TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/10 W261 2226110-1

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Veröffentlicht am 10.12.2019
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Entscheidungsdatum

10.12.2019

Norm

BBG §41 Abs2
BBG §42
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W261 2226110-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS als Vorsitzende und den Richter Mag. Markus BELFIN sowie den fachkundigen Laienrichter Herbert PICHLER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 23.10.2019, betreffend die Zurückweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass wegen Jahresfrist, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 22.06.2018 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (auch Sozialministeriumservice, in der Folge belangte Behörde) und legte ein Konvolut an medizinischen Befunden bei.

Die belangte Behörde holte zur Überprüfung des Antrages ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin ein. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 22.11.2018 erstatteten Gutachten vom 14.01.2019 stellte die medizinische Sachverständige beim Beschwerdeführer die Funktionseinschränkungen Zustand nach Larynxcarcinom mit kompletter Larynxentfernung und beidseitiger Neckdissection (ED 06/2018), Tracheostomie und Hypertonie und einen Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 70 von Hundert (in der Folge vH) fest. Eine wesentliche Mobilitätseinschränkung bestehe nicht, die Gehstrecke sei ausreichend, das sichere Ein- und Aussteigen und der sichere Transport seien gewährleistet.

Die belangte Behörde stellte dem Beschwerdeführer einen Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 70 % aus. Mit rechtskräftigem Bescheid vom 11.03.2019 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass ab.

Der Beschwerdeführer stellte am 10.10.2019 neuerlich einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass und legte dazu einen Ambulanzbericht des Landesklinikums XXXX vom 13.06.2019 vor, wonach er nach einem Sturz eingeliefert worden sei und bei ihm ein LWS Syndrom diagnostiziert worden sei. Er sei mit Schmerzmitteln und mit der Empfehlung beim Hausarzt vorzusprechen und eine Bildgebung der LWS (CT oder MRT) vorzunehmen, entlassen worden.

Da der Antrag binnen der Jahresfrist des § 41 Abs. 2 BBG gestellt wurde, ersuchte die belangte Behörde den Ärztliche Dienst um Feststellung aus medizinischer Sicht, ob die beiliegenden Befunde geeignet seien, eine offenkundige Änderung des Leidenszustandes glaubhaft zu machen.

In dem als "Sofortige Beantwortung" bezeichneten Schreiben der Leiterin des ärztlichen Dienstes vom 22.10.2019 stellte diese fest, dass seit der letzten Untersuchung kein neues Leiden hinzugekommen und auch keine deutliche Verschlechterung des Leidenszustandes eingetreten sei.

Mit angefochtenem Bescheid vom 23.10.2019 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass zurück. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr verstrichen sei, und der Beschwerdeführer eine offenkundige Änderung der Funktionsbeeinträchtigungen nicht habe glaubhaft machen können.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 28.11.2019 rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde, worin er vorbrachte, dass es ihm nicht möglich sei, feste Schuhe zu tragen und längere Strecken zu gehen. Trotz medizinischer Behandlung durch seinen Hausarzt und seinen Orthopäden gebe es keine Besserung seines Zehenspitzenclavus (Hühneraugen). Er habe bei der letzten Untersuchung den Zustand seiner Füße nicht thematisiert, weswegen diese Schwierigkeiten nicht berücksichtigt worden seien. Der Beschwerdeführer legte der Beschwerde Fotos seiner Füße, jedoch keine weiteren medizinischen Befunde bei.

Die belangte Behörde legte den Aktenvorgang dem Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) mit Schreiben vom 04.12.2019 vor, wo dieser am selben Tag einlangte.

Das BVwG führte am 04.12.2019 eine Abfrage im Zentralen Melderegister durch, wonach der Beschwerdeführer kroatischer Staatsbürger ist, und seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Beschwerdeführe hat seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland und besitzt einen Behindertenpass.

Der Beschwerdeführer stellte am 22.06.2018 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses.

Beim Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1. Zustand nach Larynxcarcinom mit kompletter Larynxentfernung und beidseitiger Neckdissection (ED 06/2018)

2. Tracheostomie

3. Hypertonie

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 70 v. H.

Leiden 1 wird durch die Leiden 2 und 3 um 2 Stufen erhöht, da eine wechselseitige Leidensbeeinflussung besteht.

Erhebliche Mobilitätseinschränkungen bestehen nicht.

Die belangte Behörde wies den Antrag des Beschwerdeführers auf auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass rechtskräftig mit Bescheid vom 11.03.2019 ab.

Der neuerliche Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses langte am 10.10.2019 bei der belangten Behörde ein.

Die vom Beschwerdeführer mit diesem Antrag vorgelegten neuen Befunde sind nicht geeignet, eine offenkundige Änderung des Leidenszustandes des Beschwerdeführers glaubhaft zu machen. Der neu vorgelegte Ambulanzbericht des Landesklinikums XXXX vom 13.06.2019 bedingt keine Änderung der im Sachverständigengutachten vom 14.01.2019 getroffenen zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel durch den Beschwerdeführer. Hinsichtlich des vom Beschwerdeführer erstmals in seiner Beschwerde vorgebrachten Zehenspitzencalvus liegen keine ärztlichen Befunde vor.

Dem Beschwerdeführer ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen hinsichtlich der Antragsstellung basieren auf dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland basieren auf dem vom BVwG eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

Der Gesamtgrad der Behinderung gründet sich auf das seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 14.01.2019 basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 22.11.2018.

Dies gilt auch für die Feststellung, dass dem Beschwerdeführer die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist.

Der Beschwerdeführer stellte am 10.10.2019 neuerlich einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass. Er legte dazu einen Ambulanzbericht des Landesklinikums XXXX vom 13.06.2019 vor, wonach er nach einem Sturz eingeliefert wurde. Aus der diesem Ambulanzbericht ersichtlichen Diagnose ist zu entnehmen, dass ein Zustand nach einem Sturz vorliegt und der Beschwerdeführer an einem Lendenwirbelsyndrom leidet. Er wurde mir Schmerzmitteln und mit der Empfehlung entlassen, sich an seinen Hausarzt zu wenden, bzw. ein CT oder ein MRT seiner Lendenwirbelsäule vornehmen zu lassen. Befunde darüber, welche einen konkreten Leidenszustand des Beschwerdeführers im Lendenwirbelbereich ebenso belegen, wie den Umstand, dass diese Leiden bereits seit mehr als sechs Monaten bestehen, legte der Beschwerdeführer jedoch nicht vor. Dies bestätigt auch die von der belangten Behörde eingeholte "Sofortige Beantwortung" vom 22.10.2019 der Leiterin des ärztlichen Dienstes.

In seiner Beschwerde brachte der Beschwerdeführer erstmals vor, dass er unter Hühneraugen an den Zehenspitzen leidet und legte dazu auch Bilder seiner Füße vor. Entsprechende medizinische Befunde, welche diesen Leidenszustand objektivierbar machen und belegen, dass dieser Zustand bereits seit mehr als sechs Monaten vorliegt, legte der Beschwerdeführer ebenfalls nicht vor.

Damit ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, objektivierbar zu belegen, dass seit dem Zeitpunkt der letzten Entscheidung über seinen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass eine Verschlechterung seines Leidenszustandes eingetreten ist, und damit auch eine maßgebliche Beeinträchtigung seiner Mobilität einhergeht.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Zu Spruchteil A)

1. Zur Entscheidung in der Sache

Die gegenständlich maßgebliche Bestimmung des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lautet:

"§ 41. (2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird."

Im Beschwerdefall wurde mit rechtskräftigem Bescheid der belangten Behörde vom 11.03.2019 der Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen. Am 10.10.2019 brachte der Beschwerdeführer einen neuerlichen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass ein.

Eine solche neuerliche Antragstellung innerhalb der Jahresfrist führt jedoch nach dem klaren Gesetzeswortlaut des § 41 Abs. 2 BBG nur dann nicht zu einer zurückweisenden Entscheidung ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) sind "offenkundig" solche Tatsachen, deren Richtigkeit - unter Bedachtnahme auf die Lebenserfahrung - der allgemeinen Überzeugung entsprechen bzw. allgemein bekannt sind (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 16.09.2008, Zl. 2008/11/0083). Eine "Offenkundigkeit" bringt es nach der genannten Rechtsprechung mit sich, dass eine Tatsache erkennbar ist, ohne dass eine Prüfung der individuellen Situation erforderlich ist.

Wie bereits oben in der Beweiswürdigung ausgeführt wurde, hat der Beschwerdeführer mit den neu vorgelegten medizinischen Unterlagen eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung im Sinne des § 41 Abs. 2 BBG unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht glaubhaft gemacht.

Die belangte Behörde hat daher mit dem angefochtenen Bescheid zu Recht den am 10.10.2019 eingelangten Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 41 Abs. 2 BBG zurückgewiesen.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 erster Fall VwGVG unterbleiben, weil der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei zurückzuweisen war.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Antragstellung, Behindertenpass, Frist, offenkundige Änderung,
Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W261.2226110.1.00

Zuletzt aktualisiert am

02.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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