TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/9 W116 2218286-1

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Veröffentlicht am 09.12.2019
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Entscheidungsdatum

09.12.2019

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z15
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §75 Abs24
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W116 2218286-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Mario DRAGONI als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.03.2019, Zl. 1220352501-190181627, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsbürger, Kurde und sunnitischer Moslem, stellte nach illegaler Einreise am 20.02.2019 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Im Zuge der am selben Tag durchgeführten Erstbefragung gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen an, dass es im Jahr 2013 vor seiner Wohnung in Damaskus einen Bombenanschlag gegeben habe. Aus Angst um sein Leben und das seiner Familie sei er nach XXXX gezogen. Dort sei das Leben jedoch unmöglich gewesen, da sie ständig von der Türkei bedroht worden seien und es auch Bombenanschläge geben würde. Bei einer Rückkehr habe er Angst um sein Leben und das seiner Familie.

1.2. Am 19.03.2019 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für die kurdische Sprache niederschriftlich einvernommen. Dabei brachte er zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen vor, dass er am XXXX von Damaskus nach XXXX zurückgezogen sei. Er habe als Kurde Probleme mit Nachbarn gehabt, die gemeint hätten, er müsste sich entscheiden entweder mit der oder gegen die Regierung zu sein. Er habe es nicht mehr hören können. Außerdem habe es einen Bombenanschlag gegeben, wobei das Haus total zerstört worden sei. Er sei dann mit seiner Familie in sein Heimatdorf zurückgezogen. Auf Nachfrage teilte er mit, dass er den Militärdienst noch nicht abgeleistet habe. Da er vor dem Krieg staatenlos gewesen sei, habe er den Militärdienst nicht leisten müssen. Zwischen 2011 und 2012 habe er dann die Staatsbürgerschaft bekommen. Auch seine Brüder hätten den Militärdienst nicht geleistet. Ebenso sei seine Militärdiensttauglichkeit nicht festgestellt worden. Zu seinen Rückkehrbefürchtungen gab er an, dass sie ihn entweder umbringen oder zum Militärdienst einziehen würden. Auf Nachfrage erklärte er, dass ihn entweder die syrische Behörde oder die YPG umbringen würden. Außerdem wolle er in Syrien nicht kämpfen. Auf Nachfrage verneinte er, dass es konkrete Hinweise für eine gegen ihn drohende unmenschliche Behandlung oder Strafe bzw. die Todesstrafe im Fall seiner Rückkehr geben würde und gab ergänzend an, dass er diesbezüglich nichts Schriftliches hätte. Er sei Kurde und sie hätte gewollt, dass er kämpfe, was er aber nicht wolle. Auf die Frage, für welche Seite er kämpfen sollte bzw. ob er einen Einberufungsbefehl erhalten habe, antwortete er, dass offiziell niemand bei ihm gewesen sei und dass er von beiden Seiten noch keinen Einberufungsbefehl erhalten habe. Er würde viele Leute kennen, aber niemand davon habe in Syrien gekämpft.

2. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl:

2.1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.03.2019, am 04.04.2019 zugestellt, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 21.03.2020 erteilt (Spruchpunkt III.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf herkunftsstaatsbezogene Feststellungen zur allgemeinen Lage in Syrien, stellte die Identität des Beschwerdeführers nicht fest und begründete im angefochtenen Bescheid die abweisende Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer die Grunderfordernisse eines glaubhaften Vorbringens nicht erfüllt habe und sein Vorbringen nicht substantiiert bzw. nur vage geschildert gewesen sei. Es habe keinen in sich schlüssigen Vortrag hinsichtlich einer tatsächlichen Verfolgungsgefahr bezüglich Zwangsrekrutierung oder anderer relevanter Sachverhalte im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention gegeben. Aus seinem Vorbringen hätten sich keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass es eine konkret gegen ihn gerichtete asylrelevante Verfolgung gegeben habe, welche seine Flucht begründet hätte. Seine Begründung würde daher lediglich in einer menschlich durchaus nachvollziehbaren Furcht vor einem möglichen, jedoch nicht konkret bevorstehenden Kriegseinsatz und nicht in einer politisch oppositionellen Gesinnung gegenüber dem syrischen Regime oder aufständischer Gruppierungen bestehen. Seine Angaben dahingehend seien nur oberflächlich und nicht gleichlautend gewesen. Zusammenfassend sei eine Verfolgung im Sinne der GFK nicht substantiiert und glaubhaft dargelegt worden bzw. sei zum Zeitpunkt seiner Ausreise weder eine Verfolgung von Seiten der Regierung noch anderer Kriegsparteien vorgelegen.

2.2. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG vom 22.03.2019 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

2.3. Gegen Spruchpunkt I. des oben genannten Bescheides wurde fristgerecht eine Beschwerde erhoben, welche am 24.04.2019 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einlangte. In dieser wurde zunächst ausgeführt, dass sich aus näher zitierten Antworten des Beschwerdeführers ergeben würde, dass es im Zuge der Einvernahme ein gravierendes Verständigungsproblem gegeben habe, welches der Behörde auffallen hätte müssen. Weiters habe die Behörde es unterlassen, konkrete Fragen zu stellen, welche für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes notwendig gewesen wären. So hätte sie bezüglich seines Hinweises, dass er in die Kirche gehe, fragen müssen, ob er sich dem Christentum zugehörig fühle bzw. welche Auswirkungen dies bei einer Rückkehr nach Syrien hätte. Ferner hätte er die aufgrund der Länderfeststellungen ohnehin notorisch bekannte Situation der Zwangsrekrutierung bei Rückkehrern ins Treffen führen können. Darüber hinaus würde aus auszugsweise angeführten Länderfeststellungen folgen, dass dem Beschwerdeführer als gesunden und wehrdienstfähigen Mann sowohl seitens der YPG als auch seitens der syrischen Behörden eine Zwangsrekrutierung drohen würde. Die Behörde habe sich in keiner Weise mit seiner Zugehörigkeit zu den sozialen Gruppen der Kurden und der Wehrdienstverweigerer auseinandergesetzt. Angesichts der Feststellungen sei daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer von der syrischen Armee oder der YPG im Falle einer Rückkehr/Wiedereinreise zwangsweise zum Militärdienst eingezogen würde.

3. Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegt und sind am 02.05.2019 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

Auf Grundlage des Antrages auf internationalen Schutz vom 20.02.2019, der Einvernahmen des Beschwerdeführers durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1.1. Zur Person und zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Syrien und Angehöriger der kurdischen Volksgruppe. Er bekennt sich zum sunnitisch/moslemischen Glauben.

Der Beschwerdeführer hat Syrien am XXXX von seinem Wohnort aus verlassen und ist zunächst zu Fuß illegal in den Irak und anschließend in die Türkei (Istanbul) gereist, wo er während seines mehrmonatigen Aufenthalts einen Schlepper kennengelernt hat, der ihn dann nach Edirne zu einem Klein-LKW gebracht hat. Auf dessen Ladefläche ist er rund drei Tage gereist und schließlich illegal in Österreich eingereist, wo er am 20.02.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat.

Festgestellt wird, dass in Syrien ein verpflichtender Wehrdienst für männliche Staatsbürger ab dem Alter von 18 Jahren besteht. Weiters werden aufgrund von Schwierigkeiten bei der Aushebung neuer Rekruten auch Reservisten (neuerlich) zum Militärdienst eingezogen und es kommt zurzeit sogar zur Aufhebung von Militärdienstaufschüben. Schließlich kommt es bei der Vollziehung des Wehrgesetzes zu einem bestimmten Maß an Willkür.

Der Beschwerdeführer war im Ausreisezeitpunkt bereits im wehrpflichtigen Alter, hat aber seinen Wehrdienst bislang noch nicht abgeleistet. Er befindet sich nach wie vor im gesetzlich vorgesehenen Wehrdienstalter.

Eine Befreiung des Beschwerdeführers von einer Ableistung des Wehrdienstes ist vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Nachschubschwierigkeiten des syrischen Militärs äußerst unwahrscheinlich. Wie sich aus den aktuellen Länderberichten nämlich ergibt, kann beim gegenwärtigen Stand des Krieges in Syrien auf eine Ausnahme vom oder einen Aufschub des Militärdienstes nicht mehr vertraut werden. Es ist daher - vor dem Hintergrund der aktuellen Probleme des syrischen Militärs mit dem Nachschub junger Rekruten - mit entsprechend hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer auch keine Ausnahmebewilligung bekommen würde und bei einer allfälligen Rückkehr in seine Heimat der Verpflichtung zur Ableistung des Militärdienstes nachkommen muss.

Dem Beschwerdeführer droht in Syrien bei einer nunmehrigen Rückkehr daher die reale Gefahr, als Mann im wehrfähigen Alter zum Militärdienst bei der syrischen Armee eingezogen zu werden und er ist im Zusammenhang mit der Einziehung, der Ableistung und der Verweigerung des Militärdienstes der Gefahr erheblicher Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt.

Davon abgesehen stellt seine Zugehörigkeit zur kurdischen Volksgruppe einen weiteren Risikofaktor für eine Verfolgung in Syrien dar. Viele Angehörige seiner Volksgruppe haben sich an Demonstrationen gegen das Assad-Regime innerhalb und außerhalb seiner Heimat beteiligt. Es ist daher nicht völlig auszuschließen, dass es seitens der syrischen Behörden auch aufgrund der Volksgruppenzugehörigkeit des Beschwerdeführers zur Unterstellung einer oppositionellen Gesinnung kommen kann. Darüber hinaus ist auch seine Zugehörigkeit zum sunnitischen Islam durchaus geeignet, den Beschwerdeführer zum Ziel von Verfolgungen zu machen. Der bewaffnete Konflikt wird nämlich zunehmend konfessionell und sunnitische Zivilisten sind aktuell das Hauptziel der Regimetruppen und von Pro-Regime-Milizen.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Bürgerkriegssituation in Syrien ist darüber hinaus auch nicht damit zu rechnen, dass der syrische Staat - sollte von ihm selbst keine Verfolgungshandlung ausgehen - seine Bürger vor Bedrohungen und Übergriffen seitens bewaffneter Milizen oder sonstiger Gruppierungen ausreichend schützen kann. Der Beschwerdeführer wäre allfälligen Bedrohungs- oder Verfolgungshandlungen von den anderen Kriegsparteien somit schutzlos ausgeliefert.

Eine hinsichtlich des Reiseweges zumutbare und legale Rückkehr nach Syrien ist nur über den Flughafen in Damaskus möglich, der sich in der Hand der Regierung befindet. Bei Männern im wehrfähigen Alter wird überprüft, ob diese ihren Militärdienst bereits abgeleistet haben. Weiters besteht für einen nach Syrien zurückkehrenden, abgelehnten Asylwerber im Allgemeinen bei der Ankunft die reale Gefahr, aufgrund einer angenommenen politischen Gesinnung inhaftiert zu werden, und in der Folge schweren Misshandlungen ausgesetzt zu sein (UK Home 8.2016). Männer im wehrfähigen Alter sind bei der Einreise nämlich besonders gefährdet, Opfer von Misshandlungen durch das Sicherheitspersonal zu werden. Die Sicherheitsorgane haben am Flughafen freie Hand, und es gibt keine Schutzmechanismen, wenn eine Person verdächtigt und deswegen misshandelt wird. Es kann passieren, dass die Person sofort inhaftiert und dabei Opfer von Verschwindenlassen oder Folter wird.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zur maßgeblichen Situation in Syrien:

"Folter, Haftbedingungen und unmenschliche Behandlung

Das Gesetz verbietet Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlungen oder Strafen, wobei das Strafgesetzbuch eine Strafe von maximal drei Jahren Gefängnis für Täter vorsieht. Nichtsdestotrotz wenden die Sicherheitskräfte in Tausenden Fällen solche Praktiken an (USDOS 13.3.2019). Willkürliche Festnahmen, Misshandlung, Folter und Verschwindenlassen sind in Syrien weit verbreitet (HRW 18.1.2018; vgl. AI 22.2.2018, USDOS 13.3.2019, AA 13.11.2018). Sie richten sich von Seiten der Regierung insbesondere gegen Oppositionelle oder Menschen, die vom Regime als oppositionell wahrgenommen werden (AA 13.11.2018).

NGOs berichten glaubhaft, dass die syrische Regierung und mit ihr verbündete Milizen physische Misshandlung, Bestrafung und Folter an oppositionellen Kämpfern und Zivilisten begehen (USDOS 13.3.2019; vgl. TWP 23.12.2018). Vergewaltigung und sexueller Missbrauch von Frauen, Männern und Minderjährigen sind weit verbreitet. Die Regierung soll hierbei auch auf Personen abzielen, denen Verbindungen zur Opposition vorgeworfen werden (USDOS 13.3.2019). Es sind zahllose Fälle dokumentiert, bei denen Familienmitglieder wegen der als regierungsfeindlich wahrgenommenen Tätigkeit von Verwandten inhaftiert und gefoltert wurden, auch wenn die als regierungsfeindlich wahrgenommenen Personen ins Ausland geflüchtet waren (AA 13.11.2018; vgl. AI 22.2.2018).

Systematische Folter und die Bedingungen in den Haftanstalten führen häufig zum Tod der Insassen. Die Gefängnisse sind stark überfüllt, es mangelt an Nahrung, Trinkwasser, Hygiene und Zugang zu sanitären Einrichtungen und medizinischer Versorgung. Diese Bedingungen waren so durchgängig, dass die UN Commission of Inquiry zu dem Schluss kam, diese seien Regierungspolitik. Laut Berichten von NGOs gibt es zahlreiche informelle Hafteinrichtungen in umgebauten Militärbasen, Schulen, Stadien und anderen unbekannten Lokalitäten. So sollen inhaftierte Demonstranten in leerstehenden Fabriken und Lagerhäusern ohne angemessene sanitäre Einrichtungen festhalten werden. Die Regierung hält weiterhin Tausende Personen ohne Anklage und ohne Kontakt zur Außenwelt ("incommunicado") an unbekannten Orten fest (USDOS 20.4.2018; vgl. AA 13.11.2018, SHRC 24.1.2019). Von Familien von Häftlingen wird Geld verlangt, dafür dass die Gefangenen Nahrung erhalten und nicht mehr gefoltert werden, was dann jedoch nicht eingehalten wird. Große Summen werden gezahlt, um die Freilassung von Gefangenen zu erwirken (MOFANL 7.2019).

In jedem Dorf und jeder Stadt gibt es Haft- bzw. Verhörzentren für die ersten Befragungen und Untersuchungen nach einer Verhaftung. Diese werden von den Sicherheits- und Nachrichtendiensten oder auch regierungstreuen Milizen kontrolliert. Meist werden Festgenommene in ein größeres Untersuchungszentrum in der Provinz oder nach Damaskus und schließlich in ein Militär- oder ziviles Gefängnis gebracht. Im Zuge dieses Prozesses kommt es zu Folter und Todesfällen. Selten wird ein Häftling freigelassen. Unschuldige bleiben oft in Haft, um Geldsummen für ihre Freilassung zu erpressen oder um sie im Zuge eines "Freilassungsabkommens" auszutauschen (SHRC 24.1.2019).

Seit Sommer 2018 werden von den Regierungsbehörden Sterberegister veröffentlicht, wodurch erstmals offiziell der Tod von 7.953 Menschen in Regierungsgewahrsam bestätigt wurde, wenn auch unter Angabe wenig glaubwürdiger amtlich festgestellter natürlicher Todesursachen (Herzinfarkt, etc.). Berichte von ehemaligen Insassen sowie Menschenrechtsorganisationen benennen als häufigste Todesursachen Folter, Krankheit als Folge mangelnder Ernährung und Hygiene in den Einrichtungen und außergerichtliche Tötung (AA 13.11.2018; vgl. SHRC 24.1.2019). Die syrische Regierung übergibt die Überreste der Verstorbenen nicht an die Familien (HRW 17.1.2019).

Mit Stand Dezember 2018 ist der Verbleib von 100.000 syrischen Gefangenen noch immer unbekannt. Laut Menschenrechtsgruppen und den Vereinten Nationen sind wahrscheinlich Tausende, wenn nicht Zehntausende davon umgekommen (TWP 23.12.2018).

Die Methoden der Folter, des Verschwindenlassens und der schlechten Bedingungen in den Haftanstalten sind jedoch keine Neuerung der Jahre seit Ausbruch des Konfliktes, sondern waren bereits zuvor gängige Praxis der unterschiedlichen Nachrichtendienste und Sicherheitsbehörden in Syrien (SHRC 24.1.2019).

Russland, der Iran und die Türkei haben im Zusammenhang mit den Astana-Verhandlungen wiederholt zugesagt, sich um die Missstände bezüglich willkürlicher Verhaftungen und Verschwindenlassen zu kümmern. Im Dezember 2017 gründeten sie eine Arbeitsgruppe zu Inhaftierungen und Entführungen im syrischen Konflikt, es waren bisher jedoch nur geringe Fortschritte zu verzeichnen (HRW 17.1.2019).

Auch die Rebellengruppierungen werden außergerichtlicher Tötungen und der Folter von Inhaftierten beschuldigt (FH 1.2018; vgl. USDOS 13.3.2019). Opfer sind vor allem (vermutete) regierungstreue Personen und Mitglieder von Milizen oder rivalisierenden bewaffneten Gruppen. Zu den Bedingungen in den Hafteinrichtungen der verschiedenen regierungsfeindlichen Gruppen ist wenig bekannt, NGOs berichten von willkürlichen Verhaftungen, Folter und unmenschlicher Behandlung. Der IS bestrafte häufig Opfer in der Öffentlichkeit und zwang Bewohner, darunter auch Kinder, Hinrichtungen und Amputationen mitanzusehen. Es gibt Berichte zu Steinigungen und Misshandlungen von Frauen. Dem sogenannten Islamischen Staat (IS) werden systematische Misshandlungen von Gefangenen der Freien Syrischen Armee (FSA) und der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) vorgeworfen. Berichtet werden auch Folter und Tötungen von Gefangenen durch den IS (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

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AA - Deutsches Auswärtiges Amt (13.11.2018): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien, https://www.ecoi.net/en/file/local/1451486/4598_1542722823_auswaertigesamt-bericht-ueber-die-lage-in-der-arabischen-republik-syrien-stand-november-2018-13-11-

2018.pdf, Zugriff 10.12.2018

-

AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/2018 - The State of the Wolrd's Human Rights - Syria, https://www.ecoi.net/en/document/1425112.html. Zugriff 12.12.2018

-

FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Syria.

https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/syria. Zugriff 12.12.2018

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HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Syria. https://www.ecoi.net/en/ document/1422595.html. Zugriff 12.12.2018

-

HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): Annual report on the human rights situation in 2018 - Syrian Arab Republic.

https://www.ecoi.net/en/document/2002172.htm l. Zugriff 29.1.2019

-

MOFANL - Ministry of Foreign Affairs of the Netherlands - Department for Country of Origin Information Reports (7.2019):

Country of Origin Information Report Syria - The security situation. per E-Mail am 27.8.2019

-

SHRC - Syrian Human Rights Committee (24.1.2019): The 17th Annual Report on Human Rights in Syria 2018.

http://www.shrc.org/en/wp-content/uploads/2019/01/English_Web.pdf. Zugriff 31.1.2019

-

TWP - The Washington Post (23.12.2018): Syria's once teeming prison cells being emptied by

mass murder.

https://www.washingtonpost.com/graphics/2018/world/svria-bodies/?

noredirect=on&utm term=.6a8815bb3721. Zugriff 14.2.2019

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USDOS - United States Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Syria.

https://www.ecoi.net/en/document/2004226.htm I . Zugriff 19.3.2019

Die syrischen Streitkräfte - Wehr- und Reservedienst

Für männliche syrische Staatsbürger ist im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes von 18 oder 21 Monaten gesetzlich verpflichtend. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit eines freiwilligen Militärdienstes. Frauen können ebenfalls freiwillig Militärdienst leisten (CIA 3.4.2019; vgl. AA 13.11.2018, FIS 14.12.2018). Palästinensische Flüchtlinge mit dauerhaftem Aufenthalt in Syrien unterliegen ebenfalls der Wehrpflicht, dienen jedoch in der Regel in der Palestinian Liberation Army (PLA) unter palästinensischen Offizieren. Diese ist jedoch de facto ein Teil der syrischen Armee (AA 13.11.2018; vgl. FIS 14.12.2018). Auch Binnenvertriebene sind wie andere Syrer zur Ableistung des Wehrdienstes verpflichtet und werden rekrutiert (FIS 14.12.2018).

Gemäß Artikel 15 des Gesetzesdekrets Nr. 30 von 2007 bleibt ein syrischer Mann nach Beendigung des Pflichtwehrdienstes, wenn er sich gegen einen Eintritt in den Militärdienst als Berufssoldat entscheidet, Reservist und kann bis zum Erreichen des 42. Lebensjahres in den aktiven Dienst einberufen werden. Vor dem Ausbruch des Konflikts bestand der Reservedienst im Allgemeinen nur aus mehreren Wochen oder Monaten Ausbildung zur Auffrischung der Fähigkeiten, und die Regierung berief Reservisten nur selten ein. Seit 2011 hat sich das jedoch geändert. Es liegen außerdem einzelne Berichte vor, denen zufolge die Altersgrenze für den Reservedienst erhöht wird, wenn die betreffende Person besondere Qualifikationen hat (das gilt z.B. für Ärzte, Panzerfahrer, Luftwaffenpersonal, Artilleriespezialisten und Ingenieure für Kampfausrüstung). Manche Personen werden wieder zum aktiven Dienst einberufen, andere wiederum nicht, was von vielen verschiedenen Faktoren abhängt. Es ist sehr schwierig zu sagen, ob jemand tatsächlich zum Reservedienst einberufen wird. Männer können ihren Dienst-/Reservedienststatus bei der Militärbehörde überprüfen. Die meisten tun dies jedoch nur auf informellem Weg, um zu vermeiden, sofort rekrutiert zu werden (BFA 8.2017).

Laut Gesetz sind in Syrien junge Männer im Alter von 17 Jahren dazu aufgerufen, sich ihr Militärbuch abzuholen und sich einer medizinischen Untersuchung zu unterziehen. Im Alter von 18 Jahren wird man einberufen, um den Wehrdienst abzuleisten. Wenn bei der medizinischen Untersuchung ein gesundheitliches Problem festgestellt wird, wird man entweder vom Wehrdienst befreit, oder muss diesen durch Tätigkeiten, die nicht mit einer Teilnahme an einer Kampfausbildung bzw. -einsätzen verbunden sind, ableisten. Wenn eine Person physisch tauglich ist, wird sie entsprechend ihrer schulischen bzw. beruflichen Ausbildung eingesetzt. Rekruten müssen eine 45-tägige militärische Grundausbildung absolvieren. Männer mit niedrigem Bildungsstand werden häufig in der Infanterie eingesetzt, während Männer mit einer höheren Bildung oft in prestigeträchtigeren Positionen eingesetzt werden. Gebildetere Personen kommen damit auch mit höherer Wahrscheinlichkeit in Positionen, in denen sie über andere Personen Bericht erstatten oder diese bestrafen müssen (BFA 8.2017).

Die syrische Armee hat durch Verluste, Desertion und Überlaufen zu den Rebellen einen schweren Mangel an Soldaten zu verzeichnen (TIMEP 6.12.2018).

Aktuell ist ein "Herausfiltern" von Militärdienstpflichtigen im Rahmen von Straßenkontrollen oder an einem der zahlreichen Checkpoints weit verbreitet. In der Praxis wurde die Altersgrenze erhöht und auch Männer in ihren späten 40ern und frühen 50ern sind gezwungen Wehr-/Reservedienst zu leisten. Die Altersgrenze hängt laut Experten eher von lokalen Entwicklungen und den Mobilisierungsbemühungen der Regierung ab, als vom allgemeinen Gesetz. Dem Experten zufolge würden jedoch jüngere Männer genauer überwacht, ältere könnten leichter der Rekrutierung entgehen. Generell hat sich das Maß der Willkür in Syrien im Zuge des Konfliktes erhöht (FIS 14.12.2018). Die Behörden ziehen vornehmlich Männer bis 27 ein, während Ältere sich eher auf Ausnahmen berufen können. Dennoch wurden die Altersgrenzen fallweise nach oben angehoben, sodass auch Männer bis zu einem Alter von 55 Jahren eingezogen wurden, bzw. Männer nach Erreichen des 42. Lebensjahres die Armee nicht verlassen können. Ebenso wurden seit Ausbruch des Konflikts aktive Soldaten auch nach Erfüllung der Wehrpflicht nicht aus dem Wehrdienst entlassen (ÖB 7.2019).

Die Militärpolizei verhaftet in Gebieten unter der Kontrolle der Regierung junge Männer, die für den Wehrdienst gesucht werden. Nachdem die meisten fixen Sicherheitsbarrieren innerhalb der Städte aufgelöst wurden, patrouilliert nun die Militärpolizei durch die Straßen. Diese Patrouillen stoppen junge Menschen in öffentlichen Verkehrsmitteln und durchsuchen Wohnungen von gesuchten Personen (SHRC 24.1.2019). Es gab in der Vergangenheit Fälle, in denen Familienmitglieder von Wehrdienstverweigerern oder Deserteuren Vergeltungsmaßnahmen wie Unterdrucksetzung und Inhaftierung ausgesetzt waren (TIMEP 6.12.2018).

Im November 2017 beschloss das syrische Parlament eine Gesetzesnovelle der Artikel 74 und 97 des Militärdienstgesetzes. Die Novelle besagt, dass jene, die das Höchstalter für die Ableistung des Militärdienstes überschritten haben und den Militärdienst nicht abgeleistet haben, aber auch nicht aus etwaigen gesetzlich vorgesehenen Gründen vom Wehrdienst befreit sind, eine Kompensationszahlung von 8.000 USD oder dem Äquivalent in SYP leisten müssen. Diese Zahlung muss innerhalb von drei Monaten nach Erreichen des Alterslimits geleistet werden. Wenn diese Zahlung nicht geleistet wird, ist die Folge eine einjährige Haftstrafe und die Zahlung von 200 USD für jedes Jahr, um welches sich die Zahlung verzögert, wobei der Betrag 2000 USD oder das Äquivalent in SYP nicht übersteigen soll. Jedes begonnene Jahr der Verzögerung wird als ganzes Jahr gerechnet. Außerdem kann basierend auf einem Beschluss des Finanzministers das bewegliche und unbewegliche Vermögen der Person, die sich weigert den Betrag zu bezahlen, konfisziert werden (SANA 8.11.2017; vgl. SLJ 10.11.2017, PAR 15.11.2017).

Quellen:

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AA - Deutsches Auswärtiges Amt (13.11.2018): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien, https://www.ecoi.net/en/file/local/1451486/4598_1542722823_auswaertigesamt-bericht-ueber-die-lage-in-der-arabischen-republik-syrien-stand-november-2018-13-11-2018.pdf, Zugriff 10.12.2018

-

BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Syrien - mit ausgewählten Beiträgen zu Jordanien, Libanon und Irak,

https://www.ecoi.net/file_upload/5618_1507116516_ffm-bericht-syrien-mit-beitraegen-zu-jordanien-libanon-irak-2017-8-31-ke.pdf, Zugriff 13.12.2018

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CIA - Central Intelligence Agency (3.4.2019): The World Factbook:

Syria - Military and Security,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/sy.html. Zugriff 6.4.2019

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FIS - Finnish Immigration Service (14.12.2018): Syria:

Fact-Finding Mission to Beirut and Damascus, April 2018, https://migri.fi/documents/5202425/5914056/Syria_Factfinding+mission+to+Beirut+and+Damascus%2C+April+2018.pdf. Zugriff 1.2.2019

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ÖB - Österreichische Botschaft Damaskus (7.2019):

Asylländerbericht Syrien 2019,

https://www.ecoi.net/en/file/local/2014213/SYRI_ÖB+Bericht_2019_07.pdf. Zugriff 19.8.2019

-

PAR - Webseite des Parlaments der Arabischen Republik Syrien (15.11.2017): /35/ ^ij jjjläJII2007/ ^l*J /30/ (vijj^l^JI pl*JI http://parliament.gov.sy/arabic/index.php?node=201 &nid=18681&RID=-1&Last=10262&First=0&CurrentPage=0&Vld=-1&Mode=&Service=- 1 &Loc1 =&Key1 =&SDate=&EDate=&Year=&Country=&Num=&Dep=-1 &, Zugriff 7.12.2017

-

SANA - Syrian Arab News Agency (8.11.2017): jj- JA jl*ii jjjli ßj. ^*^Jl ÄJJ Ä^AUJI SJJJJ ÄJJAJI ^UJl J-^Jl ^JJ J^IJ iuJjNi i. ojl'xill http://www.sana.sy/?p=656572, Zugriff 15.1.2019

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SHRC - Syrian Human Rights Committee (24.1.2019): The 17th Annual Report on Human Rights in Syria 2018, http://www.shrc.org/en/wp-content/uploads/2019/01/English_Web.pdf. Zugriff 31.1.2019

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SLJ - Syrian Law Journal [Twitter] (10.11.2017): Kurznachricht vom 10.11.2017 08:37,

https://twitter.com/syrian_law/status/929025146429624320. Zugriff 15.1.2019

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TIMEP - The Tahrir Institute for Middle East Policy (6.12.2018):

TIMEP Brief: Legislative Decree No. 18: Military Service Amnesty.

https://timep.org/wp-content/uploads/2018/12/LegislativeDecree18SyriaLawBrief2018-FINAL12-6-18a.pdf. Zugriff 19.2.2019

Befreiung und Aufschub

Der einzige Sohn einer Familie. Studenten oder Regierungsangestellte können vom Wehrdienst befreit werden oder diesen aufschieben. Auch medizinische Gründe können Befreiung oder Aufschub bedingen. Diese Ausnahmen sind theoretisch immer noch als solche definiert. In der Praxis gibt es jedoch mittlerweile mehr Beschränkungen und es ist unklar, wie die entsprechenden Gesetze derzeit umgesetzt werden (FIS 14.12.2018). Es scheint, dass es schwieriger wird, einen Aufschub zu erlangen, je länger der Konflikt andauert (BFA 8.2017; vgl. FIS 14.12.2018). Das Risiko der Willkür ist immer gegeben (BFA 8.2017; vgl. DRC/DIS 8.2017).

Seit einer Änderung des Gesetzes über den verpflichtenden Wehrdienst im Juli 2019 ist die Aufschiebung des Militärdienstes jedenfalls nur bis zum Alter von 37 Jahren möglich. Zudem kann die Aufschiebung durch Befehl des Oberbefehlshabers beendet werden (ÖB 7.2019).

Unbestätigte Berichte legen nahe, dass der Geheimdienst innerhalb kurzer Zeit über den Wegfall von Aufschubgründen informiert ist und diese auch digital überprüft werden. Zuvor mussten Studenten den Status ihres Studiums selbst dem Militär melden, mittlerweile wird der Status der Studenten jedoch aktiv überprüft. Generell werden Universitäten nun strenger überwacht und von diesen wird nun verlangt, dass sie das Militär über die Anwesenheit bzw. Abwesenheiten der Studenten informieren (BFA 8.2017). Einem Bericht zufolge gibt es nun in Bezug auf ein Studium als Befreiungsgrund auch Altersgrenzen für den Abschluss des Studiums. Ein weiterer Bericht gibt an, dass gelegentlich Studenten trotz einer Befreiung bei Checkpoints rekrutiert wurden (FIS 14.12.2018).

Syrische Männer mit Wohnsitz und Aufenthaltserlaubnis im Ausland können sich gegen Zahlung eines "Wehrersatzgeldes" vom Wehrdienst befreien lassen. Laut Wehrpflichtgesetz Art. 46 von 2012 beträgt diese Zahlung je nach Wohnort zwischen 4.000 und 5.000 USD. Gemäß Gesetz Nr. 33 vom August 2014 müssen bei einem Auslandsaufenthalt von über vier Jahren 8.000 USD bezahlt werden. Für im Ausland geborene und weiterhin wohnhafte Syrer im wehrpflichtigen Alter beträgt diese Zahlung 2.500 USD. Es ist jedoch nicht bekannt, ob dies auch für syrische Männer gilt, die seit Beginn des Bürgerkriegs ins Ausland geflüchtet sind (AA 13.11.2018).

Es gibt Beispiele, wo Männer sich durch die Bezahlung von Bestechungsgeldern vom Wehrdienst freigekauft haben, was jedoch keineswegs als einheitliche Praxis betrachtet werden kann. So war es vor dem Konflikt gängige Praxis sich vom Wehrdienst freizukaufen, was einen aber nicht davor schützt, im Zuge des aktuellen Konfliktes - manchmal sogar Jahre danach - trotzdem eingezogen zu werden (BFA 8.2017).

Christliche und muslimische religiöse Führer können weiterhin aus Gewissensgründen vom Militärdienst befreit werden, wobei muslimische Führer dafür eine Abgabe bezahlen müssen (USDOS 21.6.2019). Es gibt Berichte, dass in einigen ländlichen Gebieten Mitgliedern der religiösen Minderheiten die Möglichkeit geboten wurde, sich lokalen regierungsnahen Milizen anzuschließen anstatt ihren Wehrdienst abzuleisten. In den Städten gab es diese Möglichkeit im Allgemeinen jedoch nicht und die Mitglieder der Minderheiten wurden unabhängig von ihrem religiösen Hintergrund zum Militärdienst eingezogen (FIS 14.12.2018).

Von Staatsangestellten wird erwartet, dass sie dem Staat zur Verfügung stehen. Laut Legislativdekret Nr. 33 von 2014 wird das Dienstverhältnis von Staatsangestellten beendet, wenn sie sich der Einberufung zum Wehr- oder Reservedienst entziehen (BFA 8.2017). Hierzu gab es Ende 2016 ein Dekret, welches jedoch nicht umfassend durchgesetzt wurde. Im November 2017 gab es eine erneute Direktive des Premierministers, der bereits eine nicht bekannte Anzahl von Entlassungen folgte (SD 7.12.2017).

Quellen:

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AA - Deutsches Auswärtiges Amt (13.11.2018): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien, https://www.ecoi.net/en/file/local/1451486/4598_1542722823_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-lage-in-der-arabischen-republik-syrien-stand-november-2018-13-11-2018.pdf, Zugriff 10.12.2018

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BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Syrien - mit ausgewählten Beiträgen zu Jordanien, Libanon und Irak,

https://www.ecoi.net/file_upload/5618_1507116516_ffm-bericht-syrien-mit-beitraegen-zu-jordanien-libanon-irak-2017-8-31-ke.pdf.

Zugriff 13.12.2018

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DRC/DIS - Danish Refugee Council/ The Danish Immigration Service (8.2017): Syria, Recruitment Practices in Government-controlled Areas and in Areas under Opposition Control, Involvement of Public Servants and Civilians in the Armed Conflict and Issues Related to Exiting Syria,

https://www.nyidanmark.dk/NR/rdonlyres/7AF66D4A-5407-4B98-9750- 7B16318EF188/0/SvrienFFMrapportaugust2017.pdf. Zugriff 1.2.2019

-

FIS - Finnish Immigration Service (23.8.2016): Syria: Military Service, National Defence Forces, Armed Groups Supporting Syrian Regime and Armed Opposition,

https://coi.easo.europa.eu/administration/finland/PLib/Report_Military-Service_-Final.pdf. Zugriff 16.1.2019

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ÖB - Österreichische Botschaft Damaskus (7.2019):

Asylländerbericht Syrien 2019,

https://www.ecoi.net/en/file/local/2014213/SYRI_ÖB+Bericht_2019_07.pdf. Zugriff 19.8.2019

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SD - Syria Direct (7.12.2017): Syrian public sector employees fired in latest government conscription effort, http://syriadirect.org/news/syrian-public-sector-employees-fired-in-latest-government-conscription-effort/, Zugriff 13.12.2018

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USDOS - United States Department of State (21.6.2019): 2018 Report on International Religious Freedom - Syria, https://www.ecoi.net/en/document/2011033.html. Zugriff 3.7.2019

Rekrutierung von Minderjährigen durch verschiedenste Organisationen

Einige Quellen berichten, dass Regierungseinheiten, Pro-Regime-Milizen, bewaffnete nichtstaatliche Gruppen, inklusive der Freien Syrischen Armee (FSA) und mit dieser verbündete Gruppen, kurdische Einheiten und islamistische Gruppen in Syrien Minderjährige als Kindersoldaten rekrutieren (USDOS 20.6.2019; vgl. AA 13.11.2018). Andere Quellen berichten jedoch davon abweichend, dass es zwar Minderjährige gibt, die in den Rängen von regierungstreuen Milizen kämpfen, jedoch die syrische Armee keine Minderjährigen rekrutiert oder einsetzt (FIS 14.12.2018; vgl. ÖB 7.2019).

Jabhat al-Nusra und der sogenannte Islamische Staat (IS) setzen sie als menschliche Schutzschilde, Selbstmordattentäter, Scharfschützen und Henker ein. Bewaffnete Gruppen setzen Kinder auch als Zwangsarbeiter oder Informanten ein, was diese dem Risiko von Vergeltungsakten oder extremen Bestrafungen aussetzt. Manche bewaffnete Gruppen, die auf Seiten der syrischen Regierung kämpfen rekrutieren Kinder, manche nicht älter als sechs Jahre (USDOS 20.6.2019). Es gibt aktive Versuche der Rekrutierung von Minderjährigen durch den sogenannten Islamischen Staat (IS), die einer Nötigung gleichkommen (BFA 8.2017).

Berichten zufolge gibt es weiterhin Rekrutierungen Minderjähriger durch die kurdischen Volksverteidigungseinheiten bzw. Frauenverteidigungseinheiten (YPG/YPJ) (AA 13.11.2018; vgl. USDOS 20.6.2019). Im September 2018 erließen die Großteils kurdischen Syrian Democratic Forces (SDF) einen Befehl, der die Rekrutierung von Minderjährigen verbietet und vorsieht das Alter der aktuellen Mitglieder der SDF zu überprüfen (HRW 11.9.2018). Im Dezember 2018 wurden Berichten zufolge 56 minderjährige Jungen ihren Familien übergeben (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

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AA - Deutsches Auswärtiges Amt (13.11.2018): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien, https://www.ecoi.net/en/file/local/1451486/4598_1542722823_auswaertigesamt-bericht-ueber-die-lage-in-der-arabischen-republik-syrien-stand-november-2018-13-11-2018.pdf, Zugriff 10.12.2018

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BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Syrien - mit ausgewählten Beiträgen zu Jordanien, Libanon und Irak,

https://www.ecoi.net/file_upload/5618_1507116516_ffm-bericht-syrien-mit-beitraegen-zu-jordanien-libanon-irak-2017-8-31-ke.pdf, Zugriff 13.12.2018

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FIS - Finnish Immigration Service (14.12.2018): Syria:

Fact-Finding Mission to Beirut and Damascus, April 2018, https://migri.fi/documents/5202425/5914056/Syria_Factfinding+mission+to+Beirut+and+Damascus%2C+April+2018.pdf. Zugriff 1.2.2019

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HRW - Human Rights Watch (11.9.2018): Key Steps Taken to End Use of Child Soldiers in Syria,

https://www.ecoi.net/en/document/1443322.html. Zugriff 18.2.2019

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ÖB - Österreichische Botschaft Damaskus (7.2019):

Asylländerbericht Syrien 2019,

https://www.ecoi.net/en/file/local/2014213/SYRI_ÖB+Bericht_2019_07.pdf. Zugriff 19.8.2019

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USDOS - United States Department of State (20.6.2019): Trafficking in Persons Report 2019 - Syria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2010916.html. Zugriff 21.6.2019

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USDOS - United States Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Syria, https://www.ecoi.net/en/document/2004226.html. Zugriff 19.3.2019

Wehrdienstverweigerung / Desertion

Im Verlauf des syrischen Bürgerkrieges verlor die syrische Armee viele Männer aufgrund von Wehrdienstverweigerung, Desertion, Überlaufen und zahlreichen Todesfällen (TIMEP 6.12.2018).

Wehrdienstverweigerer werden laut Gesetz in Friedenszeiten mit ein bis sechs Monaten Haft bestraft, die Wehrpflicht besteht dabei weiterhin fort. In Kriegszeiten wird Wehrdienstverweigerung laut Gesetz, je nach den Umständen, mit Gefängnisstrafen von bis zu fünf Jahren bestraft (AA 13.11.2018). Bezüglich der Konsequenzen einer Wehrdienstverweigerung gehen die Meinungen der Quellen auseinander. Während manche die Ergreifung eines Wehrdienstverweigerers mit Foltergarantie und Todesurteil gleichsetzen, sagen andere, dass Betroffene sofort eingezogen würden. Die Konsequenzen hängen offenbar vom Einzelfall ab (Landinfo 3.1.2018).

Berichten zufolge betrachtet die Regierung Wehrdienstverweigerung nicht nur als eine strafrechtlich zu verfolgende Handlung, sondern auch als Ausdruck von politischem Dissens und mangelnder Bereitschaft, das Vaterland gegen "terroristische" Bedrohungen zu schützen (BFA 8.2017).

Zwischen der letzten Hälfte des Jahres 2011 bis zum Beginn des Jahres 2013 desertierten zehntausende Soldaten und Offiziere, flohen oder schlossen sich bewaffneten aufständischen Einh

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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