TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/15 G312 2225274-1

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Veröffentlicht am 15.11.2019
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Entscheidungsdatum

15.11.2019

Norm

BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52 Abs4

Spruch

G312 2225274-1/2Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Manuela WILD über die Beschwerde des bosnischen Staatsangehörigen XXXX, geboren am XXXX, vertreten durch die XXXX in XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 07.10.2019, Zl. XXXX, betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG nicht zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde vom 25.10.2019 gegen den oben genannten Bescheid vor, mit dem gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG iVm § 9 BFA-VG erlassen wird (Spruchpunkt I), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wird, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Bosnien und Herzegowina zulässig ist (Spruchpunkt II.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG gegen ihn ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen wird (Spruchpunkt III.), keine Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 4 FPG gewährt wird (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt wird (Spruchpunkt V.).

Das BFA begründete die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im Wesentlichen damit, dass der Verbleib des BF in Österreich aufgrund der Schwere seines Fehlverhaltens (Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 zweiter und dritter Deliktsfall, Abs. 4 Z 3 SMG und dem Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster, zweiter und achter Fall, Abs. 2 SMG, das Vergehen der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs. 1 StGB, die Verbrechen der schweren Nötigung nach den §§ 105, 106 As 2 Z 1 erster Fall StGB und die Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 2 StGB und zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt) eine gegenwärtige, erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstelle und seine sofortige Ausreise daher erforderlich sei.

Der BF erhob dagegen eine Beschwerde, mit der er die Aufhebung des gegen ihn erlassenen unbefristeten Einreiseverbotes beantragt, in eventu den Bescheid dahingehend abändern, dass kein Einreiseverbot erlassen wird, in eventu den Bescheid dahingehend abändern, dass ein befristetes Einreiseverbot erlassen wird, in eventu die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückzuverweisen sowie eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Da die Abschiebung in den Herkunftsstaat des BF eine Verletzung des Art 8 EMRK darstelle, werde die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde angeregt.

Feststellungen:

Der aktuell 37-jährige BF verfügt über einen am 16.10.2008 ausgestellten und bis 20.04.2027 gültigen bosnischen Reisepass. Er ist verheiratet, seine Ehefrau und seine Kinder, alle österreichische Staatsbürger, leben in Österreich, er lebte zuletzt vor seiner Haft getrennt von ihnen in Bosnien.

Mit Schriftsatz vom 12.06.2019 wurde der BF aufgefordert zur beabsichtigten Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot schriftlich binnen Fristsetzung Stellung zu nehmen.

Der BF wurde aufgrund der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 zweiter und dritter Deliktsfall, Abs. 4 Z 3 SMG und dem Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster, zweiter und achter Fall, Abs. 2 SMG, das Vergehen der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs. 1 StGB, die Verbrechen der schweren Nötigung nach den §§ 105, 106 As 2 Z 1 erster Fall StGB und die Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 2 StGB zu einer vier Jahre und sechs monatigen Freiheitsstrafe verurteilt und verbüßt die Strafhaft seit 08.06.2019 in der JA XXXX, errechnetes Strafende 07.12.2023, Termine zu bedingter Entlassung 08.03.2012, 08.12.2012, 08.09.2021, 08.06.2022 und 08.06.2023.

Es liegen keine außergewöhnlichen Umstände vor, denen zufolge anzunehmen gewesen wäre, dass eine Rückkehr oder Rückführung des BF in den Herkunftsstaat eine reale Gefahr der Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für sie als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Eine reale Gefahr hinsichtlich des vom BF vorgebrachten Verletzung iSd Art 8 EMRK liegt nach Grobprüfung nicht vor, da der BF bereits vor der Haft getrennt von seiner Familie gelebt hat und er Gewaltverbrechen im Familienverband - gerichtet gegen die Ehefrau und die Kinder - begangen und auch rechtskräftig verurteilt wurde.

Beweiswürdigung:

Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich ohne entscheidungswesentliche Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der Akten des Verwaltungsverfahrens sowie aus dem Zentralen Melderegister, dem Strafregister, dem Versicherungsdatenauszug und dem Fremdenregister. Es bestehen keine entscheidungswesentlichen Widersprüche.

Der BF verfügt über einen Aufenthaltstitel Familienangehöriger, befristet bis 19.12.2020.

Die Identität des BF geht aus seinem Reisepass in Übereinstimmung mit dem übrigen Akteninhalt hervor. Laut dem Zentralen Melderegister weist der BF im Bundesgebiet die Meldung in der ab 2008 in Österreich, zuletzt in der JA XXXX auf.

Die getroffenen Feststellungen werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt, da in der Beschwerde kein dem im angefochtenen Bescheid zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung festgestellten Sachverhalt entgegenstehendes.

Konkrete Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat stützt, wurden liegen aufgrund der Grobprüfung derzeit nicht vor.

Rechtliche Beurteilung:

Die Beschwerde richtet sich auch gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids, mit dem die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde. Das BVwG hat über eine derartige Beschwerde gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

Vorab ist festzuhalten, dass Gegenstand der vorliegenden Entscheidung nur jener Spruchteil des mit der Beschwerde angefochtenen Bescheides ist, mit dem gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung der Beschwerde aberkannt wurde, weshalb sich die Prüfung auf jene Teile des Beschwerdevorbringens beschränkt (§ 27 VwGVG), welche sich gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung richten.

Die Entscheidung des erkennenden Gerichts in der Hauptsache, das heißt hinsichtlich aller übrigen mit der gegenständlichen Beschwerde angefochtenen Spruchpunkte des Bescheides, ergeht zu einem späteren Zeitpunkt gesondert.

Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung vom Bundesamt abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Die belangte Behörde hat die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung auf § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG gestützt und im Wesentlichen damit begründet, dass der Verbleib des BF im Bundesgebiet - aus den bereits zum Einreiseverbot dargelegten Erwägungen - eine gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt, welche eine sofortige Ausreise erforderlich mache.

Der Einwand in der Beschwerde, wonach die belangte Behörde bei der Erlassung eines Einreiseverbotes nur seine Verurteilungen berücksichtigt habe, unberücksichtigt geblieben sei, dass der BF jedoch seit 2009 in Österreich lebe, sich eine Familie aufgebaut habe und seine Ex-Ehefrau und seine beiden Kinder österreichische Staatsbürger sind, kann vor diesem Hintergrund nicht nachvollzogen werden. Vielmehr wurden in der Beschwerde gerade im Hinblick auf die im angefochtenen Bescheid dargelegten Feststelllungen und Erwägungen keine konkreten Umstände vorgebracht, denen zufolge nicht auszuschließen gewesen wäre, dass dem BF im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr oder eine ernsthafte Bedrohung im Sinne des § 18 Abs. 5 BFA-VG drohen würde.

Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend dargelegt hat, erweist sich die Beendigung des Aufenthaltes des BF im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit als erforderlich. Er hat durch die Art und Schwere seines - auch in der Beschwerde insoweit unbestritten gebliebenen - Gesamtfehlverhaltens unzweifelhaft gezeigt, dass er bislang nicht gewillt war, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Zudem hat waren seine Straftaten auch gegen seine Familie gerichtet, dahingehend kann keine reale Gefahr der Verletzung des Art. 8 EMRK gesehen werden. Dem gesteigerten Vorbringen in der Beschwerde, wonach er plötzlich über eine Lebensgefährtin verfüge und mit dieser eine gemeinsame Zukunft aufbauen will, steht schon allein die Tatsache entgegen, dass sich der BF seit Juni 2019 in Haft befindet und aus diesem Grund eine Lebensgemeinschaft nicht geführt werden kann. Er zudem aus der Haft heraus noch von einem Familienleben mit der jetzigen Ehefrau und seinen Kindern gesprochen hat, sowie von einer Bekannten und sozialen Kontakte.

Diese Umstände (seine Verbrechen und Vergehen) sind auch als so schwerwiegend zu beurteilen, dass die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit durch die belangte Behörde jedenfalls nicht ungerechtfertigt erscheint. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung aus diesem Grund ist somit zu Recht erfolgt.

Diese Umstände sind auch geeignet zu beurteilen, dass die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit durch die belangte Behörde jedenfalls nicht ungerechtfertigt erscheint. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung aus diesem Grund ist somit zu Recht erfolgt.

Die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides war daher gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG als unbegründet abzuweisen und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.

Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen, da der hier maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen vor dem Hintergrund der in der rechtlichen Beurteilung angeführten Rechtsprechung des VwGH keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G312.2225274.1.00

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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