TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/25 G314 2220198-1

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Veröffentlicht am 25.11.2019
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Entscheidungsdatum

25.11.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G314 2220198-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des serbischen Staatsangehörigen XXXX, geboren am XXXX, vertreten durch die Rechtsanwältin Mag. Nuray TUTUS-KIRDERE, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 10.05.2019,Zl. XXXX, betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot zu Recht:

A) Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid

ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

Dem Beschwerdeführer (BF), einem serbischen Staatsangehörigen, wurde aufgrund der Ehe mit der in XXXX lebenden serbischen Staatsangehörigen XXXX erstmals am 02.08.2016 ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" mit Gültigkeit bis 02.08.2017 erteilt, der bis 03.08.2018 verlängert wurde. Über seinen Verlängerungsantrag vom 26.07.2018 wurde noch nicht entschieden.

Seit August 2016 ist der BF mit Hauptwohnsitz in XXXX gemeldet; seit 01.12.2016 ist er durchgehend bei demselben Arbeitgeber beschäftigt. 2018 trat er mehrmals zur Deutschprüfung für das Sprachniveau A2 an, bestand die Prüfung aber nicht.

Mit Schreiben vom 09.01.2019 ersuchte die XXXX NAG-Behörde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) gemäß § 25 Abs 1 NAG um Bekanntgabe, ob Bedenken gegen die Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels an den BF bestünden, weil Modul 1 der Integrationsvereinbarung nicht erfüllt worden sei.

Mit dem Schreiben vom 13.02.2019 forderte das BFA den BF auf, sich zur deshalb beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung zu äußern und konkrete Fragen zu seiner Einreise, zum Aufenthalt in Österreich und zu seinen persönlichen und familiären Verhältnissen zu beantworten. Nach den Gründen für die Nichterfüllung von Modul 1 der Integrationsvereinbarung wurde nicht gefragt. Der BF beantragte eine Erstreckung der Äußerungsfrist, erstattete aber letztlich keine Stellungnahme.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt III.) sowie gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.). In der Begründung des Bescheids wird - abgesehen von der Wiedergabe des Gesetzeswortlauts - keine Subsumtion im Hinblick auf die Erfüllung des Tatbestands des nicht rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet vorgenommen. Die Behörde legt weder explizit dar, dass sie von einem nicht rechtmäßigen Aufenthalt des BF ausgeht, noch erläutert sie, warum der Aufenthalt des BF im konkreten Fall nicht rechtmäßig sei, und beschränkt sich in diesem Zusammenhang auf eine knappe Prüfung des Privat- und Familienlebens iSd Art 8 EMRK. Ebensowenig begründet die Behörde, aus welchen Gründen der BF das Modul 1 der Integrationsvereinbarung nicht erfüllt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Verfahrensmängeln und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Beschwerde, mit der der BF nach Darlegung der Gründe für die behauptete Rechtswidrigkeit des Bescheids beantragt, diesen aufheben, "eine Rückkehr auf Dauer für unzulässig zu erklären und der Behörde aufzutragen, ein humanitäres Aufenthaltsrecht nach § 55 AsylG zu erteilen". Außerdem wird die Durchführung einer Beschwerdeverhandlung beantragt und (hilfsweise) ein Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag gestellt.

Das BFA legte die Beschwerde samt den Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor.

Am 11.11.2019 übermittelte der BF dem BVwG auftragsgemäß das Zeugnis über die am 28.09.2019 erfolgreich abgelegte Deutschprüfung für das Sprachniveau A2.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt der vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens und des Gerichtsakts des BVwG.

Die Feststellungen zu den dem BF erteilten Aufenthaltstiteln und zu seinem letzten Verlängerungsantrag basieren auf dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister und auf dem Schreiben vom 09.01.2019. Die Wohnsitzmeldung des BF ergibt sich aus dem Zentralen Melderegister, seine Erwerbstätigkeit aus dem Versicherungsdatenauszug.

Mangels entscheidungserheblicher Widersprüche erübrigt sich eine eingehendere Beweiswürdigung.

Rechtliche Beurteilung:

Aufgrund des vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels gestellten Verlängerungsantrags, über den noch nicht entschieden wurde, ist der BF gemäß § 24 Abs 1 Satz 2 NAG weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Eine amtswegige Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG kommt daher nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen des § 58 Abs 1 AsylG nicht erfüllt sind und insbesondere kein unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet iSd § 58 Abs 1 Z 5 AsylG vorliegt. Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids ist daher zu beheben.

Da sich der BF rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, kann eine Rückkehrentscheidung gegen ihn auch nicht auf § 52 Abs 1 FPG gestützt werden, weil sowohl Z 1 als auch Z 2 dieser Bestimmung einen nicht rechtmäßigen Aufenthalt voraussetzen. Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids ist daher rechtswidrig, sodass dieser Spruchpunkt und die darauf aufbauenden weiteren Spruchpunkte in Stattgebung der Beschwerde ebenfalls ersatzlos zu beheben sind.

Eine Rückkehrentscheidung gegen den BF könnte allenfalls auf § 52 Abs 4 Z 5 FPG gestützt werden. Nach dieser Bestimmung ist gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG aus Gründen, die ausschließlich von ihm zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde. Hier hat der BF zwar Modul 1 der Integrationsvereinbarung nicht rechtzeitig erfüllt, die Behörde hat aber keine Ermittlungen zu der Frage durchgeführt, ob dies aus ausschließlich von ihm zu vertretenden Gründen erfolgte, und dazu auch keine Feststellungen getroffen.

Es ist dem BVwG verwehrt, von sich aus statt einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG eine nach § 52 Abs 4 Z 5 FPG auszusprechen, weil dies die Sache des Beschwerdeverfahrens überschreiten würde. Sache des Beschwerdeverfahrens ist nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der Behörde gebildet hat (vgl. VwGH 27.03.2018, Ra 2015/06/0011). Den Inhalt des Spruchs des angefochtenen Bescheids bilden hier Entscheidungen gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, nicht aber gegen einen rechtmäßig aufhältigen Drittstaatsangehörigen, zumal die Behörde die Voraussetzungen dafür gar nicht näher geprüft hat. Eine Befugnis des BVwG, im Beschwerdeverfahren über eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs 1 FPG erstmals eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs 4 FPG zu erlassen, besteht nicht.

Da sich der angefochtene Bescheid somit zur Gänze als rechtswidrig erweist, ist er gemäß § 28 Abs 2 iVm § 27 VwGVG ersatzlos zu beheben.

Da schon auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG.

Erhebliche Rechtsfragen von der über den Einzelfall hinausgehenden, grundsätzlichen Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG stellten sich nicht, weshalb die Revision an das Höchstgericht nicht zuzulassen ist.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Voraussetzungen, Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G314.2220198.1.00

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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