er sei von 3.11.2010 bis 22.3.2014 als Kraftfahrer bei der I. GmbH beschäftigt gewesen. Die Anstellung sei als selbständig erwerbstätiger Kraftfahrer erfolgt, dies jedoch in Scheinselbständigkeit. Während der gesamten Dauer dieser Tätigkeit habe der BF gegen Entgelt in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit der I. GmbH, vertreten durch Herrn R., gearbeitet. Die I. GmbH sei der einzige Auftraggeber des BF als LKW-Fahrer gewesen. Über explizites Ersuchen von Herrn R. sei die Abrechnung der Leistungen des BF zwischen 1.6.2011 und 22.3.2014 über die O. UG, als deren Geschäftsführer der BF tätig gewesen sei, erfolgt. Die auf das Konto der O. UG überwiesenen Honorare seien dem BF zugutegekommen. Die O. UG habe die als Unternehmensgegenstand erwähnte Tätigkeit "Vermittlung von Personal" nicht ausgeübt und keine Transportdienstleistungen erbracht. Die Stellung der Rechnungen von der I. GmbH an die O. UG (Anm.: gemeint wohl umgekehrt) hätte dem Zweck der Scheinselbständigkeit gedient, um den BF nicht bei der SGKK anmelden zu müssen.

Selbst wenn die O. UG - was ausdrücklich bestritten werde - als Personalvermittlerin agiert hätte, bleibe die I. GmbH Dienstgeber, weil der Einsatz eines Mittelsmanns ihre Dienstgebereigenschaft zum BF als LKW-Fahrer nicht ändere. Die I. GmbH habe das wirtschaftliche Risiko der Transportdienstleistungen getragen und mit unternehmerischer Entscheidungsfreiheit gehandelt. Der BF dagegen hätte die Transportfahrten für die I. GmbH in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt erbracht.

Eine Personalvermittlung durch den BF als Geschäftsführer der O. UG hätte darin bestanden, dass er sich selbst der I. GmbH als Personal vorgestellt hätte. Der arbeitsrechtliche Vertrag wäre trotzdem zwischen der I. GmbH und dem BF als vermitteltes Personal abgeschlossen worden.

Die belangte Behörde habe hinsichtlich der verfahrensrelevanten Tätigkeit, nämlich der Transportfahrten mit LKW der I. GmbH zwischen Österreich, Deutschland und Italien, keine Unterschiede zur Tätigkeit vor dem 1.6.2011 festgestellt, sondern lediglich Unterschiede in der Abrechnung der Transporte. Dieser Unterschied sei zur Feststellung der Dienstnehmereigenschaft nicht relevant.

Zwischen der O. UG und der I. GmbH sei im Hinblick auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt allenfalls ein Scheinvertrag über die Bereitstellung von Personal vorgelegen, wodurch das tatsächliche Dienstverhältnis zwischen dem BF und der I. GmbH verdeckt worden sei. Eine Scheinvereinbarung sei von Vornherein als Grundlage für die Beurteilung der Versicherungspflicht nicht geeignet.

Der BF sei nicht Gesellschafter der O. UG gewesen, sondern sei die J. UG Gesellschafterin gewesen. Er sei somit nicht geschäftsführender Gesellschafter (Anm.: der O. UG) gewesen.

Der BF habe im Übrigen stets die Mitwirkungspflicht erfüllt und Unterlagen nachgereicht.

Der Beschwerde beigelegt wurde eine Urkunde über die Gründung einer Unternehmergesellschaft vom 2.2.2011. Daraus geht hervor, dass die J. UG durch den BF als ihren alleinvertretungsbefugten Geschäftsführer die O. UG errichtet hat. Zum Geschäftsführer der neu errichteten O. UG wurde wiederum der BF bestellt.

5. Am 15.12.2016 legte die SGKK den Akt dem Bundesverwaltungsgericht vor. In einer hierzu erstatteten Stellungnahme vom 14.12.2016 führte die SGKK nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges zu den geltend gemachten Beschwerdegründen unter anderem aus, dass ein Beschäftigungsverhältnis des BF zur I. GmbH tatsächlich nur von 3.11.2010 bis 31.5.2011 bestanden habe. Ab Juni 2011 hätten die Beteiligten bewusst die Konstruktion über eine in Deutschland gegründete UG gewählt. Ab diesem Zeitpunkt habe eine selbständige betriebliche Struktur und wirtschaftliche Aktivität in Deutschland bestanden. Der BF sei ab Juni 2011 nicht durch einen "Mittelsmann" in Dienst bei der I. GmbH genommen worden, sondern sei für die O. UG selbständig als Geschäftsführer und mittelbarer 100%iger Eigentümer tätig geworden. Der BF sei 100%iger Eigentümer der J. UG und daher mittelbar 100%iger Eigentümer der O. UG. Die Gründungsurkunde der O. UG beweise die im angefochtenen Bescheid festgestellten Unternehmensgegenstände, wie insbesondere die Vermittlung von Personal, aber auch die Durchführung von Gütertransporten.

Abschließend hielt die SGKK fest, dass zwischen der I. GmbH, deren "Nachfolgefirma" R. GmbH, der O. UG, einigen Dienstnehmern sowie den agierenden Gesellschaftern und dem BF enge Verflechtungen bestünden und die Vorgehensweise in Bezug auf die Verrechnung von Dienstleistungen des BF ident zu jener im hier verfahrensgegenständlichen Zeitraum sei. Die Einbeziehung des BF in die Pflichtversicherung als Dienstnehmer für den Zeitraum 1.6.2011 bis 31.3.2014 erscheine daher auch unter diesem Aspekt unrichtig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF war beginnend mit 3.11.2010 als LKW-Fahrer bei der I. GmbH mit Sitz in Salzburg, FN XXXX , beschäftigt. Der BF transportierte Waren aller Art von Salzburg nach XXXX in Tirol und von dort nach Italien (Verona) sowie retour nach Salzburg.

Diese Route hatte der BF unter einer Stundenvorgabe von 22:30 Uhr bis 13:30 Uhr des nächsten Tages fünf Mal wöchentlich, ab April 2011 drei Mal wöchentlich, zu fahren. Als Gegenleistung war eine Tagespauschale von EUR 200,00 inklusive Reisekosten vereinbart, welche nach Stellung einer Honorarnote an die I. GmbH auf das Bankkonto des BF überwiesen wurde. Diese Honorarnoten wurden im Zeitraum vom 20.11.2010 bis 31.5.2011 vom BF an die I. GmbH gestellt.

Abwesenheiten wie Krankheit oder Urlaub musste der BF der I. GmbH bekanntgeben, welche eine Vertretung organisierte. Die vom BF gelenkten LKW samt Sattelauflieger wurden von der I. GmbH zur Verfügung gestellt. Für die im Zusammenhang mit den LKW-Fahrten anfallenden Aufwendungen, wie für das Tanken, Reparaturen, Maut oder Miete, musste der BF nicht aufkommen. Der Ansprechpartner des BF bei der I. GmbH war über den gesamten Zeitraum seiner Beschäftigung Herr K.R., der zeitweise selbst Dienstnehmer der I. GmbH war. Mit ihm hatte der BF auch seine Beschäftigung als LKW-Fahrer für die I. GmbH vereinbart und erhielt von diesem auch seine Anweisungen bzw. Arbeitsaufträge.

Von Juni 2011 bis März 2014 wurden die vom BF als LKW-Fahrer für die I. GmbH erbrachten Dienstleistungen über die O. UG, eine Gesellschaft mit Sitz in F., Deutschland (Amtsgericht XXXX , HRB XXXX ), abgerechnet. Der BF war (zeitweise neben einer weiteren Person) alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer der O. UG. Alleingesellschafterin der O. UG. war die J. UG. Der BF - Alleingesellschafter der J. UG - errichtete als deren alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer die O. UG am 2.2.2011. In der Errichtungserklärung der O. UG waren als Unternehmensgegenstand unter anderem die Durchführung von Gütertransporten und die Vermittlung von Personal genannt.

Eine tatsächliche oder wirtschaftliche Änderung der vom BF für die I. GmbH erbrachten Transportdienstleistungen ergab sich ab Juni 2011 nicht, der BF befuhr bis März 2014 weiterhin die oben beschriebene Route. Die vormals auf den Namen des BF lautenden Rechnungen wurden nunmehr auf die Firma der O. UG lautend ausgestellt. Die O. UG hatte kein Personal und solches auch nicht an die I. GmbH oder andere vermittelt; der BF führte sämtliche für die I. GmbH erbrachten Transporttätigkeiten weiterhin selbst aus. Der BF war solcherart bis Ende März 2014 als LKW-Fahrer für die I. GmbH tätig. Das Entgelt für die erbrachten Transportdienstleistungen wurde von der I. GmbH auf ein Konto der O. UG überwiesen und in der Folge vom BF vereinnahmt.

Dass die Rechnungen an die I. GmbH ab Juni 2011 nicht mehr auf den BF, sondern die O. UG lautend ausgestellt wurden, hatte den Zweck, eine selbständige Erwerbstätigkeit des BF vorzutäuschen, um das vorliegende Dienstverhältnis zu verdecken und den BF nicht als Dienstnehmer bei der SGKK anmelden zu müssen. Diese Vorgangsweise erfolgte im Einvernehmen mit Herrn K.R., der als Ansprechpartner des BF bei der I. GmbH fungierte.

Mit Schreiben vom 30.12.2014 beantragte der BF die Berichtigung der Versicherungszeiten für die Zeit vom 1.8.2010 bis 22.3.2014.

Die SGKK sprach mit Bescheid vom 24.7.2015, GZ: XXXX , aus, dass der BF in der Zeit von 3.11.2010 bis 31.5.2011 aufgrund der für die I. GmbH in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübten, entgeltlichen Tätigkeit der Pflicht(Voll)versicherung in der Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung unterlag.

Die I. GmbH ist infolge rechtskräftiger Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens und Zahlungsfähigkeit aufgelöst (Beschluss des LG Salzburg vom 4.12.2014). Am 12.6.2019 wurde die O. UG wegen Vermögenslosigkeit aus dem deutschen Handelsregister gelöscht (Bekanntmachung vom 13.6.2019).

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der SGKK samt den darin erliegenden Ergebnissen der durchgeführten Beweisaufnahmen.

2.2. Die getroffenen Feststellungen gehen daraus unmittelbar hervor:

Die Feststellungen zu den im Erkenntnis genannten Gesellschaften sowie zu den an ihnen bestehenden Beteiligungsverhältnissen und den eingeräumten Geschäftsführungsbefugnissen ergeben sich aus den im Akt erliegenden Auszügen aus dem Firmenbuch, KSV-Auskünften, einer mit der Beschwerde vorgelegten Errichtungserklärung vom 2.2.2011 und einer vom erkennenden Gericht durchgeführten Online-Abfrage im deutschen Handelsregister.

Unstrittig ist, dass der BF in der Zeit von 3.11.2010 bis 31.5.2011 als Dienstnehmer der I. GmbH beschäftigt war und als solcher der Pflichtversicherung (Vollversicherung in der Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung) unterlag. Die Feststellungen zur Beschäftigung in diesem Zeitraum ergeben sich unmittelbar aus den Angaben des BF in den von der SGKK durchgeführten niederschriftlichen Einvernahmen vom 23.1.2015 und 9.4.2015. Die Angaben des BF zu seiner Beschäftigung bis Ende Mai 2011 wurden im Wesentlichen auch bereits dem Bescheid der SGKK vom 24.7.2015 zugrunde gelegt, mit dessen Spruchpunkt a) die Versicherungspflicht des BF für den genannten Zeitraum festgestellt wurde.

Von entscheidender Bedeutung für die Beurteilung des verfahrensgegenständlichen Zeitraumes (Juni 2011 bis März 2014) war somit, ob bzw. welche Änderungen im Beschäftigungsverhältnis des BF seit dem 1.6.2011 eingetreten sind (vgl dazu bereits die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 30.10.2015).

Zunächst ist festzuhalten, dass sich aus den Angaben des BF im Rahmen der Einvernahmen durch die SGKK am 23.1.2015 (S. 2) und 9.4.2015 (S. 2, 3) und seinem Beschwerdevorbringen entnehmen lässt, dass er bis März 2014 als LKW-Fahrer für die I. GmbH die Route Salzburg - XXXX in Tirol - Verona und retour regelmäßig, drei Mal in der Woche, befuhr. Maßgebliche Änderungen im Beschäftigungsverhältnis seit Juni 2011 im Vergleich zum Zeitraum davor konnten nicht festgestellt werden. So erfolgten der Warentransport weiterhin durch den BF selbst mittels von der I. GmbH zur Verfügung gestellter LKW auf Anweisung seitens des Dienstgebers. Der BF hatte weiterhin nicht für Aufwendungen, die sich im Zusammenhang mit den durchgeführten Transportdienstleistungen ergaben (etwa Tanken, Reparaturen, Maut etc.), aufzukommen.

Dass der BF mit der von ihm (als Geschäftsführer und Alleingesellschafter der J. UG) gegründeten O. UG seit Juni 2011 tatsächlich eine nennenswerte selbständige Tätigkeit entfaltet hat und ab diesem Zeitpunkt nicht mehr als Dienstnehmer bei der I. GmbH beschäftigt war, ist den vorliegenden Beweisergebnissen nicht zu entnehmen. So geht daraus insbesondere nicht hervor, dass sich das Angebot der O. UG überhaupt an einen größeren Personenkreis gerichtet hätte. Im Akt finden sich für den verfahrensgegenständlichen - sich über mehrere Jahre erstreckenden - Zeitraum praktisch ausschließlich Rechnungen der O. UG an die I. GmbH. Nur eine einzige Rechnung der O. UG richtete sich an einen von der I. GmbH verschiedenen Auftraggeber, nämlich die M. GmbH (Rechnung Nr. 005 über EUR 245,00). Eine Situation, in welcher die O. UG am "Markt" aufgetreten wäre und die I. GmbH etwa nur noch "ein Kunde unter vielen" gewesen wäre, ist damit nicht erkennbar.

Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Einbindung der deutschen O. UG in das Beschäftigungsverhältnis zwischen dem BF und der I. GmbH einzig dazu dienen sollte, den Anschein einer selbständigen Tätigkeit des BF zu erwecken, um die Einbeziehung des BF in die Pflichtversicherung als Dienstnehmer nach den Bestimmungen des ASVG zu umgehen. Diese Absicht wurde vom BF im Verfahren vor der SGKK auch mehrfach eingestanden (Schreiben vom 30.1.2015, 19.2.2015, 2.3.2015, 12.3.2015, Beschwerdeschrift S. 3, 7) und gab er in der Einvernahme am 9.4.2015 an, dass die O. UG selbst keine Transportaufträge abgeschlossen habe (S. 2) und sein Vertragsverhältnis mit der I. GmbH eigentlich bis März 2014 gedauert habe (S. 3). Die aufgrund der gewählten Scheinkonstruktion an die O. UG überwiesenen Entgelte flossen dem BF zu (Beschwerdeschrift S. 2, 8). Dass die O. UG - im Sinne einer selbständigen Tätigkeit - tatsächlich Personal an die I. GmbH oder andere (etwa zur Erbringung von Transportdienstleistungen) vermittelt hätte, konnte nicht festgestellt werden und gab der BF in der Einvernahme am 9.4.2015 dazu auch an, dass "das Personal" aus ihm selbst bestanden habe und er selbst die Fahrten für die I. GmbH durchgeführt habe (S. 2). Eine tatsächlich durchgeführte Vermittlungstätigkeit der O. UG wird damit aber in keiner Weise dargelegt, zumal im Hinblick auf die Person des BF auch darauf hinzuweisen ist, dass dieser ohnehin bereits in einem aufrechten Vertragsverhältnis als Dienstnehmer zur I. GmbH stand.

Tatsächliche oder wirtschaftliche Unterschiede des Beschäftigungsverhältnisses des BF ab Juni 2011 konnten damit im Vergleich zum vorangegangenen Zeitraum nicht festgestellt werden. Als einzige Änderung kann die nach außen hin in Erscheinung tretende Einbindung der O. UG, unter deren Firma der BF von nun an - anstelle seines eigenen Namens - Rechnungen ausgestellt hat, konstatiert werden. Diese Vorgangsweise diente dem Zweck der Umgehung sozialversicherungsrechtlicher Bestimmungen und sollte die Dienstnehmereigenschaft des BF verdecken. Ein auf die Beendigung des Dienstverhältnisses des BF zur I. GmbH mit Juni 2011 gerichteter Wille war damit aber nicht erkennbar verbunden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgebung der Beschwerde:

3.1. Allgemeine rechtliche Grundlagen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 414 Abs 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Angelegenheiten nach § 410 Abs 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG auf Antrag einer Partei durch einen Senat. Da im gegenständlichen Verfahren kein Antrag auf Entscheidung durch einen Senat gestellt wurde, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gemäß § 28 Abs 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen.

3.2. Rechtliche Grundlagen im ASVG:

§ 4 ASVG lautet auszugsweise:

(1) In der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sind auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet:

1. die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer;

[...]

(2) Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. [...]

[...]

§ 35 ASVG lautet auszugsweise:

(1) Als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist.

[...]

§ 539a ASVG lautet:

§ 539a. (1) Für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem

Bundesgesetz ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

(2) Durch den Missbrauch von Formen und durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes können Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden.

(3) Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre.

(4) Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen sind für die Feststellung eines Sachverhaltes nach diesem Bundesgesetz ohne Bedeutung. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Beurteilung maßgebend.

(5) Die Grundsätze, nach denen

1. die wirtschaftliche Betrachtungsweise,

2. Scheingeschäfte, Formmängel und Anfechtbarkeit sowie

3. die Zurechnung

nach den §§ 21 bis 24 der Bundesabgabenordnung für Abgaben zu beurteilen sind, gelten auch dann, wenn eine Pflichtversicherung und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten nach diesem Bundesgesetz zu beurteilen sind.

3.3. Im konkreten Fall bedeutet das:

Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgeschlossen ist, noch nach § 7 eine Teilversicherung begründet.

Dienstnehmer ist gemäß § 4 Abs. 2 ASVG, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer gemäß § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist. Die wirtschaftliche Abhängigkeit, die ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel findet, ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit (vgl VwGH vom 15.5.2013, 2013/08/0051, mit Hinweis auf das Erk. vom 21.2.2001, 96/08/0028).

Grundvoraussetzung für die Annahme persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG und damit eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ist die persönliche Arbeitspflicht. Fehlt sie, dann liegt ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nach der genannten Bestimmung nicht vor. Persönliche Arbeitspflicht ist (u.a.) dann nicht gegeben, wenn demjenigen, dessen Leistungserbringung zu beurteilen ist, eine generelle Vertretungsbefugnis bei Erbringung dieser Leistung eingeräumt ist. Von einer generellen Vertretungsbefugnis kann nur dann gesprochen werden, wenn der Beschäftigte berechtigt ist, jederzeit und nach Gutdünken irgendeinen geeigneten Vertreter zur Erfüllung der von ihm übernommenen Arbeitspflicht heranzuziehen. Keine generelle Vertretungsberechtigung stellt die bloße Befugnis dar, sich im Fall der Verhinderung in bestimmten Einzelfällen, z.B. im Fall einer Krankheit oder eines Urlaubes, oder bei bestimmten Arbeiten innerhalb der umfassenderen Arbeitspflicht vertreten zu lassen; ebenso wenig die bloße wechselseitige Vertretungsmöglichkeit mehrerer vom selben Vertragspartner beschäftigter Personen (vgl VwGH vom 15.5.2013, 2013/08/0051, mit Hinweis auf das Erk. vom 25.5.2011, 2010/08/0025, mwN).

Die Beantwortung der Frage, ob bei Erfüllung einer übernommenen Arbeitspflicht die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit iSd § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffspaares - davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung (zum Beispiel auf Grund eines freien Dienstvertrages iSd § 4 Abs. 4 ASVG) - nur beschränkt ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, VwSlg 12325 A/1986). Unterscheidungskräftige Kriterien der Abgrenzung der persönlichen Abhängigkeit von der persönlichen Unabhängigkeit (zum Werdegang der Bestimmungen betreffend Dienstnehmer iSd § 4 Abs. 2 ASVG und freie Dienstnehmer iSd § 4 Abs. 4 ASVG in der am 1. Jänner 2001 in Kraft getretenen Fassung der 58. Novelle zum ASVG, BGBl. I Nr. 99/2001, vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2006, 2004/08/0101) sind nur die Bindung des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie zum Beispiel die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeit) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. Erlaubt im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien ebenso wie die Art des Entgelts und der Entgeltleistung (§ 49 ASVG), die an sich in der Regel wegen des gesonderten Tatbestandscharakters des Entgelts für die Dienstnehmereigenschaft nach § 4 Abs. 2 ASVG für das Vorliegen persönlicher Abhängigkeit nicht aussagekräftig sind, von maßgebender Bedeutung sein (vgl VwGH vom 31.7.2014, 2012/08/0253, mit Hinweis das Erk. vom 16.3.2011, 2008/08/0153, mwN).

Bei Beschäftigten, die ihre Tätigkeit disloziert, d.h. in Abwesenheit des Dienstgebers oder des von ihm Beauftragten außerhalb einer Betriebsorganisation ausüben, stellt sich die Frage der Weisungsgebundenheit im Hinblick auf das arbeitsbezogene Verhalten in anderer Weise als bei einer Einbindung in eine Betriebsorganisation. Im ersten Fall wird das Vorliegen eines persönlichen Abhängigkeitsverhältnisses in der Regel durch eine über die bloß sachliche Kontrolle des Ergebnisses einer Tätigkeit hinausgehende, die persönliche Bestimmungsfreiheit einschränkende Kontrollmöglichkeit bzw. durch (auf das Ergebnis derartiger Kontrollen aufbauende) persönliche Weisungen dokumentiert (vgl VwGH vom 15.5.2013, 2013/08/0051, mwN)

Zum Vorliegen einer Versicherungspflicht als Dienstnehmer trotz "zwischengeschalteter" juristischer Person oder Personengesellschaft hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 15.5.2013, 2013/08/0051, wie folgt ausgeführt:

"Das System der Versicherungspflicht abhängig Beschäftigter baut auf der Verschiedenheit von Dienstgeber (iSd § 35 Abs. 1 ASVG) und Dienstnehmer auf; letzteres kann daher auch jener nicht sein, der auf einen Dienstgeber in rechtlicher Hinsicht (sei es als Mehrheitsgesellschafter einer juristischen Person, sei es als persönlich haftender Gesellschafter einer Personengesellschaft) einen beherrschenden Einfluss ausübt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. März 1993, Zl. 92/08/0189). Auch kann niemand sein eigener Dienstnehmer sein (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 19. Juni 1990, Zl. 89/08/0326, und vom 20. November 2002, Zl. 98/08/0017). Daher kann es insbesondere zwischen einer OG und ihrem uneingeschränkt vertretungs- und weisungsbefugten Gesellschafter keinen Dienstvertrag geben. Dies spricht entschieden gegen eine (nach dem Maßstab des § 4 Abs. 2 Z 3 AÜG zu beurteilende) Überlassung der Arbeitskraft des Beschwerdeführers als Gesellschafter der OG an die erstmitbeteiligte Partei (vgl. im Übrigen zur Unterscheidung zwischen Dienstleistungen einer Personengesellschaft an einen Dritten und der Beschäftigung ihrer - auch keinen wesentlichen Einfluss auf die Gesellschaft ausübenden - Gesellschafter bei diesem Dritten, insbesondere zum sog. Gruppenarbeitsvertrag, die hg. Erkenntnisse vom 12. Juli 2011, Zl. 2009/09/0123, sowie die darin verwiesenen Erkenntnisse vom 25. Jänner 1994, Zl. 92/08/0264, vom 23. Oktober 2002, Zl. 99/08/0157, und vom 20. Februar 2008, Zl. 2007/08/0053). Damit ist aber in wirtschaftlicher Betrachtungsweise nach § 539a Abs. 1 iVm Abs. 5 Z 3 ASVG die Leistungserbringung (sowie die Einkunftserzielung) ausschließlich der natürlichen Person (dem Beschwerdeführer), nicht aber einer 'zwischengeschalteten' juristischen Person oder Personengesellschaft (der OG) zuzurechnen (vgl. nochmals das Erkenntnis Zl. 2009/08/0010). Es ergibt sich daher bei wirtschaftlicher Betrachtung die Zurechnung an den Beschwerdeführer und die Dienstgebereigenschaft der erstmitbeteiligten Partei iSd § 35 Abs. 1 ASVG (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation im Zusammenhang mit einer KG das hg. Erkenntnis vom 10. April 2013, Zl. 2013/08/0042, sowie das Kommanditisten als Forstarbeiter betreffende hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2005, Zl. 2003/08/0201)."

Gemäß § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) ausgeführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs-(Lehr-)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter anstelle des Entgeltes verweist. Für die Dienstgebereigenschaft ist wesentlich, wer nach rechtlichen (und nicht bloß tatsächlichen) Gesichtspunkten aus den im Betrieb getätigten Geschäften unmittelbar berechtigt und verpflichtet wird, wen also das Risiko des Betriebes im Gesamten unmittelbar trifft (vgl VwGH vom 15.7.2013, 2011/08/0151, mit Hinweis auf das Erk. eines verstärkten Senates vom 10.12.1986, VwSlg. Nr. 12.325/A). Entscheidend ist, ob der Betrieb dem in Frage kommenden Dienstgeber wirtschaftlich zuzurechnen ist, d. h. auf seine Rechnung und Gefahr betrieben wird, mit anderen Worten, ob der in Frage kommende Dienstnehmer aus den im Betriebszusammenhang getätigten Geschäften berechtigt und verpflichtet wird. Wer berechtigt und verpflichtet wird, ist eine Rechtsfrage, die auf Grund rechtlicher Gegebenheiten (z.B. des Eigentums am Betrieb) beantwortet werden kann, wobei eine Änderung dieser Zuordnung durch Rechtsakte, wie bereits erwähnt, möglich ist (vgl VwGH vom 2.4.2008, 2007/08/0240 mit Hinweis auf das Erk. vom 4.7.2007, 2004/08/0127, mwN).

Es war daher zu prüfen, ob die Tätigkeit des BF als LKW-Fahrer für die I. GmbH im verfahrensgegenständlichen Zeitraum in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinne von § 4 Abs 2 ASVG durchgeführt wurde.

Der BF war im Zeitraum von Anfang November 2010 bis Ende März 2014 als LKW-Fahrer für die I. GmbH tätig. Als solcher hatte der BF Waren aller Art mittels ihm von der I. GmbH zur Verfügung gestellter LKW auf den von der I. GmbH festgelegten Routen zu transportieren. Der BF verfügte über keine eigenen Betriebsmittel und musste nicht selbst für beim Warentransport anfallende Aufwendungen (Tanken, Reparaturen, Maut etc.) aufkommen. Den BF traf eine persönliche Arbeitspflicht, im Falle seiner Verhinderung (Urlaub, Krankheit) hatte er dies der I. GmbH bekanntzugeben und wurde von Seiten der I. GmbH eine Vertretung organisiert. Bis Ende Mai 2011 stellte der BF für die von ihm erbrachten Dienstleistungen auf seinen Namen lautende Rechnungen an die I. GmbH (Tagespauschale EUR 200,00 inklusive Reisekosten), das Entgelt wurde von der I. GmbH auf das Konto des BF überwiesen. Ab Juni 2011 stellte der BF - um den Anschein einer selbständigen Tätigkeit zu erwecken und die wahren Verhältnisse zu verdecken - die von ihm an die I. GmbH gerichteten Rechnungen im Einvernehmen mit der I. GmbH nicht mehr auf seinen eigenen Namen, sondern auf die Firma der O. UG lautend aus. Der BF war zugleich Geschäftsführer der O. UG und übte auf diese Gesellschaft - vermittelt durch seine Stellung als Alleingesellschafter der J. UG, die wiederum Alleingesellschafterin der O. UG war - einen beherrschenden Einfluss aus. Die I. GmbH überwies das Entgelt für die erbrachten Dienstleistungen nunmehr auf ein Konto der O. UG, von wo diese Beträge dem BF zuflossen. Dem BF wurde damit auch weiterhin Entgelt geleistet.

Der BF war unter Berücksichtigung all dieser Umstände in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit als Dienstnehmer der I. GmbH beschäftigt. Für den Zeitraum von 3.11.2010 bis 31.5.2011 wurde von der SGKK mit Bescheid vom 24.7.2015 (Spruchpunkt a) bereits rechtskräftig festgestellt, dass der BF auf Grund der für die I. GmbH in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübten entgeltlichen Tätigkeit der Vollversicherungspflicht unterlag. Mangels tatsächlicher oder wirtschaftlicher Änderungen in diesem Beschäftigungsverhältnis ab Juni 2011 war auch für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum bis Ende März 2014 weiterhin vom Vorliegen eines Dienstverhältnisses des BF zur I. GmbH auszugehen. Das "Zwischenschalten" der O. UG in das Rechtsverhältnis zwischen dem BF und der I. GmbH vermag nach der zitierten Rechtsprechung daran nichts zu ändern, denn in wirtschaftlicher Betrachtungsweise nach § 539a Abs 1 ASVG erbrachte der BF nach wie vor Leistungen für die I. GmbH - und nicht für die O. UG. Die I. GmbH war damit weiterhin als Dienstgeber anzusehen.

Gemäß § 539a Abs 4 leg. cit. sind Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen für die Feststellung eines Sachverhaltes nach diesem Bundesgesetz ohne Bedeutung. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Beurteilung maßgeblich. Die Einbindung der O. UG in das Rechtsverhältnis zwischen dem BF und der I. GmbH sollte dem Zweck dienen, das vorliegende Dienstverhältnis zu verdecken, um den BF nicht zur Sozialversicherung anmelden zu müssen. Die Ausstellung von auf die O. UG lautenden Rechnungen und die Überweisung des Entgelts auf das Konto der O. UG als "Zwischenstation" waren damit als Scheinhandlungen zu qualifizieren, eine tatsächliche Inanspruchnahme von selbständig erbrachten Leistungen der O. UG (etwa Personalvermittlung) erfolgte nicht; vielmehr war der BF weiterhin als Dienstnehmer bei der I. GmbH beschäftigt. Das verdeckte Geschäft - somit das bestehende Dienstverhältnis zwischen BF und I. GmbH - war für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes maßgeblich.

Es war daher spruchgemäß die Versicherungspflicht des BF aufgrund der als Dienstnehmer für die I. GmbH ausgeübten Tätigkeit vom 1.6.2011 bis 31.3.2014 festzustellen.

3.4. Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S 389 [GRC] entgegenstehen.

Die Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung ist am Maßstab des Art 6 EMRK zu beurteilen. Dessen Garantien werden zum Teil absolut gewährleistet, zum Teil stehen sie unter einem ausdrücklichen (so etwa zur Öffentlichkeit einer Verhandlung) oder einem ungeschriebenen Vorbehalt verhältnismäßiger Beschränkungen (wie etwa das Recht auf Zugang zu Gericht). Dem entspricht es, wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung für gerechtfertigt ansieht, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann (vgl EGMR 12.11.2002, Döry / S, RN 37). Der Verfassungsgerichtshof hat im Hinblick auf Art 6 EMRK für Art 47 GRC festgestellt, dass eine mündliche Verhandlung vor dem Asylgerichtshof im Hinblick auf die Mitwirkungsmöglichkeiten der Parteien im vorangegangenen Verwaltungsverfahren regelmäßig dann unterbleiben könne, wenn durch das Vorbringen vor der Gerichtsinstanz erkennbar werde, dass die Durchführung einer Verhandlung eine weitere Klärung der Entscheidungsgrundlagen nicht erwarten lasse (vgl VfGH 14.03.2012, U466/11; 27.06.2013, B823/2012; 21.02.2014, B1446/2012; VwGH 23.01.2013, 2010/15/0196; 24.01.2013, 2012/21/0224).

Im gegenständlichen Fall ergibt sich aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung des Sachverhalts zu erwarten ist. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt steht bereits aufgrund der Aktenlage fest.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gem. § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gem. Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung zum Vorliegen eines versicherungspflichtigen Dienstverhältnisses im Sinne von § 4 Abs 2 ASVG von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Dienstgebereigenschaft, Dienstnehmereigenschaft, Gesellschaft,
persönliche Abhängigkeit, Versicherungspflicht, wirtschaftliche
Abhängigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L503.2114862.2.00

Zuletzt aktualisiert am

26.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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