Entscheidungsdatum
09.12.2019Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W133 2222688-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 24.07.2019, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in dem Behindertenpass zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin ist seit 05.07.2016 Inhaberin eines unbefristeten Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 60 von Hundert (v. H.) mit der Zusatzeintragung "Der Inhaber/die Inhaberin des Passes ist TrägerIn einer Prothese". Die Ausstellung erfolgte nach Einholung eines allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens vom 29.06.2016, in dem die Funktionseinschränkungen 1. "Dilatative Kardiomyopathie NYHA II, Herzinfarkt 09/2015, Schrittmacher bei Herzryhthmusstörungen 01/2016" bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 50 v.H. nach der Positionsnummer 05.02.02 der Anlage der Einschätzungsverordnung, 2. "Degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Vertebrostenose L3/4 mit chronischer Dorsolumbalgie" bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 40 v.H. nach der Positionsnummer 02.01.02 der Anlage der Einschätzungsverordnung und
3. "Degenerative Veränderungen beider Kniegelenke, Fingergelenksarthrosen, Zustand nach operativen Fußkorrekturen beidseits" bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 20 v. H. nach der Positionsnummer 02.02.01 der Anlage der Einschätzungsverordnung, festgestellt wurden. Es wurde ausgeführt, dass Leiden 2 und 3 das führende Leiden 1 um eine Stufe erhöhten, da die Leiden gemeinsam schwerwiegend seien. Es wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar sei. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.05.2017, hg. GZ. W218 2132855-1/4E, wurde der diesbezüglich ergangene Bescheid der belangten Behörde vom 05.07.2016 betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" bestätigt und die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Am 16.04.2019 stellte die Beschwerdeführerin den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis), der entsprechend dem von der Beschwerdeführerin unterfertigten Antragsformular für den - auf die Beschwerdeführerin zutreffenden - Fall, dass sie nicht über einen Behindertenpass mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in diesem Behindertenpass verfügt, auch als Antrag auf Vornahme der genannten Zusatzeintragung in dem Behindertenpass galt. Diesem Antrag legte sie ein Schreiben betreffend ihre persönliche Situation, eine Skizze ihres Wohnortes und medizinische Unterlagen bei.
Die belangte Behörde holte in der Folge ein medizinisches Sachverständigengutachten nach der Einschätzungsverordnung ein. In dem Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie vom 02.07.2019 konnten auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 25.06.2019 folgende Funktionseinschränkungen objektiviert werden: 1.) Dilatative Cardiomyopathie, Herzinfarkt 2015, Schrittmacher, 2.) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule und 3.) Degenerative Veränderungen der Knie-, Fingergelenke, Zustand nach operativer Fußkorrektur. Im Vergleich zum Vorgutachten aus dem Jahr 2016 hätten sich keine wesentlichen Änderungen ergeben. Es wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar sei.
Mit Schreiben vom 03.07.2019 räumte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin ein förmliches Parteiengehör gemäß § 45 AVG samt Möglichkeit zur Stellungnahme ein. Das orthopädische Gutachten vom 02.07.2019 wurde der Beschwerdeführerin als Beilage übermittelt.
Die Beschwerdeführerin erstattete mit handschriftlichem Schreiben vom 18.07.2019 eine Stellungnahme, in welcher sie zusammengefasst ausführt, dass der von der belangten Behörde beigezogene Gutachter keinem ihrer vorgelegten Beweismittel seine Aufmerksamkeit geschenkt habe. Nur so sei es zu erklären, dass man ihr in ihrem Alter eine günstigere Nutzung ihres PKWs, auf welchen sie angewiesen sei, verwehrt habe. In der beigelegten Skizze könne man sehen, dass der Weg von der Bushaltestelle zu ihrem Wohnsitz 600 m mit einer durchschnittlichen Steigung von circa 9% betrage. Dieser Weg sei selbst für einen gesunden Menschen nicht leicht zu bewältigen. Sie hingegen sei schwer gebehindert und an einen Gehstock gebunden. Diesem Schreiben legte sie die bereits mit dem Antrag vorgelegte Skizze ihres Wohnortes und einen Befund eines näher genannten Orthopäden vom 16.07.2019 bei.
Aufgrund der eingebrachten Stellungnahme holte die belangte Behörde eine Stellungnahme des Orthopäden vom 24.07.2019 ein, welcher das Gutachten vom 02.07.2019 erstellt hatte. Darin führt der Gutachter aus, dass die Nichtzuerkennung der Unzumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel anhand objektiver Kriterien zu erfolgen hat, und nicht die urgierte individuelle Erreichbarkeit einer Haltestelle oder Wegstrecke, sondern eben das Bewältigen einer kurzen Wegstrecke als gesetzlich festgelegte Beurteilungsgrundlage heranzuziehen sei. Der neu vorgelegte orthopädische Befundbericht bringe keine neuen Erkenntnisse und sei nicht geeignet, die getroffene Beurteilung im gegenständlichen Gutachten zu beeinflussen.
Mit Bescheid vom 24.07.2019 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" gemäß §§ 42 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) ab. Sie stützte diesen Bescheid auf die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens.
Am 13.08.2019 langte bei der belangten Behörde fristgerecht eine handschriftliche Beschwerde der Beschwerdeführerin ein. Darin führt sie aus, dass sie der abermaligen Beurteilung des beigezogenen Sachverständigen nicht beipflichten könne. Eine solche Beurteilung sei rein subjektiv und könne, wie man aus der Vergangenheit wisse, schlicht und einfach falsch sein. Noch dazu, wo auch die zweite Beurteilung vom gleichen Sachverständigen erfolgt sei. Sie ersuche daher um neuerliche Beurteilung durch einen anderen Sachverständigen. Dieser Beschwerde legte sie keine medizinischen Befunde bei.
Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht am 22.08.2019 den Verwaltungsakt und die Beschwerde zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin eines unbefristeten Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 60 v.H.
Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
Die Beschwerdeführerin stellte am 16.04.2019 einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in dem Behindertenpass.
Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1. Dilatative Cardiomyopathie, Herzinfarkt 2015, Schrittmacher;
2. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule;
3. Degenerative Veränderungen der Knie-, Fingergelenke, Zustand nach operativer Fußkorrektur.
Es bestehen bei der Beschwerdeführerin weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten, noch erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke mit einem Aktionsradius von rund 10 Minuten, entsprechend einer Entfernung von rund 300 bis 400 m, ist der Beschwerdeführerin unter Verwendung eines Gehstockes zumutbar und möglich. Die Benützung eines Gehstockes stellt eine zumutbare Kompensationsmöglichkeit dar. Eine höhergradige Einschränkung der Gehfähigkeit konnte bei der gutachterlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin nicht objektiviert werden. Die Beine können gehoben werden, Niveauunterschiede können überwunden werden. Es besteht ausreichend Kraft und Beweglichkeit an den oberen Extremitäten. Die Greifformen sind erhalten.
Ebenso besteht von neurologisch/psychiatrischer Seite keine Unzumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel. Es besteht weiters keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems. Auch besteht keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit.
Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, wechselseitiger Leidensbeeinflussung, medizinischer Diagnose und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen medizinischen Beurteilungen im Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie vom 02.07.2019 sowie dessen ergänzende Stellungnahme vom 24.07.2019 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.
Die Beschwerdeführerin erhob weder in ihrer Stellungnahme im Rahmen des von der belangten Behörde durchgeführten Parteiengehörs, noch in ihrer Beschwerde konkrete und substantiierte Einwendungen gegen das vorliegende Gutachten und die gutachterliche Stellungnahme. In ihrer Stellungnahme moniert die Beschwerdeführerin allgemein, dass den von ihr vorgelegten medizinischen Unterlagen vom beigezogenen Sachverständigen nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt worden sei. In der Beschwerde führt sie aus, dass sie der abermaligen Beurteilung des beigezogenen Sachverständigen nicht beipflichten könne. Eine solche Beurteilung sei rein subjektiv und könne, wie man aus der Vergangenheit wisse, schlicht und einfach falsch sein. Noch dazu, wo auch die zweite Beurteilung vom gleichen Sachverständigen erfolgt sei. Es wurde um eine neuerliche Beurteilung durch einen anderen Sachverständigen ersucht.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen über die Ausstellung eines Behindertenpasses, den aktuellen Grad der Behinderung und das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" im Behindertenpass basieren auf dem Akteninhalt.
Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland ergibt sich aus einem vom Bundesverwaltungsgericht aktuell eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Auch die belangte Behörde ging vom Vorliegen dieser Voraussetzung aus.
Die Feststellungen zu den bestehenden Leidenszuständen und zur aktuellen Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gründen sich auf das durch die belangte Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie vom 02.07.2019 sowie auf dessen ergänzende Stellungnahme vom 24.07.2019. Darin wird nachvollziehbar ausgeführt, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für die Beschwerdeführerin aktuell zumutbar ist. Im Gutachten und in der Stellungnahme wird auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Der Gutachter setzt sich auch nachvollziehbar mit den im Zuge des Verfahrens vorgelegten Befunden auseinander. Die getroffene Beurteilung basiert auf dem im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befund und entspricht auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen (zur Art und zum Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen und deren Auswirkungen wird auf die detaillierten, oben im Original wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen).
Die Feststellungen und die getroffene medizinische Beurteilung zu den Auswirkungen der vorliegenden Gesundheitsschädigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel decken sich auch mit den Ergebnissen der Untersuchung im Rahmen der Statuserhebung und auch mit den vorliegenden Befunden.
Im Rahmen der Untersuchung wurde folgender klinischer Status erhoben:
"Allgemeinzustand:
altersentsprechend
Ernährungszustand:
normal
Größe: 167,00 cm Gewicht: 58,00 kg Blutdruck:
Klinischer Status - Fachstatus:
Caput/Collum: unauffällig
Thorax: symmetrisch, elastisch, unter dem linken Schlüsselbein alte blasse Narbe, darunter
eine Metallharte Resistenz tastbar
Abdomen: klinisch unauffällig, kein Druckschmerz
Obere Extremitäten:
Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal. Symmetrische Muskelverhältnisse. Durchblutung und Sensibilität sind ungestört. Benützungszeichen sind seitengleich. Mäßig Fingergelenksarthrosen ohne auffällige Fehlstellungen.
Sämtliche Gelenke sind altersentsprechend.
Beweglichkeit:
Die Schultern sind über der Horizontalen je 1/2 eingeschränkt. Nacken- und Kreuzgriff sind endlagig eingeschränkt. Ellbogen, Vorderarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger sind seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar, der Faustschluss ist komplett.
Untere Extremitäten:
Der Barfußgang ohne Gehhilfen ist kleinschrittig, wankend, insgesamt etwas unsicher, bei ausgeprägter Valgusstellung am rechten Knie. Annähernd symmetrische Muskelverhältnisse. Beinlänge ist gleich. Durchblutung und Sensibilität sind ungestört. Die Fußsohlenbeschwielung ist seitengleich ausgebildet, das Fußgewölbe ist erhalten.
Linkes Sprunggelenk: im Seitenvergleich deutlich verschwollen, insgesamt bandfest. Rechtes Knie: Valgusstellung, vermehrte äußere Aufklappbarkeit. Kein wesentlicher intraartikulärer Erguss. Schmerzen bei X-Vermehrung innenseitig.
Linkes Knie: altersentsprechend, bandfest, unauffällig.
Übrige Gelenke sind bandfest und unauffällig.
Beweglichkeit:
Hüften seitengleich frei. Knie S rechts 0-0-110 links 0-0-130. Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.
Wirbelsäule:
Der Schultergürtel steht horizontal, der linke Beckenkamm steht höher. Ausgleichsskoliose am der Lendenwirbelsäule, Streckhaltung der gesamten Lendenwirbelsäule. Regelrechte Brustkyphose mit Rotationskomponente. Kein wesentlicher Hartspann. Druckschmerz über der unteren Lendenwirbelsäule. ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei. Lasegue beidseits negativ.
Beweglichkeit:
Halswirbelsäule: allseits endlagig eingeschränkt.
Brustwirbelsäule/Lendenwirbelsäule: beim Vorwärtsbeugen reichend die Fingerkuppen zur Mitte der Unterschenkel. Seitwärtsneigen und Rotation je 1/2 eingeschränkt.
Gesamtmobilität - Gangbild:
Kommt in Turnschuhen zur Untersuchung, verwendet einen Gehstock. Das Gangbild ist insgesamt verlangsamt ohne auffälliges einseitiges Hinken, ist sicher. Das Aus- und Ankleiden wird im Stehen durchgeführt.
Status Psychicus:
wach, Sprache unauffällig."
Daraus ergibt sich, dass der Beschwerdeführerin das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke mit einem Aktionsradius von rund 10 Minuten, entsprechend einer Entfernung von rund 300 bis 400 m, unter Verwendung eines Gehstockes zumutbar und möglich ist. Die Benützung eines Gehstockes stellt eine zumutbare Kompensationsmöglichkeit dar. Eine höhergradige Einschränkung der Gehfähigkeit konnte bei der gutachterlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin nicht objektiviert werden.
Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme, dass den von ihr vorgelegten medizinischen Unterlagen vom beigezogenen Sachverständigen nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt worden sei, ist entgegenzuhalten, dass sämtliche von ihr im Laufe des Verfahrens vorgelegten medizinischen Unterlagen vom beigezogenen Sachverständigen bei der Erstellung seines Gutachtens bzw. der Stellungnahme gesichtet wurden und in die Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist oder nicht, mit eingeflossen sind. Die vorgelegten medizinischen Unterlagen vermochten nicht zu einem anderen Ergebnis betreffend die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zu führen.
Schließlich ist anzumerken, dass sich dem eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten keine ausreichend konkreten Anhaltspunkte für die Annahme entnehmen lassen, dass bei der Beschwerdeführerin vom beigezogenen Sachverständigen keine fachgerechte Untersuchung durchgeführt worden wäre und ergibt sich eine solche Annahme auch nicht aus dem diesbezüglich nicht ausreichend substantiierten Vorbringen in der Stellungnahme bzw. in der Beschwerde; insbesondere widersprechen die Untersuchungsergebnisse im Wesentlichen auch nicht den von der Beschwerdeführerin selbst vorgelegten medizinischen Unterlagen. Im Übrigen ist es - dies sei lediglich der Vollständigkeit halber angemerkt - im gegenständlichen Verfahren nicht Aufgabe des medizinischen Sachverständigen, dem Antragsteller eine medizinische Behandlung zukommen zu lassen, sondern eine Beurteilung auf Grundlage der Bestimmungen der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen vorzunehmen.
Zum Vorbringen, dass die Wegstrecke zwischen dem Wohnsitz der Beschwerdeführerin und der Bushaltestelle sehr steil sei und 600 m messen würde, wird auf die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen verwiesen.
Die Beschwerdeführerin ist dem Sachverständigengutachten bzw. der sachverständigen Stellungnahme auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens und der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme. Diese werden daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:
"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
...
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
...
§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
...
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
...
§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.
§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."
§ 1 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 in der Fassung des BGBl. II Nr. 263/2016, lautet auszugsweise:
"§ 1 ...
(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen: 1. die Art der Behinderung, etwa dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes
a)...
b)...
...
2. ... 3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des
Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und - erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder - erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder - erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder - eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder - eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d vorliegen.
(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
(6)..."
Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).
Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).
Dabei kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Allgemeinen an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus sonstigen, von der Gesundheitsbeeinträchtigung unabhängigen Gründen erschweren, wie etwa die Entfernung des Wohnorts vom nächstgelegenen Bahnhof (vgl. VwGH 22.10.2002, 2001/11/0258 und VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013). In diesem Zusammenhang geht das Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass die Wegstrecke zwischen ihrem Wohnsitz und der Bushaltestelle steil sei und etwa 600 m betrage, ins Leere.
In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen zur Stammfassung BGBl. II 495/2013 wird - soweit im Beschwerdefall relevant - Folgendes ausgeführt:
Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise) - (nunmehr seit der Novelle BGBl. II Nr. 263/2016 unter § 1 Abs. 4 Z. 3 geregelt):
"Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
...
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleichbedeutend.
...
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
-
arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
-
Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
-
hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
-
Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
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COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
-
Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
-
mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss benützt werden.
...
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
-
Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,
-
hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,
-
schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,
-
nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich.
Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:
-
anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID - sever combined immundeficiency),
-
schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),
-
fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,
-
selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.
..."
Der Vollständigkeit halber ist zunächst darauf hinzuweisen, dass im gegenständlichen Verfahren der Antrag der Beschwerdeführerin auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" gemäß §§ 42 und 45 BBG abgewiesen wurde. Verfahrensgegenstand im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist somit nicht die Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung, sondern ausschließlich die Prüfung der Voraussetzungen für die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung.
Wie oben unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, werden der gegenständlichen Entscheidung das Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie vom 02.07.2019 sowie dessen ergänzende Stellungnahme vom 24.07.2019 zu Grunde gelegt, wonach der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel möglich und auch zumutbar ist. Weder bestehen ausreichend erhebliche Einschränkungen der oberen oder unteren Extremitäten, noch entscheidungserhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, noch erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder Funktionen. Auch liegen keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubheit vor sowie auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems im Sinne der genannten Verordnung. Ein psychiatrisches Leiden in einem Ausmaß, welches die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in unzumutbarem Ausmaß behindert, wurde ebenfalls nicht belegt.
Wie ebenfalls bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, wurden von der Beschwerdeführerin keine Befunde vorgelegt, die das Gutachten bzw. die Stellungnahme entkräften würden. Das Gutachten und die Stellungnahme erweisen sich als richtig, vollständig und schlüssig.
Auch eine Ausschöpfung der zumutbaren Therapieoptionen in Bezug auf die geltend gemachten Funktionseinschränkungen ist nicht belegt. Nach den anzuwendenden Erläuterungen ist aber auch die Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin wäre hierfür nach den Erläuterungen nicht ausreichend.
Da festzustellen war, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß erreichen, welches aktuell die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" rechtfertigt, war die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid spruchgemäß abzuweisen. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist der Beschwerdeführerin zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt zumutbar.
Da der Sachverhalt feststeht und die Sache daher entscheidungsreif ist, war dem in der Beschwerde gestellten Antrag auf Beiziehung eines anderen Sachverständigen nicht Folge zu geben, zumal im gegenständlichen Verfahren bereits ein nicht zu beanstandendes medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt wurde und der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde.
Die Beschwerdeführerin ist darauf hinzuweisen, dass bei einer befundmäßig objektivierten offenkundigen Verschlechterung ihres Leidenszustandes eine neuerliche Antragstellung und die neuerliche Prüfung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.
Im gegenständlichen Fall wurde die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unter Mitwirkung eines ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Schmerzen, Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen, deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel) gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht ausreichend substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). Beide Parteien haben zudem keine mündliche Verhandlung beantragt. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird (vgl. dazu die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 09.06.2017, Zl. E 1162/2017-5).
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W133.2222688.1.00Zuletzt aktualisiert am
02.03.2020