Entscheidungsdatum
28.11.2019Norm
AsylG 2005 §12a Abs2Spruch
I422 1423336-4/3E
BESCHLUSS
In dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.11.2019, Zl. 574150010/191190845 erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, geb. XXXX, StA. Marokko, hat das Bundesverwaltungsgericht durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter beschlossen:
A)
Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 BFA-Verfahrensgesetz rechtmäßig.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Der Fremde stellte erstmals am 05.12.2011 unter der Staatsangehörigkeit Algeriens einen Antrag auf internationalen Schutz, den das Bundesasylamt mit Bescheid vom 12.12.2011 negativ beschied. Zugleich wurde die Ausweisung des Beschwerdeführers nach Algerien für zulässig erklärt. Die dagegen erhobene Beschwerde wies der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 29.12.2011 als unbegründet ab.
2. Aufgrund der Straffälligkeit des Fremden erließ die Landespolizeidirektion Innsbruck mit Bescheid vom 15.11.2013 eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem befristeten Einreiseverbot in der Dauer von fünf Jahren.
3. Im Zuge der Erlangung eines Heimreisezertikates stellte sich durch Mitteilung der algerischen Behörden heraus, dass es sich beim Fremden um keinen algerischen, sondern um einen marokkanischen Staatsangehörigen handelt. Die daraufhin kontaktierte marokkanische Botschaft sicherte mit Schreiben vom 19.04.2017 die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Fremden zu.
4. Mit Bescheid vom 04.06.2019 erließ die belangte Behörde über den Fremden eine Rückkehrentscheidung nach Marokko und verhängte über ihn, aufgrund seiner neuerlichen Straffälligkeit, ein unbefristetes Einreiseverbot. Diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.
5. Am 07.11.2019 stellte der Fremde einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz. Hinsichtlich seiner Motive für die Antragsstellung gab der Fremde an, dass er von einem ehemaligen Komplizen bedroht werde, der ihm die Schuld für dessen Inhaftierung gebe. Dieser habe auch die Mutter des Fremden bedroht und ihm ausrichten lassen, dass er den Fremden im Fall seiner Rückkehr Marokko töten werde.
6. In weiterer Folge wurde gegenüber dem Fremden am 22.11.2019 mit mündlich verkündetem Bescheid der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG iVm § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben und von Amtswegen fristgerecht Beschwerde erhoben.
7. Der Verwaltungsakt wurde am 26.11.2019 der zuständigen Gerichtsabteilung I422 des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der volljährige Fremde ist ein Staatsangehöriger von Marokko. Seine Identität steht fest.
Der Fremde leidet an keiner derartigen psychischen oder physischen Beeinträchtigung, die seiner Rückkehr entgegensteht. Er ist arbeitsfähig.
In Marokko verfügt der Fremde über familiäre Anknüpfungspunkte in Form seiner Mutter, zu der er auch noch in aufrechtem Kontakt steht. Zur Schul- und Berufsausbildung des Fremden sowie zum bisherigen Verdienst seines Lebensunterhaltes können keine Feststellungen getroffen werden.
Der Fremde verfügt über keine Familienangehörigen und Verwandte in Österreich. Es ist ein Privatleben des Fremden in Österreich gegeben, dieses weist keine Schutzwürdigkeit auf. Den überwiegenden Teil seines Aufenthaltes im Bundesgebietes war der Fremde obdachlos oder verbrachte er in österreichischen Justizanstalten. Er geht in Österreich keiner Arbeit nach und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Er weist keine Integration in sozialer und kultureller in Österreich auf.
Der Fremde ist in Österreich mehrfach strafgerichtlich bescholten:
Er wurde erstmalig mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 16.10.2012, Zl. 023 HV 106/2012p wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, 27 Abs. 3 SMG sowie §§ 27 Abs. 1 Z 1 erster Fall, 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall SMG rechtskräftig zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten und einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.
Mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 10.10.2013, Zl. 034 HV 116/2013s wurde der Fremde erneut wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, 27 Abs. 3 SMG, rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monate verurteilt.
Drittmalig wurde der Fremde mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 11.06.2015, Zl. 034 HV 41/2015i wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §§ 28a Abs. 1 zweiter Fall, 28a Abs. 2 Z 2, 28a Abs. 4 Z 3 SMG, § 12 2. Fall StGB, des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §§ 28a Abs. 1 fünfter Fall, 28a Abs. 2 Z 2, 28a Abs. 4 Z 3 SMG sowie des Verbrechens der versuchten Vorbereitung des Suchgifthandels § 15 StGB §§ 28 Abs. 1 erster Fall, 28 Abs. 1 zweiter Fall, 28 Abs. 2 und 3 SMG rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahre und sechs Monate verurteilt.
Zuletzt verurteilte das Bezirksgericht Baden den Fremden mit Urteil vom 17.07.2017, Zl. 012 U 62/2017k wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten.
Den ersten Antrag auf internationalen Schutz vom 05.12.2011 stellte der Fremde unter der Angabe einer unrichtigen Staatsangehörigkeit und begründete der Fremde seinen Antrag ausschließlich mit familiären bzw. wirtschaftlichen Gründen. Dieser Antrag wurde rechtskräftig negativ entschieden. Im Zuge der Erlangung eines Heimreisezertifikates stellte sich heraus, dass es sich beim Fremden nicht um einen algerischen, sondern um einen marokkanischen Staatsangehörigen handelt. Im zweiten (gegenständlichen) Antrag auf internationalen Schutz vom 07.11.2019 begründete der Fremde seine Asylantragsstellung im Wesentlichen damit, dass er von seinem ehemaligen Komplizen mit dem Umbringen bedroht worden sei.
Im nunmehrigen Folgeantrag ist keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten und wird der gegenständliche Antrag voraussichtlich zurückzuweisen sein.
Dem Fremden droht im Fall seiner Rückkehr nach Marokko keine Verfolgung. Es droht dem Fremden keine Todesstrafe, keine Folter oder menschenunwürdige Behandlung oder Strafe im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat. Eine Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung droht dem Fremden nicht.
Der Fremde stammt aus einem sicheren Drittstaat. Marokko ist fähig und willens, seine Bürger zu schützen.
Über den Fremden bestehen eine aufrechte und rechtskräftige Rückkehrentscheidung nach Marokko sowie ein unbefristetes Einreiseverbot.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der festgestellte maßgebliche Sachverhalt gründet sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der Verwaltungsakte des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie in die Einsichtnahme in die Gerichtsakte der vorangegangenen Verfahren beim Asylgerichtshofes bzw. beim Bundesverwaltungsgericht sowie den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen seiner mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 21.08.2019 zu GZ: I407 1423336-3 sowie seiner letztmaligen Einvernahme durch die belangte Behörde vom 14.11.2019 bzw. am 22.11.2019. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.
Die Feststellungen zur Person des Fremden, insbesondere seiner Volljährigkeit und seiner Staatsangehörigkeit ergeben sich aus den letzteren Angaben des Beschwerdeführers im Asylverfahren. Die Identität des Fremden ist aufgrund der Identifizierung durch die marokkanischen Behörden belegt.
Die Feststellung zu seinem Gesundheitszustand ergibt sich daraus, dass der Fremde im Rahmen seiner Einvernahme vor der belangten Behörde am 14.11.2019 bzw. am 22.11.2019 angab, dass er drogensüchtig sei, er Schmerzen in den Beinen habe und es ihm auch psychisch nicht gut gehe. Hinsichtlich der Schwere seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung zeigte die belangte Behörde vollkommen richtig auf, dass der Beschwerdeführer in nächster Zeit keine ärztlichen Termine vereinbart hat und auch seitens der behandelnden Ärzte keine stationäre Behandlung angeordnet wurde. In diesem Zusammenhang zeigt die belangte Behörde auch zutreffend auf, dass der Fremde - entgegen seiner Mitwirkungspflicht - keinerlei medizinischen Unterlagen in Vorlage brachte. Zutreffend verwies die belangte Behörde im Hinblick auf die Länderberichte, dass dem Fremden die medizinische Behandlung seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung - auch wenn diese mit dem europäischen Standard nicht vergleichbar ist - in Marokko möglich und für ihn auch zugänglich ist.
Zuletzt bestätigte der Fremde im Rahmen seiner Einvernahme durch die belangte Behörde vom 14.11.2019, dass seine Mutter in Casablanca wohne und er nach wie vor in aufrechten Kontakt zu ihr stehe. Aufgrund der divergierenden Angaben in seinen vorangegangenen Verfahren können keinerlei Feststellungen zur Schul- und Berufsausbildung sowie seinem bisherigen Verdienst seines Lebensunterhaltes getroffen werden.
Die Feststellungen, dass der Fremde in Österreich keine familiären Anknüpfungspunkte verfügt ergibt sich auch seinen Angaben im Rahmen seiner Einvernahme vom 14.11.2019. Aufgrund der seit 2011 bestehenden Aufenthaltsdauer des Fremden kann per se von einem Privatleben in Österreich ausgegangen werden. Dessen fehlende Schutzwürdigkeit, basiert auf der Überlegung, dass der Fremde den Großteil seines Aufenthaltes in Österreich entweder obdachlos war oder er in österreichischen Justizanstalten zubrachte, was sich wiederum aus der Einsicht in das Zentrale Melderegister ableitet. Des Weiteren lassen sich weder aus den Unterlagen zum Vorverfahren, noch im gegenständlichen Verfahren Anhaltspunkte für eine maßgebliche und tiefgreifende Integration des Fremden in sozialer und kultureller Hinsicht ableiten.
Die Feststellung hinsichtlich der strafgerichtlichen Verurteilung des Fremden ergibt sich aus einem Auszug aus dem Strafregister sowie dem sich im Verwaltungsakt befindlichen Strafurteil.
Die Feststellungen zu seinen bisherigen Verfahren, insbesondere dem rechtskräftig abgeschlossenen ersten Asylverfahren sowie dem gegenständlichen Folgeantrag vom 07.11.2019 ergeben sich aus den Akten der belangten Behörde und den darin befindlichen Unterlagen sowie der Einsichtnahme in das Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister.
Die Feststellung, dass sein gegenständlicher Folgeantrag vom 07.11.2019 aller Voraussicht nach zurückzuweisen sein wird, ergibt sich aus der Überlegung, dass seine geschilderten Probleme mit seinen Brüdern sich mit seinen Angaben aus dem ersten Antrag auf internationalen Schutz decken. Dieses Vorbringen wurden bereits in seinem ersten Verfahren berücksichtigt und bereits rechtskräftig negativ entschieden. Seinem nunmehrigen Vorbringen, wonach er Probleme mit einem ehemaligen Komplizen habe, war die Glaubhaftigkeit zu versagen. Dahingehend zeigte die belangte Behörde unter anderem bereits vollkommen nachvollziehbar und richtig auf, dass sich seine diesbezüglichen Angaben vage und undetailliert gestalten, was sich insbesondere auch darin widerspiegelt, dass er keinerlei genauen zeitliche Einordnung treffen konnte, wann genau seine Mutter bedroht und das Elternhaus verwüstet wurde. Auch zeigte die belangte Behörde zutreffend auf, dass sich die diesbezüglichen Ausführungen über die Bedrohung widersprechen, wenn er einerseits angibt, dass er von seinem Komplizen zwar nicht bedroht aber erstmals im Jahr 2015 von seinem Kollegen "unter Druck" gesetzt worden sei und er dahingehend bei seiner Antragstellung vollkommen diametral angibt, dass er bereits im Jahr 2014 von seinem Komplizen bedroht worden sei. Es ist den Ausführungen der belangten Behörde auch dahingehend zu folgen, wenn sie im Hinblick auf die unglaubhafte Bedrohung darauf hin verweist, dass seine Mutter trotz der behaupteten Bedrohung durch die Brüder seines Komplizen nach wie vor an derselben Adresse lebt. Ein weiteres Indiz für die mangelnde Glaubhaftigkeit seines Vorbringens ist - wie die belangte Behörde völlig richtig ausführt - dass der Fremde die im Jahr 2015 stattgefundene und bekannte Bedrohung erst im Jahr 2019 - kurz vor seiner Enthaftung und Außerlandesbringung - geltend macht.
Aus den vorangegangenen Überlegungen leitet sich auch die Feststellung ab, dass dem Fremden im Fall seiner Rückkehr nach Marokko keine Verfolgung droht.
Die Feststellung, dass Marokko ein sicherer Drittstaat ist und willens und fähig ist, seine Bürger zu schützen, ergibt sich unzweifelhaft aus der Herkunftsstaaten-Verordnung sowie dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Marokko samt den dort publizierten Quellen. Dem Fremde wurde im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 14.11.2019 die Möglichkeit zur Einsichtnahme in die aktuellen Länderberichte zu Marokko gewährt. Davon hat der Fremde explizit keinen Gebrauch genommen. Der Fremde bringt somit keine Anhaltspunkte vor, die eine andere Beurteilung erlauben würden. Die Seriosität der Quellen des Länderinformationsblattes führen zum unzweifelhaften Schluss, dass Marokko ein sicherer Herkunftsstaat ist.
Die aufrechte und rechtskräftige Rückkehrentscheidung bzw. das über ihn verhängt unbefristete Einreiseverbot leiten sich aus der Einsichtnahme in den Verwaltungsakt und dem Gerichtsakt zu I407 1423336-3 sowie dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister ab.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Zur Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes:
Gemäß § 12a Abs. 2 AsylG, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden unter nachstehenden Voraussetzungen aufheben, wenn der Fremde einen Folgeantrag im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG gestellt hat und kein Fall des § 12a Abs. 1 AsylG vorliegt:
1. Gegen den Beschwerdeführer besteht eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG,
2. der Antrag ist voraussichtlich zurückzuweisen, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und
3. Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung würde keine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für den Beschwerdeführer als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen.
Als Folgeantrag im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG ist jeder einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag nachfolgender weiterer Antrag zu qualifizieren. Im gegebenen Fall hat der Fremde einen Folgeantrag im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG gestellt. Als Staatsangehöriger von Marokko ist der Fremde ein Drittstaatsangehöriger im Sinne der § 2 Abs. 1 Z 20b AsylG.
Im gegenständlichen Verfahren sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG gegeben:
Mit Bescheid des Bundesasylamtes mit Bescheid vom 12.12.2011 wurde der erste Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und der Status des subsidiär Schutzberechtigten rechtskräftig negativ entschieden. Mit selbigem Bescheid hat das Bundesasylamt dem Fremden (zunächst) nach Algerien ausgewiesen. Der Entscheidung wurde zudem die aufschiebende Wirkung aberkannt. Der Bescheid erwuchs nach Erhebung eines Rechtsmittels und nach unbegründeter Abweisung der Beschwerde durch den Asylgerichtshof in Rechtskraft. In weiterer Folge erließ die belangte Behörde mit Bescheid vom 04.06.2019 über den Fremden eine Rückkehrentscheidung nach Marokko und erwuchs diese nach Erhebung eines Rechtsmittels, das als unbegründet abgewiesen wurde, ebenfalls in Rechtskraft.
Am 07.11.2019 stellte der Fremde einen weiteren (gegenständlichen) Antrag auf internationalen Schutz. Beim gegenständlichen Folgeantrag des Fremden auf internationalen Schutz handelt es sich somit um einen Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG und liegt auch kein Fall des § 12a Abs. 1 AsylG vor.
Der gegenständliche Antrag vom 07.11.2019 ist voraussichtlich zurückzuweisen, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist: Eine allfällige Sachverhaltsänderung hat sich nicht ergeben und war seinem nunmehrigen neuerlichen Motiv für den Asylantrag die Glaubhaftigkeit zu versagen.
Aus den Länderberichten ergibt sich, dass auch im Hinblick auf die allgemeine Situation im Herkunftsstaat keine maßgebliche - und insbesondere keine negative - Änderung der Lage im Vergleich zum vorangegangenen Bescheid eingetreten ist.
Ein auf das AsylG gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise - für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status - auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrages nach dem AsylG aus:
Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 29.06.2011, U1533/10; VwGH 19.2.2009, 2008/01/0344 mwN).
Auch diesbezüglich wurden keine Sachverhaltsänderungen vorgebracht.
Die Abschiebung würde auch keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK darstellen:
Auch dafür, dass dem Fremden im Falle einer Rückkehr nach Marokko die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und er in die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK VwGH 16.07.2003, 2003/01/0059), gibt es im vorliegenden Fall keinen Anhaltspunkt. Der Fremde ist volljährig und ist erwerbsfähig. Zudem verfügt der Fremde in Marokko über keine familiären Kontakte und ist davon auszugehen, dass er dazu in der Lage ist seinen Lebensunterhalt in Marokko durch eigene Arbeitsleistung sicherzustellen. Er wuchs in Marokko auf, ist gesund und befindet sich in einem erwerbsfähigen Alter. Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum der Fremde seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht bestreiten können sollte. Außerdem besteht ganz allgemein in Marokko derzeit keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art. 2, 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zu EMRK ausgesetzt wäre.
Hinsichtlich des Gesundheitszustandes des Fremden ist auszuführen, dass dieser einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat nicht entgegensteht und hat im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind (Urteil des EGMR vom 13. Dezember 2016, Nr. 41738/10, Paposhvili gegen Belgien, Rz 189 ff). Wie umseits bereits ausgeführt, kann der Fremde eine medizinische Behandlung in seinem Herkunftsstaat in Anspruch nehmen.
Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Fremden ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK erschlossenen Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.
Eine Gefährdung iSd Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK wird vom Fremden nicht vorgebracht. Im Hinblick auf Art. 8 EMRK hat der Fremde angegeben, in Österreich keine Familie oder familienähnliche Lebensgemeinschaft zu haben. Eine besondere Aufenthaltsverfestigung kann angesichts seines Aufenthalts in Österreich nicht angenommen werden. Es kann daher auch keine Verletzung seines Rechts auf Privat- oder Familienleben durch eine Abschiebung festgestellt werden.
Auf Grund der aktuellen Länderberichte kann nicht festgestellt werden, dass dem Fremden als Zivilperson durch die Rückkehr nach Marokko eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes erwachsen würde.
Da somit alle Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG erfüllt sind, ist spruchgemäß festzustellen, dass der mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes vom 13.08.2019 rechtmäßig ist und die Voraussetzungen für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes vorliegen.
Gemäß § 22 Abs. 1 BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.
Zu B) Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zum faktischen Abschiebeschutz und den Voraussetzungen seiner Aufhebung in Folgeverfahren oder zur Zurückweisung wegen entschiedener Sache und zur Beurteilung "gesteigerten" Vorbringens in Folgeverfahren. Weiter ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.
Schlagworte
aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I422.1423336.4.00Zuletzt aktualisiert am
28.02.2020