TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/9 G312 2147123-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.12.2019
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Entscheidungsdatum

09.12.2019

Norm

ASVG §410
ASVG §44
ASVG §49
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

G312 2147123-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Manuela WILD als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX gegen den Bescheid der XXXX Gebietskrankenkasse, XXXX, vom 11.10.2016 beschlossen und zu Recht erkannt:

A)

I. Das gegenständliche, mit 01.12.2017 ausgesetzte Verfahren wird mit 30.10.2019 wieder fortgesetzt.

II. Der Beschwerde wird als begründet s t a t t g e g e b e n und der Bescheid ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 11.10.2016 sprach die XXXX Gebietskrankenkasse (im Folgenden: belangte Behörde) aus, dass die XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin) gemäß § 410 Abs. 1 Z 7 iVm § 44 Abs. 1, 49 Abs. 1 ASVG verpflichtet ist, wegen der, im Zuge der bei ihr stattgefundenen gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben festgestellten Meldedifferenzen verpflichtet ist, die in der Beitragsabrechnung vom 05.10.2015 und im dazugehörigen Prüfbericht zu Dienstgeberkontonummer XXXX angeführten allgemeinen Beiträge, Nebenumlagen, Sonderbeiträge, Zuschläge für die jeweils näher bezeichneten Zeiten sowie Verzugszinsen im Betrage von insgesamt €

13.870,08 nachzuentrichten.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die BF am 10.11.2016 fristgerecht Beschwerde.

3. Die gegenständliche Beschwerde und maßgeblichen Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde am 09.02.2017 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und der Gerichtsabteilung G312 zugewiesen.

4. Das Bundesverwaltungsgericht setzte mit Beschluss vom 01.12.2017 das verfahrensgegenständliche Verfahren bis zur Entscheidung des BFG aus.

5. Mit Schriftsatz vom 30.10.2019 übermittelte die BF das mittlerweile rechtskräftige Erkenntnis des BFG und ersuchte um Fortsetzung des Verfahrens. Das Verfahren wurde mit 30.10.2019 wieder fortgesetzt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die BF betreibt unter der Geschäftsanschrift XXXX, ein Unternehmen im Bereich der Papiererzeugung.

1.2. Als Dienstgeberin bot sie Teilen ihrer Dienstnehmer die Nutzung von Dienstfahrzeugen an. In Anspruch nahmen dies im Prüfzeitraum 01.10.2010 bis 31.12.2014 XXXX (im Folgenden: KD), XXXX (im Folgenden: EH) und XXXX (im Folgenden: TR).

Die BF als Arbeitgeber schloss als Leasingnehmer mit dem Leasinggeber (Bank) einen Leasingvertrag ab. Die Arbeitnehmer hatten die Möglichkeit, subsidiär als Zweitleasingnehmer dem Leasingvertrag beizutreten. Vertragsinhalt war Operatingleasing mit fixem Entgelt für Großabnehmer, ohne Wertsicherung. Dieser abgeschlossene Vertragstypus wurde vom Leasinggeber ausschließlich Unternehmen angeboten. Die Dienstnehmer, welche die geleasten Fahrzeuge nutzen, unterfertigten die Leasingverträge als Mitantragsteller. Die jeweiligen Leasingraten wurden von einem Bankkonto der BF abgebucht. Gegenüber dem Leasinggeber konnte nur die BF rechtsverbindliche Erklärungen abgeben, die Mitantragsteller (Dienstnehmer) hatten diese Erklärungen der BF rechtsverbindlich zu akzeptieren. Gegenüber dem Leasinggeber war ausschließlich die BF über den Leasinggegenstand verfügungsberechtigt und haftete für alle aus dem Leasingvertrag resultierenden Verpflichtungen und Risiken.

Die Dienstnehmer der BF, die die geleasten KfZ verwendet haben, konnten sich die Marke und Type samt dazugehöriger Sonderausstattung selbst aussuchen. Es war den Dienstnehmern gestattet, die Kraftfahrzeuge auch für private Zwecke zu verwenden, auf einige Dienstnehmer waren zeitgleich mehr als ein geleastes Fahrzeug zugelassen. Die Dienstnehmer haben entweder einen monatlichen Kostenbeitrag in der Höhe des Sachbezugswertes, der nach Berechnung der Abgaben und Beiträge in Abzug gebracht worden ist, an die BF geleistet, oder es wurde bei diesen ein Sachbezug angesetzt.

Bei der Ermittlung der Höhe etwaiger den Dienstnehmern gewährten Boni fand neben anderer Komponenten der Umstand Berücksichtigung, ob dem jeweiligen Dienstnehmer ein geleastes Kraftfahrzeug zur Verfügung gestanden ist, die so unter Berücksichtigung verschiedener Algorithmen errechneten Bonuszahlungen gelangten zur Auszahlung und wurden der Besteuerung unterworfen. Die Arbeitnehmer stimmten somit zu, dass ihnen - wegen der Zurverfügungstellung eines Fahrzeugs und wegen des hierdurch vermittelten Wertes - Prämien und Bezüge nicht mehr in der bisherigen Form und bisherigen Höhe gebühren.

Nach Auflösung des Leasingvertrages bestand für die BF wie auch für die Dienstnehmer die Möglichkeit, das Fahrzeug zu marktüblichen Konditionen vom Leasinggeber zu erwerben.

Verfahrensgegenständlich handelt es sich um (echte) Dienstfahrzeuge, für die ein Sachbezug anzusetzen ist (bzw. ein Nutzungsentgelt eingezogen wurde).

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang sowie die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte der belangten Behörde.

Die getroffenen Feststellungen stützen sich auf den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Akt, den Prüfbericht der XXXX Gebietskrankenkasse, den seitens der XXXX Gebietskrankenkasse durchgeführten Einvernahmen der BF sowie aufgrund der Feststellungen und Erkenntnisse des BFG.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A): Stattgebung der Beschwerde

Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) ist gemäß § 44 Abs. 1 ASVG für Pflichtversicherte, sofern im Folgenden nichts anderes bestimmt wird, der im Beitragszeitraum gebührende auf Cent gerundete Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2. Als Arbeitsverdienst in diesem Sinne gilt gemäß Ziffer 1 bei den pflichtversicherten Dienstnehmern und Lehrlingen das Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1, 3, 4 und 6.

Unter Entgelt sind gemäß § 49 Abs. 1 ASVG die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

Als Entgelt im Sinne des Abs. 1 und 2 gelten gemäß Abs. 3 Z 1 leg. cit. Vergütungen des Dienstgebers an den Dienstnehmer (Lehrling) nicht, durch welche die durch dienstliche Verrichtungen für den Dienstgeber veranlassten Aufwendungen des Dienstnehmers abgegolten werden (Auslagenersatz); hiezu gehören insbesondere Beträge, die den Dienstnehmern (Lehrlingen) als Fahrtkostenvergütungen einschließlich der Vergütungen für Wochenend(Familien)heimfahrten, Tages- und Nächtigungsgelder gezahlt werden, soweit sie nach § 26 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400, nicht der Einkommensteuer(Lohnsteuer)pflicht unterliegen.

Gemäß § 1 Abs. 1 BMSVG gelten die Bestimmungen des 1., 2. und 3. Teiles für Arbeitsverhältnisse, die auf einem privatrechtlichen Vertrag beruhen.

Der Arbeitgeber hat gemäß §6 Abs. 1 BMSVG für den Arbeitnehmer ab dem Beginn des Arbeitsverhältnisses einen laufenden Beitrag in Höhe von 1,53 vH des monatlichen Entgelts sowie allfälliger Sonderzahlungen an den für den Arbeitnehmer zuständigen Träger der Krankenversicherung nach Maßgabe des § 58 Abs. 1 bis 6 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, zur Weiterleitung an die BV-Kasse zu überweisen, sofern das Arbeitsverhältnis länger als einen Monat dauert. Der erste Monat ist jedenfalls beitragsfrei.

Geldwerte Vorteile aus Sachbezügen (Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Kleidung, Kost, Waren, Überlassung von Kraftfahrzeugen zur Privatnutzung und sonstige Sachbezüge) sind gemäß § 50 Abs. 1 ASVG mit den um übliche Preisnachlässe verminderten üblichen Endpreisen des Abgabeortes anzusetzen.

Die im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zu erlassende Verordnung des Bundesministers für Finanzen nach § 15 Abs. 2 Z 2 EStG 1988, mit der die Höhe geldwerter Vorteile festgelegt wird, gilt gemäß Abs. 2 leg. cit. für die Bewertung von Sachbezügen.

Ist die Höhe des geldwerten Vorteils nicht mit Verordnung nach Abs. 2 festgelegt, so ist gemäß Abs. 3 leg. cit. für MitarbeiterInnenrabatte der geldwerte Vorteil abweichend von Abs. 1 von jenem um übliche Preisnachlässe verminderten Endpreis zu bemessen, zu dem der Dienstgeber Waren oder Dienstleistungen fremden Letztverbraucher/inne/n im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet. Sind die AbnehmerInnen des Dienstgebers keine LetztverbraucherInnen (zum Beispiel Großhandel), so ist der übliche Endpreis des Abgabeortes anzusetzen.

3.2. Verfahrensgegenständlich ist strittig, ob die BF ihren Dienstnehmern KD, EH und TR Kraftfahrzeuge als Dienstfahrzeuge zur Verfügung gestellt hat.

Die belangte Behörde vermeint, dass es sich vorliegenden nicht um dienstgebereigene KFZ handelt, sondern um "unechte Dienstfahrzeuge". Dies vor allem aufgrund des großen "Mitspracherechtes" der Dienstnehmer in Bezug Art des Kfz plus Ausstattung, Laufzeit, gefahrene Kilometer etc.. Sie geht daher davon aus, dass es sich um dienstnehmereigene KFZ handle und die Dienstgeberin die laufenden Kosten dafür übernehme.

Die BF bringt hingegen vor, dass sie die Kfz als Leasingnehmer mittels Leasingvertrag zum Leasinggeber erwirbt und die Kfz ihren Dienstnehmern zur Nutzung, betrieblich und privat, überlässt. Die BF trage während der aufrechten Dienstverhältnisse als Arbeitgeberin sämtliche durch den Betrieb der geleasten Kraftfahrzeuge anfallenden Kosten. Für die Privatnutzung der KFZ werde von den Arbeitnehmern ein entsprechender monatlicher Kostenbeitrag von den Nettobezügen geleistet bzw. komme es zu einer Neu-Regelung der Prämienvereinbarung.

3.3. Das BFG kam im Wesentlichen zu dem Ergebnis, dass die BF Leasinggeber war und ihren Dienstnehmern die Kfz als Dienstfahrzeug zur Verfügung stellte, somit war ein Sachbezug anzusetzen, dem ist die BF nachgekommen bzw. durch den Abzug eines monatlichen Nutzungsentgeltes in der Höhe des Sachbezugs nachgekommen, wenn ein Dienstnehmer mehrere Kfz zur Verfügung gestanden ist. Es hat keine Rückverrechnung oder Gegenverrechnung stattgefunden, da die unter Berücksichtigung verschiedener Algorithmen errechnete Bonuszahlungen in voller Höhe in der Buchhaltung der BF ihren Niederschlag fand, diese gelangten in voller Höhe zur Auszahlung und wurden bei der Berechnung der Abgaben zugrunde gelegt. Die im Rahmen der Planung von Personalkosten einfließenden Überlegungen in Form der Berücksichtigung eines weiteren Algorithmus bei der Ermittlung der Höhe etwaiger Bonuszahlungen im Fall der Zurverfügungstellung eines Kfz führen zu keinem Zufluss von Einnahmen, über die diesbezüglichen Überlegungen konnten die Dienstnehmer weder wirtschaftlich noch rechtlich verfügen.

3.4. Verfahrensgegenständlich liegen somit dienstgebereigene Kfz vor, die den hier genannten Dienstnehmern als Dienstautos zur Verfügung gestellt wurden. Die diesbezügliche Berücksichtigung durch Ansetzen des Sachbezugs bzw. Einbehalt eines Nutzungsentgeltes sowie die Einbeziehung von Bonuszahlungen bzw. Berücksichtigung dieser geldwerten Vorteile bei der Berechnung und Auszahlungen von Prämien (Reduzierung dieser) erweist sich als gesetzeskonform und handelt es sich - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - nicht um beitragspflichtiges Entgelt iSd § 49 Abs. 1 ASVG. Die Nachverechnung erfolgte daher zu Unrecht.

Die Beschwerde erweist sich aus den genannten Gründen insgesamt als begründet und war daher stattzugeben.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Beitragsnachverrechnung, Beitragspflicht, Bundesfinanzgericht,
Dienstfahrzeug, Fortsetzung, Sachleistung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G312.2147123.1.00

Zuletzt aktualisiert am

02.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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