TE Vwgh Beschluss 1998/7/3 96/19/0724

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Veröffentlicht am 03.07.1998
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §113 Abs6;
FrG 1997 §113 Abs7;
FrG 1997 §115 Abs1;
FrG 1997 §115 Abs2;
VwGG §33 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, in der Beschwerdesache der 1974 geborenen SS in Wien, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. Jänner 1996, Zl. 304.648/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Die Parteien haben die Kosten für ihre Aufwendungen selbst zu tragen.

Begründung

§ 113 Abs. 6 und 7 und § 115 Abs. 1 und 2 des Fremdengesetzes 1997 (FrG), BGBl. Nr. 75/1997, lauten:

"(6) Rechtskräftige Bescheide, mit denen die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung (§ 6 AufG) versagt wurde oder mit denen der Verlust einer Aufenthaltsbewilligung (§ 8 AufG) verfügt wurde, treten mit Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes außer Kraft, sofern der Betroffene sie beim Verfassungsgerichtshof oder Verwaltungsgerichtshof angefochten und dieser die Entscheidung noch nicht getroffen hat. In diesen Fällen ist die Beschwerde als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren ohne vorherige Anhörung des Beschwerdeführers einzustellen. Mit dem Beschluß über die Gegenstandslosigkeit der Bescheide tritt auch der Bescheid erster Instanz außer Kraft.

(7) Als Bescheide nach Abs. 6, die unter den dort festgelegten Voraussetzungen außer Kraft treten, gelten auch rechtskräftige Bescheide, mit denen auf Dauer niedergelassenen Fremden die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung versagt wurde, die deshalb beantragt wurde, weil die Fremden entweder die Frist für den Antrag auf Verlängerung versäumt hatten oder trotz rechtmäßiger Niederlassung zuvor keiner Aufenthaltsbewilligung bedurften.

§ 115. (1) § 113 Abs. 6 und § 114 Abs. 4 und 5 gelten für Beschwerden, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes anhängig und nicht gemäß § 34 Abs. 1 VwGG oder § 19 Abs. 3 Z. 2 lit. a, b, d oder e VfGG zurückzuweisen sind. Die Parteien eines solchen höchstgerichtlichen Verfahrens haben die Kosten für ihre Aufwendungen selbst zu tragen.

(2) Der Verwaltungsgerichtshof kann die Beschlüsse über die Gegenstandslosigkeit der Beschwerden in Fällen, die

1.

seit dem Jahr 1995 anhängig sind, erst nach dem 1. April 1998,

2.

seit dem 1. Halbjahr 1996 anhängig sind, erst nach dem 1. Juli 1998,

3.

seit dem 2. Halbjahr 1996 anhängig sind, erst nach dem 1. Jänner 1999,

4.

seit dem 1. Halbjahr 1997 anhängig sind, erst nach dem 1. Juli 1999

fassen; dies gilt jedoch nicht, wenn die Behörde erster Instanz dem Verwaltungsgerichtshof mitteilt, daß gewichtige öffentliche Interessen an einer unverzüglichen Aufenthaltsbeendigung der betroffenen Fremden bestehen oder daß den Fremden nunmehr ein Aufenthaltstitel erteilt werden kann. Die Frist des § 73 AVG beginnt in diesen Fällen mit dem Einlangen des Beschlusses bei der Behörde zu laufen."

Die vorliegende Beschwerde war am 1. Jänner 1998 anhängig; ein Zurückweisungsgrund nach § 34 Abs. 1 VwGG liegt nicht vor. Gemäß § 113 Abs. 6 und 7 FrG ist der angefochtene Bescheid am 1. Jänner 1998 außer Kraft getreten. Die Beschwerde war somit nach Eintritt des nach § 115 Abs. 2 FrG maßgeblichen Zeitpunktes als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren ohne vorherige Anhörung des Beschwerdeführers einzustellen.

Der Kostenspruch stützt sich auf § 115 Abs. 1 FrG.

An dieser Beurteilung vermag auch der von der belangten Behörde geltend gemachte Umstand nichts zu ändern, daß der Beschwerdeführerin am 19. August 1997 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen wurde. Dadurch wurde die Beschwerde zwar vor Inkrafttreten des Fremdengesetzes 1997 im Sinne des § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG gegenstandslos. Dennoch ist der angefochtene Bescheid am 1. Jänner 1998 gemäß § 113 Abs. 6 und 7 FrG 1997 außer Kraft getreten, weil es sich um einen rechtskräftigen Bescheid handelte, mit dem einer auf Dauer niedergelassenen Fremden die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung versagt wurde, die deshalb beantragt wurde, weil sie die Frist für den Antrag auf Verlängerung versäumt hatte und auch die weitere Voraussetzung vorliegt, daß ihn die Beschwerdeführerin als Betroffene beim Verwaltungsgerichtshof angefochten und dieser die Entscheidung noch nicht getroffen hatte (ein Einstellungsbeschluß gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist nicht vor dem 1. Jänner 1998 ergangen).

Ungeachtet der Gegenstandslosigkeit der Beschwerde infolge Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft ist im vorliegenden Fall aus folgenden Gründen nicht gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG die Beschwerde in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß als gegenstandslos geworden zu erklären sowie eine Kostenentscheidung nach § 58 Abs. 2 VwGG zu treffen:

§ 33 Abs. 1 erster Satz VwGG erfaßt auch solche Beschwerden, bei denen der zugrundeliegende, angefochtene Bescheid nicht gemäß § 113 Abs. 6 und 7 FrG außer Kraft getreten ist. Umgekehrt erfaßt seinem Wortlaut nach § 113 Abs. 6 und 7 FrG in Verbindung mit § 115 Abs. 2 FrG auch solche Beschwerden, bei denen Gegenstandslosigkeit eingetreten ist. Daraus ist jedenfalls zu folgern, daß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG gegenüber § 113 Abs. 6 und 7 FrG nicht im Verhältnis der lex specialis zur lex generalis steht. Schon aus diesem Grund ist der Normenkonflikt zwischen diesen Bestimmungen derart zu lösen, daß in Fällen, in denen - wie im vorliegenden Fall - beide Vorschriften Geltung beanspruchen, der später erlassenen Vorschrift, somit § 113 Abs. 6 und 7 FrG, nach dem Grundsatz "lex posterior derogat legi priori" der Vorrang zukommt (vgl. den das Verhältnis zwischen § 33 Abs. 1 zweiter Satz VwGG und § 113 Abs. 6 FrG betreffenden hg. Beschluß vom 3. April 1998, Zl. 95/19/1771).

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996190724.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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