Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §45 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des J L in G, vertreten durch Dr. Walter Poschinger und Mag. Anita Taucher, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Burggasse 12/III, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 11. Jänner 1995, Zl. 18/186-4/1994, betreffend Übertretung des Gefahrgutbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 5. September 1994, Zl. III/St-23.531/93, als mit der Rechtskraft der Strafverfügung dieser Behörde vom 25. Jänner 1994, Zl. III/St-23.531/93, unvereinbar behoben und weiters der Einspruch des Beschwerdeführers vom 24. Februar 1994 gegen die genannte Strafverfügung als verspätet zurückgewiesen.
Mit der besagten Strafverfügung seien dem Beschwerdeführer bereits jene Verwaltungsübertretungen nach dem Gefahrgutbeförderungsgesetz - GGSt vorgeworfen worden, die ihm auch in dem vor der belangten Behörde angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegt würden. Diese Strafverfügung sei dem Beschwerdeführer laut Rückschein nach einem ersten Zustellversuch am 8. Februar 1994 und einem zweiten Zustellversuch am 9. Februar 1994 mit letztgenanntem Datum durch postamtliche Hinterlegung zugestellt worden, weshalb auch die Frist zur Abholung mit diesem Datum begonnen habe. Dazu habe der Beschwerdeführer vor der Erstbehörde vorgebracht, daß er sich vom 31. Jänner 1994 bis zum 15. Februar 1994 nicht an der Abgabestelle aufgehalten habe, die Strafverfügung erst am 16. Februar 1994 habe beheben können und am 24. Februar 1994 - seines Erachtens nach fristgerecht - Einspruch gegen die Strafverfügung erhoben habe. Dem sei nach Meinung der belangten Behörde entgegenzuhalten, daß mit der bloßen Behauptung einer Ortsabwesenheit ohne nähere Angabe und Anbot von Beweismitteln das Vorliegen einer unwirksamen Zustellung durch Hinterlegung nicht dargetan werden könne. Aus einem der Erstbehörde vorgelegten Schreiben seines Arbeitgebers ergebe sich lediglich, daß der Beschwerdeführer im Zeitraum vom 9. Februar 1994 bis zum 23. Februar 1994 ortsabwesend gewesen sei. In Ansehung dieses Schreibens sei der Beschwerdeführer jedenfalls beim ersten Zustellversuch am 8. Febraur 1994 nicht ortsabwesend gewesen und habe somit durch die Verständigung vom erfolglosen ersten Zustellversuch an diesem Tag Kenntnis davon erlangen können, daß ihm ein behördliches Schriftstück zugestellt werden solle; auf dem Boden der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe die Hinterlegung am 9. Februar 1994 daher die Wirkung einer Zustellung gehabt. Für die vom Beschwerdeführer behauptete "ausgedehntere Ortsabwesenheit" habe dieser keine Bescheinigungsmittel vorgelegt bzw. Zeugen namhaft gemacht. Die gegen ihn erlassene Strafverfügung sei somit rechtskräftig geworden.
2. Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Der Beschwerdeführer wendet gegen den angefochtenen Bescheid ein, daß er zum Nachweis seiner Ortsabwesenheit zum Zeitpunkt der Hinterlegung der Strafverfügung am 9. Februar 1994 im Verwaltungsverfahren mit Schreiben vom 10. Jänner 1995 (nach Ausweis des Verwaltungsaktes bei der belangten Behörde am 16. Jänner 1995 eingelangt) die Einvernahme eines näher genannten Zeugen - der ersucht werden möge, das den Beschuldigten betreffende Fahrtenbuch und die Tachoscheibe jenes Fahrzeugs, welches der Beschuldigte am 9. Februar 1994 gelenkt habe, vorzulegen - beantragt habe. Die belangte Behörde habe dem Beschwerdeführer (nach Ausweis des Aktes mit Schreiben vom 10. Februar 1995) dazu mitgeteilt, daß dieser Antrag nicht mehr berücksichtigt habe werden können, weil "die Angelegenheit bereits mit hieramtlichem Bescheid vom 11. Jänner 1995 abgeschlossen worden" sei; dieser Bescheid sei der Erstbehörde bereits vor Eintreffen des besagten Antrages bei der belangten Behörde "zugestellt" worden, sodaß für die belangte Behörde "bindende Wirkung der Entscheidung" eingetreten sei.
Mit diesem Vorbringen ist für die Beschwerde nichts gewonnen. Nach Ausweis des Aktes endete die dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde für die Stellung des besagten Beweisantrages eingeräumte Frist (von insgesamt etwa sechs Wochen) am 28. Dezember 1994. Wenn die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid nach Ablauf dieser Frist der Erstbehörde - wie den vorgelegten Verwaltungsakten entnehmbar - am 13. Jänner 1995 zustellte, ist dies daher nicht als rechtswidrig zu erkennen; im Hinblick auf diese Zustellung konnte die belangte Behörde den verspäteten Beweisantrag bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides auch nicht mehr berücksichtigen.
Im übrigen hat die belangte Behörde zutreffend die Auffassung vertreten, daß bei einer Zustellung zu eigenen Handen die Hinterlegung des behördlichen Schriftstückes die Wirkung einer Zustellung hat, wenn der Empfänger auch nur am Tag des ersten Zustellversuches (hier: am 8. Februar 1994) nicht ortsabwesend war (vgl. Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 1998, 2024, E 28 zu § 21 des Zustellgesetzes); diesfalls hindert eine allfällige Ortsabwesenheit am Tag des zweiten Zustellversuches (hier: am 9. Februar 1994) das Zustandekommen einer wirksamen Zustellung nicht. Daß ein Fall vorgelegen wäre, der es dem Beschwerdeführer unmöglich gemacht hätte, am 8. Februar für den Fall seiner Ortsabwesenheit am 9. Februar für eine Entgegennahme der Sendung Vorkehrungen zu treffen, bringt er nicht vor.
Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführer weiters zu Recht aufgefordert, seine Behauptung, vom 31. Jänner 1994 bis zum 15. Februar 1994 (nachts) nicht an seiner Wohnadresse anwesend gewesen zu sein, entsprechend unter Beweis zu stellen. Der Beweis, daß die Zustellung der in Rede stehenden Strafverfügung vorschriftsmäßig erfolgt ist, wird nämlich durch den aus den vorgelegten Verwaltungsakten ersichtlichen, eine öffentliche Urkunde darstellenden Zustellnachweis (Rückschein) erbracht. Behauptet der Beschwerdeführer aber, es läge - infolge seiner Ortsabwesenheit zum Zustellzeitpunkt - ein Zustellmangel vor, so hat er diese Behauptung im Rahmen seiner Mitwirkungsverpflichtung entsprechend zu begründen und glaubhaft zu machen (vgl. Walter/Thienel, aaO, 1995, E 64 zu § 17 des Zustellgesetzes).
Dieser Nachweis wäre dem Beschwerdeführer mit der Einvernahme des von ihm genannten Zeugen bzw. der Vorlage des Fahrtenbuches und der Tachoscheibe des vom Beschwerdeführer am 9. Februar 1994 gelenkten Fahrzeuges deswegen nicht gelungen, weil die Beweise zum Nachweis seiner Ortsabwesenheit nicht für den für die Zustellung der in Rede stehenden Strafverfügung maßgeblichen 8. Februar 1994, sondern für einen erst am 9. Februar 1994 beginnenden Zeitraum beantragt wurden. Dem behaupteten Verfahrensmangel fehlt somit die Relevanz im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG.
Vor diesem Hintergrund ist die Auffassung der belangten Behörde, daß die genannte Strafverfügung dem Beschwerdeführer mit 9. Februar 1994 wirksam zugestellt und infolge Verspätung des dagegen erhobenen Einspruches rechtskräftig geworden ist, nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Dem angefochtenen Bescheid haftet somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht an, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 (vgl. den hg. Beschluß vom 6. Mai 1998, Zl. 96/21/0735).
Schlagworte
Beweismittel UrkundenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1995030092.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
29.03.2012