TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/19 W103 2156272-2

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Veröffentlicht am 19.11.2019
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Entscheidungsdatum

19.11.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §9 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W103 2156272-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. AUTTRIT als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.05.2019, Zl. 1075496707-100331963 zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. - VI. des angefochtenen Bescheids wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 9 Abs. 1 AsylG 2005 stattgegeben und werden die Spruchpunkte I. - VI. des angefochtenen Bescheids ersatzlos behoben.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids wird insoferne stattgegeben und festgestellt, dass die befristete Aufenthaltsberechtigung des XXXX als subsidiär Schutzberechtigter weiterhin bis 14.03.2020 gültig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 28.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, wurde durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und durch die belangte Behörde niederschriftlich einvernommen.

2. Mit Bescheid vom 14.03.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen subsidiärer Schutz gemäß § 8 AsylG zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt. und freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt. Eine Begründung dazu wurde im Aberkennungsbescheid nicht angegeben.

Gegen Sp I. dieses Bescheides wurde rechtzeitig eine Beschwerde eingebracht.

3. Mit rechtskräftigen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.01.2019 zur Zl. W211 2156272-1/9Z, wurde das Verfahren wegen Zurückziehung der Beschwerde eingestellt.

4. Mit Bescheid der BFA vom 26.02.2018 wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 14.03.2020 verlängert.

5. Der BF wurde hinsichtlich zweier verschiedener strafrechtlicher Delikte angezeigt und wurde das Verfahren hinsichtlich beider Delikte von der zuständigen Staatsanwaltschaft eingestellt.

6. Am 02.04.2019 wurde gegenständliches Aberkennungsverfahren eingeleitet.

7. Daraufhin wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 08.05.2019 eine Einvernahme des Beschwerdeführers "zur Prüfung der Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten" unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Somali durchgeführt. Der Beschwerdeführer wurde darauf hingewiesen, dass sich die Umstände für die subsidiäre Schutzzuerkennung mittlerweile geändert hätten.

6. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der dem Beschwerdeführer mit Erkenntnis vom 14.03.2017 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.). Die erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Somalia zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für seine freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.).

Folgende Feststellungen wurden dem Bescheid im Wesentlichen zugrunde gelegt:

Der Beschwerdeführer sei gesund und arbeitsfähig. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten würden nicht mehr vorliegen; die Versorgungslage und Dürresituation habe sich verbessert; und eine Rückkehr nach Somalia sei zumutbar. Ein schützenswertes Familien- und Privatleben in Österreich sei nicht festzustellen.

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde hinsichtlich der Gründe für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Wesentlichen aus, dass die Behörde trotz anderslautender Angaben des Beschwerdeführers davon ausgehe, dass er im Falle einer Rückkehr Verwandte (Bruder) in Somalia habe, die ihn unterstützen könnten. Er könne aber auch ohne finanzielle Hilfe von familiären Anknüpfungspunkten in Somalia seine Grundbedürfnisse decken, er stamme aus Kismayo, könne sich jedoch auch in Mogadischu niederlassen, da dort eine innerstaatliche Fluchtalternative bestehe. Die damalige Lage welche für die Gewährung des subsidiären Schutzes ausschlaggeben gewesen wäre, sei nicht mehr gegeben (Siehe AS 118). Ob es sich dabei um die Versorgungslage oder die Sicherheitslage handelt wurde nicht angegeben.

Der BF könne Mogadischu bzw. Kismayo auf dem Luftweg von Österreich aus erreichen.

In der rechtlichen Beurteilung stützte sich die belangte Behörde darauf, dass sich die Sicherheits- und Versorgungslage in Somalia nachhaltig geändert habe.

7. Mit Schriftsatz vom 18.06.2019 erhob der Beschwerdeführer binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde gegen alle Spruchpunkte des Bescheides und brachte darin im Wesentlichen vor, dass keine dauerhafte Sachverhaltsänderung eingetreten sei. Er verfüge in Somalia über keinerlei Familiäres- bzw. Soziales Netzwerk mehr, den Kontakt zu den Verwandten habe er verloren. Als IDP würde er zudem einer besonders vulnerablen Gruppe in Somalia angehören, die in der Regel von vielseitigen Ausgrenzungen und Diskriminierungen betroffen wäre. Er habe dzt. einen Arbeitsplatz, eine private Wohnung und die A1-Deutschprüfung abgelegt.

8. Mit Schriftsatz vom 27.04.2019 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.

9. Das Bundesverwaltungsgericht führte eine Strafregisterabfrage durch, welche negativ verlief.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Dem Beschwerdeführer wurde mit Erkenntnis vom 14.03.2017 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt, eine Begründung für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist dem Aberkennungsbescheid nicht zu entnehmen.

1.2 Der unter 1.1. genannte Bescheid ist rechtskräftig.

1.3. Es kann nicht festgestellt werden, dass sich die schwierige Versorgungssituation bzw. sie Sicherheitssituation in Somalia wesentlich und nachhaltig gebessert hat.

1.4. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer davon wesentlich weniger intensiv betroffen wäre, als mit Bescheid des BFA vom 14.03.2017 festgestellt.

1.5. Der Aufenthalt von Verwandten in Somalia, welcher nicht schon im Bescheid vom 14.03.2017 festgestellt wurde, die den BF unterstützen würden kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden.

1.6. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer von seinem Clan ausreichende Hilfe zu erwarten hätte.

1.7. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr ein leistungsfähiges soziales Netz vorfinden würde.

1.8. Es kann nicht festgestellt werden, dass sich aus sonstigen Gründen die Lage in Somalia dahingehend wesentlich und nachhaltig gebessert hat, sodass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr mit ausreichender Wahrscheinlichkeit in der Lage sein würde, sich einen notdürftigsten Lebensunterhalt zu verschaffen.

1.9. Eine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts ist somit weder im Hinblick auf das individuelle Vorbringen des Beschwerdeführers noch in Bezug auf die allgemeine Lage in Somalia eingetreten.

1.10. Es besteht kein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten, unstrittigen Verwaltungsunterlagen, sowie dem Bescheid des BFA vom 14.03.2017. Die Feststellungen hinsichtlich der Lage in Somalia und möglichen Änderungen ergeben sich insbesondere aus einem Vergleich des Bescheides und dem Bescheid der belangten Behörde vom 28.05.2019 zugrundeliegenden Länderberichte, nämlich dem Länderinformationsblatt (in der Folge: LIB) der Staatendokumentation zu Somalia aus 2016/2017 und vom 12.01.2018 (zuletzt aktualisiert am 17.09.2018, in der Folge LIB 2018).

2.1. zu 1.1. Dass bzw. aus welchen Gründen dem Beschwerdeführer mit Bescheid des BFA vom 14.03.2017 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, ergibt sich aus jenem Bescheid.

Der Bescheid wurde über die Vorabinfo des BFA elektronisch bezogen, da er im Akt nicht einliegend war.

Begründet wurde damals die Zuerkennung von subsidiären Schutz wie folgt:

"Auf Seite 10 des Bescheides wird angeführt, dass ein Abschiebehindernis vorliege, da die aktuelle Sicherheitslage in Somalia aufgrund des derzeit herrschenden innerstaatliche Konfliktes für den BF als Zivilperson ein Bedrohung seines Lebens darstellen würde.

Auf Seite 45 des Bescheides wird angeführt, dass die Eltern bzw. die Schwester nach wie vor in Kismayo leben würden."

Die Aberkennung wurde wie folgt begründet:

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde hinsichtlich der Gründe für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Wesentlichen aus, dass die Behörde trotz anderslautender Angaben des Beschwerdeführers davon ausgehe, dass er im Falle einer Rückkehr Verwandte in Somalia habe, die ihn unterstützen könnten. Er könne aber auch ohne finanzielle Hilfe von familiären Anknüpfungspunkten in Somalia seine Grundbedürfnisse decken, er stamme aus Kismayo, könne sich jedoch auch in Mogadischu niederlassen, da dort eine innerstaatliche Fluchtalternative bestehe. Die damalige Lage welche für die Gewährung des subsidiären Schutzes ausschlaggeben gewesen wäre, sei nicht mehr gegeben (Siehe AS 118). Ob es sich dabei um die Versorgungslage oder die Sicherheitslage handelt wurde nicht angegeben.

Der BF könne Mogadischu bzw. Kismayo auf dem Luftweg von Österreich aus erreichen.

2.2. zu 1.2. Dass der Bescheid, mit dem dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, rechtskräftig wurde, ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer gegen diesen Spruchpunkt kein Rechtsmittel erhoben hat. Der Bescheid des BFA ist somit für die Parteien bindend.

2.3. zu 1.3. Dass nicht festgestellt werden kann, dass sich die schwierige Sicherheitslage bzw. Versorgungssituation in Somalia wesentlich und nachhaltig gebessert hat, ergibt sich aus einem Vergleich der dem Bescheid vom 14.03.2017 und dem Bescheid der belangten Behörde vom 28.05.2019 jeweils zugrundeliegenden Länderberichte wie oben angeführt. Die Länderberichte sind bezüglich der maßgeblichen Punkte im Wesentlichen gleichgeblieben: Im Kapitel "Grundversorgung/Wirtschaft" wird im LIB 2017 angeführt: "Generell hätte Somalia großes wirtschaftliches Potential..." (S. 122). In der Folge wird aber festgehalten, dass dieses Potential die aktuelle Lage nicht reflektiert: "Doch noch gehört Somalia zu den ärmsten Ländern der Erde. Ein erheblicher Teil der Bevölkerung kann sich nicht ausreichend mit Lebensmitteln und Trinkwasser versorgen (Auswärtiges Amt, Somalia - Wirtschaft, April 2017). Periodisch wiederkehrende Dürreperioden mit Hungerkrisen und die äußerst mangelhafte Gesundheitsversorgung sowie der mangelhafte Zugang zu sauberem Trinkwasser und das Fehlen eines funktionierenden Abwassersystems machen Somalia seit Jahrzehnten zum Land mit dem größten Bedarf an internationaler Nothilfe (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, 01.01.2017; vgl. Auswärtiges Amt, Somalia - Wirtschaft, April 2017). Das Land ist also in hohem Grade von Hilfe abhängig (United Nations Assistance Mission in Somalia, SRSG Keating Briefing to the Security Council, 13.09.2017)." (LIB 2018, S. 122)

Hinsichtlich der Dürresituation wird im LIB 2018 Folgendes ausgeführt:

"Insbesondere ärmere Haushalte haben Probleme, die stark angestiegenen Preise für Grundnahrungsmittel bezahlen zu können; und andererseits können sie durch den Verkauf von Vieh kaum Einkommen erwerben (World Bank, Somalia Economic Update, 18.7.2017). Drei Jahre Dürre haben zu einer humanitären Krise geführt. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist von Nahrungsmittelknappheit, von Kindersterblichkeit und Unterernährung betroffen. Rund 60% des Viehbestands wurde vernichtet, wobei die Viehzucht das Haupteinkommen großer Bevölkerungsteile darstellt (UN Human Rights Council, Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, 06.09.2017). Dabei hat die Dürre Auswirkungen auf alle ökonomischen Aktivitäten in Somalia, darunter Landwirtschaft, Viehzucht und Fischerei. Mittlerweile machen sich die wirtschaftlichen Auswirkungen der Dürre auch substantiell im Bundesbudget bemerkbar (UN Security Council, Report of the Secretary-General on Somalia, 05.09.2017). Allerdings ist der Schaden an Leben und Lebensbedingungen - vor allem von Frauen, Kindern und Benachteiligten - enorm (United Nations Assistance Mission in Somalia, SRSG Keating Briefing to the Security Council, 13.09.2017). (...) Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist nicht gewährleistet (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, 01.01.2017). Die Versorgungslage ist durch geringe Ernteerträge und Trockenperioden anhaltend schlecht. Aufgrund der schwierigen Sicherheitslage und Einschränkungen durch die Aktivitäten diverser Milizen, ist es für humanitäre Organisationen eine Herausforderung benachteiligte Bevölkerungsteile zu erreichen (Österreichische Botschaft Nairobi, Asylländerbericht Somalia, September 2016).

Zu Beginn des Jahres 2017 hatte sich die humanitäre Lage in Somalia mit alarmierender Geschwindigkeit verschlechtert. Der somalische Präsident hat am 28.02.2017 den nationalen Notstand ausgerufen und um verstärkte Hilfe der internationalen Gemeinschaft gebeten (UN Security Council, Report of the Secretary-General on Somalia, 09.05.2017). Am 02.02.2017 wurde für Somalia eine Alarm-Erklärung hinsichtlich einer bevorstehenden Hungersnot ("pre-famine alert") ausgegeben. Danach wurden humanitäre Aktivitäten weiter hochgefahren (Somalia and Eritrea Monitoring Group, Report of the SEMG on Somalia, 08.11.2017). (...) Die somalische Regierung hat aufgrund der Lage in Zusammenarbeit mit humanitären Kräften die Planung von einer Reaktion auf die Dürre ("drought response") bereits auf die Prävention einer Hungersnot ("famine prevention") umgestellt (UN Human Rights Council, Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, 06.09.2017). Nur die rasche Unterstützung internationaler humanitärer Partner und somalischer Organisationen hat eine Hungersnot verhindert (Somalia and Eritrea Monitoring Group, Report of the SEMG on Somalia, 08.11.2017). (...)

Das Risiko einer Hungersnot besteht jedoch auch weiterhin (Famine Early Warning System Network, Somalia Food Security Outlook Update December 2017, 30.12.2017; vgl. United Nations Assistance Mission in Somalia, SRSG Keating Briefing to the Security Council, 13.09.2017, UN High Commissioner for Refugees, Fact Sheet, Somalia, 1-30 November 2017, 30.11.2017)." (S. 127f.)

"70% der Menschen, die unmittelbar auf Hilfe angewiesen sind, befinden sich in Süd-/Zentralsomalia, wo der Zugang durch Sicherheitsprobleme und die al Shabaab behindert wird (UN Human Rights Council, Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, 06.09.2017); dies betraf sowohl Gebiete außerhalb der als auch unter Kontrolle von al Shabaab. (...) [Al Shabaab hat] humanitäre Hilfe von außen auch diesmal behindert oder blockiert; die Einhebung von Steuern verstärkt; humanitäre Bedienstete entführt; und Hilfslieferungen an Straßensperren besteuert. Immerhin wurde diesmal vor der Dürre Flüchtenden in manchen Fällen die Weiterreise gewährt. Auch Behörden haben die Arbeit humanitärer Kräfte auf unterschiedliche Art behindert (Somalia and Eritrea Monitoring Group, Report of the SEMG on Somalia, 08.11.2017; vgl. US Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, 03.03.2017). (...) Dabei behindert al Shabaab nach wie vor den Zugang zu Menschen in Not auf dem Gebiet unter Kontrolle dieser Gruppe (UN Security Council, Report of the Secretary-General on Somalia, 09.05.2017)." (LIB 2018, S. 129)

"Insgesamt erreichen Hilfsprojekte der UN oder von nichtstaatlichen Hilfsorganisationen in der Regel aber nicht die gesamte Bevölkerung. (...) Überhaupt variiert die Abdeckung mit internationaler humanitärer Unterstützung regional. Die meisten Gebiete in Somaliland und Puntland sind besser abgedeckt, die Möglichkeiten in Süd-/Zentralsomalia mehr eingeschränkt (International Crisis Group, Instruments of Pain (III) - Conflict and Famine in Somalia, 09.05.2017)." (LIB 2018)

Am 17.09.2018 wurde im LIB 2018 eine neue Kurzinformation betreffend "positiver Trend bei Versorgungslage" eingefügt, die sich vor allem auf eingetretene Regenfälle und Prognosen hinsichtlich einer Verbesserung der Nahrungsmittelversorgung bezieht: "Nach den überdurchschnittlichen Gu-Regenfällen 2018 wird die Getreideernte die größten Erträge seit 2010 einbringen. Die Lage bei der Nahrungsversorgung hat sich weiter verbessert (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia - Humanitarian Snapshot, 11.09.2018; vgl. UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Humanitarian Bulletin Somalia, 1 August - 5 September 2018, 05.09.2018). (...) Insgesamt hat sich die Ernährungssituation verbessert, auch wenn es im ganzen Land noch eine hohe Rate an Unterernährung gibt - speziell unter IDPs (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia - Humanitarian Snapshot, 11.09.2018). Die Dürre ist zwar offiziell vorbei, es braucht aber mehr als eine gute Regenzeit, bevor sich die Menschen davon erholen (UN UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia - Food security improving but recovery remains fragile, 02.09.2018). Vor allem vom Verlust ihres Viehs, von Überschwemmungen (im April/Mai 2018, Juba- und Shabelle-Täler) und vom Zyklon Sagar (Mai 2018, Nordsomalia) betroffene Gemeinden werden noch längere Zeit für eine Rehabilitation brauchen (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Humanitarian Bulletin Somalia, 1 August - 5 September 2018, 05.09.2018).

Die Stufe für akute Unterernährung hat sich verbessert. Die Zahl von an schwerer akuter Unterernährung Betroffenen ist nur bei zwei Gruppen kritisch: Bei den IDPs in Mogadischu und in der Guban Pastoral Livelihood in West-Somaliland (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Humanitarian Bulletin Somalia, 1 August - 5 September 2018, 05.09.2018). Allerdings werden auch noch andere Teile oder Gruppen Somalias als Hotspots genannt, wo Interventionen als dringend erachtet werden. (...) Überhaupt bleiben IDPs die am meisten vulnerable Gruppe (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia - Humanitarian Snapshot, 11.09.2018).

"Zusätzlich zu den Niederschlägen fließen aus dem äthiopischen Hochland beträchtliche Mengen Wasser zu (Famine Early Warning Systems Network, Somalia - Food Security Outlook Update, April 2018; vgl. FAO SWALIM, Somalia Rainfall Forecast, 27.04.2018). Dadurch kam es in einigen Gebieten zu Überschwemmungen. (...) (Famine Early Warning Systems Network, Somalia - Food Security Outlook Update, April 2018). Die Pegel der Flüsse werden vermutlich weiter steigen. Bisher sind rund 630.000 Menschen von Sturzfluten oder Überschwemmung betroffen, ca. 215.000 haben ihre Häuser verlassen müssen. (...) (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, OCHA Somalia Flash Update #3 - Humanitarian impact of heavy rains, 02.05.2018)." (LIB 2018).

Insgesamt habe sich die Ernährungssituation verbessert, auch wenn es im ganzen Land noch eine hohe Rate an Unterernährung gäbe, speziell unter IDP¿s (UN OCHA 11.09.2018).

Die Dürre sei zwar offiziell vorbei, es brauche aber mehr als seine gute Regenzeit, bevor sich die Menschen davon erholen (UN OCHA 11.09.2018).

Die Feststellung, die Versorgungslage habe sich nachhaltig und wesentlich geändert, hat die belangte Behörde nicht näher begründet. Auch ein Vergleich der Länderberichte hat dies - wie oben dargelegt - nicht ergeben. Aus diesen ist vielmehr ersichtlich, dass die Lage nach wie vor volatil ist. Einerseits erreicht die Prognose einer Verbesserung der Versorgungslage noch nicht das notwendige Ausmaß an Nachhaltigkeit, die für eine Veränderung der Lage gegeben sein muss. Andererseits mögen die einsetzenden Regenfälle zwar dazu führen, dass die Dürre zurückgeht, andererseits scheinen sie vermehrt zu Überschwemmungen zu führen, was wiederum die Versorgungslage beinträchtigen kann. Jedenfalls kann aufgrund dieser Berichte nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass sich die Versorgungslage wesentlich und nachhaltig geändert hat, und hat die belangte Behörde eine wesentliche Verbesserung auch sonst nicht näher begründet oder nachgewiesen.

Wenn die Behörde in ihrem Bescheid wiederholt darauf hinweist, dass mit einer überdurchschnittlichen Ernte zu rechnen sei und in der Landwirtschaft gebe es wieder Arbeitsmöglichkeiten auf Normalniveau, ist auf die immer noch exorbitant hohe Arbeitslosigkeit von 67 % für die Altersgruppe der 14-29jährigen hinzuweisen (siehe LIB 2018 Seite 123). Wenn die belangte Behörde nunmehr angibt, der BF hätte falls eine Rückkehr aus Gründen der Versorgungssicherheit in seine Heimatregion nicht möglich wäre, eine innerstaatliche Fluchtalternative in Mogadischu, so darf auf die Begründung bei der Zuerkennung des subsidiären Schutzes verwiesen werden, bei der eine IFA nicht in Erwägung gezogen wurde.

Eine mögliche Unterstützung durch Verwandte konnte die belangte Behörde im Bescheid vom 14.03.2017 nicht feststellen., obwohl festgestellt wurde das sowohl die Eltern als auch eine Schwester in Kismayo wohnhaft sind.

Indem die belangte Behörde eine abweichende Beweiswürdigung dieses Umstandes vornimmt, versucht dieses den Bescheid vom 14.03.2017 zu durchbrechen, um eine nunmehr abweichende Rechtsauffassung hinsichtlich der Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes durchzusetzen.

2.4. zu 1.4. Mit Bescheid vom 14.03.2017 wurde ausdrücklich festgehalten, dass der BF von der schwierigen Sicherheits- und Versorgungslage in Somalia - auch in städtischen Gebieten - intensiv und mehrfach betroffen wäre. Dass nicht festgestellt werden kann, dass der BF aktuell davon weniger intensiv betroffen wäre, ergibt sich daraus, dass sich dies weder aus dem Vorbringen des BF, noch aus dem Bescheid der belangten Behörde erschließt. Eine Veränderung dieses Umstands wurde auch nicht begründet vorgebracht, er stellt jedoch einen der wesentlichen Entscheidungsgründe dar, weshalb dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten durch das BFA zuerkannt wurde.

Da der BF in Mogadischu keine Verwandten hat, welche ihn unterstützen könnten, scheidet auch eine innerstaatliche Fluchtalternative in Mogadischu aus.

2.5. zu 1.5. Dass nicht festgestellt werden kann, dass der BF Verwandte hat welche ihn unterstützen könnten ergibt sich aus der Stellungnahme des BF. Aus dem Bescheid oder der Beschwerde ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass andere Verwandte zum Unterhalt des BF beitragen könnten.

2.6. zu 1.6. Dass nicht festgestellt werden kann, dass der BF von seinem Clan (Madhiban) ausreichende Hilfe zu erwarten habe, ergibt sich daraus, dass dies vom BFA als wesentlicher Entscheidungsgrund für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten festgehalten wurde und die belangte Behörde nicht vorgebracht hat, wie oder dass sich dieser Umstand geändert hätte, und sich auch aus dem LIB keine Änderung in dieser Hinsicht ergibt.

2.7. zu 1.7. Dass nicht festgestellt werden kann, dass der BF im Falle seiner Rückkehr ein leistungsfähiges soziales Netz vorfinden wird, ergibt sich daraus, dass dies vom BFA in vielen anderen gleichgelagerten Fällen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten festgehalten wurde und die belangte Behörde nicht begründet vorgebracht hat, wie oder dass sich dieser Umstand geändert hätte, und sich auch aus dem LIB 2018 keine Änderung in dieser Hinsicht ergibt. Ein direkter Vergleich des vorgelegten LIB bzw. der anderen Unterlagen - welche bei der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten verwendet wurden - hat gar nicht stattgefunden, sondern beruft sich die belangte Behörde immer nur auf das zuletzt verfügbare LIB 2018.

2.8. zu 1.8. Dass nicht festgestellt werden kann, dass sich die Versorgungslage von Binnenflüchtlingen in Somalia wesentlich gebessert hat, ergibt sich aus einem Vergleich des Kapitels "Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge" des LIB 2017 und LIB 2018, das nicht wesentlich geändert wurde und jedenfalls nicht darauf schließen lässt, dass sich die Versorgungslage von Binnenflüchtlingen in Somalia wesentlich und nachhaltig gebessert hätte. Vielmehr wurde es um die Informationen ergänzt, dass es vor allem in Mogadischu weiterhin zur Vertreibung bzw. Zwangsräumung von IDPs kommt (Amnesty International, Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Somalia 22.02.2017) und IDPs in Somalia zu den am meisten gefährdeten Personengruppen gehören (Ministerie von Buitenlandse Zaken, Algemeen Ambtsbericht Zuid- en Centraal- Somalië November 2017), sowie dass IDPs über die Maßen von der Dürre betroffen sind (International Crisis Group, Instruments of Pain (III) - Conflict and Famine in Somalia, 09.05.2017). (LIB 2018)

2.9. zu 1.9. Dass nicht festgestellt werden kann, dass sich aus sonstigen Gründen die Lage dahingehend wesentlich gebessert hat, sodass der BF im Falle einer Rückkehr mit ausreichender Wahrscheinlichkeit in der Lage sein würde, sich einen notdürftigsten Lebensunterhalt zu verschaffen, ergibt sich daraus, dass solche Gründe aus den aktuellen Länderberichten (LIB der Staatendokumentation zu Somalia, 17.09.2018, aktualisiert) nicht ergeben und auch sonst nicht hervorgekommen sind.

2.10. zu 1.10. Die Feststellung, dass eine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts somit weder im Hinblick auf das individuelle Vorbringen des BF noch in Bezug auf die allgemeine Lage in Somalia eingetreten ist, ergibt sich aus einer Zusammenschau der oben angeführten Beweiswürdigung. Weder ein Vergleich der herangezogenen Länderberichte, noch das Vorbringen des BF in seiner Stellungnahme bzw. die übermittelten Länderberichte und Quellen, welches diese für ihre Entscheidung herangezogen hat, lassen einen solchen Schluss zu. Auch die belangte Behörde hat eine Änderung von diesem Ausmaß in ihrem Bescheid in keinster Weise nachgewiesen, sondern lediglich unsubstantiiert behauptet, die Lage habe sich verbessert, bzw. sich auf Prognosen beschränkt.

2.11. Änderung hinsichtlich der Sicherheitslage:

Sowohl die Stadt Kismayo als auch die Stadt Mogadischu waren zum Zeitpunkt der Zuerkennung des subsidiären Schutzes bereits von den Regierungstruppen bzw. AMISOM Soldaten kontrolliert. Die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten erfolgte aber wegen der instabilen Sicherheitslage (siehe AS 10 des Bescheides vom 14.03.2017).

Auch zum Zeitpunkt des Aberkennungsbescheides werden beide Städte weiterhin von den Regierungstruppen bzw. AMISOM Soldaten kontrolliert.

Es ist daher keine wesentliche Änderung der Sicherheitslage eingetreten.

Ein direkter Vergleich des vorgelegten LIB bzw. der anderen Unterlagen - welche bei der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten verwendet wurden - hat gar nicht stattgefunden, sondern beruft sich die belangte Behörde immer nur auf das zuletzt verfügbare LIB 2018.

Es kann daher den in der Beschwerde (siehe Seite 4) vorgebrachten Argumenten nicht substatiert entgegengetreten werden.

Auch aus dem Umstand, dass der BF jung und arbeitsfähig ist, lässt nicht darauf schließen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an den BF nicht mehr vorliegen; (dieser Umstand lag auch bereits am 13.04.2017 vor) andere Gründe sind weder hervorgekommen, noch wurden solche (substantiiert) vorgebracht.

2.12. Diese Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt sowie dem Strafregisterauszug, wonach BF unbescholten ist. Weitere Aberkennungsgründe nach § 9 Abs. 2 AsylG 2005 sind nicht hervorgekommen. Betreffend das weitere Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung von subsidiärem Schutz wird auf die obige Beweiswürdigung zur mangelnden Änderung des Sachverhalts verwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

A)

3.1. Rechtsgrundlagen

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (in Folge: B-VG), erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

3.2. Zu A) I. Spruchpunkt I.

3.2.1. Gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (in Folge: VwGVG), hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gem. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2.2. Zur Zu- und Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (in Folge: EMRK) oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.

Gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht (1. Fall) oder nicht mehr (2. Fall) vorliegen.

Gemäß § 9 Abs. 1 Z 2 und 3 leg.cit. sind weitere Aberkennungsgründe, wenn der Fremde den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat oder er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

3.2.3. Zur richtlinienkonformen Interpretation:

Artikel 16 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. L 304 (in der Folge: Status-RL), über das Erlöschen des subsidiären Schutzes lauten:

"(1) Ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser hat keinen Anspruch auf subsidiären Schutz mehr, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist.

(2) Bei Anwendung des Absatzes 1 berücksichtigen die Mitgliedstaaten, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden."

Art. 19 Abs. 1 und 4 lauten:

"(1) Bei Anträgen auf internationalen Schutz, die nach Inkrafttreten der Richtlinie 2004/83/EG gestellt wurden, erkennen die Mitgliedstaaten einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen den von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannten subsidiären Schutzstatus ab, beenden diesen oder lehnen seine Verlängerung ab, wenn die betreffende Person gemäß Artikel 16 nicht länger Anspruch auf subsidiären Schutz erheben kann.

(4) Unbeschadet der Pflicht des Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, gemäß Artikel 4 Absatz 1 alle maßgeblichen Tatsachen offen zu legen und alle maßgeblichen, ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen vorzulegen, weist der Mitgliedstaat, der ihm den subsidiären Schutzstatus zuerkannt hat, in jedem Einzelfall nach, dass die betreffende Person gemäß den Absätzen 1 bis 3 dieses Artikels keinen oder nicht mehr Anspruch auf subsidiären Schutz hat."

3.2.4. Im gegenständlichen Fall ist vorauszuschicken, dass sich die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides auf den Aberkennungstatbestand nach § 9 Abs. 1 AsylG 2005 bezog, ohne dies näher zu konkretisieren. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, dass es sich um die Anwendung des zweiten Falles des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 handelt (siehe Bescheid S. 8:

"Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten liegen nicht mehr vor.").

Im zweiten Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, in dem die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen, wird auf eine Änderung der Umstände abgestellt, die so wesentlich und nicht nur vorübergehend ist, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hatte, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.03.2018 (W159 2159490-1/8E) wurde dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Somalia zuerkannt. Die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten wurde dabei im Wesentlichen damit begründet, dass die in Somalia vorherrschende Sicherheits- und Versorgungslage für das Vorliegen eines Rückkehrhindernisses spricht.

Soweit die belangte Behörde im nunmehr angefochtenen Bescheid die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 damit begründet, es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Somalia in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde, ist festzuhalten, dass den von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen zur Lage in Somalia keine grundlegenden Veränderungen im Herkunftsstaat seit Gewährung des subsidiären Schutzes zu entnehmen sind. Auch eine wesentliche Änderung im Hinblick auf die individuelle Situation des Beschwerdeführers oder auf die Sicherheitssituation wurde von der belangten Behörde nicht schlüssig dargetan. Zudem lässt der angefochtene Bescheid eine nähere Begründung dahingehend vermissen, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde davon ausgeht, dass eine wesentliche, nach der rechtskräftigen Zuerkennung subsidiären Schutzes eingetretene Sachverhaltsänderung bewirkt worden sei. Vielmehr hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im angefochtenen Bescheid auf Grundlage eines im Wesentlichen unveränderten Sachverhalts eine andere Beweiswürdigung vorgenommen bzw. andere (rechtliche) Schlüsse gezogen als das Bundesverwaltungsgericht im Erkenntnis vom 12.03.2018.

3.2.5. "Zu den Voraussetzungen der Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung und damit auch ihrer Dauer ergibt sich aus § 8 Abs. 4 zweiter Satz AsylG 2005 (arg.: "im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen"), dass die Verlängerung auf Antrag des Betroffenen und nach Maßgabe des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen für den subsidiären Schutz zu erfolgen hat. Dies entspricht auch Art. 16 der Status-RL, wonach ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser nicht mehr subsidiär Schutzberechtigter ist, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist (Abs. 1). Bei Anwendung des Absatzes 1 berücksichtigen die Mitgliedstaaten, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden (Abs. 2). Dieses Erforderlichkeitskalkül ist auch bei der Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung und der Bestimmung ihrer Dauer anzulegen."

(VwGH 31.03.2010, 2007/01/1216)

In Anlehnung an Art. 16 der Status-RL bedarf es hier (§ 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005) einer grundlegenden und dauerhaften Änderung der Verhältnisse im Herkunftsland des Fremden. So ist es keineswegs ausreichend, lediglich festzustellen, dass sich seit der ursprünglichen Antragstellung in Österreich die Gegebenheiten im Herkunftsstaat wesentlich gebessert haben und darauf basierend gegenwärtig keine reale Gefahr für den bislang subsidiär Schutzberechtigten besteht, im Falle seiner Abschiebung in dieses Land, Opfer einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder des

6. bzw. 13. ZPEMRK zu werden, respektive als Zivilperson ernsthaft am Leben oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bedroht zu sein. Um die Voraussetzungen der Aberkennung des Status des subsidiären Schutzes gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 objektiv zu erfüllen, muss eine entsprechende Nachhaltigkeit der positiven Veränderungen im Herkunftsland des Fremden gewährleistet sein. Dies erfordert im Regelfall eine längere Beobachtungsphase, anhand deren Verlaufs und den daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen sich das nachhaltige Ende der bisherigen Bedrohungssituation entsprechend verifizieren lässt (Schrefler-König/Gruber, Asylrecht, § 9 AsylG 2005, Anm. 11).

3.2.6. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid entgegen richtlinienkonformer Interpretation der Bestimmung des § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 (vgl. Art. 16 Abs. 2 Status-RL) eine grundlegende und dauerhafte Änderung jener Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht dargetan:

Im Vergleich zu den im Bescheid des BFA zugrunde gelegten Länderfeststellungen ist eine dauerhafte und nachhaltige Änderung (Verbesserung) der Lage in Somalia, die im Übrigen wohl erst nach einem angemessenen Beobachtungszeitraum feststellbar wäre, weder aus den im angefochtenen Bescheid angeführten Länderberichten noch anhand der in dieser Entscheidung wiedergegebenen Berichtslage erkennbar. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass Prognosen einer zukünftig besseren Versorgungssituation diesem Maßstab einer dauerhaften und nachhaltigen Verbesserung der Lage in Somalia nicht gerecht werden.

Auch eine grundlegende Änderung der persönlichen Situation des Beschwerdeführers im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat wurde von der belangten Behörde nicht dargetan.

Vielmehr hat die belangte Behörde die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten erkennbar mit einer vom rechtskräftigen Bescheid des BFA abweichenden Beweiswürdigung begründet. Dass aber eine andere rechtliche Beurteilung bzw. Beweiswürdigung eines im Wesentlichen unveränderten Sachverhalts die Aberkennung eines rechtskräftig zuerkannten subsidiären Schutzes nach § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 nicht zu tragen vermag, wurde bereits ausgeführt.

Die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 lagen sohin mangels wesentlicher und nachhaltiger Änderung der maßgeblichen Umstände gegenständlich nicht vor.

3.2.7. Das Bundesverwaltungsgericht gelangt somit zu dem Ergebnis, dass der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 9 Abs. 1 AsylG 2005 hinsichtlich der Spruchpunkte I. - VI. des angefochtenen Bescheids stattzugeben war und diese Spruchpunkte ersatzlos zu beheben waren, zumal die von der belangten Behörde getroffenen Aussprüche schon in Folge der Behebung der amtswegigen Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ihre rechtliche Grundlage verlieren.

3.3. Zu A) II. Spruchpunkt II. Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung

Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt für ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.

Wie oben bereits ausführlich dargelegt, liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an den Beschwerdeführer weiterhin vor, da insbesondere nicht festgestellt werden konnte, dass sich die Gründe, aus denen dem Beschwerdeführer der Status zuerkannt wurde, nachhaltig und wesentlich geändert hätten. Aberkennungsgründe nach § 9 Abs. 2 AsylG 2005 liegen nicht vor.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt somit zu dem Ergebnis, dass der Beschwerde auch gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids stattzugeben und die befristete Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers bis zum 14.03.2020 gültig bleibt.

3.4. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint; im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Im vorliegenden Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor und lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei der erheblichen Rechtsfrage auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchpunkt A. wiedergegeben.

Schlagworte

Aufenthaltsberechtigung, Behebung der Entscheidung, subsidiärer
Schutz, Voraussetzungen, Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W103.2156272.2.00

Zuletzt aktualisiert am

28.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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