TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/5 W169 2225998-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.12.2019
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Entscheidungsdatum

05.12.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52
FPG §53 Abs2
FPG §55

Spruch

W169 2225998-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.10.2019, Zl. 1248678910-191031011, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF und §§ 52, 55 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt VIII. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und dieser gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 53 Abs. 2 FPG ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, reiste illegal und schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 09.10.2019 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 10.10.2019 führte der Beschwerdeführer aus, dass er aus dem Punjab stamme und die Sprache Punjabi spreche. Er gehöre der Religionsgemeinschaft der Sikhs und der Volksgruppe der Jats an. In Indien habe er zehn Jahre die Grundschule besucht und als Landwirt am elterlichen Hof gearbeitet. In Indien würden sein Vater und sein Bruder leben. Seine Mutter sei im Jahr 2017 verstorben. Zu seinen Fluchtgründen führte der Beschwerdeführer aus, dass er wegen eines Streits bezüglich seiner Landwirtschaft habe fliehen müssen. Verwandte seines Vaters hätten ihn töten wollen, da die Landwirtschaft auf den Namen des Beschwerdeführers registriert sei. Dies seien alle seine Fluchtgründe; andere habe er nicht. Im Falle einer Rückkehr habe er Angst um sein Leben.

2. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 25.10.2019 führte der Beschwerdeführer aus, dass er indischer Staatsangehöriger sei, der Religionsgemeinschaft der Sikhs und der Volksgruppe der Jats angehöre. Er sei ledig. In Indien würden sein Vater und sein Bruder leben. Im Heimatland habe er zehn Jahre die Grundschule besucht und danach als Landwirt und auch in der Tierzucht gearbeitet. Er sei gesund und arbeitsfähig. Er habe Indien im Juli 2019 verlassen. In Indien habe er anfänglich mit seiner Familie zusammengelebt. Dann habe sein Bruder getrennt gelebt und er habe mit seinem Vater zusammengewohnt. Im Jahr 2017 sei seine Mutter gestorben und 2018 habe sich seine Schwester umgebracht. Auf die Frage, was mit seiner Mutter passiert sei, führte der Beschwerdeführer an, dass sie im Jahr 2017 eine Auseinandersetzung mit seinem Onkel gehabt hätten. Dieser sei gekommen und habe seine Eltern ein bis zwei Mal schwer verletzt. Auch er sei einige Male geschlagen worden und habe dadurch viele Verletzungen erlitten. Seine Mutter sei mit einer Metallstange geschlagen worden und dadurch auf der Brust verletzt worden. Sie sei immer kränker geworden.

Zu seinen weiteren Fluchtgründen brachte der Beschwerdeführer dann Folgendes vor (L: Leiter der Amtshandlung; A: nunmehriger Beschwerdeführer):

"(...)

L: Warum konkret haben Sie Ihr Land verlassen?

A: Das ist der Grund. Was soll ich sagen, ich wurde vergewaltigt, auch meine Schwester. Das von 5-7 Personen. Es wurde auch ein Video angefertigt woraufhin sich meine Schwester umbrachte. Sie waren dann auch hinter mir her. Ich bin 2x geflohen.

Einwand der RB: Möchte der AW dann eine Befragung durch ein männliches Team?

AW: Es ist in Ordnung, wir können weiter machen.

L: Warum haben Sie die Vergewaltigung nicht schon in der EB angegeben?

A: Sie haben mich wenig befragt und sie hatten es eilig.

L: Sie haben auf Frage 11 in der EB angegeben wegen des Landschaftsstreites geflohen zu sein, andere Fluchtgründe gäbe es nicht.

A: Das stimmt, aber die andere Sache konnte ich nicht sagen weil ich mich nicht wohl fühlte und sie es eilig hatten.

L: Woran starb Ihre Mutter?

A: Wegen den Schlägen mit der Metallstange.

L: Was hatte Sie?

A: Sie hatte innere Verletzungen.

L: Wann ist Ihre Mutter gestorben?

A: 2017 nachgefragt: Im Dezember, das Datum weiß ich nicht, am 07. Oder 08.

L: Wann hat sich der Vorfall zugetragen?

A: Der Tod der Mutter?

L: Der Vorfall bei dem Ihre Mutter verletzt wurde.

A: Im Jänner 2017, das Datum weiß ich nicht.

L: Waren Sie damals anwesend?

A: Ja

L: Beschreiben Sie diesen Tag.

A: Es war in der Früh nach dem Essen haben wir uns draußen hingesetzt. Es war kalt draußen und es sind 5 Leute gekommen. 3 Personen davon waren Verwandte meines Vaters. Meine Onkeln. Die anderen 2 waren die Söhne von ihm.

L: Wer ist " Ihm" wer sind " Sie"?

A: Es waren XXXX und XXXX , XXXX . Die 2 Söhne waren von XXXX .

Nachgefragt: XXXX und XXXX .

L: Weiter:

A: Ich habe mit meinem Bruder und der Mutter gespielt, sie haben meinen Vater getreten, als ich dann hinzueilte haben sie auch auf mich engeschlagen und verpassten mir Tritte in den Bauch. Es hat sehr weh getan. Meine Mutter ist dann auch dazu gekommen und packte sie an den Bärten. Sie haben dann eine Metallstange genommen welche bei uns lag und haben Sie damit verletzt. Die Stange war bei und weil wir sie für den Reifenwechsel oder den Traktor brauchten. Ich war alleine und er hatte 2 Söhne die mich packten. Sie meinten das Grundstück sollen wir ihnen überschreiben ansonsten würde es so weiter gehen. Nachdem Sie das sagten gingen Sie weg.

L: Wie spät war es da ca.?

A: Sie waren ca 1 Stunde anwesend. Mein Vater ist immer wieder zu Boden gefallen.

L: Was passierte danach?

A: Ich habe ihnen Wasser gegeben, auch auf die Verletzungen gegossen. Dann suchten wir einen Arzt auf.

L: Weiter.

A: Ich schlug vor dass wir das der Polizei melden sollten. Mein Vater meinte, dass Sie mich dann erst recht umbringen. "Mein Vater meinte : Wenn sie mit deiner Schwester etwas Falsches machen, was bleibt uns dann noch."

L: Seit wann gehört Ihnen das Grundstück?

A: Seit 2018. Zuvor gehörte es meinem Vater, er überschrieb es mir.

L: Wo liegt das Grundstück?

A: In meinem Dorf, nachgefragt: in Pakka gleich neben der Straße.

L: Was befindet sich um dieses Grundstück herum, wie findet man es auf der Landkarte?

A: Daneben sind deren Grundstück.

L: Wie groß ist das Grundstück?

A: 3-3,5 Kila

L: Wie groß ist das in etwa? Womit zu vergleichen?

AW weiß nicht was er sagen soll.

L: Können Sie wen Sie hier von Ihrer Unterkunft ausgehen, beschreiben von wo bis wo das Grundstück reichen würde.

A: 1 Kila ist zb von diesem Gebäude bis zum nächsten Gebäude die Fläche.

L: Was ist mit Ihrer Schwester passiert?

A: Sie ist von der Schule nach Hause gekommen, XXXX und XXXX hatten es auf sie abgesehen. Sie war einmal alleine zu Hause und sie haben sie vergewaltigt.

L: Wann ist Ihre Schwester gestorben?

A: Nach diesem Unfall, etwa 2-3 Tage danach.

L: Was war mit Ihrem Bruder?

A: Bezüglich ihm sagte mein Vater, dass er noch klein ist und nichts versteht, Er wurde nach dem tod der Mutter in Amritzar ins Waisenhais geschickt. Zu mir sagte er, dass ich fliehen könnte.

L: Warum kam er ins Waisenhaus?

A: Wenn mein Vater und ich umgebracht werden würde, wer hätte ihm Unterkunft und Essen gegeben.

L: Noch lebten Sie beide, warum ¿kam er sofort ins Waisenhaus?

A: Weil es dort Sicherheit gibt.

L: War das Grundstück immer in Besitz Ihrer Familie?

A: Es gehörte meinem Großvater, meinem Vater und dann mir. Indien ist ein Land in dem man mit Macht und Geld alles machen kann.

L: Wie fand Ihre Ausreise statt, beschreiben Sie den Vorgang, nicht die Route?

A: Al sich aus Indien floh habe ich mit einem Schlepper gesprochen. Ich war in einer Busstation in Fazilkha. Ich war dort und weinte und eine Person fragte mich was passiert sei. Er meinte ich soll ihm vertrauen. Ich schilderte ihm alles, er sagte mir, ich solle das Land verlassen.

L: Wann war das?

A: Ich habe 3 Monate gebraucht um hierher zu kommen. Etwa 2 Monate davor. Nachegfragt: Im Juli, 2 Monate bevor ich hierher kam. Im Juli wurde die Geldsache erledigt und 2 Monate davor habe ich ihn getroffen.

L: Wie lange ist Ihr Bruder im Waisenhaus?

A: Nach dem Tod meiner Schwester

L: Wie lange ist das her.

AW überlegt.

A: Meine Schwester ist 2018 getorben.

L: Wie lange ist der Bruder dann im Waisenhaus?

A: Im März wurde er dort abgesetzt, ich weiß nicht genau ob es März war.

L: Wann?

A: 2018

L: Wieso haben Sie mit Ihrem Vater mehrmals die Polizei besucht?

A: Um eine Lösung zu finden. Aber die gehören zur Regierung.

L: Was wollen Sie damit sagen?

A: Ich meine damit dass man mit Geld alles kaufen kann in Indien. Es passieren Vergewaltigungen und Morde und die Polizei tut nichts dagegen weil sie Geld bekommt. Uns haben Sie 2x festgenommen.

L: Warum?

A: Wir wollten eine Beschwerde einbringen aber sie meinten wenn ihr so etwas machen wollt, dann könnt ihr euch auf etwas gefasst machen. Einmal haben wir das Feld bewässert und sie sind hinzugekommen nachgefragt wer?: AW: XXXX und XXXX . Sie haben mich am Kopf gepackt und daran behindert.

L: Die Frage war, warum Sie festgenommen wurden?

A: Die Festnahme erfolgte ohne Grund und Haftbefehl. Sie drohten uns falls wir nicht auf die anderen hören.

L: Wer drohte dass Sie auf wen hören sollen.

A: Die Polizei.

L: Weiter. Sie benennen keine Personen.

A: Die Polizei meinte dass wir auf XXXX und XXXX hören müssen.

L: Wann wurden Sie festgenommen?

A: Wann sie wollten. 2x war das. Das eine Mal bei der Beschwerde und das andere Mal beim Feld bewässern.

L: Von wem wurden Sie festgenommen?

A: Von der Polizei. Aber das erfolgte ohne Haftbefehl.

L: Was ist mit Ihrem Haus in Indien?

A: Es steht leer.

L: Woher wissen Sie das?

A: Weil mein Vater alleine ist und alleine ist es gefährlich. Ich habe mit ihm am 10. gesprochen.

L: Welche konkreten Hinweise gibt es darauf, dass Ihr Leben in Gefahr ist?

A:Ich habe keinen Beweis dafür. Ich habe die Verletzung am Hinterkopf. Einmal gab es einen Bericht vom Krankenhaus Fazikhal, es wurde genäht.

L: Wann waren Sie im KH?

A: Ich weiß es nicht genau. Im Monat Dezember oderJänner. Nach dem Vorfall. Nachgefragt: Im November oder Dezember 2018. Sie wollen mich umbringen, da mein vater alt ist und einen Beinbruch hatte und der jüngere Bruder würde nichts davon verstehen.

L: Was befürchten Sie im Falle einer Rückkehr in Ihr Heimatland

A: Sie werden mich umbringen. Das Schicksal ist schlecht, ich weiß nicht was mit meinem Bruder ist. Wir haben nichts dagegen tun können.

L: Ihnen wurde die schriftlichen Feststellungen der Staatendokumentation zu Ihrem Heimatland Indien übergeben. Gleichzeitig wurden Sie aufgefordert, im Rahmen Ihres Rechts auf Parteiengehör schriftlich Stellung zu nehmen. Das haben Sie nicht wahrgenommen. Wollen Sie nunmehr zu den schriftlichen Feststellungen der Staatendokumentation zu Ihrem Heimatland Indien eine mündliche Stellungnahme abgeben?

A:Was soll ich ihnen dazu noch sagen. Es passieren generell Morde und auch die Probleme wegen Khalistan. In Indien passieren täglich 20 50 sogar hunderte Vergewaltigungen. Verfahren werden immer geschlossen.

L: In Anbetracht der Kürze Ihres Aufenthaltes sowie auch fehlender familiärer oder privater Bindungen in Österreich ist nicht ersichtlich, dass Ihre Ausweisung einen ungerechtfertigten Eingriff in Ihr Recht auf Achtung des Familien- und Privatlebens darstellen würde.

Wollen Sie dazu eine Stellungnahme abgeben?

A: Ich habe mit Ihm ausgemacht dass er mich in England aussetzt, aber ich wurde hier ausgesetzt. Ich denke es ist gut dass ich hier bin.

L: Was werden Sie tun, wenn Ihr Asylantrag negativ beschieden wird?

A:Ich möchte dass man mir Asyl gewährt ich habe kein Geld oder sonst etwas. Ich würde gerne hier mein Leben verbringen auch wenn es nur im Lager wäre.

L: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint?

A: Ja das mit meiner Vergewaltigung. Ich habe Zweifel wenn ich die Vergewaltigung erwähne, was würden die Leute von mit denken. Es leben auch hier Pakistanis. Wird das was ich gesagt habe weiter gesagt?

L: Ihre Angaben werden vertraulich behandelt.

L: Was können Sie zu der Vergewaltigung angeben?

A: man hat ein Video von mir angefertigt, man drohte mir falls ich dies jemanden mitteilen würde, würde man das verbreiten.

L: Wann ereignete sich das?

A: Das war im Jänner 2019.

L: Können Sie dazu genauere Angaben machen?

A: ich bin danach geflohen und habe auch Drohanrufe bekommen dass ich umgebracht werde, wenn ich zurück komme.

L: Sie gaben an kein Telefon zu haben.

A: Das war noch in Indien.

L: Könne Sie nähere Angaben zur Vergewaltigung machen?

A Nein nur das denn wenn ich davon spreche beginne ich mich selbst zu hassen.

(...)"

Zu seinen Lebensumständen in Österreich führte der Beschwerdeführer an, dass er in Österreich keiner Beschäftigung nachgehe und von der Grundversorgung lebe. Er sei nicht Mitglied in einem Verein oder in einer sonstigen Organisation und spreche auch kein Deutsch. In Österreich habe er keine Verwandten.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AslyG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien (Spruchpunkt II) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III). Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt IV und V). Unter Spruchpunkt VI wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs 1 Z 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt und festgestellt, dass gemäß § 55 Abs 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VII). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde ein einjähriges Einreiseverbot gegen den Beschwerdeführer erlassen (Spruchpunkt VIII).

Begründend wurde ausgeführt, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen kein Glaube geschenkt werde. Auch eine refoulmentschutzrechtlich relevante Gefährdung im Falle einer Rückkehr nach Indien sei nicht gegeben. Der Beschwerdeführer erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären und privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde wurde damit begründet, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspreche. Die Erlassung eines Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG sei notwendig, da der Beschwerdeführer mittellos sei und durch die Stellung eines unbegründeten und missbräuchlichen Asylantrags die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine bevollmächtigte Vertreterin fristgerecht Beschwerde und wiederholte die bereits getätigten Angaben. Das Bundesamt hätte konkrete Recherchen durchführen müssen und das Verfahren hätte einen positiveren Ausgang genommen, wenn "so eine Expertenmeinung" eingeholt worden wäre. Beantragt werde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien aus dem Bundesstaat Punjab, gehört der Religionsgemeinschaft der Sikhs und der Volksgruppe der Jats an. Seine Identität steht nicht fest. Er spricht die Sprache Punjabi. Im Herkunftsstaat besuchte der Beschwerdeführer zehn Jahre die Grundschule und arbeitete danach auf der elterlichen Landwirtschaft bzw. in der Tierzucht. Er lebte in Indien mit seinen Eltern und seinen Geschwistern im Elternhaus im gemeinsamen Haushalt. Die Mutter des Beschwerdeführers verstarb im Jahr 2017.

Die Fluchtgründe des Beschwerdeführers - Bedrohung durch Verwandte des Vaters aufgrund eines Grundstückstreits - sind nicht glaubwürdig und werden dem Verfahren nicht zugrunde gelegt. Dass die Mutter des Beschwerdeführers aufgrund der Verletzungen durch den Onkel des Beschwerdeführers verstarb bzw. sich seine Schwester im Jahr 2018 umbrachte, ist nicht glaubwürdig und wird dem Verfahren nicht zugrunde gelegt.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Indien eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung droht.

Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten oder sonstigen Familienangehörigen in Österreich. Er spricht nicht Deutsch, geht keiner legalen Beschäftigungen nach, nimmt keine Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch, ist nicht Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation und strafgerichtlich unbescholten. Der Beschwerdeführer ist gesund. In Indien leben nach wie vor der Bruder und der Vater des Beschwerdeführers.

1.2. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

Punjab

Laut Angaben des indischen Innenministeriums zu den Zahlen der Volkszählung im Jahr 2011 leben von den 21 Mio. Sikhs 16 Mio. im Punjab (MoHA o.D.).

Der Terrorismus im Punjab ist Ende der 1990er Jahre nahezu zum Erliegen gekommen. Die meisten hochkarätigen Mitglieder der verschiedenen militanten Gruppen haben den Punjab verlassen und operieren von anderen Unionsstaaten oder Pakistan aus. Finanzielle Unterstützung erhalten sie auch von Sikh-Exilgruppierungen im westlichen Ausland (ÖB 12.2018).

Der illegale Waffen- und Drogenhandel von Pakistan in den indischen Punjab hat sich in letzter Zeit verdreifacht. Im Mai 2007 wurden dem indischen Geheimdienst Pläne des pakistanischen Geheimdienstes, Inter-Services-Intelligence (ISI) bekannt, welcher gemeinsam mit der in Indien verbotenen Sikh-Gruppierung Babbar Khalasa International (BKI) und anderen militanten Sikh- Gruppierungen Anschläge auf Städte im Punjab (Jalandhar, Ludhiana, Pathankot) beabsichtigten. Die Sicherheitsbehörden im Punjab konnten bislang die aufkeimende Wiederbelebung der militanten Sikh-Bewegung erfolgreich neutralisieren (ÖB 12.2018). In Jammu und Kaschmir, im Punjab und in Manipur haben die Behörden besondere Befugnisse ohne Haftbefehl Personen zu suchen und zu inhaftieren (USDOS 20.4.2018; vgl. BBC 20.10.2015). Menschenrechtsberichten zufolge kommt es im Punjab regelmäßig zu Fällen von Menschenrechtsverletzungen insbesondere der Sicherheitsbehörden (extralegale Tötungen, willkürliche Festnahmen, Folter in Polizeigewahrsam, Todesfolge von Folter etc.) (ÖB 12.2018).

Die Staatliche Menschenrechtskommission im Punjab hat in einer Reihe von schweren Menschenrechtsverletzungen durch die Sicherheitskräfte interveniert. In vielen Fällen wurde die Behörde zu Kompensationszahlungen verpflichtet. Die Menschenrechtskommission erhält täglich 200-300 Beschwerden über Menschenrechtsverletzung und ist in ihrer Kapazität überfordert. Oft sind Unterkastige oder Kastenlose Opfer der polizeilichen Willkür (ÖB 12.2018).

Neben den angeführten Formen der Gewalt, stellen Ehrenmorde vor allem in den nördlichen Bundesstaaten Haryana und Punjab weiterhin ein Problem dar (USDOS 20.4.2018).

Die Zugehörigkeit zur Sikh-Religion ist kein Kriterium für polizeiliche Willkürakte. Die Sikhs, 60 Prozent der Bevölkerung des Punjabs, stellen dort einen erheblichen Teil der Beamten, Richter, Soldaten und Sicherheitskräfte. Auch hochrangige Positionen stehen ihnen offen (ÖB 10.2017).

In Indien ist die Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit rechtlich garantiert und praktisch von den Behörden auch respektiert; in manchen Grenzgebieten sind allerdings Sonderaufenthaltsgenehmigungen notwendig. Sikhs aus dem Punjab haben die Möglichkeit sich in anderen Landesteilen niederzulassen, Sikh-Gemeinden gibt es im ganzen Land verstreut. Sikhs können ihre Religion in allen Landesteilen ohne Einschränkung ausüben. Aktive Mitglieder von verbotenen militanten Sikh-Gruppierungen, wie Babbar Khalsa International, müssen mit polizeilicher Verfolgung rechnen (ÖB 10.2017).

Quellen:

-

AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1394309.html, Zugriff 6.11.2018

-

BBC - British Broadcasting Corporation (20.10.2015): Why are Indian Sikhs angry?,

http://www.bbc.com/news/world-asia-india-34578463, Zugriff 18.10.2018

-

MoHA - Government of India, Ministry of Home Affairs, Office of the Registrar General & Census Commissioner, India (o.D.): C-1 Population By Religious Community, http://www.censusindia.gov.in/2011census/C-01.html, Zugriff 18.10.2018

-

ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Indien - Arbeitsversion

-

USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430388.html, Zugriff 18.10.2018

USDOS - US Department of State (29.5.2018): 2015 Report on International Religious Freedom - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1436757.html, Zugriff 23.10.2018

Allgemeine Menschenrechtslage

Indien hat 1948 die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte unterzeichnet (AA 18.9.2018). Die nationale Gesetzgebung in Menschenrechtsangelegenheiten ist breit angelegt. Alle wichtigen Menschenrechte sind verfassungsrechtlich garantiert (ÖB 12.2018). Die Umsetzung dieser Garantien ist allerdings häufig nicht in vollem Umfang gewährleistet (AA 18.9.2018). Eine Reihe von Sicherheitsgesetzen schränken die rechtsstaatlichen Garantien, z.B. das Recht auf ein faires Verfahren, aber ein. Diese Gesetze wurden nach den Terroranschlägen von Mumbai im November 2008 verschärft; u. a. wurde die Unschuldsvermutung für bestimmte Straftatbestände außer Kraft gesetzt. Besonders in Unruhegebieten haben die Sicherheitskräfte zur Bekämpfung sezessionistischer und terroristischer Gruppen weitreichende Befugnisse, die oft exzessiv genutzt werden. Es gibt glaubhafte Berichte über extralegale Tötungen (AA 18.9.2018).

Die wichtigsten Menschenrechtsprobleme sind Missbrauch durch Polizei und Sicherheitskräfte einschließlich außergerichtlicher Hinrichtungen, Folter und Vergewaltigung. Korruption bleibt weit verbreitet und trägt zur ineffektiven Verbrechensbekämpfung bei, insbesondere auch von Verbrechen gegen Frauen, Kinder und Mitglieder registrierter Kasten und Stämme sowie auch gesellschaftlicher Gewalt aufgrund von Geschlechts-, Religions-, Kasten- oder Stammeszugehörigkeit (USDOS 20.4.2018).

Eine verallgemeinernde Bewertung der Menschenrechtslage ist für Indien kaum möglich: Drastische Grundrechtsverletzungen und Rechtsstaatsdefizite koexistieren mit weitgehenden bürgerlichen Freiheiten, fortschrittlichen Gesetzen und engagierten Initiativen der Zivilgesellschaft. Vor allem die Realität der unteren Gesellschaftsschichten, die die Bevölkerungsmehrheit stellen, ist oftmals von Grundrechtsverletzungen und Benachteiligung geprägt (AA 18.9.2018). Ursache vieler Menschenrechtsverletzungen in Indien bleiben tiefverwurzelte soziale Praktiken wie nicht zuletzt das Kastenwesen (AA 18.9.2018). Frauen, Mitglieder ethnischer und religiöser Minderheiten sowie niederer Kasten werden systematisch diskriminiert (BICC 12.2018). Während die Bürger- und Menschenrechte von der Regierung größtenteils respektiert werden, ist die Lage in den Regionen, dort wo es interne Konflikte gibt, teilweise sehr schlecht. Dies trifft insbesondere auf Jammu und Kaschmir und den Nordosten des Landes zu. Den Sicherheitskräften, aber auch den nicht-staatlichen bewaffneten Gruppen, seien es separatistische Organisationen oder regierungstreue Milizen, werden massive Menschenrechtsverletzungen angelastet. Dem Militär und den paramilitärischen Einheiten werden Entführungen, Folter, Vergewaltigungen, willkürliche Festnahmen und außergerichtliche Hinrichtungen vorgeworfen. Insbesondere hinsichtlich der Spannungen zwischen Hindus und Moslems, welche im Jahr 2002 zu Tausenden von Todesfällen führten, wird den Sicherheitskräften Parteilichkeit vorgeworfen. Die Stimmung wird durch hindu-nationalistische Parteien angeheizt, welche auch in der Regierung vertreten sind (BICC 12.2018).

Separatistische Rebellen und Terroristen in Jammu und Kaschmir, den nordöstlichen Bundesstaaten und im "Maoistengürtel" begingen schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen, darunter Morde an Zivilisten, Polizisten, Streitkräften und Regierungsbeamten. Aufständische sind für zahlreiche Fälle von Entführung, Folter, Vergewaltigung, Erpressung und den Einsatz von Kindersoldaten verantwortlich (USDOS 20.4.2018).

In manchen Bundesstaaten schränkt das Gesetz die religiöse Konversion ein, Einschränkungen in Bezug auf die Bewegungsfreiheit dauern an (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

-

BICC - Bonn International Centre for Conversion (12.2018):

Informationsdienst - Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte: Länderinformation Indien,

http://www.ruestungsexport.info/user/pages/04.laenderberichte/indien/2018_indien.pdf, Zugriff 29.1.2019

-

ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2018:

Asylländerbericht Indien - Arbeitsversion

-

USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430388.html, Zugriff 18.10.2018

Religionsfreiheit

Die Verfassung garantiert Religionsfreiheit (USDOS 29.5.2018; vgl. AA 18.9.2018), ordnet eine säkularen Staat an, fordert den Staat auf, alle Religionen unparteilich zu behandeln und verbietet Diskriminierung auf religiöser Basis. Nationales und bundesstaatliches Recht gewähren die Religionsfreiheit jedoch unter dem Vorbehalt der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral (USDOS 29.5.2018). Der Schutz umfasst sowohl die innere Glaubensfreiheit als auch die Ausübung und im Prinzip auch die Verbreitung der Religion (AA 18.9.2018). Religionsfreiheit wird im Allgemeinen auch in der Praxis respektiert (FH 27.1.2018) und kaum eingeschränkt (AA 18.9.2018). Premierminister Modi hat sich im Februar 2015 zur Religionsfreiheit und der Gleichwertigkeit aller Religionen bekannt (AA 25.4.2015). Gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen den Religionsgruppen werden von der Regierung nicht geduldet (AA 25.4.2015). Das friedliche Nebeneinanderleben im multi-ethnischen, multi-religiösen Indien ist zwar die Norm, allerdings sind in einigen Unionsstaaten religiöse Minderheiten immer wieder das Ziel fundamentalistischer Fanatiker, oft auch mit Unterstützung lokaler Politiker (ÖB 12.2018). Die existierenden Spannungen, haben in der Vergangenheit auch zu massiven Gewaltausbrüchen geführt (2013 in Muzzafarnagar/Uttar Pradesh mit mehr als 40 Toten) (AA 18.9.2018). Berichten zufolge kommt es zu religiös motivierten Morden, Überfällen, Unruhen, Zwangskonvertierungen, Aktionen, die das Recht des Einzelnen auf Änderung seiner religiösen Überzeugung zum Ziel haben sowie zu Diskriminierung und Vandalismus. Es kommt auch zu Bedrohungen und Übergriffen von Hindu-Nationalisten auf Muslime und Christen sowie zur Zerstörung ihres Eigentums aufgrund ihres Glaubens und im Zuge von Streitereien über die örtliche Lage von Kirchen und Moscheen (USDOS 29.5.2018).

Die größten religiösen Gruppen, nach ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung bei der Volkszählung aus dem Jahr 2011, sind Hindus (79,8 Prozent), Muslime (14,2 Prozent), Christen (2,3 Prozent) und Sikhs (1,7 Prozent) (CIA Factbook 15.1.2019). Muslime, Sikhs, Christen, Parsis, Janais und Buddhisten gelten als gesetzlich anerkannte Minderheitengruppen unter den religiösen Gruppierungen (USDOS 29.5.2018; vgl. AA 18.9.2018), deren Vertreter in einer staatlichen Nationalen Minderheitenkommission sitzen. Hinzu kommen eine schier unüberschaubare Vielzahl unterschiedlicher indigener Volksgruppen mit eigenen animistischen Riten ("Adivasis" genannt), und die zahlenmäßig kleinen jüdischen und Bahai-Gemeinschaften (AA 18.9.2018). Das Gesetz legt fest, dass die Regierung die Existenz dieser religiösen Minderheiten schützt und Konditionen für die Förderung ihrer individuellen Identitäten begünstigt. Bundesstaatliche Regierungen sind dazu befugt, religiösen Gruppen gesetzlich den Status von Minderheiten zuzuerkennen (USDOS 29.5.2018).

Die Gesetzgebung in mehreren Staaten mit Hindumehrheit verbietet religiöse Konversion, die aus Zwang oder "Verlockung" erfolgt, was sehr weit ausgelegt werden kann, um Personen, die missionarisch tätig sind, zu verfolgen. Manche Bundesstaaten fordern für Konversion eine Genehmigung der Regierung (FH 27.1.2018). In acht der 29 Bundesstaaten (Arunachal Pradesh, Chhattisgarh, Gujarat, Himachal Pradesh, Jharkhand, Madhya Pradesh, Odisha und Rajasthan) bestehen Anti-Konvertierungsgesetze. Ausländische Missionare jeglicher Religionszugehörigkeit benötigen "Missions-Visa" ("missionary visa") (USDOS 29.5.2018).

Die Nationale Kommission für Minderheiten, welcher Vertreter der sechs ausgewiesenen religiösen Minderheiten und der Nationale Menschenrechtskommission angehören, untersucht Vorwürfe von religiöser Diskriminierung. Das Ministerium für Minderheitenangelegenheiten ist auch befugt, Untersuchungen anzustellen. Diese Stellen verfügen über jedoch über keine Durchsetzungsbefugnisse, sondern legen ihre gewonnenen Erkenntnisse zu Untersuchungen auf Grundlage schriftlicher Klagen durch Beschwerdeführer bei, welche strafrechtliche oder zivilrechtliche Verstöße geltend machen, und legen ihre Ergebnisse den Strafverfolgungsbehörden zur Stellungnahme vor. Achtzehn der 29 Staaten des Landes und das National Capital Territory of Delhi verfügen über staatliche Minderheitenkommissionen, die auch Vorwürfe religiöser Diskriminierung untersuchen (USDOS 29.5.2018).

Gewalt gegen religiöse Minderheiten, wurde 2017 in Indien zu einer zunehmenden Bedrohung (HRW 18.1.2018). 2018 versäumte es die Regierung, wachsende Gewaltausübung gegen religiöse Minderheiten - oft von Gruppen, welche behaupten, die regierende Bharatiya Janata Party (BJP) zu unterstützen - zu verhindern oder glaubwürdig zu untersuchen. Gleichzeitig unterstützten einige hochrangige Persönlichkeiten der BJP öffentlich die Täter solcher Verbrechen, halten Hetzreden gegen Minderheitengruppen und unterstützen die hinduistische Vorherrschaft und den Ultranationalismus, was zu weiterer Gewalt führt (HRW 17.1.2019).

Personenstandsgesetze gelten nur für bestimmte Religionsgemeinschaften in Fragen der Ehe, Scheidung, Adoption und Vererbung. Die Regierung gewährt bei der Ausarbeitung dieser Gesetze erhebliche Autonomie für die Personenstandsgremien. Das hinduistische, das christliche, das Parsi und das islamische Personenstandsgesetz sind rechtlich anerkannt und gerichtlich durchsetzbar (USDOS 29.5.2018). Im Familienrecht genießen Muslime wie auch Christen besondere Freiheiten, die ihnen die Beachtung ihrer Traditionen ermöglichen (AA 18.9.2018).

Der Wahlsieg der Hindu-nationalistischen BJP im Jahr 2014 löste in der Öffentlichkeit eine intensive Diskussion über das Spannungsfeld zwischen den Werten einer säkularen Verfassung und einer in Teilen zutiefst religiösen Bevölkerung aus; die Debatte zu religiös motivierter Gewalt wird lebhaft und kontrovers geführt (AA 18.9.2018). Die Zahl gewalttätiger Auseinandersetzungen zwischen den Religionsgruppen hat im Jahr 2017 nach offiziellen Angaben zugenommen: Im Vergleich zum Vorjahr (2017: 706 Fälle) auf 822 erfasste Fälle mit insgesamt 111 Toten (2017: 86 Tote) (AA 18.9.2018).

Die Mehrzahl der Übergriffe dürfte hindu-fundamentalistisch motiviert sein; eine offizielle Aufschlüsselung gibt es nicht. Gewalttätige Übergriffe durch selbsternannte Retter der "gau mata" (Heilige Mutter Kuh im Hinduismus) haben an Intensität und Zahl zugenommen (AA 18.9.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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AA - Auswärtiges Amt (25.4.2015): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien

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CIA - Central Intelligence Agency (15.11.2019): The World Factbook

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India,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/in.html, Zugriff 23.1.2019

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FH - Freedom House (27.1.2018): Freedom in the World 2018 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1142635.html, Zugriff 22.10.2018

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HRW - Human Rights Watch(17.1.2019): World Report 2019 - India, ttps://www.ecoi.net/de/dokument/2002249.html, Zugriff 23.1.2019

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HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422455.html, Zugriff 23.10.2018

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ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Indien - Arbeitsversion

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USDOS - US Department of State (29.5.2018): 2018 Report on International Religious Freedom - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1436757.html, Zugriff 29.10.2018

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz gewährt landesweite Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Migration und Repatriierung, und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 20.4.2018). Das staatliche Gewaltmonopol wird gebietsweise von den Aktivitäten der "Naxaliten" in Frage gestellt. Abgesehen davon ist Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes gewährleistet (AA 18.9.2018).

Die Regierung lockerte Einschränkungen für ausländische Reisende in Bezug auf Reisen nach Arunachal Pradesh, Nagaland, Mizoram, Manipur und Teilen von Jammu und Kaschmir, außer für Ausländer aus Pakistan, China und Burma. Das Innenministerium und die Bundesstaatenregierungen verlangen vor Reiseantritt von den Bürgern spezielle Genehmigungen einzuholen, um in bestimmte gesperrte Regionen bzw. Sperrzonen zu reisen (USDOS 20.4.2018).

Es gibt kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem, so dass ein Großteil der Bevölkerung keinen Ausweis besitzt. Dies begünstigt die Niederlassung in einem anderen Landesteil im Falle von Verfolgung. Auch bei laufender strafrechtlicher Verfolgung ist nicht selten ein unbehelligtes Leben in ländlichen Bezirken eines anderen Landesteils möglich, ohne dass die Person ihre Identität verbergen muss (AA 18.9.2018).

In den großen Städten ist die Polizei jedoch personell und materiell besser ausgestattet, so dass die Möglichkeit, aufgespürt zu werden, dort größer ist. Bekannte Persönlichkeiten ("high profile" persons) können nicht durch einen Umzug in einen anderen Landesteil der Verfolgung entgehen, wohl aber weniger bekannte Personen ("low profile" people) (ÖB 12.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Indien - Arbeitsversion

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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430388.html, Zugriff 18.10.2018

Meldewesen

Noch gibt es in Indien kein nationales Melde- bzw. Staatsbürgerschaftsregister. Die Regierung verfolgt seit einigen Jahren ein nationales Projekt zur Registrierung der Staatsbürger, und damit verbunden wird die Ausstellung von Personalausweisen ("Aadhar Card") sein. Von der Realisierung dieses Projektes ist man trotz einiger Vorarbeit aber noch weit entfernt. Es gibt kein Meldewesen in Indien (ÖB 12.2018; vgl. AA 18.9.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Indien - Arbeitsversion

Grundversorgung und Wirtschaft

In Indien lebt etwa ein Viertel der Bevölkerung unter dem veranschlagten Existenzminimum der Vereinten Nationen. Sofern es nicht zu außergewöhnlichen Naturkatastrophen kommt, ist jedoch eine das Überleben sichernde Nahrungsversorgung auch der untersten Schichten der Bevölkerung zum Großteil gewährleistet. Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, Sozialhilfe gibt es nicht, die Rückkehrer sind auf die Unterstützung der eigenen Familie oder von Bekannten angewiesen (ÖB 12.2018).

Das Wirtschaftswachstum lag im Haushaltsjahr 2016/2017 bei 7,1 Prozent und in 2017/18 bei 6,75 Prozent mit wieder steigender Tendenz. Indien zählt damit nach wie vor zu den am stärksten expandierenden Volkswirtschaften der Welt (AA 11.2018a).

2016 lag die Erwerbsquote laut Schätzungen der ILO bei 55,6 Prozent. Der Hauptteil der Menschen arbeitet im Privatsektor. Es gibt immer noch starke Unterschiede bei der geschlechtlichen Verteilung des Arbeitsmarktes. Indien besitzt mit 478,3 Millionen Menschen die zweitgrößte Arbeitnehmerschaft der Welt (2012). Jährlich kommen 12,8 Millionen Arbeitskräfte hinzu. Im Jahr 2015 lag die Arbeitslosenquote bei 3,4 Prozent (nach ILO 2016) (BAMF 3.9.2018).

Schätzungen zufolge stehen nur circa 10 Prozent aller Beschäftigten in einem vertraglich geregelten Arbeitsverhältnis. Die übrigen 90 Prozent werden dem sogenannten "informellen Sektor" zugerechnet - sie sind weder gegen Krankheit oder Arbeitsunfälle abgesichert, noch haben sie Anspruch auf soziale Leistungen oder Altersversorgung (AA 11.2018a). Die überwiegende Mehrheit der indischen Bevölkerung lebt in ländlich-bäuerlichen Strukturen und bleibt wirtschaftlich benachteiligt. Der Anteil der Landwirtschaft an der indischen Wirtschaftsleistung sinkt seit Jahren kontinuierlich und beträgt nur noch etwa 16,4 Prozent (2017/18) der Gesamtwirtschaft, obgleich fast 50 Prozent der indischen Arbeitskräfte in diesem Bereich tätig sind (AA 11.2018a).

Die Regierung hat überall im Land rund 1.000 Arbeitsagenturen (Employment Exchanges) eingeführt um die Einstellung geeigneter Kandidaten zu erleichtern. Arbeitssuchende registrieren sich selbständig bei den Arbeitsagenturen und werden informiert sobald eine geeignete Stelle frei ist (BAMF 3.9.2018; vgl. PIB 23.7.2018). Das Nationale Mahatma Gandhi Beschäftigungsgarantieprogramm für die ländliche Bevölkerung (Mahatma Gandhi National Rural Employment Guarantee Act, MGNREGA), läuft bis 2019. Das Ziel des laufenden Programms besteht darin, die ländliche Infrastruktur zu verbessern, die Land- und Wasserressourcen zu vergrößern und der armen Landbevölkerung eine Lebensgrundlage zu bieten: Jedem Haushalt, dessen erwachsene Mitglieder bereit sind, manuelle Arbeiten zu verrichten, welche keiner besonderen Qualifikation bedarf, wird mindestens 100 Tage Lohnarbeit pro Haushaltsjahr garantiert (SNRD 26.3.2018). Einige Staaten in Indien geben Arbeitssuchenden eine finanzielle Unterstützung für die Dauer von drei Jahren. Für weitere Informationen sollte die jeweilige lokale Vermittlungsagentur kontaktiert werden. Diese bieten auch Beratungen an, bei denen sie Informationen zu Verfügung stellen (BAMF 3.9.2018).

Indien steht vor gewaltigen Herausforderun

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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