TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/27 G305 2225627-1

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Veröffentlicht am 27.11.2019
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Entscheidungsdatum

27.11.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

G305 2225627-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA.: Polen, vertreten durch XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD XXXX, Zl.:

XXXX, vom 09.10.2019 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom 13.09.2019 verständigte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, RD XXXX (in der Folge: BFA oder kurz: belangte Behörde) XXXX, geb. XXXX, StA. Polen (in der Folge: Beschwerdeführer oder kurz: BF) davon, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, in eventu die Erlassung eines ordentlichen Schubhaftbescheides gemäß § 76 FPG beabsichtigt sei und gab ihm im Rahmen des Parteiengehörs die Gelegenheit, zu Fragen Stellung zu beziehen.

2. Mit am 01.10.2019 bei der belangten Behörde eingelangten Schreiben beantwortete der BF die an ihn herangetragenen Fragen.

3. Mit Bescheid vom 09.10.2019, Zl.: XXXX, sprach das BFA aus, dass gegen den BF gemäß § 67 Abs. 1 und 3 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF. ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen werde (Spruchpunkt I.) und ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt werde (Spruchpunkt II.).

4. Gegen diesen Bescheid erhob der BF im Wege seiner ausgewiesenen Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, die er auf den Beschwerdegrund "Rechtswidrigkeit des Inhalts" stützte und mit den Anträgen verband, das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid aufheben, die Angelegenheit allenfalls an die erste Instanz zur Ergänzung zurückverweisen, den Eintritt der Durchsetzbarkeit bis zum rechtskräftigen Abschluss des gegenständlichen Verfahrens aufschieben und eine mündliche Verhandlung anberaumen.

5. Am 22.11.2019 brachte die belangte Behörde die gegen den oben näher bezeichneten Bescheid erhobene Beschwerde und die Bezug habenden Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Vorlage.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der am XXXX in XXXX (Polen) geborene Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Polen und damit Fremder und EWR-Bürger im Sinne der §§ 2 Abs. 4 Z 1 und 8 FPG.

1.2. Er ist ledig, lebt jedoch mit XXXX, geb. XXXX (sie besitzt die kroatische und die österreichische Staatsangehörigkeit) seit dem 17.10.2019 an der Anschrift XXXX, im gemeinsamen Haushalt (AS 145 und AS 149).

Das Paar hat ein gemeinsames Kind, die am XXXX in XXXX geborene XXXX (AS 151 und AS 157). Das Kind besitzt ebenfalls die österreichische Staatsangehörigkeit (AS 157) und lebt mit der Kindesmutter und dem Kindesvater, dem BF, im gemeinsamen Haushalt (AS 149).

Beiden Elternteilen kommt die gemeinsame Obsorge gemäß § 177 Abs. 2 ABGB für das gemeinsame Kind zu (AS 153).

1.3. Der BF hat mit seiner Mutter, XXXX, geb. XXXX, StA. Polen, den Brüdern XXXX, geb. XXXX, StA. Polen und XXXX, geb. XXXX, StA. Polen, der Großmutter XXXX, StA. Polen, dem Großvater XXXX, StA. Österreich, der Tante XXXX, StA. Polen, dem Cousin XXXX, StA. Österreich, dem Neffen XXXX, StA. Österreich noch weitere, im Bundesgebiet aufhältige Verwandte (AS 39 ff).

Diese Personen leben mit ihm nicht im gemeinsamen Haushalt. Er ist von ihnen wirtschaftlich nicht abhängig.

1.4. Der BF kam zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt des Jahres 2003 zu seiner bereits hier lebenden Mutter nach XXXX und hält sich seither durchgehend im Bundesgebiet auf (AS 57 oben; AS 9 ff).

Bei ihm scheinen seit dem 19.08.2003 durchgehend bis laufend Hauptwohnsitzmeldungen im Bundesgebiet auf.

1.5. Im September 2003 begann er mit dem Besuch der Volksschule in XXXX.

Zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt des Jahres 2011 schloss er seine Schulbildung mit dem Hauptschulabschluss ab (AS 37 Mitte).

Danach absolvierte er eine Lehre zum Koch (AS 37 unten), die er mit der Lehrabschlussprüfung am 25.11.2014 abschloss (AS 97).

1.6. Bei ihm scheinen folgende Versicherungs- bzw. Beschäftigungszeiten im Bundesgebiet auf:

Fa. XXXX 22.08.2014 bis 17.10.2015 Arbeiter

Fa. XXXX 24.10.2015 bis 26.10.2015 geringf. besch. Arbeiter

Fa. XXXX 01.09.2016 bis 31.01.2017 Arbeiter

Fa. XXXX 10.08.2018 bis 31.08.2016 geringf. besch. Arbeiter

Fa. XXXX 06.06.2017 bis 31.07.2017 Arbeiter

Fa. XXXX 01.08.2017 bis 30.09.2017 geringf. besch. Arbeiter

Fa. XXXX 06.11.2017 bis 13.04.2018 Arbeiter

Fa. XXXX 18.04.2018 bis 20.12.2018 Arbeiter

Fa. XXXX 07.01.2019 bis laufend Arbeiter

1.7. Bei ihm scheinen überdies folgende Zeiten auf, während denen er Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezog:

Arbeitslosengeldbezug 20.11.2015 bis 28.12.2015

Arbeitslosengeldbezug 07.01.2016 bis 07.04.2016

Arbeitslosengeldbezug 09.04.2016 bis 12.06.2016

Arbeitslosengeldbezug 20.06.2016 bis 25.07.2016

Arbeitslosengeldbezug 03.08.2016 bis 09.08.2016

Notstandshilfe, Überbrückungshilfe 10.08.2016 bis 31.08.2016

Notstandshilfe, Überbrückungshilfe 08.02.2017 bis 07.03.2017

Notstandshilfe, Überbrückungshilfe 12.04.2017 bis 28.05.2017

Arbeitslosengeldbezug 21.12.2018 bis 06.01.2019

1.8. Beim BF scheint folgende strafgerichtliche Verurteilung auf:

Er wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 09.04.2019, Zl. XXXX (AS 3 ff), wegen § 278 Abs. 2 StGB rechtskräftig (RK: seit 09.04.2019) zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren verurteilt, die gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde (AS 6 Mitte).

Bei der Strafbemessung wertete das Gericht das Zusammentreffen von mehreren strafbaren Handlungen als erschwerend, als mildernd den bisher ordentlichen Lebenswandel und das Geständnis (AS 6 unten).

Gemäß § 50 StGB wurde ihm die Weisung erteilt, sich einer Deradikalisierungstherapie zu unterziehen, dem Gericht den Therapieantritt binnen eines Monats bekannt zu geben und alle vier Monate unaufgefordert über den Therapiefortgang zu berichten.

Auf Grund dieses strafgerichtlichen Urteils wurde der BF schuldig erkannt,

A)

zumindest von 01.09.2017 bis Juni 2018 als Mitglied (§ 278 Abs. 3 StGB) einer terroristischen Vereinigung (§ 278b Abs. 3 StGB), nämlich in der UN-Sanktionsliste aufscheinenden Terrororganisation "Islamic State", die aus der seit zumindest 2004 bestehenden Terrororganisation "Al Qaida im Irak" hervorging und darauf gerichtet ist, dass von einem oder mehreren Mitgliedern dieser Vereinigung eine oder mehrere terroristische Straftaten (§ 278c StGB) ausgeführt werden oder Terrorismusfinanzierung (§278d StGB) betrieben wird, beteiligt gewesen zu sein, wobei er im Wissen gehandelt habe, durch seine Beteiligung die Vereinigung "Islamic State" oder deren strafbare Handlungen zu fördern, indem er mit dem Ziel, die Sympathien der nachgenannten Personen für den IS zu unterstützen und das Gedankengut dieser terroristischen Vereinigung zu verbreiten

einen deutschsprachigen Kampf-Nasheed des IS, der zu Terroranschlägen in Europa, der Abschlachtung von Europäern und dem militärischen Dschihad aufrief, im Fahrzeug des abgesondert verfolgten XXXX abspielte und lautstark mitsang, während XXXX ein Video mit seinem Mobiltelefon von sich selbst und dem BF drehte, das er anschließend unter anderem an XXXX schickte;

mit XXXX in wiederholten Angriffen Youtube-Links mit Propagandamaterial des IS, in welchem zum militärischen Dschihad gegen die westlichen Demokratien aufgerufen wurde, in Chats teilte;

in wiederholten Angriffen Propagandamaterial des IS, nämlich den IS, dessen Kämpfer und den militärischen Dschihad glorifizierende und terroristische, religiös motivierte Gewaltverbrechen des IS an Menschen zeigende Bild- und Audiodateien und IS-Kampfnasheeds an die abgesondert verfolgten XXXX, XXXX, XXXX und XXXX schockte bzw. mit ihnen in Gruppenchats teilte;

B)

durch die unter Punkt A./ näher bezeichneten Handlungen an einer auf längere Zeit angelegte unternehmensähnliche Verbindung einer größeren Anzahl von Personen, nämlich der international agierenden terroristischen Verbindung einer größeren Zahl von Personen, nämlich der international agierenden terroristischen Vereinigung "Islamic State" als Mitglied in dem Wissen beteiligt zu haben, dass er dadurch die Vereinigung in ihrem Ziel, im Irak, in Syrien, im Libanon, in Jordanien und in Palästina einen radikal-islamischen Gottesstaat (Kalifat) zu errichten und deren terroristische Straftaten nach § 278 c Abs. 1 StGB zur Erreichung dieses Ziels förderte, wobei diese Vereinigung, wenn auch nicht ausschließlich, auf die wiederkehrende und geplante Begehung schwerwiegender strafbarer Handlungen, die das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit oder das Vermögen bedrohen, sowie schwerwiegender strafbarer Handlungen im Bereich der sexuellen Ausbeutung von Menschen, der Schlepperei oder des unerlaubten Verkehrs mit Kampfmitteln, insbesondere dem tatsächlichen kriegerischen Einsatz erlangter Waffen, ausgerichtet ist, indem sie seit Sommer 2011 insbesondere in Syrien und im Irak unter Anwendung besonderer Grausamkeit durch terroristische Straftaten nach § 278 c Abs. 1 StGB die Zerstörung des syrischen und irakischen Staates betreibt, in den eroberten Gebieten in Syrien und im Irak die sich nicht ihren Zielen unterordnende Zivilbevölkerung tötet und vertreibt, sich deren Vermögen aneignet, durch Geiselnahme große Geldsummen erpresst, die vorgefundene Kunstschätze veräußert und Bodenschätze, insbesondere von Erdöl und Phosphat, zu ihrer Bereicherung ausbeutet, die durch all diese Straftaten eine Bereicherung im großen Umfang anstrebt und Dritte durch angedrohte und ausgeführte Terroranschläge insbesondere in Syrien und Irak, aber auch in Europa, einschüchtert und sich auf besondere Weise, nämlich durch Geheimhaltung ihres Aufbaues, ihrer Finanzstruktur, der personellen Zusammensetzung der Organisation und der internen Kommunikation gegen Strafverfolgungsmaßnahmen abschirmt.

1.9. Der BF unterliegt im Herkunftsstaat Polen keiner asylrelevanten Verfolgung.

Es ist nicht anzunehmen, dass eine Abschiebung des BF nach Polen eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit mit sich bringen würde.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Widersprüche bestehen nicht.

Die Feststellungen zur Identität des BF beruhen auf der eingeholten ZMR-Abfrage, den unwidersprochen gebliebenen Feststellungen des BFA und den Ausführungen im Parteiengehör und der Beschwerde. Aus dem Parteiengehör, das in Reaktion auf die Verständigung des BFA vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 13.09.2019 erging, ergeben sich konkrete Anhaltspunkte auf das im Bundesgebiet bestehende Privat- und Familienleben, sowie darauf, dass er hier mit einer österreichischen Staatsangehörigen ein gemeinsames Kind hat und mit diesem sowie mit der Kindesmutter im gemeinsamen Haushalt lebt. Dies ergibt sich aus den vorgelegten Bestätigungen aus dem ZMR (AS 145 ff). Die Feststellung, dass dem BF gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin die gemeinsame Obsorge nach § 177 ABGB für das gemeinsame Kind zukommt, gründet auf einer entsprechenden Erklärung, die das Paar vor dem Standesamt XXXX am 27.09.2019 abgegeben hat (AS 153 ff). Dass die Lebensgefährtin des BF und das gemeinsame Kind die österreichische Staatsangehörigkeit besitzen, ergibt sich aus den vorgelegten Staatsbürgerschaftsnachweisen für das Kind (AS 157) und insbesondere aus der vom Standesamt beurkundenden Anerkennung der Vaterschaft des BF (AS 151). Aus dieser Quelle ergibt sich unter anderen, die Kindesmutter die kroatische und die österreichische Staatsangehörigkeit besitzt. Bei den zitierten Urkunden handelt es sich um öffentliche Urkunden, denen der Beweis für die Echtheit und Richtigkeit zukommen. Da die belangte Behörde keine einzige der zur Vorlage gebrachten Urkunden in Zweifel gezogen hat, war der sich daraus ergebende Inhalt den getroffenen Feststellungen zu Grunde zu legen.

Die Konstatierungen zu den weiteren, im Bundesgebiet aufhältigen Familienangehörigen des BF ergeben sich aus dem Schriftsatzvorbringen des BF, das dieser in Reaktion auf das ihm im verwaltungsbehördlichen Ermittlungsverfahren gewährte Parteiengehör erstattete (AS 39 ff). Da die belangte Behörde auch diesen Umstand nicht in Zweifel zog, waren die entsprechenden Feststellungen zu treffen.

Die zu den Beschäftigungs- bzw. Versicherungszeiten des BF im Bundesgebiet getroffenen Feststellungen gründen auf der eingeholten Abfrage aus dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger. Auf dieser Quelle basieren auch die Konstatierungen zu den Zeiten des Bezuges aus der Arbeitslosenversicherung.

Die Konstatierungen zu dem seit 2003 währenden Daueraufenthalt des BF gründen einerseits auf seinem Schriftsatzvorbringen (AS 37 oben), andererseits auf der eingeholten Abfrage aus dem ZMR, die die Angaben des BF im Wesentlichen bestätigen.

Die Konstatierungen zur rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung des BF basieren auf der im Verwaltungsakt einliegenden Urteilsausfertigung des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 09.04.2019 (AS 3 ff). Auf derselben Quelle beruhen auch die getroffenen Feststellungen zu den für die Verurteilung maßgeblichen Gründen (AS 4 f). Auch die Strafbemessungsgründe beruhen auf derselben Quelle (AS 6 unten).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zur Abweisung der Beschwerde:

3.1.1. Die belangte Behörde stützte das mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid erlassene (unbefristete) Aufenthaltsverbot im Wesentlichen kurz zusammengefasst auf die Bestimmung des § 67 Abs. 1 und 3 FPG und begründete dies im Kern mit der am 09.04.2019 in Rechtskraft erwachsenen Verurteilung des BF zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von zwei Jahren, die unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, wegen §§ 278 a und 278 b Abs. 2 StGB und dass er durch sein Verhalten gezeigt habe, dass er kein Interesse daran habe, die österreichischen Gesetze zu respektieren und dass sein Aufenthalt in Österreich die Grundinteressen der Gesellschaft, nämlich jene an der Verteidigung der Ordnung und zur Verminderung von strafbaren Handlungen, an der nationalen Sicherheit und am sozialen Frieden beeinträchtige. Er habe mit seinem Verhalten die familiären Bindungen zum Bundesgebiet bewusst aufs Spiel gesetzt und musste er sich der zu erwartenden Konsequenzen seiner strafbaren Handlungen bewusst gewesen sein. Die familiären Bindungen hätten ihn nicht von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten. Die Gesamtbeurteilung seines Verhaltens, seiner Lebensumstände sowie seiner familiären und privaten Anknüpfungspunkte habe ergeben, dass die Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes gerechtfertigt und notwendig sei, um die vom BF ausgehende erhebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu verhindern. Unterstrichen wurde, dass sich das Aufenthaltsverbot auf das Hoheitsgebiet der Republik Österreich beziehe.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hob einerseits den langen (ununterbrochenen) Aufenthalt des BF im Bundesgebiet hervor. So sei der BF im Alter von ca. 6 Jahren nach Österreich gekommen, wo er die Pflichtschule besuchte und anschließend eine Lehre als Koch absolvierte und regelmäßig berufstätig sei. Hervorgehoben wurde auch der Umstand, dass er mit seiner Lebensgefährtin XXXXund dem gemeinsamen Kind in einer Wohnung in XXXX lebt. Den Beschwerdegrund "Rechtswidrigkeit des Inhalts" des angefochtenen Bescheides begründete er im Wesentlichen damit, dass in seinem Fall die Voraussetzungen für die Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 Abs. 1 und 3 FPG nicht vorlägen, da er ein begünstigter Drittstaatsangehöriger sei und mit seinem Verhalten die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht gefährde. Der angefochtene Bescheid gebe lediglich den Gesetzestext des § 67 FPG wieder, enthalte jedoch keine Begründung, weshalb er eine tatsächliche gegenwärtige Gefahr darstelle, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre. Er sei von klein auf im Bundesgebiet, sei hier integriert, lebe in einer Lebensgemeinschaft und sei Vater eines österreichischen Kindes. Er habe sich schon längst von seinem Verhalten distanziert und es bereut. Bei einer Abwägung der Interessen des BF und seiner Familie müsse ihm eine höhere Bedeutung zugemessen werden, als den öffentlichen Interessen.

3.1.2. Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt (Z 1 leg cit) und als EWR-Bürger, wer Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist (Z 8 leg cit).

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Polen und gilt, weil dieser Mitgliedsstaat Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist, als EWR-Bürger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.

3.1.3. Zur Abweisung der Beschwerde:

3.1.3.1. Die Bestimmung des § 67 FPG hat nachstehenden Wortlaut:

"§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise."

§ 67 Abs. 1 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 enthält somit zwei Stufen für die zu erstellende Gefährdungsprognose, sohin einerseits (nach dem ersten und zweiten Satz) die Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, wobei eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche, ein Grundinteresse der Gesellschaft berührende Gefahr auf Grund eines persönlichen Verhaltens vorliegen muss, und andererseits (nach dem fünften Satz) die nachhaltige und maßgebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit der Republik Österreich im Fall von EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen mit mindestens zehnjährigem Aufenthalt im Bundesgebiet bzw. im Fall von Minderjährigen (VwGH vom 13.12.2012, Zl. 2012/21/0181 und vom 15.09.2016, Zl. Ra 2016/21/0262).

Wenn der Fremde nach dem Maßstab der Freizügigkeitsrichtlinie (RL 2004/38/EG; vgl. § 2 Abs. 4 Z 18 FPG) das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, ist es geboten, auch bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 Abs. 1 FPG den erhöhten Gefährdungsmaßstab des § 66 Abs. 1 letzter Halbsatz FPG heranzuziehen. Demnach darf eine Ausweisung nur "aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit" verfügt werden. Dieser Gefährdungsmaßstab liegt im abgestuften System der Gefährdungsprognosen des FPG über dem Gefährdungsmaßstab nach dem ersten und zweiten Satz des § 67 Abs. 1 FPG (siehe VwGH vom 19.05.2015, Ra 2014/21/0057).

Die Bestimmung des § 53a Abs. 1 und Abs. 2 NAG hat nachstehenden Wortlaut:

"(1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.

(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von

1. Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;

2. Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder

3. durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung."

§ 51 Abs. 1 NAG lautet:

"(1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1. in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;

2. für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder

3. als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen."

Im Zusammenhang mit dem Bestehen eines Daueraufenthaltsrechts iSd § 53a NAG 2005 ist es nicht erforderlich, dass die Voraussetzungen der Z 1 und der Z 2 des § 51 Abs. 1 NAG 2005 kumulativ erfüllt sind.

Die Bestimmung des Art. 16 RL2004/38/EG (Freizügigkeitsrichtlinie) lautet wie folgt:

"Allgemeine Regel für Unionsbürger und ihre Familienangehörigen

(1) Jeder Unionsbürger, der sich rechtmäßig fünf Jahre lang ununterbrochen im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat, hat das Recht, sich dort auf Dauer aufzuhalten. Dieses Recht ist nicht an die Voraussetzungen des Kapitels III geknüpft.

(2) Absatz 1 gilt auch für Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und die sich rechtmäßig fünf Jahre lang ununterbrochen mit dem Unionsbürger im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten haben.

(3) Die Kontinuität des Aufenthalts wird weder durch vorübergehende Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr, noch durch längere Abwesenheiten wegen der Erfüllung militärischer Pflichten, noch durch eine einzige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Niederkunft, schwere Krankheit, Studium oder Berufsausbildung oder berufliche Entsendung in einen anderen Mitgliedstaat oder einen Drittstaat berührt.

(4) Wenn das Recht auf Daueraufenthalt erworben wurde, führt nur die Abwesenheit vom Aufnahmemitgliedstaat, die zwei aufeinander folgende Jahre überschreitet, zu seinem Verlust."

Die in Art. 28 Abs. 2 und 3 RL2004/38/EG (Freizügigkeitsrichtlinie) enthaltenen Bestimmungen haben folgenden Wortlaut:

"[...]

(2) Der Aufnahmemitgliedstaat darf gegen Unionsbürger oder ihre Familienangehörigen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, die das Recht auf Daueraufenthalt in seinem Hoheitsgebiet genießen, eine Ausweisung nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügen.

(3) Gegen Unionsbürger darf eine Ausweisung nicht verfügt werden, es sei denn, die Entscheidung beruht auf zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit, die von den Mitgliedstaaten festgelegt wurden, wenn sie

a) ihren Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Aufnahmemitgliedstaat gehabt haben oder

b) minderjährig sind, es sei denn, die Ausweisung ist zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist."

Nach Art. 28 Abs. 3 der Freizügigkeitsrichtlinie werden die zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit "von den Mitgliedstaaten festgelegt". Den Mitgliedstaaten steht es frei, Straftaten wie die in Art. 83 Abs. 1 Unterabsatz 2 AEUV angeführten (also Terrorismus, Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung von Frauen und Kindern, illegaler Drogenhandel, illegaler Waffenhandel, Geldwäsche, Korruption, Fälschung von Zahlungsmitteln, Computerkriminalität und organisierte Kriminalität) als besonders schwere Beeinträchtigung eines grundlegenden gesellschaftlichen Interesses anzusehen, die geeignet sind, die Ruhe und die physische Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar zu bedrohen, und die damit unter den Begriff der zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit fallen können, mit denen gemäß Art. 28 Abs. 3 der Freizügigkeitsrichtlinie eine Ausweisungsverfügung gerechtfertigt werden kann, sofern die Art und Weise der Begehung solcher Straftaten besonders schwerwiegende Merkmale aufweist. Das zuständige nationale Gericht hat anhand der spezifischen Werte der Rechtsordnung des Mitgliedstaats, dem es angehört, festzustellen, ob die vom Fremden verübten Straftaten die Ruhe und die physische Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar bedrohen und damit eine Ausweisungsverfügung gerechtfertigt werden kann, sofern die Art und Weise der Begehung solcher Straftaten besonders schwerwiegende Merkmale aufweist (vgl. EuGH vom 22.05.2012, C-348/09, P.I. gegen Oberbürgermeisterin der Stadt Remscheid, RN 28 ff).

Bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ist eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose zu erstellen, bei der das Gesamtverhalten des Betroffenen in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen ist, ob und im Hinblick auf welche Umstände die maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache einer Verurteilung oder Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (VwGH vom 19.02.2014, Zl. 2013/22/0309).

Bei der Festsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 67 Abs. 4 FPG auf alle für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen, insbesondere auch auf die privaten und familiären Verhältnisse (VwGH vom 24.05.2016, Ra 2016/21/0075).

Dem gegenüber hat gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art. 8 Abs. 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Gemäß § 9 BFA-VG ist (ua) die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 FPG, durch das in das Privat- und Familienleben eines Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.

Für den gegenständlichen Anlassfall ergibt sich damit Folgendes:

Der BF ist XXXX (Polen) geboren und besitzt die Staatsangehörigkeit von Polen, eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union. Er ist im Alter von ca. 6 Jahren, zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt des Jahres 2006 zu seiner damals bereits in XXXX gekommen und hält sich seither bis laufend ununterbrochen im Bundesgebiet auf. Es steht unbestritten fest, dass hier auch zahlreiche Verwandte des BF, darunter insbesondere seine Mutter und seine Brüder, sowie eine Tante und Großeltern im Bundesgebiet leben. Schon wegen des - seit mehr als fünf Jahren andauernden - Aufenthalts im Bundesgebiet kommt ihm nach Art. 16 Abs. 1 der Freizügigkeitsrichtlinie grundsätzlich das Recht zu, sich auf Dauer in Österreich aufzuhalten.

In diesem Fall ist zu berücksichtigen, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 Abs. 1 FPG 2005 idgF. gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger zulässig ist, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ist. Das Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können, wie dies die Beschwerde zutreffend aufzeigt, diese Maßnahmen nicht ohne weiteres begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen EWR-Bürger, die ihren Aufenthalt seit mehr als zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Bei einer besonders schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit (so etwa, wenn beim betreffenden EWR-Bürger gemäß § 67 Abs. 3 Z 2 FPG auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB)), kann das Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs. 3 FPG auch unbefristet erlassen werden. Für die Verhängung eines unbefristeten Aufenthaltsverbots (für das Hoheitsgebiet der Republik Österreich) genügt gemäß § 67 Abs. 1 Z 3 FPG nur die Annahme, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder sonstige Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation im Sinne des § 278 a StGB oder einer terroristischen Vereinigung im Sinne des § 278 b StGB angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat im Sinne des § 278 c StGB. Nach dem Gesetzeswortlaut genügt hier der bloße Verdacht.

Umgelegt auf den BF liegt nicht nur ein für die Annahme seiner Beteiligung an einer kriminellen Organisation, hier der Terrororganisation "Islamic State", vor, es besteht auf Grund seiner rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung vom 09.04.2019 vielmehr Gewissheit seiner Beteiligung und Förderung dieser Terrororganisation. So wurde ihm auf Grund des strafgerichtlichen Urteils zur Last gelegt

A)

zumindest von 01.09.2017 bis Juni 2018 als Mitglied (§ 278 Abs. 3 StGB) einer terroristischen Vereinigung (§ 278b Abs. 3 StGB), nämlich der in der UN-Sanktionsliste aufscheinenden Terrororganisation "Islamic State", die aus der seit zumindest 2004 bestehenden Terrororganisation "Al Qaida im Irak" hervorging und darauf gerichtet ist, dass von einem oder mehreren Mitgliedern dieser Vereinigung eine oder mehrere terroristische Straftaten (§ 278c StGB) ausgeführt werden oder Terrorismusfinanzierung (§278d StGB) betrieben wird, beteiligt gewesen zu sein, wobei er im Wissen gehandelt habe, durch seine Beteiligung die Vereinigung "Islamic State" oder deren strafbare Handlungen zu fördern, indem er mit dem Ziel, die Sympathien der nachgenannten Personen für den IS zu unterstützen und das Gedankengut dieser terroristischen Vereinigung zu verbreiten

einen deutschsprachigen Kampf-Nasheed des IS, der zu Terroranschlägen in Europa, der Abschlachtung von Europäern und dem militärischen Dschihad aufrief, im Fahrzeug des abgesondert verfolgten XXXX abspielte und lautstark mitsang, während XXXX ein Video mit seinem Mobiltelefon von sich selbst und dem BF drehte, das er anschließend unter anderem an XXXXschickte;

mit XXXX in wiederholten Angriffen Youtube-Links mit Propagandamaterial des IS, in welchem zum militärischen Dschihad gegen die westlichen Demokratien aufgerufen wurde, in Chats teilte;

in wiederholten Angriffen Propagandamaterial des IS, nämlich den IS, dessen Kämpfer und den militärischen Dschihad glorifizierende und terroristische, religiös motivierte Gewaltverbrechen des IS an Menschen zeigende Bild- und Audiodateien und IS-Kampfnasheeds an die abgesondert verfolgten XXXX, XXXX, XXXX und XXXX schockte bzw. mit ihnen in Gruppenchats teilte;

B)

durch die unter Punkt A./ näher bezeichneten Handlungen an einer auf längere Zeit angelegte unternehmensähnliche Verbindung einer größeren Anzahl von Personen, nämlich der international agierenden terroristischen Verbindung einer größeren Zahl von Personen, nämlich der international agierenden terroristischen Vereinigung "Islamic State" als Mitglied in dem Wissen beteiligt zu haben, dass er dadurch die Vereinigung in ihrem Ziel, im Irak, in Syrien, im Libanon, in Jordanien und in Palästina einen radikal-islamischen Gottesstaat (Kalifat) zu errichten und deren terroristische Straftaten nach § 278 c Abs. 1 StGB zur Erreichung dieses Ziels förderte, wobei diese Vereinigung, wenn auch nicht ausschließlich, auf die wiederkehrende und geplante Begehung schwerwiegender strafbarer Handlungen, die das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit oder das Vermögen bedrohen, sowie schwerwiegender strafbarer Handlungen im Bereich der sexuellen Ausbeutung von Menschen, der Schlepperei oder des unerlaubten Verkehrs mit Kampfmitteln, insbesondere dem tatsächlichen kriegerischen Einsatz erlangter Waffen, ausgerichtet ist, indem sie seit Sommer 2011 insbesondere in Syrien und im Irak unter Anwendung besonderer Grausamkeit durch terroristische Straftaten nach § 278 c Abs. 1 StGB die Zerstörung des syrischen und irakischen Staates betreibt, in den eroberten Gebieten in Syrien und im Irak die sich nicht ihren Zielen unterordnende Zivilbevölkerung tötet und vertreibt, sich deren Vermögen aneignet, durch Geiselnahme große Geldsummen erpresst, die vorgefundene Kunstschätze veräußert und Bodenschätze, insbesondere von Erdöl und Phosphat, zu ihrer Bereicherung ausbeutet, die durch all diese Straftaten eine Bereicherung im großen Umfang anstrebt und Dritte durch angedrohte und ausgeführte Terroranschläge insbesondere in Syrien und Irak, aber auch in Europa, einschüchtert und sich auf besondere Weise, nämlich durch Geheimhaltung ihres Aufbaues, ihrer Finanzstruktur, der personellen Zusammensetzung der Organisation und der internen Kommunikation gegen Strafverfolgungsmaßnahmen abschirmt.

Demnach war er zumindest im Zeitraum von 01.09.2017 bis Juni 2018 Mitglied (§ 278 Abs. 3 StGB) einer terroristischen Vereinigung (§ 278b Abs. 3 StGB), nämlich der in der UN-Sanktionsliste aufscheinenden Terrororganisation "Islamic State" beteiligt.

Die vom BF ausgehende schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Gefährdung und Sicherheit Österreichs geht insbesondere davon aus, dass er während der Zeit seiner Mitgliedschaft bei der Terrororganisation "Islamic State" im Wissen handelte, durch seine Beteiligung diese Terrororganisation und deren strafbare Handlungen zu fördern, indem er das Gedankengut dieser Organisation förderte und unterstützte, indem er insbesondere Terrorangriffe auf irakische, syrische und europäische Ziele und das Abschlachten von Europäern sowie den islamischen Dschihad in Europa zumindest glorifizierte bzw. dazu aufrief.

Dass Straftaten der vom BF glorifizierten Art eine reale Gefahr darstellen, liegt spätestens seit den Attentaten in Frankreich, Belgien, Deutschland, Großbritannien, Spanien mit einer Vielzahl unschuldiger Todesopfer, zu denen sich die Terrororganisation "Islamic State" bekannte, auf der Hand. Umso schwerwiegender wiegt es, wenn jemand wie der BF solche Untaten glorifizierte bzw. dazu aufrief, sich dabei noch filmen ließ und die Filmsequenz verbreiten ließ.

Würde schon allein die Verharmlosung dieser Tat geduldet werden und keine entsprechende Sanktion finden, würde dies einen Freibrief für solche Personen bedeuten, die zur Abschlachtung von Andersgläubigen aufzurufen.

Die vom BF ausgehende erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit wird auch dadurch manifestiert, dass er gemeinsam mit einer weiteren Person in wiederholten Angriffen Youtube-Links mit Propagandamaterial des IS, in welchem zum militärischen Dschihad gegen die westlichen Demokratien aufgerufen wurde, in Chats teilte und dadurch öffentlich machte.

Der Aufruf zum Dschihad gegen die westlichen Demokratien durch den BF zeigt ein abgrundtief gegen westliche Demokratien (worunter auch die Republik Österreich zählt, in der der BF seit Jahrzehnten aufhältig ist) gerichtetes, die westliche Wertegemeinschaft und die hier geltenden Gesetze zutiefst ablehnendes Persönlichkeitsbild.

Das von ihm gezeigte Persönlichkeitsbild ist, selbst unter dem Gesichtspunkt, dass sich der BF in der Beschwerdeschrift reumütig gibt, Menetekel für das künftig für die Rechtsordnung der in die westliche Wertegemeinschaft eingebettete Republik Österreich vom BF ausgehende, besondere Gefährdungspotential.

Dieser Umstand lässt sich nicht relativieren, zumal die vom Landesgericht für Strafsachen XXXX der Verurteilung des BF zu Grunde gelegten Fakten, die ein eindrucksvolles Persönlichkeitsbild zeichnen, durch den Verzicht auf ein Rechtsmittel bereits am 09.04.2019 in Rechtskraft erwuchsen.

Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung ist schon bei Erfüllen eines der in § 67 Abs. 3 FPG enthaltenen Tatbestände (anlassbezogen geht es konkret um den in § 67 Abs. 3 Z 2 normierten Tatbestand) das Vorliegen einer Gefährdung im Sinne des § 67 Abs. 1 FPG indiziert ist (VwGH vom 24.01.2012, Zl. 2011/18/0267).

Das ist beim Beschwerdeführer jedenfalls gegeben.

Dabei fällt ins Auge, dass der BF durch seine Handlungen für einen relativ langen Zeitraum die westlichen Demokratien und die dort lebenden Menschen gefährdet hat, indem er (zumindest) den Dschihad gegen die westlichen Demokratien und das Abschlachten der dort lebenden Menschen glorifiziert bzw. dazu aufgefordert hat. Berücksichtigt man, dass § 67 Abs. 3 Z 2 FPG schon den Verdacht einer Beteiligung an einer terroristischen Organisation genügen lässt, so ist hier von der Gewissheit der Beteiligung des BF an einer terroristischen Organisation und der Förderung ihrer Ideen und Ziele auszugehen.

Wenn es in der Beschwerde gegen den Bescheid gerichteten Beschwerde unsubstantiiert heißt, dass das Verhalten des BF die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht gefährde, wird dies durch seine strafgerichtliche Verurteilung und das gezeigte Persönlichkeitsbild, das den Dschihad gegen westliche Demokratien und das Abschlachten der europäischen Bevölkerung gut heißt, widerlegt. Wenn es in der Beschwerde heißt, dass unzulässigerweise auf die strafgerichtliche Verurteilung Bezug genommen werde, vermag dies der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, da das rechtskräftige Strafurteil vom 09.04.2019 das oben dargestellte, von einem massiven Radikalisierungsgrad geprägte Persönlichkeitsbild des BF zeigt, der bzw. das sich nicht so einfach ablegen lässt.

Das von einem massiven Radikalisierungsgrad geprägte Persönlichkeitsbild des BF und die von ihm nach wie vor ausgehende Gefahr zeigt sich auch in der Auflage des Strafgerichtes, sich einer Deradikalisierungstherapie zu unterziehen. Damit hat er noch nicht einmal begonnen. Hätte er mit der ihm aufgetragenen Deradikalisierungstherapie begonnen, so hätte er dies in seiner akribischen Beschwerde behauptet und durch entsprechende Nachweise belegt.

Die in der Beschwerde enthaltene (unsubstantiierte) Behauptung, dass er sich schon längst von seinem Verhalten distanziert habe und es bereue, führt nicht zum Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der vom BF ausgehenden Gefährlichkeit, zumal der Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen ist, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe bzw. hier nach seine strafgerichtlichen Verurteilung - in Freiheit wohlverhalten hat (siehe z. B. VwGH vom 26.01.2017, Ra 2016/21/0233). Zwischen dem Strafurteil und der Erlassung der in Beschwerde gezogenen Erledigung der belangten Behörde liegt nur ein verhältnismäßig kurzer Zeitraum, in dem sich ein exkulpierendes Wohlverhalten nicht feststellen lässt.

Insgesamt muss daher weiterhin davon ausgegangen werden, dass vom BF nach wie vor eine nachhaltige und maßgebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit der Republik Österreich ausgeht.

Es wird im gegenständlichen Zusammenhang konzediert, dass er im Bundesgebiet ein relevantes Familienleben hat. Demnach steht fest, dass er seit dem 20.09.2019 Vater eines minderjährigen Kindes ist und mit diesem sowie mit der Kindesmutter im gemeinsamen Haushalt lebt. Ihm und seiner Lebensgefährtin kommt die gemeinsame Obsorge für das am 20.09.2019 geborene Kind zu, das wie die Kindesmutter die österreichische Staatsangehörigkeit besitzt.

Der BF geht im Bundesgebiet (bis laufend) einer legalen Beschäftigung nach und erzielt Einkünfte daraus.

Allerdings hat er sein gegen westliche Demokratien und die in ihnen lebenden Menschen (dies gilt auch für Österreich und die hier lebenden Menschen) nicht abgelegt. Vor dem Gesichtspunkt der von ihm nach wie vor ausgehenden hohen Gefahr muss das hier erst seit kurzem bestehende Familienleben eine Relativierung hinnehmen, weshalb dieses der Erlassung eines Aufenthaltsverbot im gegenständlichen Spezialfall nicht entgegen steht.

Es wird nicht verkannt, dass das Führen eines Familienlebens mit dem Kindsvater dem Kindeswohl des am 20.09.2019 geborenen Kindes am Nächsten käme, doch muss das Kindeswohl wegen des vom BF für die westlichen Demokratien und die hier lebenden Menschen ausgehenden besonders hohen Gefährdungspotentials eine Relativierung hinnehmen.

Es kann auch nicht angehen, dass Österreich die Wahrung seiner Integrität sowie die Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung zugunsten des - hier ohnehin nicht gefährdeten - Kindeswohles eines einzigen Kindes, das nur deshalb eine Einbuße erfährt, weil das Kind durch das erlassene Aufenthaltsverbot nicht ständig mit dem Vater zusammenlebt, hintanzustellen hätte. Hervorzuheben ist auch, dass in Österreich (aus unterschiedlichen Motiven) eine Vielzahl alleinerziehender Mütter lebt, deren Kindern ein Zusammenleben mit dem Kindesvater unter einem Dach verwehrt ist, und deren Kindeswohl dadurch nicht beeinträchtigt ist.

Es ist auch hervorzuheben, dass es der Kindesmutter und dem Kind nicht verwehrt, den BF in seiner Heimat Polen zu besuchen. Es erübrigt sich der Hinweis, dass Art. 16 der Freizügigkeitsrichtlinie für sämtliche Mitgliedsstaaten der Europäischen Union gilt. Selbst ein Aufwachsen des Kindes in Österreich ohne den radikalisierten Kindesvater würde das Kindeswohl nicht gefährden.

Eine Reduktion der Dauer des Aufenthaltsverbots scheitert auch bei Berücksichtigung der familiären Anknüpfungen des BF im Bundesgebiet am strafrechtlich belasteten Vorleben und am hohen, vom Persönlichkeitsbild des BF ausgehenden Gefährdungspotential im Bundesgebiet.

3.1.3.2. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Fall des BF hat die belangte Behörde hat die belangte Behörde dargelegt, dass zwar die Notwendigkeit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bestehe, es aber als ausreichend erscheine, wenn er binnen eines Monats ab Durchsetzbarkeit der Maßnahme ausreist. Da das Ausmaß der Aufschiebung der Durchsetzbarkeit nicht in Zweifel gezogen wurde, erübrigt sich ein näheres Eingehen.

3.2. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.3. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall liegt dem Bundesverwaltungsgericht die zur Klärung der Rechtsfrage nötige Aktenlage vor. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes hätte eine mündliche Verhandlung auch keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lassen und war der Sachverhalt iSd § 24 Abs. 4 VwGVG entscheidungsreif. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem Zweck, die nicht im gemeinsamen Haushalt des BF lebende Mutter einzuvernehmen, erscheint nicht notwendig, zumal sie schon bei der niederschriftlichen Einvernahme des BF vor der belangten Behörde anwesend war. Das Familienleben des BF im Bundesgebiet konnte schon auf Grund der bisher vorliegenden Unterlagen und der sich daraus ergebenden Fakten hinreichend gewürdigt werden, sodass ein sich aus der Einvernahme der Mutter des BF ergebender Mehrwert nicht erkannt werden kann.

In Anbetracht dessen konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot, Interessenabwägung, öffentliche Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G305.2225627.1.00

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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