TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/12 W196 2163309-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.12.2019
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Entscheidungsdatum

12.12.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W196 2163309-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Ursula SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, vertreten durch den Migrantinnenverein St.Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.06.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3

und 57 AsylG, § 9 BFAVG, §§ 46, 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Somalia, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 25.09.2014 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Am Tag der Antragstellung wurde der Beschwerdeführer einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei er angab, dass er Staatsangehöriger Somalias und Angehöriger der Volksgruppe der Midgan sei sowie moslemischen Glauben habe. Er sei in XXXX geboren und habe bislang noch keine Ehe geschlossen. Er habe keine Schul- oder Berufsausbildung und auch keinen Beruf ausgeübt. Somalisch beherrsche er gut in Wort und Schrift. Weiters gab er an, dass seine Eltern und sieben Geschwister sowie seine geschiedene Ehefrau und seine beiden Kinder noch in Somalia lebten. Er sei im Juni 2014 von XXXX mit einem LKW illegal ausgereist und über Äthiopien, den Sudan und Lybien mit dem Boot nach Italien sowie mit dem Zug nach Österreich gelangt. Einen Reisepass habe er nie besessen. Die Reise habe 6.000.-US Dollar gekostet.

Zu seinem Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer vor, dass seine Mutter schwer krank sei und sein Vater keine Arbeit habe. Seine Familie sei sehr arm und habe kein Vermögen. Er habe die Schule nicht besuchen können und keine Ausbildung erhalten. Er sei aus Angst zu verhungern aus Somalia geflüchtet. Im Fall der Rückkehr befürchte er Hunger und schlechte medizinische Versorgung.

Nach dem Zulassungsverfahren erfolgte am 03.05.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Somalisch eine niederschriftliche Einvernahme. Dabei gab der Beschwerdeführer eingangs an, dass er den Dolmetscher einwandfrei verstehe und dass er gesund sei. Seine bisherigen Angaben seien alle richtig gewesen, er sei nicht viel gefragt worden. Er habe damals keinen Grund angegeben, sondern nur durch welche Länder er gereist sei. Zu seinen Personalien befragt gab er an, in Mogadischu geboren und aufgewachsen zu sein. Er habe von 2002 bis 2005 eine Koranschule besucht. 2009 sei er gemeinsam mit seiner Familie nach XXXX gezogen. Er habe in einem Lebensmittelgeschäft gearbeitet und monatlich 50 USD als Angestellter verdient. Sein Vater sei Bauarbeiter gewesen. Er gehöre zum Clan der Madhiban und sei Moslem, sunnitische Glaubensrichtung. Er gehöre dem Subclan XXXX und dem Subsubclan XXXX an. Seine Eltern würden aus Mogadischu stammen. Er habe zwei Brüder und vier Schwestern. Seine beiden Brüder und eine Schwester seien jünger als er selbst. Er habe eine 21-jährige Ehefrau namens XXXX und einen 2012 geborenen Sohn sowie eine 2013 geborene Tochter in Somalia, weiters eine Tante väterlicherseits. Seine Familie besitze ein Haus, sein Vater bestreite den Lebensunterhalt der Familie. Seit einem Jahr habe er mit seiner Familie keinen Kontakt mehr.

Dezidiert zu seinem Fluchtgrund befragt und aufgefordert den konkreten Grund, warum er seine Heimat verlassen habe chronologisch zu schildern, brachte der Beschwerdeführer vor, sein erster Fluchtgrund von 2007 bis 2009 sei die äthiopische Invasion in Mogadischu gewesen. Damals sei er gemeinsam mit seiner Familie nach XXXX geflüchtet. Ein Jahr später habe er eine junge Frau von einem dort dominanten Clan, den XXXX , kennengelernt. Nachdem ihre Familie seinen Heiratsantrag abgelehnt hatte, sei sie weggelaufen und zu ihm gezogen und sie hätten heimlich geheiratet. Nach der Geburt des zweiten Kindes habe ihre Familie davon erfahren und beschlossen, dass sie sich scheiden lassen müssten. Sie hätten aber zusammenbleiben wollen. Sechs Monate später sei er geflüchtet. Der BF brachte vor, noch einen weiteren Asylgrund angeben zu wollen sowie dass er nicht hätte ausreden dürfen, nachdem er die vorausgehende Frage nach anderen Ausreisegründen verneint hatte, und er wurde zu den Verfahrensregeln belehrt. Als Rückkehrbefürchtung brachte er vor, dass die Angehörigen seiner Frau ihn umbringen würden. Befragt, was passieren würde, wenn er in XXXX aus dem Flugzeug steigen würde, brachte er vor, nicht von dort zu sein sowie dass in Mogadischu immer noch Krieg herrsche und die Al Shabaab immer noch präsent sei. Die Reisekosten von 4.500 USD hätten seine Clanangehörigen für ihn gesammelt. Auf den Vorhalt, dass er bei der Erstbefragung dazu einen anderen Betrag genannt habe, behauptete er, damals unter Druck gestanden zu sein und Angst vor der Polizei gehabt zu haben. Seine Familie bestreite ihren Lebensunterhalt aus einem Lebensmittelgeschäft. Er selbst habe dort nicht gearbeitet. Er habe im September 2010 in einem von XXXX 10 km entfernten Dorf geheiratet. Dabei seien er und seine Frau, deren etwa gleichaltrige Freundin sowie zwei Freunde des Beschwerdeführers anwesend gewesen. Seine Kinder befänden sich bei seiner Mutter, er wisse nicht, wo seine Frau sich aufhalte oder ob sie auch geflüchtet sei. Zum Vorhalt, warum eine 14-Jährige aus einem höherrangigen Clan einen kleinen Angestellten aus seinem niederrangigen Clan heiraten sollte, gab der Beschwerdeführer an, dass sie nicht 14 sondern 20 Jahre alt und ihre Familie auch nicht so reich sei. Derzeit habe er keine Telefonnummer von seiner Mutter und auch kein Guthaben am Telefon. Zu den unterschiedlichen Angaben betreffend seinen Geburtsort brachte er vor, dass er bei der Erstbefragung nur gefragt worden sei, woher er komme, die Einvernehmende habe ihn nicht gefragt, wo er geboren sei. Weiters brachte er auf Befragen vor, einen abwertenden Begriff für seine Volksgruppe angegeben zu haben, weil er (so) beschimpft werde. Zum Vorhalt seiner Angaben zum Familienstand brachte er vor, nie gesagt zu haben, dass er ledig sei, er sei ohne seine Zustimmung geschieden worden. Zum Vorhalt, dass er seinen in der Erstbefragung genannten Ausreisegrund bislang nicht erwähnt habe, brachte er vor, dass er dies noch sagen habe wollen, seine Familie sei arm. Zum weiteren Vorhalt, dass mit dem für seine Ausreise gesammelten Betrag seine Familie über längere Zeit hätte unterstützt werden können, gab der Beschwerdeführer an, dass sein Vater die Hälfte bezahlt habe und die andere Hälfte gesammelt worden sei. Befragt, wie seine Familie 2.500 bis 3.000.- USD habe trotz Armut aufbringen können, brachte der Beschwerdeführer vor, dass sein Vater ein Grundstück in Mogadischu verkauft habe und nach den nach dem Hauskauf in XXXX verblieben Betrag für die Flucht des Beschwerdeführers verwendet habe. Der Beschwerdeführer sei im November 2013 geschieden worden, bis dahin habe er normal gearbeitet; danach sei er bis zur Ausreise im Gefängnis gewesen. Die Familie seiner Frau habe das veranlasst, er sei 6 Monate dort gewesen und gegen Kaution freigelassen worden. Nach der Heirat habe er mit seiner Frau in einem in XXXX gemieteten Zimmer für monatlich 30 USD gelebt. Als sein Vater im November 2009 um die Hand seiner Frau angehalten habe, habe er nicht gewusst, ob der Antrag angenommen werde, er habe trotzdem gefragt. Sie hätten aus Liebe trotzdem geheiratet. Sie hätten sich nicht versteckt, das sei normal in Südsomalia. In Österreich wolle er Elektriker werden. Weder werde er von seiner Familie hier unterstützt, noch unterstütze er diese in Somalia. Er sei arbeitswillig, habe sich jedoch noch nicht weiter bemüht. Er habe eine Deutschprüfung auf dem Niveau A1 abgeschlossen und auf dem Niveau A2 stehe eine Prüfung unmittelbar bevor. Sonst habe er in Österreich keine Schule besucht und keine Ausbildung absolviert. Er sei auch nicht mit den österreichischen Behörden in Konflikt geraten und auch nicht in Vereinen aktiv. Jeden Donnerstag helfe er bei der Pfarre beim Mülltrennen am Friedhof. In Österreich habe er in einem Supermarkt Reis und Zahnpasta entwendet, weil er am Ende des Monats kein Geld mehr gehabt habe. Lesen und Schreiben habe er von seinem Vater gelernt. Er habe sämtliche Gründe für seine Ausreise aus Somalia geschildert. Den Dolmetscher habe er einwandfrei verstanden. Auf die Ausfolgung eines Länderinformationsblattes verzichtete er. Er legte abschließend eine Bestätigung über freiwillige Dolmetscherdienste im Asylwerberheim und bei Arztterminen, ein Unterstützungsschreiben sowie ein ÖSD-Deutschzertifikat A1 vom 17.01.2017 vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde der Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Somalia gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Ferner wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Somalia gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Unter Spruchpunkt IV. wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Im Wesentlichen stellte die Behörde fest, dass der Beschwerdeführer weder aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Volksgruppenzugehörigkeit, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe noch der politischen Gesinnung in seiner Heimat verfolgt worden sei. Seine behauptete Furcht, in Somalia verhungern zu müssen und völlig verarmt zu sein, stehe im Gegensatz zu seinem Vorbringen, wegen seiner heimlichen Heirat von der Familie seiner Frau verfolgt zu werden. Es habe nicht festgestellt werden können, dass er in Somalia einer ethnischen Verfolgung unterliege. Er habe keine gegen ihn gerichteten Verfolgungshandlungen glaubhaft machen können und keinen glaubwürdigen Sachverhalt darlegen können. Hierzu führte die Behörde in ihrer Begründung aus, dass nicht glaubhaft sei, dass der Clan seiner Frau seine Scheidung erwirkt habe, zumal die Heirat sehr nahe beim Wohnort erfolgt sei, obwohl sie geheim gewesen sein solle. Weiters seien die vom Beschwerdeführer aufgezählten Zeugen nicht ausreichend gewesen. Insgesamt habe er zur Eheschließung nur vage und substanzlose Angaben gemacht. Auch seien zu seinem sechsmonatigen Gefängnisaufenthalt nur marginale Schilderungen erfolgt. Ferner ergebe sich aus den Länderfeststellungen, dass im Fall einer solchen Eheschließung die Frau von ihrem Clan verstoßen werde und nicht mehr zur Familie zurückkehren könne. Der Beschwerdeführer hätte als in Somalia aufgewachsene Person mit diesen Regeln vertraut sein müssen. Eine Verfolgung durch die Familie seiner Frau habe er bei der Antragstellung mit keinem Wort erwähnt. Auch sein Vorbringen anlässlich der Erstbefragung, dass sein Vater keine Arbeit hätte und der Beschwerdeführer den Hungertod befürchtet habe, stehe im Widerspruch zu den Angaben beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, wonach sein Vater noch über einen restlichen Verkaufserlös eines Hauses in Mogadischu verfügt habe, um damit die Ausreise des Beschwerdeführers mitzufinanzieren. Auch seine - unterschiedlichen - Angaben zur Höhe der Reisekosten machten seine Angaben über die Armut seiner Familie unglaubwürdig. Die geltend gemachte Frucht vor persönlicher Verfolgung sei nicht festzustellen gewesen. Der Beschwerdeführer habe keine gegen ihn gerichteten Verfolgungshandlungen glaubhaft machen können.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. unter Verweis auf die Erörterungen im Rahmen der Beweiswürdigung, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen behaupteten Verfolgungsgründen die Glaubwürdigkeit abzusprechen sei, weshalb er eine Verfolgung aus dem in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht glaubhaft machen habe können. Zu Spruchpunkt II. folgerte die Behörde, dass das Bestehen einer Gefährdungssituation des Beschwerdeführers bereits unter Spruchpunkt I. geprüft und verneint worden sei. Darüber hinaus vermochte im Fall des Beschwerdeführer nichts darauf hinzuweisen, dass er im Fall seiner Rückkehr in seine Heimat einer konkreten Gefährdung unterliegen würde. Zu Spruchpunkt III. führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass sich keinerlei Anhaltspunkte ergeben hätten, die die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG rechtfertigen würden. Der Beschwerdeführer habe weder Verwandte, Familienangehörige oder Lebenspartner in Österreich, sodass davon auszugehen sei, dass er in Österreich kein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK führe. Auch sei kein schützenswertes Privatleben im Zuge des Verfahrens hervorgekommen. Da keine Gründe gemäß § 50 Abs. 1 bis Abs. 3 FPG ersichtlich seien, sei auszusprechen, dass die Abschiebung nach Somalia zulässig sei.

Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.06.2017 wurde dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner ausgewiesenen Vertretung am 27.06.2017 fristgerecht die gegenständliche vollumfängliche Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Zum Sachverhalt wurde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer als Angehöriger eines Minderheitenclans eine Frau aus dem örtlich dominierenden Clan gegen den Willen ihrer Familie geheiratet habe und deshalb mit dem "Tod" bedroht und auch staatlicher Verfolgung ausgesetzt sei. Mangels Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der somalischen Behörden habe er daher nach Österreich flüchten müssen, um Asyl beantragen zu können. Die Behörde habe das Vorbringen des Beschwerdeführers als unglaubwürdig erachtet, weil seine Erklärungen nicht plausibel gewesen wären und er keine asylrelevante Verfolgung vorgebracht habe. Die Begründung sei nicht nachvollziehbar, die Beweiswürdigung bestehe aus selektiven Zitaten und Textbausteinen. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Behörde keine Beurteilung zu den Befürchtungen des Beschwerdeführers gemacht habe. Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass die Erstbefragung nicht dazu gedacht sei, die Fluchtgründe eines Asylwerbers erschöpfend darzustellen. Daher seien Vorhaltungen zu gesetzlich vorgesehenen Ergänzungen der Fluchtgründe nicht nachvollziehbar. Dadurch entstehe der Eindruck, dass der Fall des Beschwerdeführers nicht objektiv beurteilt worden sei. Im Übrigen bestehe diese Beweiswürdigung fast ausschließlich aus Zitaten oder Textbausteinen. Die Vorwürfe würden teils auf einem Unverständnis der Sachlage in Somalia beruhen, teils auf unverifizierbaren Spekulationen, welche sich nicht objektiv nachvollziehen ließen. Unverständlich sei auch die Beurteilung, dass der Beschwerdeführer keine ausreichend detaillierten Angaben zu den Fluchtgründen gemacht habe, zumal er genaue Angaben zu seinen persönlichen Daten usw. gemacht und dies auch aus eigenem vorgetragen habe. Die geltend gemachte Verfolgungsgefahr sei daher wohlbegründet und durch Länderberichte belegt. Sie hätte als glaubwürdig anerkannt werden müssen. Er werde um Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ersucht, allenfalls um Gewährung von subsidiärem Schutz. Der Beschwerdeführer könne entgegen den Ausführungen im angefochtenen Bescheid nach den darin genannten Länderfeststellungen in Somalia nicht ungestört leben. Außerdem wäre der Beschwerdeführer im Fall einer Abschiebung auf Grund der aktuellen Hungersnot in Somalia in intensiver Gefahr, in eine existenzbedrohende Notlage zu geraten. Sodann wurde aus verschiedenen Berichten von 2017 über eine befürchtete Hungersnot infolge der Dürre in Somalia zitiert. Dem Beschwerdeführer drohe daher im Falle einer Rückkehr die Gefahr, in eine existenzbedrohende Notlage zu geraten, weshalb ihm subsidiärer Schutz zu gewähren wäre. Auch das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers sei nur unzureichend berücksichtigt worden. Er habe bereits Deutsch gelernt und soziale Kontakte geknüpft und wäre im Fall der Erteilung eines Aufenthaltstitels selbsterhaltungsfähig. Die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung sei daher nicht adäquat beurteilt wurden. Zudem sei das Verfahren insofern mangelhaft gewesen, als die Behörde sich nicht mit der konkreten Situation des Beschwerdeführers und er aktuellen Situation in Somalia auseinandergesetzt habe. Abschließend wurde ua. die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Am 11.10.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Zuhilfenahme eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Somalisch statt, an der der Beschwerdeführer und sein Rechtsberater teilnahmen.

"R: Zu Ihrer Person.

BF: Ich bin am XXXX in Mogadischu geboren. Ich gehöre zu der Volksgruppe der Madhiban.

R: Wie haben Ihre Eltern geheißen?

BF: Mutter XXXX und der Vater heißt XXXX . Beide sind aus Mogadischu. Ich bin nicht in die Schule gegangen, in die Koranschule schon, von 2002 bis 2005. Ich habe dort den Koran gelernt und arabisch, lesen und schreiben auf Arabisch.

R: Haben Sie dort auch gearbeitet in Somalia?

BF: Ja ich habe in einem Lebensmittelgeschäft gearbeitet. Dieses Geschäft war in XXXX . Ich habe bis 2009 in Mogadischu gelebt und bin dann nach XXXX geflüchtet.

R: Was ist da passiert? Mit den Eltern oder alleine?

BF: Mit der ganzen Familie sind wir nach XXXX geflüchtet. Es herrschte damals Krieg in Mogadischu, deshalb sind wir geflüchtet. Wir hatten dort keine Verwandten. Jetzt sind meine Eltern noch in XXXX .

R: Sie haben erzählt, dass Sie eine Frau geheiratet haben. Erzählen Sie mir davon bitte.

BF: Sie heißt XXXX . Im XXXX habe ich sie geheiratet. Ich habe sie traditionell geheiratet bei einem Scheich. Sie hatte die Schule besucht, ich habe sie im Geschäft kennengelernt, da sie bei mir einkaufen war. Sie hat nicht gearbeitet, ihre Familie war wohlhabend. Wir haben uns dann kennengelernt, wir haben uns einige Zeit getroffen. Mein Vater ist zu ihrer Familie gegangen und um die Hand ihrer Tochter zu fragen, es wurde aber abgelehnt. Sie haben meinen Vater beleidigt und dieser kam danach nach Hause. Mein Vater erzählte mir was vorgefallen ist, die Frau ist ein XXXX . Nach diesem Vorfall haben wir uns eine Woche nicht getroffen, dann haben wir uns wiedergesehen. Die Frau sagte mir, dass ihre Familie unsere Liebe nicht akzeptieren will. Mein Heiratsantrag wurde abgelehnt und sie schlug dann vor, dass wir heimlich heiraten. Eine Freundin von ihr und zwei Freunde von mir sind als Zeugen mitgekommen. Wir gingen zu einem Scheich und dieser hat die Trauung vollzogen. Ihre Familie wusste nichts davon, sie ist dann zu mir gezogen. Sie haben nach ihr gesucht, wir haben nicht in der Stadt geheiratet, sondern außerhalb. Wir waren dann in einer Ortschaft die ca. 10 km außerhalb von XXXX ist.

R: Haben Sie heimlich zusammengelebt?

BF: Wir sind zu meiner Familie gegangen und sie hat bei mir dann gelebt. Dann haben wir für einige Zeit zusammengelebt, sie brachte eine Tochter zur Welt. Das erste Kind ist am XXXX auf die Welt gekommen. Meine Tochter heißt XXXX . Mein Sohn kam ein Jahr später zur Welt. Er heißt XXXX . Als meine Frau schwanger mit dem Sohn war, hat ihre Familie herausgefunden, dass sie bei mir und noch in der Stadt ist. Sie glaubten davor, dass sie geflüchtet war. Dann sind zwei Brüder meiner Frau zu uns gekommen. Sie haben meine Frau mitgenommen, zum Haus ihrer Familie. Sie haben uns angegriffen, bedroht und beleidigt, sie haben meine Frau verschleppt. Nach einigen Tagen konnte sie wieder zu uns flüchten. Wir haben dann meine Frau versteckt bis sie dann das zweite Kind bekommen hat. Dann ist ihre Familie wieder zu uns gekommen und hat sie wieder mitgenommen. Sie haben meine Frau wieder eingesperrt, sie haben sie bedroht und gesagt, dass sie nicht mehr zu mir darf und das Haus nicht mehr verlassen darf. Sie sind nachdem sie meine Frau mitgenommen haben wieder zu mir gekommen. Sie haben mich bedroht, dass sie mich umbringen werden, wenn ich wieder in die Nähe ihrer Tochter kommen werde. Danach konnte meine Frau das Haus verlassen, sie kam heimlich zu mir zu Besuch und dann ging sie wieder nach Hause zu ihrer Familie. Dann haben ihre Brüder irgendwie mitbekommen, dass ich wieder mit ihr in Kontakt bin. Die Brüder kamen wieder zu mir und haben mich bedroht. Sie gingen wieder und sagten es ihrem Vater.

R: Was wollten Sie von Ihnen, wenn man jemanden bedroht, dann hat man auch was im Sinn. BF: Sie sagten, wenn ich ihre Tochter nicht in Ruhe lasse, werden sie mich töten. Sie wollten nicht, dass ich im Kontakt mit meiner Frau bleibe. Ihr Vater kam dann mit der Polizei zu uns. Die Polizisten haben mich festgenommen und in eine Polizeistation gebracht. Danach wurde ich aus dieser Station in ein Gefängnis gebracht. 6 Monate war ich im Gefängnis. Während ich im Gefängnis war, haben sie die Scheidung durchgeführt. Normalerweise müssen beide Seiten zustimmen, wenn man sich scheiden lassen möchte. Ich habe nicht zugestimmt und bin nach wie vor der Meinung, dass ich verheiratet bin. Meine Frau hat auch nicht zugestimmt. Während ich im Gefängnis war, konnte meine Frau wieder aus dem Haus flüchten. Die Familie der Frau kam auch einmal zu mir in das Gefängnis und fragten mich, ob ich wüsste wo sich meine Frau befindet. Ich hätte es mit ihr abgesprochen, aber ich habe nichts davon gewusst. Nach 6 Monaten wurde ich dann freigelassen. Mein Vater Anstrengungen unternommen, mich frei zu bekommen, das hat aber leider nicht funktioniert. Nachdem ich freigelassen wurde hat mir mein Vater erzählt, dass meine Frau geflüchtet sei und sie ihre Familie nicht mehr findet. Sie glauben, dass ich wüsste wo sie sich befindet und sie sich mit mir etwas ausgemacht hat. Zwei Wochen nach meiner Freilassung ist die Familie meiner Frau zu mir gekommen, ihre zwei Brüder und ihr Vater. Sie sagten mir, dass ich ihnen verraten solle, wo sich ihre Tochter befindet. Sie haben mich bedroht, ich habe Angst bekommen und bin geflüchtet. Ich wusste nicht wo sich meine Frau befindet, ich war ja im Gefängnis, das haben sie mir aber nicht geglaubt.

R: Ich verstehe noch immer nicht, was diese Personen von Ihnen wollten. Es wäre einfacher die Frau einzusperren.

BF: Ich weiß nicht warum sie das nicht getan haben.

R: Wo waren Ihre Kinder?

BF: Meine Kinder waren bei meiner Mutter, sie hat auf sie aufgepasst.

R: Was wissen Sie von der Familie Ihrer Frau? BF: Meine Frau hat bei ihren Eltern gelebt, sie hat 3 Brüder und 2 Schwestern. Ihr Vater besitzt zwei bis drei Lager (Lebensmittellager). Ihr Vater hatte mehrere Mitarbeiter und die Mutter war Hausfrau. Meine Frau hat die Schule besucht.

R: Wie alt war Ihre Frau bei der Heirat? BF: 16 Jahre alt.

R: Warum haben Sie Somalia verlassen?

BF: Wegen diesem Problem. Deshalb habe ich Somalia verlassen.

R: Haben Sie Kontakt zu Ihrer Frau? BF: Ich weiß nicht, wo sie sich aufhält.

R: Sie haben bei der ersten Einvernahme angegeben, dass ihre Mutter krank ist, der Vater keine Arbeit hat und die Familie Arm ist. Sie konnten nicht zur Schule gehen und hätten Angst verhungern zu müssen. Weiters sind Sie auf die Frage was Sie bei Ihrer Rückkehr befürchten würden haben Sie angegeben, Hunger und schlechte medizinische Versorgung. Sie haben mit keinem Wort den Konflikt mit der Familie Ihrer Frau erwähnt, das ist eigenartig, wenn das Ihr Hauptfluchtgrund gewesen sein soll.

BF: Bei dieser Einvernahme wurde ich nicht genau gefragt. Beim BFA habe ich bereits erzählt, dass ich bemerkt habe, dass einiges was ich erzählt habe, bei der ersten Einvernahme nicht so aufgeschrieben wurde wie ich es erzählt habe.

R: Wieso sind Sie erst beim BFA draufgekommen? Es wurde Ihnen ja diese Niederschrift rückübersetzt. Das hätte Ihnen auffallen müssen.

BF: Ich habe nicht genau zugehört, ich hatte Angst.

RV: Es ist auch für mich nicht mehr nachvollziehbar, wie es zu diesem knappen und mit dem wirklichen Fluchtvorbringen kaum in zusammenhangstehenden Aussagen kam. Ich möchte nur anmerken, dass die Erstbefragung extrem kurz war (laut Protokoll 25 Minuten) und in dieser Zeit eine intensivere Befragung und eine ausführliche Antwort inklusive Rückübersetzung kaum möglich ist. Ich schließe daher nicht aus, dass, wie es immer wieder vorkommt Teile des Protokolls einfach vom vorigen übernommen wurden.

R: Viele Dinge die Sie von dieser Heirat und Problemen mit der Familie der Frau erzählt haben sind unplausibel. Der übliche Vorgang in Somalia ist das, gegen den Willen der Familie verheiratete Frau von ihrem Clan und ihrer Familie verstoßen wird und nicht, dass man sie unbedingt wieder zurückhaben möchte. Diese Frau hat zwei Schwestern die man, wenn man es braucht auch verheiraten könnte. Daher ist das Vorgehen dieser Familie für mich nicht nachvollziehbar.

BF: Das Problem war nicht nur das ich Gabooye bin, sondern das ich auch arm bin. Das Problem war, dass ich gegen den Willen der Familie die Frau geheiratet habe.

R: Das nächste Problem an der Glaubwürdigkeit Ihrer Erzählung ist, dass Sie im Ort XXXX zwei Jahre unentdeckt mit ihrer Frau leben konnten, sogar als die Familie von der zweiten Schwangerschaft wusste war es möglich Ihre Frau bei Ihrer Familie zu verstecken. Entweder sucht die Familie nicht ganz furchtbar nach Ihnen oder Ihrer Frau, oder es ist ganz leicht sich in XXXX und Umgebung zu verstecken. Daher wäre es auch nicht notwendig gewesen Somalia zu verlassen und Sie mit Ihrer Frau in Mogadischu jedenfalls untertauchen hätten können, zumal Sie dort aufgewachsen sind.

BF: In Mogadischu kann ich nicht leben. Dort habe ich niemanden, dort ist es nicht sicher. Wir haben in verschiedenen Bezirken gelebt, deshalb haben sie uns nicht gleich gefunden. Die Bezirke waren sehr weit voneinander entfernt. Das Geschäft wo ich gearbeitet habe war am Markt und nicht in den Bezirk wo sie gelebt haben.

RV legt folgende Dokumente vor: Teilnahmebestätigung Werte- und Orientierungskurs, Teilnahmebestätigung Integrationsprojekt AMIGO@WORK, Bestätigung freiwillige Mitarbeit bei Veranstaltungen in der Marktgemeinde Schwertberg, Kursbestätigung Lehrgang zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Somalia, gehört der Volksgruppe der Madhiban an und bekennt sich zum moslemischen Glauben. Seine Identität steht nicht fest. Er ist in Mogadischu geboren und aufgewachsen. Er hat dort die Koranschule besucht. Er beherrscht Somalisch als Muttersprache. 2009 verließ der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Familie Mogadischu und zog nach XXXX , wo sie ein Haus kauften. Ihren Lebensunterhalt bestreitet die Familie aus Einkünften aus einem Lebensmittelgeschäft. Die Eltern und Geschwister des Beschwerdeführers leben noch in XXXX . Weiters hat er noch eine Tante väterlicherseits in Somalia. Der Beschwerdeführer arbeitete bis zu seiner Ausreise in einem Lebensmittelgeschäft und verdiente monatlich 50 USD.

Der Beschwerdeführer hielt sich im Zeitraum zwischen seiner Ausreise aus Somalia im Juni 2014 und seiner Einreise nach Österreich im September 2014 in verschiedenen Ländern, wie Äthiopien, Sudan, Libyen und in Italien auf bzw. reiste durch diese Länder bevor er illegal in das österreichische Bundesgebiet gelangte und am 25.09.2014 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat.

Es ist nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer gegen den Willen deren Eltern eine Frau aus einem in XXXX dominanten Clan geheiratet hat und Vater zweier minderjähriger Kinder ist. Es ist daher auch nicht glaubhaft, dass er von den Angehörigen dieser Frau bedroht wird bzw. ihm deswegen staatliche Verfolgung droht, obwohl er den Aufenthaltsort dieser Frau nicht kennt.

Nicht festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer aus Gründen seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe und/oder seines Clans bzw. seiner Glaubensrichtung oder aus sonst in seiner Person gelegenen Gründen (etwa wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung) einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Auch eine drohende asylrelevante Verfolgung aus anderen Gründen ist nicht hervorgekommen und zwar weder aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers noch aus amtswegiger Wahrnehmung.

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer gesund ist.

Nicht festgestellt wird, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Somalia bzw. Mogadischu eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde. Bei einer Rückkehr nach XXXX , besteht für den Beschwerdeführer als gesunden, leistungsfähigen Mann im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf keine Bedrohungssituation und liefe der Beschwerdeführer auch nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Der im Bundesgebiet bislang unbescholtene Beschwerdeführer lebt seit Antragstellung am 25.09.2014 auf der Grundlage einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz in Österreich. Ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht ist nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer bestreitet seinen Lebensunterhalt im Bundesgebiet durch die staatliche Grundversorgung und lebt in einem Flüchtlingsheim. Der Beschwerdeführer lebt in Österreich in keiner familienähnlichen Beziehung und es besteht auch kein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis zu irgendjemandem. Der Beschwerdeführer hat einen Deutschkurs absolviert und ein ÖSD Deutsch-Zertifikat der Niveaustufe A1 vom 17.01.2017 sowie eine Teilnahmebestätigung am Werte- und Orienterungskurs des ÖSD vom 02.03.2018 vorgelegt. Ferner legte er eine Teilnahmebestätigung beim Integrationsprojekt AMIGO@WORK vom 01.10.2018 sowie eine Bestätigung vom 17.09.2018 über seine freiwillige Mitarbeit am Gemeindegeschehen in seinem Wohnort vor. Zudem legte der Beschwerdeführer eine Bestätigung über seine Teilnahme an einem Lehrgang zur Nachholung des Pflichtschulabschlusses der VHS XXXX vom 08.10.2018 in den Schuljahren 2018/2019 und 2019/2020 im Rahmen einer Abendschule vor. Über ein Abschlusszeugnis verfügt er jedoch noch nicht, auch eine Arbeitsplatzzusage liegt nicht vor. Er hat wöchentlich einmal in der Pfarre seines Wohnortes beim Mülltrennen am Friedhof geholfen. Er ist im Bundesgebiet bislang noch keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen und selbsterhaltungsunfähig.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor. Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Somalia gemäß § 46 FPG unzulässig wäre.

Zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wird auf die dem Beschwerdeführer anlässlich der Ladung zur mündlichen Beschwerdeverhandlung zur Kenntnis gebrachten Länderberichte verwiesen, aus welchen sich die verfahrensgegenständlich relevante Lage ergibt. Diese stellt sich auszugsweise wie folgt dar:

[...]

Integrierte Kurzinformationen

KI vom 3.5.2018: Überdurchschnittliche Niederschläge, bessere Versorgungssicherheit prognostiziert (betrifft:

Abschnitt 21/Grundversorgung und Abschnitt 21.1/Dürresituation)

Schon in den vor der Gu-Regenzeit gemachten Prognosen zeichnete sich eine Entspannung der Situation ab, obwohl damals nur unterdurchschnittliche Regenmengen prognostiziert wurden. Anfang 2018 wurde für Februar-Juni 2018 prognostiziert, dass die Bevölkerung in folgende IPC-Stufen (Klassifizierung zur Sicherheit der

Nahrungsmittelversorgung) einzuordnen sein wird: 56% Stufe 1 (minimal); 22% Stufe 2 (stressed); 18% Stufe 3 (crisis); 4% Stufe 4 (emergency); 0% Stufe 5 (famine). IDP-Lager in Südsomalia wurden durchwegs mit Stufe 3 IPC prognostiziert; Städte in Lower und Middle Shabelle, Bay und Jubaland mit Stufe 2; Mogadischu mit Stufe 1. Landesweit zeigt sich, dass die Bevölkerung in den Städten besser versorgt ist, als jene auf dem Lande (FAO 2018). Verbesserungen bei Nahrungsmittelsicherheit und Ernährung sind auf die höhere Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln aus der Deyr-Ernte und aus der gestiegenen Milchproduktion zurückzuführen. Gleichzeitig wird die humanitäre Hilfe aufrechterhalten. Viele Haushalte können Nahrungsmittel mit von humanitären Akteuren zur Verfügung gestellten Geldmitteln oder Gutscheinen erwerben (FEWS 3.2018). Im ersten Quartal 2018 bezogen monatlich 1,84 Millionen Menschen humanitäre Hilfe. Im letzten Quartal 2017 waren es noch 2,5 Millionen gewesen. Insgesamt erreicht die Unterstützung rund 70% der Menschen die sich auf oder über Stufe 3 IPC befinden (FEWS 4.2018a). Auch im Jahr 2018 wird humanitäre Hilfe weiterhin in großem Ausmaß erforderlich sein (FEWS 3.2018).

Der bereits eingetretene Rückgang an Hunger ist auch im Vergleich der Daten der beiden Deyr-Regenzeiten 2016/17 und 2017/18 zu erkennen (FEWS 3.2018):

Nunmehr ist es im April 2018 in fast allen Landesteilen zu mittleren bis starken Regenfällen gekommen (FAO 27.4.2018). In fast ganz Somalia lag die Niederschlagsmenge der Gu-Regenzeit bis zum 20.4.2018 bei 200% des mehrjährigen Durchschnitts. Nur im Nordosten blieben die Niederschläge unterdurchschnittlich (FEWS 4.2018a). Allerdings werden die Niederschläge bis Juni weiter anhalten (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.4.2018), auch wenn mit einem Rückgang der Niederschlagsmengen gerechnet wird (FEWS 4.2018a).

Für den Zeitraum Juni-September 2018 wurde eine deutliche Entspannung bei der Nahrungsmittelversorgung angekündigt. Nur noch für Hilfsorganisationen leicht zugängliche Gebiete im Nordwesten werden unter Stufe 4 IPC (emergency) eingestuft, der große Rest des Landes fällt in die Stufen 1-3, Süd-/Zentralsomalia gänzlich (bis auf IDP-Konzentrationen) in die Stufen 1-2 (FEWS 4.2018b).

Aufgrund der überdurchschnittlichen Niederschläge in der Gu-Regenzeit Anfang 2018 wird erwartet, dass sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln in einigen Teilen Südsomalias noch weiter verbessern wird, als zu Jahresbeginn bereits prognostiziert. Zwar wurden in von Überflutungen betroffenen Gebieten Teile der Ernte vernichtet, jedoch sind die Bedingungen insgesamt so günstig, dass mit einer überdurchschnittlichen Ernte zu rechnen ist (FEWS 4.2018b). Die Felder befinden sich in gutem Zustand. In der Landwirtschaft gibt es Arbeitsmöglichkeiten auf Normalniveau (FEWS 4.2018a).

In den meisten Gebieten haben sich Weidegründe und Wasserverfügbarkeit verbessert (FEWS 4.2018a; vgl. FEWS 4.2018b), der Zustand der Tiere hat sich normalisiert. Allerdings bleibt die durchschnittliche Herdengröße noch hinter dem Normalzustand zurück. Arme Nomaden in Nord- und Zentralsomalia werden weiterhin über zu wenig Vieh verfügen. Dort wird Stufe 3 IPC (crisis) vermutlich weiter vorherrschen (FEWS 4.2018b).

Der Handelspreis für 1kg Sorghum ist in Baidoa im ersten Quartal 2018 um 37% eingebrochen, jener für 1kg Mais in Qoryooley um 32%. Auch bei armen Haushalten verbessert sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln, sie haben nun auf normalem Niveau Zugang zu Arbeit in der Landwirtschaft und die Nahrungsmittelpreise haben sich ebenfalls normalisiert. Mit dem Tageseinkommen können nunmehr 10-18kg lokalen Getreides erstanden werden - 20%-60% mehr als noch vor einem Jahr (FEWS 4.2018a).

Zusätzlich zu den Niederschlägen fließen aus dem äthiopischen Hochland beträchtliche Mengen Wasser zu (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.4.2018). Dadurch kam es in einigen Gebieten zu Überschwemmungen. Belet Weyne war besonders stark betroffen, 70% der Haushalte mussten ihre Häuser verlassen. In Qoryooley waren es 250 Haushalte. Außerdem betroffen waren einige Dörfer in Middle Juba und im Bezirk Wanla Weyne. Auch einige landwirtschaftlich genutzte Gebiete in Bay, Lower Juba, Togdheer und Hiiraan wurden überflutet (FEWS 4.2018a). Die Pegel der Flüsse werden vermutlich weiter steigen. Bisher sind rund 630.000 Menschen von Sturzfluten oder Überschwemmung betroffen, ca. 215.000 haben ihre Häuser verlassen müssen (davon 180.000 im Gebiet Belet Weyne). Andererseits verlassen manche IDPs die Lager, um von den Niederschlägen in ihrer ursprünglichen Heimat zu profitieren (UN OCHA 2.5.2018).

Quellen:

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FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (4.2018a): Somalia

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Food Security Outlook Update, http://fews.net/east-africa/somalia/food-security-outlook-update/april-2018, Zugriff 2.5.2018

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FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (4.2018b): Somalia

-

Food Security Outlook Update, http://fews.net/east-africa/somalia, Zugriff 2.5.2018

-

FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (3.2018): Somalia

-

Food Security Outlook February to September 2018, http://fews.net/east-africa/somalia/food-security-outlook/february-2018, Zugriff

2.5.2018

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FAO FSNAU - Agentur der Food and Agriculture Organisation der UN (2018): IPC Map, http://www.fsnau.org/ipc/ipc-map, Zugriff 2.5.2018

-

FAO SWALIM (27.4.2018): Somalia Rainfall Forecast - Issued: 27 April 2018,

https://reliefweb.int/map/somalia/somalia-rainfall-forecast-issued-27-april-2018, Zugriff 2.5.2018

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UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (2.5.2018): OCHA Somalia Flash Update #3 - Humanitarian impact of heavy rains | 2 May 2018,

https://reliefweb.int/report/somalia/ocha-somaliaflash-update-3-humanitarian-impact-heavy-rains-2-may-2018, Zugriff 3.5.2018

1. Politische Lage

Das Gebiet von Somalia ist de facto in drei unterschiedliche administrative Einheiten unterteilt: a) Somaliland, ein 1991 selbstausgerufener unabhängiger Staat, der von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wird; b) Puntland, ein 1998 selbstausgerufener autonomer Teilstaat Somalias; c) das Gebiet südlich von Puntland, das Süd-/Zentralsomalia genannt wird (EASO 8.2014). Im Hinblick auf fast alle asylrelevanten Tatsachen ist Somalia in diesen drei Teilen zu betrachten (AA 1.1.2017).

Im Jahr 1988 brach in Somalia ein Bürgerkrieg aus, der im Jahr 1991 im Sturz von Diktator Siyad Barre resultierte. Danach folgten Kämpfe zwischen unterschiedlichen Clans, Interventionen der UN sowie mehrere Friedenskonferenzen (EASO 8.2014). Seit Jahrzehnten gibt es keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler, regionaler oder zentralstaatlicher Ebene. Politische Ämter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991 entweder erkämpft oder unter Ägide der internationalen Gemeinschaft, hilfsweise unter Einbeziehung nicht demokratisch legitimierter traditioneller Strukturen (v.a. Clan-Strukturen) vergeben (AA 1.1.2017).

Im August 2012 endete die Periode der Übergangsregierung (BS 2016). Seit damals gibt es eine politische

Entwicklung, die den Beginn einer Befriedung und Stabilisierung sowie eines Wiederaufbaus staatlicher Strukturen markiert. Am 1.8.2012 wurde in Mogadischu eine vorläufige Verfassung angenommen. Seitdem ist die Staatsbildung kontinuierlich vorangeschritten. Das im Dezember 2016 gewählte Parlament stellt dabei auch einen deutlichen demokratischen Fortschritt gegenüber dem 2012 gewählten Parlament dar. Während 2012 135 Clanälteste die Zusammensetzung bestimmten (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017), waren es 2016 über 14.000

Clan-Repräsentanten (UNHRC 6.9.2017) bzw. 13.000. Während die 54 Mitglieder des Oberhauses von den Parlamenten der Bundesstaaten gewählt wurden, wählten die o.g. Clan-Repräsentanten die 275 auf Clan-Basis ausgewählten Abgeordneten des Unterhauses (UNSC 9.5.2017).

Auch wenn es sich um keine allgemeine Wahl gehandelt hat, ist diese Wahl im Vergleich zu vorangegangenen Wahlen ein Fortschritt gewesen (DW 10.2.2017). Allerdings war auch dieser Wahlprozess problematisch, es gibt zahlreiche Vorwürfe von Stimmenkauf und Korruption (SEMG 8.11.2017). Im Februar 2017 wählte das neue Zweikammerparlament Mohamed Abdullahi Mohamed "Farmaajo" zum Präsidenten; im März bestätigte es Hassan Ali Kheyre als Premierminister (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017, SEMG 8.11.2017). Das Parlament bestätigte am 29.3.2017 dessen 69-köpfiges Kabinett (UNSC 9.5.2017).

Die Macht wurde friedlich und reibungslos an die neue Regierung übergeben (WB 18.7.2017). Somalia hat den Zustand eines failed state überwunden, bleibt aber ein fragiler Staat (AA 1.1.2017). Die Regierung stellt sich den Herausforderungen, welche Dürre und Sicherheit darstellen. Überhaupt hat die Regierung seit Amtsantritt gezeigt, dass sie dazu bereit ist, die Probleme des Landes zu beheben (UNSC 5.9.2017). Dabei mangelt es der Bundesregierung an Einkünften, diese sind nach wie vor von den wenigen in Mogadischu erzielten Einnahmen abhängig (SEMG 8.11.2017).

Außerdem wird die Autorität der Zentralregierung vom nach Unabhängigkeit strebenden Somaliland im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen al Shabaab-Miliz in Frage gestellt. Außerdem gibt es aber keine flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind fragil und schwach (AA 1.1.2017). Die föderale Regierung hat es bislang kaum geschafft, sich außerhalb Mogadischus durchzusetzen (ÖB 9.2016).

Allgemeine Wahlen sind für das Jahr 2020 (UNSC 9.5.2017) bzw. 2021 vorgesehen (UNSC 5.9.2017; vgl. UNNS 13.9.2017). Deren Durchführung wird aber maßgeblich davon abhängen, wie sich die Sicherheitslage entwickelt, ob sich Wahlkommissionen auch in den Bundesstaaten etablieren können und ob ein Verfassungsgericht eingerichtet wird (UNSC 5.9.2017).

Neue föderale Teilstaaten (Bundesstaaten)

Generell befindet sich das föderalistische System Somalias immer noch in einer frühen Phase und muss in den kommenden Jahren konsolidiert werden (UNSC 9.5.2017). Zwar gibt es in manchen Gebieten Verbesserungen bei der Verwaltung und bei der Sicherheit. Es ist aber ein langsamer Prozess. Die Errichtung staatlicher Strukturen ist das größte Problem, hier versucht die internationale Gemeinschaft zu unterstützen (BFA 8.2017).

Kaum ein Bundesstaat ist in der Lage, das ihm zugesprochene Gebiet tatsächlich unter Kontrolle zu haben. Bei den neu etablierten Entitäten reicht die Macht nur wenige Kilometer über die Städte hinaus (BFA 8.2017; vgl. NLMBZ 11.2017).

Während im Norden bereits die Gliedstaaten Somaliland und Puntland etabliert waren, begann mit dem international vermittelten Abkommen von Addis Abeba von Ende August 2013 der Prozess der Gliedstaatsgründung im weiteren Somalia, der nach der Gründung der Bundesstaaten Jubaland, South West State (SWS), Galmudug und Hirshabelle 2016 seinen weitgehenden Abschluss fand (AA 4.2017a). Offen ist noch der finale Status der Hauptstadtregion Benadir/Mogadischu (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017, BFA 8.2017).

Die Bildung der Bundesstaaten erfolgte im Lichte der Clan-Balance.

Rein technisch bedeutet dies: Galmudug und HirShabelle für die Hawiye; Puntland und Jubaland für die Darod; der SWS für die Rahanweyn; Somaliland für die Dir (BFA 8.2017).

Die Beziehungen zwischen der Bundesregierung und den Regierungen der Bundesstaaten sind angespannt, da es bei der Sicherheitsarchitektur und bei der Ressourcenverteilung nach wie vor Unklarheiten gibt (SEMG 8.11.2017). Außerdem hat der Schritt zur Föderalisierung zur Verschärfung von lokalen Clan-Spannungen beigetragen und eine Reihe gewalttätiger Konflikte ausgelöst. Die Föderalisierung hat zu politischen Kämpfen zwischen lokalen Größen und ihren Clans geführt (BS 2016). Denn in jedem Bundesstaat gibt es unterschiedliche Clankonstellationen und überall finden sich Clans, die mit der Zusammensetzung ihres Bundesstaates unzufrieden sind, weil sie plötzlich zur Minderheit wurden. Sie fühlen sich marginalisiert (BFA 8.2017).

Im Zuge der Föderalisierung Somalias wurden mehrere Teilverwaltungen (Bundesstaaten) neu geschaffen: Galmudug Interim Administration (GIA); die Jubaland Interim Administration (JIA); Interim South West State

Administration (ISWA). Keine dieser Verwaltungen hat die volle Kontrolle über die ihr unterstehenden Gebiete (USDOS 3.3.2017). Außerdem müssen noch wichtige Aspekte geklärt und reguliert werden, wie etwa die Machtverteilung zwischen Bund und Ländern, die Verteilung der Einkünfte oder die Verwaltung von Ressourcen. Internationale Geber unterstützen den Aufbau der Verwaltungen in den Bundesstaaten (UNSC 5.9.2017).

1) Jubaland (Gedo, Lower Juba, Middle Juba): Im Jahr 2013 kam es zu einem Abkommen zwischen der Bundesregierung und Delegierten von Jubaland über die Bildung des Bundesstaates Jubaland. Im gleichen Jahr wurde Ahmed Mohamed Islam "Madobe" zum Präsidenten gewählt (USDOS 3.3.2017). Der JIA ist es gelungen, zumindest in Kismayo eine Verwaltung zu etablieren. Die Machtbalance in Jubaland wurde verbessert, seit die Ogadeni auch mit anderen Clans kooperieren und diese in Strukturen einbinden (BFA 8.2017).

2) South West State (SWS; Bay, Bakool, Lower Shabelle): Nach einer Gründungskonferenz im Jahr 2014 formierte sich im Dezember 2015 das Parlament des Bundesstaates South West State. Dieses wählte Sharif Hassan Sheikh Adam zum Übergangspräsidenten (USDOS 3.3.2017). Insgesamt befindet sich der SWS immer noch im Aufbau, die Regierungsstrukturen sind schwach, Ministerien bestehen nur auf dem Papier. Es gibt kaum Beamte, und in der Politik kommt es zu Streitigkeiten. Die Region Bakool ist besser an den SWS angebunden, als dies bei Lower Shabelle der Fall ist. Die Beziehungen von Lower Shabelle zur Bundesregierung und zum SWS sind kompliziert, der SWS hat dort kaum Mitsprache (BFA 8.2017).

3) HirShabelle (Hiiraan, Middle Shabelle): Bei der Bildung des Bundesstaates HirShabelle wurde längere Zeit über gestritten. Beide Regionen (Hiiraan und Middle Shabelle) haben erklärt, dass sie genügend Einwohner hätten, um jeweils einen eigenen Bundesstaat gründen zu können. Trotzdem wurden die Regionen fusioniert (BFA 8.2017). Im Jänner 2016 fand eine Konferenz zur Bildung eines Bundesstaates aus Hiiraan und Middle Shabelle statt. In der Folge wurde im Oktober 2016 der Bundesstaat Hirshabelle eingerichtet: Ein Parlament wurde zusammengestellt und ein Präsident - Ali Abdullahi Osoble - gewählt. Anführer der Hawadle haben eine Teilnahme verweigert (USDOS 3.3.2017). Das Kabinett wurde Mitte März 2017 vom Parlament bestätigt (BFA 8.2017; vgl. UNSC 9.5.2017). Der Großteil der Regierung von HirShabelle befindet sich in Mogadischu. Die Bildung des Bundesstaates scheint alte Clan-Konflikte neu angeheizt zu haben, die Hawadle fühlen sich marginalisiert (BFA 8.2017).

4) Galmudug (Galgaduud, Teile von Mudug): 2015 wurde eine Regionalversammlung gebildet und Abdikarim Hussein Guled als Präsident gewählt hat (EASO 2.2016). Die Regionalversammlung war von der Bundesregierung eingesetzt worden. Ausgewählt wurden die 89 Mitglieder von 40 Ältesten, welche wiederum 11 Clans repräsentierten. Die Gruppe Ahlu Sunna wal Jama'a (ASWJ), die Teile der Region Galgaduud kontrolliert, hat den Prozess boykottiert und eine eigene Verwaltung eingerichtet (USDOS 3.3.2017). Die GIA wird von Hawiye/Habr Gedir/Sa'ad dominiert (EASO 2.2016). Am 25.2.2017 trat der Präsident von Galmudug, Abdikarim Hussein Guled, zurück (UNSC 9.5.2017). Am 3.5.2017 wurde Ahmed Duale Geele "Xaaf" vom Regionalparlament von Galmudug zum neuen Präsidenten gewählt (UNSC 5.9.2017). Auch der neue Präsident hat noch keine Lösung mit der ASWJ herbeigeführt (UNSOM 13.9.2017).

Quellen:

• AA - Auswärtiges Amt (1.1.2017): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

• AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Somalia - Innenpolitik, http://www.auswaertigesamt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Somalia/Innenpolitik_node.html, Zugriff 13.9.2017

• BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia.

Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM,

http://www.bfa.gv.at/files/berichte/FFM%20Report_Somalia%20Sicherheitslage_Onlineversion_2017_08_ KE_neu.pdf, Zugriff 13.9.2017

• BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report,

https://www.btiproject.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 20.11.2017

• DW - Deutsche Welle (10.2.2017): Kommentar: Farmajo, der neue Präsident Somalias - Wie viele Löcher hat der Käse? http://www.dw.com/de/kommentar-farmajo-der-neue-pr%C3%A4sident-somalias-wie-vielel%C3%B6cher-hat-der-k%C3%A4se/a-37496267, Zugriff 24.11.2017

• EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff

21.12.2017

• EASO - European Asylum Support Office (8.2014): South and Central Somalia: Country Overview,

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 21.11.2017

• NLMBZ - (Niederlande) Ministerie von Buitenlandse Zaken (11.2017):

Algemeen Ambtsbericht Zuid- en Centraal- Somalië, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1512376193_correctie-aab-zuid-en-centraalsomalie-2017-def-zvb.pdf, Zugriff 10.1.2018

• ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (9.2016): Asylländerbericht Somalia

• SEMG - Somalia and Eritrea Monitoring Group (8.11.2017): Report of the SEMG on Somalia,

https://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2017/924, Zugriff 14.11.2017

• UNHRC - UN Human Rights Council (6.9.2017): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia http://www.refworld.org/docid/59c12bed4.html, Zugriff 11.11.2017

• UNNS - UN News Service (13.9.2017): Somalia facing complex immediate and long-term challenges, UN Security Council told, http://www.refworld.org/docid/59bfc8b34.html, Zugriff 11.11.2017

• UNSC - UN Security Council (5.9.2017): Report of the Secretary-General on Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1505292097_n1726605.pdf, Zugriff 8.11.2017

• UNSC - UN Security Council (9.5.2017): Report of the Secretary-General on Somalia,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1496910356_n1712363.pdf, Zugriff 10.11.2017

• UNSOM - United Nations Assistance Mission in Somalia (13.9.2017):

SRSG Keating Briefing to the Security Council, https://unsom.unmissions.org/srsg-keating-briefing-security-council-1, Zugriff 11.11.2017

• USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2016&dlid=265300, Zugriff 13.9.2017

• WB - World Bank (18.7.2017): Somalia Economic Update, http://documents.worldbank.org/curated/en/552691501679650925/Somalia-economic-updatemobilizing-domestic-revenue-to-rebuild-Somalia, Zugriff 20.11.2017

1.1. Puntland

Der so genannte Puntland State of Somalia hat sich 1998 mit internationaler Unterstützung konstituiert. Er strebt keine Unabhängigkeit von Somalia an. Es konnten einigermaßen stabile staatliche Strukturen etabliert werden (AA 1.1.2017; vgl. BS 2016). Die staatlichen Organe in Puntland sind insgesamt weniger fragil als die zentralstaatlichen (AA 1.1.2017). Dabei konnte Puntland die Verwaltungskapazitäten weiter ausbauen. Gleichzeitig ist Puntland auf Bundesebene ein wichtiger Akteur. Grundlegende staatliche Dienste (z.B. Infrastruktur, Behörden) sind in Puntland gegeben. Das Verwaltungssystem ist aber urban konzentriert und reicht nicht bis in entlegene Gebiete (BS 2016).

Im Jänner 2014 kam es zum dritten Mal zu einem friedlichen Machtwechsel an der Spitze von Puntland. Allerdings fand dieser Machtwechs

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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