Entscheidungsdatum
18.11.2019Norm
BVergG 2018 §12 Abs1Spruch
W1342222370-2/40E
W134 2222370-3/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
1)
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas Gruber als Vorsitzender sowie Mag. Roland Lang als fachkundiger Laienrichter der Auftraggeberseite und Dr. Manfred Müllner als fachkundiger Laienrichter der Auftragnehmerseite betreffend das Konzessionsvergabeverfahren "Besetzung einer Tabaktrafik/Bestellung zum Tabaktrafikanten Standort 1100 Wien, Gudrunstraße 166/4; Standort Nr. 1100 0035" der Auftraggeberin Monopolverwaltung GmbH, Porzellangasse 47/6, 1090 Wien, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, aufgrund des Antrages von XXXX , vertreten durch RIHS Rechtsanwalt GmbH, Kramergasse 9, 1010 Wien, vom 13.08.2019 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.09.2019 und am 15.11.2019 zu Recht erkannt:
A)
I. Der Antrag "gemäß § 91 Abs. 1 Z. 1 auszusprechen, dass die Ausschreibung rechtswidrig ist und zwar aufgrund a. der unterlassenen Bekanntmachung der Durchführung des Konzessionsvergabeverfahrens auf Unionsebene und in Österreich; b. des unterlassenen Zur-Verfügung-Stellens der Konzessionsunterlagen an den Antragsteller; c. der fehlenden Angaben über die zuständige Nachprüfungsbehörde und über die Zuschlagskriterien und deren Reihung in der Ausschreibung; d. der fehlenden Befristung der Konzession; gemäß § 91 Abs. 1 Z. 2 BVergGKonz auszusprechen, dass die Rechtswidrigkeiten für den Ausgang des Konzessionsvergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss sind" wird gemäß § 78 BVergGKonz 2018 zurückgewiesen.
II. Der Antrag, "das Nachprüfungsverfahren aufgrund des Nachprüfungsantrages vom 13.8.2019 gemäß § 97 Abs. 4 S. 1 BVergGKonz als Feststellungsverfahren weiterzuführen und dementsprechend [...]
b. gemäß § 97 Abs. 4 Z 4 BVergGKonz festzustellen, dass der Widerruf des Konzessionsvergabeverfahrens wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen bzw. unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war," wird gemäß § 78 BVergGKonz 2018 abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
2)
Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag. Thomas Gruber betreffend das Konzessionsvergabeverfahren "Besetzung einer Tabaktrafik/Bestellung zum Tabaktrafikanten Standort 1100 Wien, Gudrunstraße 166/4; Standort Nr. 1100 0035" der Auftraggeberin Monopolverwaltung GmbH, Porzellangasse 47/6, 1090 Wien, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, aufgrund des Antrages von XXXX , vertreten durch RIHS Rechtsanwalt GmbH, Kramergasse 9, 1010 Wien, vom 13.08.2019 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.09.2019 und am 15.11.2019 folgenden Beschluss:
A)
Der Antrag gerichtet auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren durch die Auftraggeberin wird gemäß § 85 BVergGKonz 2018 abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Vorbringen der Parteien:
Mit Schreiben vom 13.08.2019, beim BVwG eingelangt am selben Tag, begehrte der Antragsteller die Nichtigerklärung der am 22.07.2019 von der Auftraggeberin kundgemachten Ausschreibung (Seite 3), die Feststellung, dass die Ausschreibung rechtswidrig ist und die Rechtswidrigkeiten für den Ausgang des Konzessionsvergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss sind, Akteneinsicht, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, den Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren durch die Auftraggeberin und die Erlassung einer einstweiligen Verfügung.
Begründend wurde vom Antragsteller Folgendes ausgeführt:
Die Auftraggeberin habe ein Konzessionsvergabeverfahren zur "Besetzung einer Trafik/Bestellung zum Tabaktrafikanten für die Trafik mit der Standortnummer 1100 0035, Standort 1100 Wien, Gudrunstraße 166/4", ausgeschrieben. Die Vergabe einer Tabaktrafik sei als Dienstleistungskonzession im Sinne des § 6 BVergGKonz zu qualifizieren. Angefochten sei die rechtswidrige Ausschreibung. Zur Rechtswidrigkeit der Ausschreibung gab der Antragsteller zusammengefasst folgendes an:
1. Verstoß gegen die Verpflichtung zur Bekanntmachung auf Unionsebene und in Österreich: Die Durchführung des Konzessionsvergabeverfahrens sei weder auf Unionsebene gem. § 28 und § 31 BVergGKonz noch in Österreich gem. § 28 und § 33 BVergGKonz, bekannt gemacht worden. Die Auftraggeberin habe die gegenständliche Ausschreibung lediglich über ihre Website, www.bmvg.at, bekanntgemacht.
2. Verstoß gegen die Verpflichtung zum Zur-Verfügung-Stellen der Konzessi-onsunterlagen (§ 53 BVergGKonz): Dem Antragsteller sei rechtswidrig das Zur-Verfügung-Stellen der Konzessionsunterlagen gem. § 53 BVergGKonz verweigert worden. Auf eine schriftliche Kontaktaufnahme sei nicht reagiert worden. Die Auftraggeberin habe dem Antragsteller keine Konzessionsunterlagen übermittelt. Die Ausschreibung enthalte nicht die Inhalte, die Konzessionsunterlagen gemäß § 55 BVergGKonz zwingend enthalten müssten.
3. Verstoß gegen die Verpflichtung zur Bekanntgabe der zuständigen Vergabe-kontrollbehörde und fairer, diskriminierungsfreier Zuschlagskriterien in der Reihenfolge der ihnen zuerkannten Bedeutung (§ 53 BVergGKonz): In der vorliegenden Ausschreibung seien nicht die zuständige Vergabekontrollbehörde angegeben und keine transparenten, fairen und nicht-diskriminierenden Zuschlagskriterien festgelegt bzw. veröffentlicht worden. Die gegenständliche "Kundmachung" enthalte keine konkreten Zuschlagskriterien, sondern lediglich einen allgemeinen Hinweis auf ein gesetzliches "Vorzugsrecht". Nach welchen Kriterien die Bewerbungen/Angebote mehrerer Vorzugsberechtigter bzw. Vorzugsberechtigter und Nicht-Vorzugsberechtigter bzw. mehrerer Nicht-Vorzugsberechtigter gereiht werden, gehe aus den allgemeinen Ausschreibungsbedingungen nicht hervor. Die Ausschreibung enthalte keine Zuschlagskriterien im Sinne des BVergGKonz, die eine Überprüfung der Entscheidung der Auftraggeberin ermöglichen würden.
4. Verstoß gegen das Verbot der Vergabe einer unbefristeten Konzession: Konzessionsverträge dürften nur auf eine bestimmte Zeit abgeschlossen werden. Es sei eine Ausschreibung auf unbestimmte Zeit vorgenommen und damit die Bestimmungen über die Laufzeit von Konzessionen in § 13 BVergGKonz missachtet worden.
Der Antragsteller habe ein Interesse am Vertragsabschluss, es drohe ihm ein Schaden und seine Rechte würden verletzt.
Mit Stellungnahme vom 19.08.2019 führte die Auftraggeberin aus, dass gegenständlich keine Dienstleistungskonzession vergeben würde. Das BVergGKonz 2018 sei nicht auf eine "Vergabe" einer Tabaktrafik iSd TabMG 1996 anzuwenden. Ein Trafikant erbringe keine Aufgabe für den Auftraggeber oder die Öffentlichkeit an Stelle des Auftraggebers. Vielmehr handle es sich bei einem Vertrag über eine Trafik um eine besondere Bewilligung, Handel mit dem Tabakmonopol unterliegenden Waren zu treiben. Sie sei ungeachtet der Rechtsform des privatrechtlichen Vertrags einer Ermächtigung gleichzuhalten. Damit sei der Inhalt der behaupteten Dienstleistung keine Tätigkeit für den Staat, sondern eine besondere Ermächtigung, Handel mit Monopolprodukten, Tabakwaren, auf eigene Rechnung und eigenes Risiko zu betreiben. Zudem könne jeder Tabaktrafikant auch von seinen Kündigungsrechten Gebrauch machen, wodurch der Bestellungsvertrag mit Wirksamkeit der Kündigung gemäß § 35 Abs 1 Z 3 TabMG 1996 erlösche. Daher könne schon begrifflich keine Dienstleistung vorliegen, die abhängig von der Form des Entgelts dem BVergG 2018 oder dem BVergGKonz 2018 unterliege. Damit handle es sich bei der Vergabe einer Tabaktrafik nicht um eine Dienstleistungskonzession gemäß § 6 BVergGKonz 2018. Das BVwG sei daher im Hinblick auf sämtliche gestellten Anträge unzuständig. Sämtliche Anträge des Antragstellers seien daher mangels Zuständigkeit des BVwG zurückzuweisen. Aufgrund dieses Sachverhalts bzw. des Bestellungsverfahrens auf Grundlage des TabMG 1996 sei daher eine Beantwortung der mit Verfügung des BVwG übermittelten allgemeinen 24 Fragen nicht möglich bzw nicht zielführend und könne seitens der Auftraggeberin auch kein Vergabeakt vorgelegt werden.
Mit Beschluss des BVwG vom 26.08.2019, W134 2222370-1/2E, wurde der Auftraggeberin für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagt, den Zuschag zu erteilen.
Nach weiteren Stellungnahmen der Parteien wurde am 26.09.2019 eine Verhandlung im BVwG durchgeführt.
Mit Schreiben der Auftraggeberin vom 04.10.2019 wurde mitgeteilt, dass das gegenständliche Verfahren zur Vergabe der Tabaktrafik Gudrunstraße mit dem Widerruf vom 02.10.2019 widerrufen wurde. Als Grund für den Widerruf wurde angegeben, "dass nach Ablauf der Angebotsfrist kein Angebot eines nach § 29 Abs. 3 TabMG 1996 vorzugsberechtigten Bewerbers vorlag, da alle Angebote bis auf das Angebot des Antragstellers auszuscheiden waren." Ergänzend dazu wurde von der Auftraggeberin mit Schreiben vom 23.10.2019 mitgeteilt, dass insgesamt fünf Bewerbungen für das gegenständliche Verfahren zur Vergabe der Tabaktrafik Gudrunstraße eingelangt seien. Alle Bewerber mit Ausnahme des Antragstellers hätten den geforderten Kapitalnachweis nicht erbracht. Da sohin lediglich die Bewerbung des Antragstellers im Verfahren verbliebe, dieser jedoch kein Vorzugsrecht im Sinne des § 29 Abs. 3 Tabakmonopolgesetz aufweise, bilde die Norm des § 25 Abs. 9 TabMG die Rechtsgrundlage wird den Widerruf.
Mit Schreiben des Antragstellers vom 09.10.2019 stellte dieser den im Spruchpunkt 1) A) II. genannten Antrag gem. § 97 Abs 4 BVergGKonz das Nachprüfungsverfahren als Feststellungsverfahren weiterzuführen.
Am 15.11.2019 wurde neuerlich eine Verhandlung im BVwG durchgeführt.
Mit Schreiben des Antragstellers vom 18.11.2019 wurde der Antrag, "das Nachprüfungsverfahren aufgrund des Nachprüfungsantrages vom 13.8.2019 gemäß § 97 Abs. 4 S. 1 BVergGKonz als Feststellungsverfahren weiterzuführen und dementsprechend a. gemäß § 97 Abs. 1 Z. 2 BVergGKonz festzustellen, dass die Durchführung eines Konzessionsvergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung wegen eines Verstoßes gegen das BVergGKonz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war", zurückgezogen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt (schlüssiges Beweismittel)
Die Auftraggeberin hat mittels Kundmachung vom 22.07.2019 im Wege einer öffentlichen Ausschreibung das Verfahren der Besetzung einer Trafik/Bestellung zum Tabaktrafikanten für die Trafik mit der Standortnummer 1100 0035, Standort 1100 Wien, Gudrunstraße 166/4, eingeleitet. (Schreiben der Auftraggeberin vom 02.09.2019)
Die Bekanntmachung in Österreich erfolgte auf der Website, www.bmvg.at, der Auftraggeberin. (Schreiben der Auftraggeberin vom 02.09.2019).
In den Ausschreibungsunterlagen wurde ein Kapitalnachweis mit einer Gesamtsumme von € 200.160,-- gefordert. (Aussschreibungsunterlagen)
Insgesamt 5 Bewerber, darunter der Antragsteller, haben jeweils ein Angebot abgegeben. (Schreiben der Auftraggeberin vom 02.09.2019)
Mit Schreiben der Auftraggeberin an den Antragsteller vom 02.10.2019 wurde der Widerruf des Konzessionsvergabeverfahrens erklärt. (Schreiben des Auftraggeberin vom 04.10.2019)
2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den oben in Klammer genannten Quellen. Bei der Beweiswürdigung haben sich gegen die Echtheit und Richtigkeit der Vergabeunterlagen des Auftraggebers keine Bedenken ergeben.
3. Rechtliche Beurteilung
3. a) Zuständigkeit des BVwG, Anwendbarkeit des BVergGKonz
Das TabMG 1996, BGBl. Nr. 830/1995 idF BGBl. I Nr. 5/2019, lautet auszugsweise:
§ 13. (1) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Stammkapital von 1 Million Schilling zu gründen. Der Sitz der Gesellschaft ist Wien. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ist das Gesetz über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, RGBl. Nr. 58/1906, anzuwenden.
(2) Die Gesellschaft führt die Firma "Monopolverwaltungsgesellschaft mit beschränkter Haftung" (im folgenden Monopolverwaltung GmbH). Ihre Anteile sind zu 100% dem Bund vorbehalten. Die Verwaltung der Anteilsrechte für den Bund obliegt dem Bundesminister für Finanzen.
Die Monopolverwaltung GmbH ist daher öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 4 Abs. 2 BVergGKonz 2018.
Das TabMG 1996, BGBl. Nr. 830/1995 idF BGBl. I Nr. 5/2019, lautet auszugsweise:
§ 3. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, obliegt die Verwaltung des Tabakmonopols der Monopolverwaltung GmbH (§ 13).
§ 5. (2) Der Kleinhandel mit Tabakerzeugnissen ist, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, den Tabaktrafikanten vorbehalten. Kleinhandel im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die entgeltliche Abgabe von Tabakerzeugnissen an Verbraucher im Monopolgebiet, die auf Grund eines Bestellungsvertrages erfolgt.
§ 14. (1) Zu der Monopolverwaltung, die von der Monopolverwaltung GmbH zu besorgen ist, gehören die Angelegenheiten des Kleinhandels mit Tabakerzeugnissen unter Verfolgung von gesundheits-, sozial- und fiskalpolitischen Zielsetzungen. Dazu zählen insbesondere die Bestellung einer Zahl von Tabaktrafikanten, die zur Nahversorgung mit Tabakerzeugnissen erforderlich ist, und die damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten. [...]
(4) Die Gesellschaft hat ihre Geschäfte nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit zu führen.
§ 16. (1) Die Monopolverwaltung GmbH hat für ihre Leistungen Entgelte zu verlangen. Solche Entgelte sind
1. als Pauschalentgelte für bestimmte Leistungen und
2. als laufende Entgelte in Höhe eines Bruchteiles des Nettopreises der an Tabaktrafikanten gelieferten Tabakerzeugnisse
zu leisten.
(2) Die Höhe der Entgelte ist in einer von der Gesellschaft mit Zustimmung des Bundesministers für Finanzen zu erlassenden Entgeltordnung so festzulegen, daß die Gesellschaft voraussichtlich ihre Kosten decken kann. Die Entgeltordnung und jede Änderung sind von der Gesellschaft im Amtsblatt zur Wiener Zeitung zu veröffentlichen. Darin ist auch die Form der Abfuhr und der Verrechnung der Entgelte zu regeln.
(3) Schuldner der nach Abs. 1 zu leistenden Entgelte sind der Tabaktrafikant und der Bewerber um eine Tabaktrafik. [...]
§ 34. (1) Die Monopolverwaltung GmbH hat den gemäß § 32 oder § 33 bestimmten Bewerber durch zivilrechtlichen Vertrag zum Tabaktrafikanten zu bestellen.
§ 36. (1) Tabaktrafikanten haben ihre Tätigkeit so auszuüben, dass der durch § 24 gewährte Gebietsschutz und das Monopolinteresse an der Nahversorgung gewahrt bleiben. [...]
(2) Tabaktrafikanten haben unter Beachtung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und des Bestellungsvertrages die Nachfrage nach Tabakerzeugnissen an ihrem Geschäftsstandort jeweils bestmöglich zu befriedigen.
Aus dem TabMG ergibt sich somit, dass es der Gesetzgeber der Monopolverwaltung GmbH, deren Anteile zu 100 % dem Bund vorbehalten sind (§ 13 Abs. 2), zur Aufgabe gemacht hat, die Nahversorgung mit Tabakerzeugnissen (§ 14 Abs. 1) unter Verfolgung von gesundheits-, sozial- und fiskalpolitischen Zielsetzungen (§ 14 Abs. 4) zu gewährleisten. Die Monopolverwaltung GmbH hat diese Dienstleistung jedoch nicht selbst zu erbringen, sondern hat diese Dienstleistung durch den Abschluss von Bestellungsverträgen (§§ 5 Abs. 2, 34 Abs. 1) mit einer Zahl von Tabaktrafikanten, die zur Nahversorgung mit Tabakerzeugnissen erforderlich ist (§ 14 Abs. 1), zu ermöglichen, wobei ein Gebietsschutz gewährt wird (§§ 24, 36 Abs. 1). Die bestellten Tabaktrafikanten haben sodann unter Beachtung des gewährten Gebietsschutzes und des Monopolinteresses, der Bestimmungen des TabMG und des Bestellungsvertrages die Nachfrage nach Tabakerzeugnissen an ihrem Geschäftsstandort jeweils bestmöglich zu befriedigen (§ 36 Abs. 1 und 2).
Für den Abschluss eines endgültigen, unbefristeten Bestellungsvertrages für ein Tabakfachgeschäft hat der Tabaktrafikant, wenn der Bestellung - so wie im gegenständlichen Fall - eine Ausschreibung nach § 25 Abs. 1 TabMG vorangegangen ist, gem. der Entgeltordnung gem. § 16 Abs. 2 TabMG 1996 (siehe dazu die Homepage der Auftraggeberin:
https://www.mvg.at/index.php?page=download_list) ein Pauschalentgelt iHv. € 800,-- zu leisten. In Punkt 5.1. der Entgeltordnung wird weiters das "laufende Entgelt (ohne Umsatzsteuer) gemäß § 16 Abs. 1 Z 2 TabMG für Tabakfachgeschäfte mit 0,19%, für Tabakverkaufsstellen mit 0,17% vom Nettopreis (Kleinverkaufspreis abzüglich Handelsspanne und Umsatzsteuer) aller vom Tabaktrafikanten bei Großhändlern bezogenen Tabakerzeugnisse festgesetzt."
§ 6 BVergGKonz 2018, BGBl. I Nr. 65/2018 idF. BGBl. I Nr. 100/2018, lautet:
§ 6. (1) Dienstleistungskonzessionen sind entgeltliche Verträge, mit denen ein oder mehrere Auftraggeber einen oder mehrere Unternehmer mit der Erbringung und der Durchführung von Dienstleistungen, die keine Bauleistungen gemäß § 5 sind, betrauen, wobei die Gegenleistung entweder allein in dem Recht zur Verwertung der vertragsgegenständlichen Dienstleistungen oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht.
(2) Mit der Vergabe einer Dienstleistungskonzession muss auf den Konzessionär das Betriebsrisiko für die Verwertung der Dienstleistungen übergehen, wobei es sich um ein Nachfrage- oder ein Angebotsrisiko handeln kann. Das Betriebsrisiko gilt als vom Konzessionär getragen, wenn unter normalen Betriebsbedingungen nicht garantiert ist, dass die Investitionsaufwendungen oder die Kosten für die Erbringung der vertragsgegenständlichen Dienstleistungen wieder erwirtschaftet werden können. Das auf den Konzessionär übergegangene Risiko muss zur Folge haben, dass der Konzessionär den Unwägbarkeiten des Marktes tatsächlich ausgesetzt ist, sodass seine geschätzten potentiellen Verluste nicht bloß rein nominell oder vernachlässigbar sind.
§ 7 BVergG 2018, BGBl. I Nr. 65/2018, lautet:
§ 7. Dienstleistungsaufträge sind entgeltliche Verträge, die keine
Bau- oder Lieferaufträge sind.
Im gegenständlichen Fall liegt eine Dienstleistungskonzession iSd. § 6 BVergGKonz vor, da von der Auftrageberin Monopolverwaltung GmbH ein Unternehmer mittels entgeltlichem Vertrag mit der Erbringung und der Durchführung der Dienstleistung der Nahversorgung mit Tabakerzeugnissen am Geschäftsstandort Gudrunstrasse betraut werden soll, wobei die Gegenleistung in dem Recht zur Verwertung der vertragsgegenständlichen Dienstleistung zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht. Es handelt sich um die Durchführung von Dienstleistungen iSd. § 7 BVergG 2018, da kein Bau- oder Lieferauftrag vorliegt. Ein Lieferauftrag liegt nicht vor, da keine Lieferungen des Tabaktrafikanten an die Auftraggeberin vorgesehen sind (vgl. Vorbringen der Auftraggeberin in der Verhandlungsschrift der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2019, S. 14). Ein Bauauftrag liegt offenkundig ebenfalls nicht vor.
Das Betriebsrisiko wird vom Konzessionär getragen, da unter normalen Betriebsbedingungen nicht garantiert ist, dass die Investitionsaufwendungen oder die Kosten für die Erbringung der vertragsgegenständlichen Dienstleistungen wieder erwirtschaftet werden können. Das auf den Konzessionär übergegangene Risiko hat zur Folge, dass der Konzessionär den Unwägbarkeiten des Marktes tatsächlich ausgesetzt ist (vgl. Vorbringen der Auftraggeberin in der Verhandlungsschrift der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2019, S. 15).
Da im gegenständlichen Fall alle Voraussetzungen des § 6 BVergGKonz 2018 vorliegen, handelt es sich bei dem Auftrag der gegenständlich vergeben werden sollte um eine Dienstleistungskonzession iSd. § 6 BVergGKonz 2018. Die Zuständigkeit des BVwG ergibt sich aus § 76 BVergGKonz 2018 iVm. § 327 BVergG 2018.
In der bisherigen Judikatur des BVwG (BVwG 07.08.2019, W187 2219311-1/25E; BVwG 29.10.2019, W120 2224405-2/18E) wurde die Ansicht vertreten, es handle sich bei der Vergabe einer Tabaktrafik durch die Monopolverwaltung GmbH nicht um die Vergabe einer Dienstleistungskonzession, da kein Dienstleistungsauftrag sondern ungeachtet der Rechtsform des privatrechtlichen Vertrags eine "Ermächtigung" vorliege. Diese Rechtsansicht, die auch die Auftraggeberin vertritt, soll daher im folgenden insbesondere anhand der Erläuterungen zum BVergGKonz 2018 und damit insbesondere auch anhand der europarechtlichen Vorgaben geprüft werden.
Die Erläuterungen zum BVergGKonz 2018, EBRV 69 BlgNr. XXVI. GP, 238f, lauten auszugsweise (Hervorhebungen durch das BVwG):
Zu § 1 (Regelungsgegenstand): Zum Geltungsbereich ist eingangs festzuhalten, dass dem BVergGKonz 2018 grundsätzlich auch Verfahren über die Vergabe von Konzessionsverträgen im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich unterliegen (vgl. etwa Art. 10 Abs. 6 der RL 2014/23/EU).
Die Bestimmung enthält eine allgemeine und programmatische Umschreibung des Geltungsbereiches des BVergGKonz 2018. Der Begriff "Konzessionsvergabeverfahren" im Sinne des § 1 Z 1 umfasst alle Verfahren zur Beschaffung von Bau- oder Dienstleistungen im Wege einer Konzession (vgl. dazu die Definitionen der Bau- und Dienstleistungskonzession in den §§ 5 und 6). "Lieferkonzessionen" gibt es nach dem unionsrechtlichen Verständnis (und demzufolge auch nach dem System des Gesetzes) nicht. Gleichwohl können Bau- und Dienstleistungskonzessionen Lieferleistungen inkludieren. Der Begriff des Konzessionsvergabeverfahrens ist insoweit funktional und im Einklang mit dem Unionsrecht auszulegen, als er - falls der Vorgang aus mehreren Schritten bestehen sollte - in seiner Gesamtheit und unter Berücksichtigung seiner Ziele zu prüfen ist (vgl. Rs C-29/04, Kommission gegen Österreich, Rs C-51/15, Remondis): dient er dem Erwerb einer Bau- oder Dienstleistung und besteht die Gegenleistung entweder in einem Nutzungsrecht am Bauwerk oder in einem Verwertungsrecht der Dienstleistung (oder in einem derartigen Recht kombiniert mit einer Zahlung), so handelt es sich um einen Beschaffungsvorgang, der der Richtlinie 2014/23/EU und dem BVergGKonz unterliegt. Der Begriff des "Erwerbes" soll, analog zum BVergG 2018, in einem weiten Sinn verstanden werden. Der Begriff "Konzessionsvergabeverfahren" stellt einen Überbegriff für Bau- und Dienstleistungskonzessionen dar und wird in weiterer Folge im Gesetz auch mit dieser Bedeutung verwendet.
In Verbindung mit den Bestimmungen der §§ 5 und 6 folgt daraus, dass im Kontext der "Konzessionsvergabe" nur synallagmatische Vertragsverhältnisse den Regelungsgegenstand des Gesetzes bilden (vgl. dazu auch EuGH Rs C-410/14, Falk Pharma, Rs C-51/15, Remondis). Andere (alternative) Formen öffentlicher Aufgabenerfüllungen wie etwa durch einseitige Rechtsverhältnisse (vgl. dazu etwa Rs C-295/05, Asemfo gegen Tragsa), durch die Beleihung mit der Durchführung von Leistungen im Wege von Gesetzen oder sonstigen Hoheitsakten (vgl. VfSlg 14.473/1996, Verwaltungsgerichtshof [VwGH] vom 13. September 2016, Ro 2014/03/0062; siehe analog dazu auch EG 5 der RL 2014/24/EU), durch die "Betrauung" mit der Durchführung bestimmter Leistungen im Wege von Akten der Gerichtsbarkeit (zB Gerichtsbeschlüsse, vgl. § 351 ZPO) oder durch Zuständigkeitsübertragungen innerhalb der öffentlichen Verwaltung (vgl. Rs C-51/15, Remondis) fallen daher ebenso wenig in den Anwendungsbereich des Gesetzes wie Veräußerungen durch Auftraggeber (vgl. dazu Rs C-145/08, Loutraki, und Rs C-451/08, Helmut Müller) oder (rein einseitige) Förderzusagen oder andere Formen der reinen Finanzierung (vgl. dazu "Förderverträge", die fiskalische Anreize zur Setzung eines gewünschten Verhaltens darstellen und bei denen sich die Verpflichtung auf Seiten des Förderungsempfängers typischerweise auf die Vorlage bestimmter Urkunden und die Rückzahlung der Förderung im Fall der Nicht-Setzung des geförderten Verhaltens beschränkt wie etwa eine Förderung zum Einbau alternativer Heizungen oder von Stromgewinnungsanlagen bei Eigenheimen; vgl. dazu auch EG 12 der RL 2014/23/EU). Ferner umfasst das Konzept der "Konzessionsvergabe" auch nicht jene Fälle, in denen alle Unternehmer, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, zur Erbringung einer bestimmten Leistung (auf ihr eigenes Risiko) - ohne irgendeine Selektivität - berechtigt sind, wie beispielsweise bei einer Auswahl durch den Kunden- und bei Dienstleistungsgutscheinsystemen; diese sind als einfache Zulassungssysteme zu qualifizieren (siehe EG 13 der RL 2014/23/EU und EuGH Rs C-410/14, Falk Pharma).
[...]
Darüber hinaus ist der Geltungsbereich des Gesetzes, die Vergabe von Bau- und Dienstleistungskonzessionen, zu sogenannten "Bewilligungen" oder "Genehmigungen" ("authorizations") abzugrenzen (zur Exklusivität dieser Konzepte vgl. EuGH Rs C-458/14, Promoimpresa, Rz 44/45). Darunter versteht der EuGH die "Erlaubnis zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit" (vgl. dazu Rs C-221/12, Belgacom, Rz 33, Rs C-458/14, Promoimpresa, Rz 47). Eine derartige Erlaubnis unterscheidet sich von einer Konzession dadurch, dass der Bewilligungsinhaber - anders als der Konzessionär - nicht verpflichtet ist, die bewilligte Tätigkeit auszuüben (Rs C-221/12, Rz 33; vgl. dazu auch die Definition der "Genehmigungsregelung" in Art. 4 der Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt, ABl. Nr. L 376 vom 27.12.2006 S. 36, iVm EG 57 dieser RL). Auch fehlt es im Fall der Bewilligung daran, dass der Auftraggeber an der erbrachten Leistung "ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse" hat (vgl. Rs C-451/08, Helmut Müller). Für den Fall, dass im Zusammenhang mit einer Bewilligung eine sogenannte "Betriebspflicht" besteht (vgl. dazu etwa § 13 Apothekengesetz, RGBl. Nr. 5/1907), wird im Einzelfall zu untersuchen sein, ob die Sanktion bei einem Verstoß gegen diese Betriebspflicht in einem durchsetzbaren Recht auf (persönliche) Leistungserbringung besteht oder bloß in einem Entzug der Berechtigung bzw. einer Ersatzvornahme durch Dritte. EG 14 der RL 2014/23/EU hält dazu fest: "Bestimmte Handlungen der Mitgliedstaaten, wie die Erteilung von Genehmigungen oder Lizenzen, durch die der Mitgliedstaat oder eine seiner Behörde die Bedingungen für die Ausübung einer Wirtschaftstätigkeit festlegt - einschließlich der Bedingung der Durchführung einer bestimmten Tätigkeit -, die üblicherweise auf Antrag des Wirtschaftsteilnehmers und nicht vom öffentlichen Auftraggeber oder vom Auftraggeber erteilt wird und bei der der Wirtschaftsteilnehmer das Recht hat, sich von der Erbringung von Bau- oder Dienstleistungen zurückzuziehen, sollten darüber hinaus nicht als Konzessionen gelten. Auf Fälle derartiger Handlungen der Mitgliedstaaten finden die besonderen Bestimmungen der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates Anwendung. Im Gegensatz zu derartigen Handlungen der Mitgliedstaaten enthalten Konzessionsverträge wechselseitig bindende Verpflichtungen, denen zufolge die Erbringung der Bau- oder Dienstleistungen bestimmten Anforderungen entsprechen muss, die vom öffentlichen Auftraggeber oder vom Auftraggeber festgelegt werden und rechtlich durchsetzbar sind."
Aus den Erläuterungen ergibt sich für den gegenständlichen Fall folgendes:
Dienstleistungskonzessionen können Lieferleistungen inkludieren. Dies ist zwar im gegenständlichen Fall nicht der Fall, aber selbst wenn dies der Fall wäre, wäre das Vorliegen einer Dienstleistungskonzession damit nicht ausgeschlossen.
Den Regelungsgegenstand des BVergGKonz 2018 bilden nur synallagmatische Vertragsverhältnisse. Ein solches wird mit der gegenständlichen Ausschreibung angestrebt. Mit der gegenständlichen Ausschreibung werden jedenfalls keine einseitigen Rechtsverhältnisse angestrebt wie etwa eine Beleihung mit der Durchführung von Leistungen im Wege von Gesetzen oder sonstigen Hoheitsakten, durch die Betrauung mit der Durchführung bestimmter Leistungen im Wege von Akten der Gerichtsbarkeit oder durch Zuständigkeitsübertragung innerhalb der öffentlichen Verwaltung. Ebenso wenig werden Veräußerungen durch den Auftraggeber, rein einseitige Förderzusagen oder Dienstleistungsgutscheinsysteme angestrebt. Ebenso wenig angestrebt werden Bewilligungen oder Genehmigungen im Sinne einer Erlaubnis zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit, da der Konzessionär verpflichtet ist, die Dienstleistung der Nahversorgung mit Tabakerzeugnissen am Geschäftsstandort zu erbringen. Es liegt auch deshalb keine Bewilligung vor, da die Auftraggeberin an der erbrachten Leistung ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse hat (siehe die Entgeltordnung gemäß § 16 Abs. 2 TabMG 1996: diese Entgelte, nämlich Pauschalentgelte, laufende Entgelte und Sonderentgelte, sind gem. Punkt 1. Entgeltordnung von Tabaktrafikanen und Bewerbern an die Monopolverwaltung GmbH zu entrichten).
Zu prüfen ist noch, ob der abzuschließende Konzessionsvertrag wechselseitig bindende Verpflichtungen enthält, denen zufolge die Erbringung der Dienstleistungen bestimmten Anforderungen entsprechen muss, die vom öffentlichen Auftraggeber festgelegt werden und rechtlich durchsetzbar sind.
Die Rechte und Pflichten des Tabaktrafikanten ergeben sich einerseits aus § 36 TabMG 1996 und dem abzuschließenden Konzessionsvertrag (vorgelegt wurde ein "Bestellungsvertrag"). Entsprechend § 36 TabMG 1996 hat der Tabaktrafikant unter anderem den Gebietsschutz und das Monopolinteresse an der Nahversorgung zu wahren, die Nachfrage nach Tabakerzeugnissen bestmöglich zu befriedigen, einen bestimmten Vorrat an Tabakerzeugnissen zu halten und die Tabaktrafik persönlich zu führen. Es ist dem Inhaber eines Tabakfachgeschäftes verboten eine andere selbstständige Erwerbstätigkeit auszuüben oder ein Arbeitsverhältnis einzugehen. Jede Art von Abtretung oder Verpachtung eines Tabakfachgeschäftes und die Einräumung von Gewinnbeteiligungen daran sind verboten. Der Tabaktrafikant darf den Handel mit Tabakerzeugnissen nur in dem im Bestellungsvertrag angegebenen Geschäftslokal ausüben, er darf Tabakerzeugnisse nur von Großhändlern zu vorgegebenen Lieferpreisen beziehen und hat die Tabakerzeugnisse nur zu vorgegebenen Kleinverkaufspreisen zu verkaufen. Der Tabaktrafikant darf Kunden keine direkten oder indirekten Vorteile wie Rabatte, Skonti Zahlungsziele und Zugaben jeder Art gewähren etc. Die Ausstattung des Trafiklokals ist in § 37 TabMG 1996 geregelt. Im vorgelegten "Bestellungsvertrag" sind die Geschäftszeiten verpflichtend vorgegeben (Punkt V.), es besteht eine vertragliche Pflicht zur Zahlung des Pauschalentgelts gem. Entgeltordnung (Punkt VI.), eine Meldepflicht in Fällen von Kenntnis von unbefugtem Tabakwarenverkauf (Punkt VIII.), es ist eine Ausweiskontrollpflicht (Punkt VIII.) und eine Pflicht des Tabaktrafikkanten zur Einholung einer Zustimmung der Monopolverwaltung im Fall von baulichen Veränderungen des Trafiklokals geregelt (Punkt IX.). Weiters sind im Bestellungsvertrag Pflichten des Tabaktrafikanten bei der Tabakwarenwerbung und betreffend die Innendekoration der Tabaktrafik geregelt (Punkt IX.). Schließlich wird in dem Bestellungsvertrag als Gerichtsstand für alle aus diesem Vertragsverhältnis etwa entstehenden Rechtsstreitigkeiten das sachlich zuständige Gericht in Wien vereinbart (Punkt X.). Aus all dem Gesagten ergibt sich somit, dass der Konzessionsvertrag (Bestellungsvertrag) welcher abgeschlossen hätte werden sollen wechselseitig bindende Verpflichtungen enthält, denen zufolge die Erbringung der Dienstleistungen bestimmten Anforderungen entsprechen muss, die vom öffentlichen Auftraggeber festgelegt werden und rechtlich durchsetzbar sind.
Das Vorbringen der Auftraggeberin, wonach die Auftraggeberin zu keinem Zeitpunkt die sich aus dem TabMG 1996 oder aus dem Bestellungsvertrag ergebenden Verpflichtungen eines Trafikanten einklagbar durchsetzen könne übersieht, dass in dem Bestellungsvertrag als Gerichtsstand für alle aus diesem Vertragsverhältnis etwa entstehenden Rechtsstreitigkeiten das sachlich zuständige Gericht in Wien vereinbart wurde, sodass für den Fall, dass der Tabaktrafikant zum Beispiel das entsprechend der Entgeltordnung der Monopolverwaltung GmbH geschuldete Entgelt nicht bezahlen sollte, diese das geschuldete Entgelt bei dem sachlich zuständigen Gericht einklagen kann und dies entsprechend § 14 Abs 4 TabMG 1996 wohl auch muss. Weiters hat die Monopolverwaltung GmbH für den Fall, dass der Tabaktrafikant das entsprechend der Entgeltordnung der Monopolverwaltung GmbH geschuldete Entgelt nicht bezahlen sollte, gemäß § 35 Abs. 6 TabMG 1996 auch die Möglichkeit eine Geldbuße in Höhe von höchstens 10 % des durchschnittlichen Monatsumsatzes mit Tabakerzeugnissen zu verhängen und kann die solcherart geschuldete Geldbuße gegebenenfalls bei dem sachlich zuständigen Gericht einklagen. Weiters kann die Monopolverwaltung gem. § 35 Abs 2 TabMG, wenn der Tabaktrafikant gegen Bestimmungen des TabMG oder des Bestellungsvertrages verstößt, den Bestellungvertrag kündigen und diese Kündigung auch gegebenenfalls mit Hilfe der Gerichte durchsetzen. Die vom öffentlichen Auftraggeber festgelegt Anforderungen sind somit sehr wohl rechtlich durchsetzbar.
Der erkennende Senat kann sich daher der oben genannten bisherigen Judikatur des BVwG zur Vergabe von Tabaktrafiken nicht anschließen.
§ 12 Abs 1 BVergG 2018, BGBl. I Nr. 65/2018, lautet:
§ 12. (1) Grundlage für die Berechnung des geschätzten Wertes einer
Konzession ist der vom Konzessionär während der Vertragslaufzeit erzielte Gesamtumsatz ohne Umsatzsteuer aller im Zusammenhang mit der Konzession stehenden Gegenleistungen.
Wie die Auftraggeberin in der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2019 angegeben hat, liegt der Gesamtumsatz der gegenständlichen Tabaktrafik ohne Umsatzsteuer pro Jahr bei € 1.166.189,09. Da der Gesamtumsatz einer im Zusammenhang mit der Konzession stehenden Gegenleistungen zur Berechnung des geschätzten Wertes einer Konzession heranzuziehen ist, sind auch die Umsätze der verkauften Nebenartikel mitzuberücksichtigen. Da die Auftraggeberin eine unbefristete Laufzeit der Konzession vorgesehen hat, eine solche jedoch § 13 Abs. 1 BVergGKonz widersprechen würde, die Auftraggeberin jedoch keine gesetzeskonforme Laufzeit angegeben hat, wird eine Laufzeit von 20 Jahren für die Berechnung des geschätzten Wertes der Konzession herangezogen (wie dies die Auftraggeberin bei ihren Berechnungen in der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2019 auch selbst getan hat, vgl. Verhandlungsschrift S. 8). Daraus ergibt sich ein geschätzter Wert der Konzession von € 23.323.800,--. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass selbst wenn für die Berechnung des geschätzten Wertes der Konzession die Nebenartikel nicht Berücksichtigung finden würden (wovon das BVwG nicht ausgeht), der Wert der Konzession mit € 16.101.821,-- zu schätzen gewesen wäre. Der Schwellenwert des § 11 BVergGKonz von € 5.548.000,-- wurde somit jedenfalls überschritten. Das Konzessionsvergabeverfahren erfolgt somit im Oberschwellenbereich.
Zusammenfassend kann somit gesagt werden, dass es sich bei der gegenständlichen Ausschreibung des Konzessionsvergabeverfahrens "Besetzung einer Tabaktrafik/Bestellung zum Tabaktrafikanten Standort 1100 Wien, Gudrunstraße 166/4; Standort Nr. 1100 0035" um die Ausschreibung einer Dienstleistungskonzession im Sinne des § 6 BVergGKonz 2018 im Oberschwellenbereich handelt, womit ein Unternehmer mittels entgeltlichem Vertrag mit der Erbringung und der Durchführung der Dienstleistung der Nahversorgung mit Tabakerzeugnissen am Geschäftsstandort Gudrunstrasse betraut werden soll, wobei die Gegenleistung in dem Recht zur Verwertung der vertragsgegenständlichen Dienstleistung zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht. Die Zuständigkeit des BVwG ergibt sich aus § 76 BVergGKonz 2018 iVm. § 327 BVergG 2018.
3. b) Zu Spruchpunkt 1) A) I.
Der Nachprüfungsantrag gem. Spruchpunkt 1) A) I. war gem § 78 Abs. 2 BVergGKonz 2018 zurückzuweisen, da das Vergabeverfahren widerrufen worden ist.
3. c) Zu Spruchpunkt 1) A) II., Rechtmäßigkeit des Widerrufs
Mit Schreiben der Auftraggeberin an den Antragsteller vom 02.10.2019 wurde der Widerruf des Konzessionsvergabeverfahrens erklärt.
§ 75 Abs 1 BVergG 2018, BGBl. I Nr. 65/2018, lautet:
§ 75. (1) Der Auftraggeber kann ein Konzessionsvergabeverfahren
widerrufen, wenn dafür sachliche Gründe bestehen.
Das TabMG 1996, BGBl. Nr. 830/1995 idF BGBl. I Nr. 5/2019, lautet auszugsweise:
§ 25. (9) Liegt für ein zu besetzendes Tabakfachgeschäft nach Ablauf der Anbotsfrist kein Anbot eines nach § 29 Abs. 3 vorzugsberechtigten Bewerbers vor, kann die Monopolverwaltung GmbH die erfolgte Ausschreibung widerrufen.
Als Begründung für den Widerruf des Verfahrens hat die Auftraggeberin angegeben, dass nach erfolgter Angebotsprüfung kein Angebot eines nach § 29 Abs. 3 TabMG 1996 vorzugsberechten Bewerbers vorlag, da alle Bewerbungen bzw. Angebote bis auf jenes des Antragstellers auszuscheiden bzw. nicht länger zu berücksichtigen waren, da keiner der vier vom Antragsteller verschiedenen Bewerber den geforderten Kapitalnachweis in der Höhe von € 201.000,-- erbrachte.
Es gab insgesamt fünf Bewerber um die gegenständliche Trafik. Alle vier vom Antragsteller verschiedenen Bewerber wurden jeweils mittels eines Schreibens der Auftraggeberin im Juli bzw. im August 2019 zur Vorlage von Folgendem aufgefordert: "Kapitalnachweis über € 201.000 (in Form einer schriftlichen Bestätigung eines Geldinstitutes, dass dem Bewerber die angegebene Summe für den Fall der Verleihung der Trafik bis zum 31.12.2019 zur Verfügung steht)". In der mündlichen Verhandlung vom 15.11.2019 hat sich der Senat durch Einsichtnahme in den Vergabeakt davon überzeugt, dass keiner der vier vom Antragsteller verschiedenen Bewerber den geforderten Kapitalnachweis in der Höhe von € 200.160,-- erbrachte. Da in den Ausschreibungsunterlagen ein Kapitalnachweis in der Höhe von €
200.160,-- vorgeschrieben wurde, erfüllen die vier vom Antragsteller verschiedenen Bewerber somit nicht die in der Ausschreibung geforderten Bedingungen.
Da der Antragsteller, wie vom Antragstellervertreter in der mündlichen Verhandlung vom 15.11.2019 zugestanden, nicht vorzugsberechtigt im Sinne des § 29 TabMG 1996 ist, liegt im gegenständlichen Fall der Widerrufsgrund des § 25 Abs. 9 TabMG 1996 und somit ein sachlicher Grund im Sinne des § 75 Abs. 1 BVergGKonz 2018 für den Widerruf vor. Der Widerruf erfolgte somit rechtmäßig.
3. d) Zu Spruchpunkt 2) A) - Gebührenersatz:
Da die Antragstellerin nicht obsiegt hat, hat sie gemäß § 85 BVergGKonz 2018 keinen Anspruch auf Gebührenersatz durch die Auftraggeberin.
B) Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt. Ob der Abschluss eines Vertrags über den Betrieb einer Tabaktrafik in den Anwendungsbereich des BVergGKonz 2018 fällt und insbesondere der Betrieb einer Tabaktrafik eine Dienstleistung ist, die in den Anwendungsbereich des Vergaberechts fällt, wurde bisher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, des Verfassungsgerichtshofs, des Obersten Gerichtshofs oder des Europäischen Gerichtshofs nicht behandelt. Die Lösung dieser Frage ergibt sich auch nicht unmittelbar aus dem BVergGKonz 2018 oder der RL 2014/23/EU, sodass nicht von einer eindeutigen Rechtslage auszugehen ist, die keiner weiteren höchstgerichtlichen Klärung bedürfte.
Schlagworte
Bekanntgabepflicht, Bewilligung, Bewilligungsverfahren,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W134.2222370.2.00Zuletzt aktualisiert am
25.02.2020