TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/22 W273 2226328-2

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Veröffentlicht am 22.01.2020
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Entscheidungsdatum

22.01.2020

Norm

BVergG 2018 §12 Abs1
BVergG 2018 §134
BVergG 2018 §141 Abs1 Z7
BVergG 2018 §2 Z5
BVergG 2018 §20 Abs1
BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergG 2018 §333
BVergG 2018 §334 Abs2
BVergG 2018 §344 Abs1
BVergG 2018 §347 Abs1 Z2
BVergG 2018 §4 Abs1 Z2
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W273 2226328-2/29E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Isabel FUNK-LEISCH als Vorsitzende sowie Mag. Wolfgang POINTNER als fachkundigen Laienrichter auf Auftraggeberseite und Mag. Julia WEISS als fachkundige Laienrichterin auf Auftragnehmerseite über den Antrag auf Nichtigerklärung der XXXX , vertreten durch Estermann Pock Rechtsanwälte GmbH betreffend das Verfahren "LIFE+ Auenwildnis Wachau: Wachau: Erd- und Brückenausschreibung - Los 1 Erdbau" der via donau - Österreichische Wasserstraßen-Gesellschaft mbH, 1120 Wien, Donau-City-Straße 1, vertreten durch Schramm Öhler Rechtsanwälte OG, Bartensteingasse 2, 1010 Wien, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Dem Antrag auf "Nichtigerklärung der mit Schreiben vom 29.11.2019 mitgeteilten Zuschlagsentscheidung hinsichtlich des Loses 1 (Erdbau)" wird stattgegeben. Die am 29.11.2019 bekanntgegebene Zuschlagsentscheidung hinsichtlich Los 1 (Erdbau) wird für nichtig erklärt.

B)

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Vorbringen der Parteien

1. Mit Schriftsatz vom 09.12.2019 stellte die XXXX (im Folgenden "die Antragstellerin") einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 29.11.2019 im Vergabeverfahren "LIFE+ Auenwildnis Wachau: Wachau: Erd- und Brückenausschreibung" hinsichtlich Los 1 (im Folgenden auch "das Vergabeverfahren") der via donau - Österreichische Wasserstraßen-Gesellschaft mbH, 1120 Wien, Donau-City-Straße 1 (im Folgenden auch "die Auftraggeberin"). Die Antragstellerin beantragte, ihr Akteneinsicht zu gewähren, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und der Auftraggeberin den Ersatz der von der Antragstellerin entrichteten Pauschalgebühren aufzutragen.

1.2. Die Antragstellerin brachte vor, der Gesamtpreis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin, der XXXX (im Folgenden auch "die präsumtive Zuschlagsempfängerin") liege um mehr als 50% unter den Gesamtpreisen aller anderen Bieter. Damit sei die Durchführung einer vertieften Angebotsprüfung jedenfalls geboten gewesen. Die Zuschlagsentscheidung sei schon deshalb rechtswidrig, weil die Auftraggeberin eine vertiefte Angebotsprüfung gar nicht oder nicht hinreichend nach den Kriterien des § 137 Abs 3 BVergG durchgeführt habe.

1.3. Selbst wenn eine vertiefte Angebotsprüfung vorgenommen worden sei, wäre die Zuschlagsentscheidung rechtswidrig, weil der Gesamtpreis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nicht plausibel zusammengesetzt bzw. spekulativ sei. Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sei aus diesem Grund auszuscheiden gewesen. Die Antragstellerin gehe auch ohne Kenntnis des Angebotes der Antragstellerin davon aus, dass die Antragstellerin in mehreren oder allen Leistungspositionen nicht kostendeckend bzw. spekulativ angeboten habe. Insbesondere bei den Positionen Bodenabtrag und Schüttungen, Vermessungsarbeiten, Baustraßen, Rodungsarbeiten, Steinwurf und Positionen nach VE des Leistungsverzeichnisses habe die präsumtive Zuschlagsempfängerin Preise angeboten, die nicht alle direkt zuordenbaren Personal-, Material- und Gerätekosten decken würden.

1.4. Im Einzelnen brachte die Antragstellerin zu den Positionen des Leistungsverzeichnisses vor:

1.4.1. Bodenabtrag und Schüttungen: Positionen 01. 06.2514A Leichter-schwerer Boden 3-5 abtragen + laden (S. 19), 01. 06.2515A Leichter-schwerer Boden3-5 laden (S. 19), 01. 06.2515B Leichter-schwerer Boden Verfuhr Baustellenbereich (S. 19) und 01. 06.3026A Anschüttung ohne Verdichten herstellen: Es seien nach diesen vier Positionen insgesamt XXXX m³ Erdmaterial auszuheben (abtragen + laden), zu transportieren (Verfuhr) und wieder einzubauen (Anschüttung). Für alle Positionen sei erheblicher Personal und Geräteeinsatz erforderlich. Da das abgetragene Material auf der Baustelle wieder einzubauen sei, komme der Ansatz eines Verwertungserlöses nicht in Betracht. Kalkulatorisch sei bei diesen Positionen realistischer Weise jeweils eine Abtrags-, Transport-und Einbauleistung von durchschnittlich 150m³/h anzusetzen. Bei plausiblen Kosten für Personal (Maschinist) samt Gerät (Bagger, LKW etc.) in der Größenordnung von durchschnittlich EUR XXXX pro Stunde seien für jede Position Kosten in der Größenordnung von EUR XXXX pro m³ zu kalkulieren. Bei einer Menge von jeweils XXXX m³ für Aushub, Transport und Einbau ergäben sich allein bei diesen Positionen Kosten in der Größenordnung von EUR XXXX x 1). Der Gesamtpreis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin (EUR XXXX ) sei also schon allein deshalb nicht nachvollziehbar, weil dieser allein durch die Kosten dieser vier Positionen beinahe zu Gänze aufgebraucht werde, obwohl noch eine Vielzahl weiterer Leistungen laut Leistungsverzeichnis in den Gesamtpreis einzurechnen seien.

1.4.2. Vermessungsarbeiten: Position 01. 01.0130 Vermessungsarbeiten: In dieser Position seien eine Vielzahl an verschiedenen, auch zeitlich getrennten Vermessungen im gesamten Baulos durchzuführen. Dazu gehörten Absteckarbeiten, Vermessungsarbeiten, Kontrollmessungen sowie eine Schlussvermessung. Diese Vermessungen seien dann rechnerisch und grafisch darzustellen. Die Antragstellerin vermute, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin für diese sehr personalintensiven Arbeiten einen unrealistisch niedrigen Zeitaufwand angesetzt habe oder überhaupt nur eine pauschale Annahme getroffen habe, ohne diese auf das konkrete Bauvorhaben und die dabei einzurechnenden Erschwernisse abzustimmen.

1.4.3. Baustraßen: Position 01. 02.0501A Baustellenzufahrt: In dieser Position seien sämtliche Leistungen für die Errichtung, Instandhaltung und den Rückbau planlich dargestellter Baustraßen einzurechnen. Nach der entsprechenden Planbeilage der Ausschreibung (Einlage 0.1) seien rund XXXX m Baustraßen und Zufahrtswege herzustellen, instand zu halten und wieder abzutragen. Im Hinblick darauf, dass diese Position als Pauschale anzubieten war, vermute die Antragstellerin, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin hierfür lediglich aus Erfahrungswerten bei anderen Bauvorhaben einen unangemessen niedrigen Preis angesetzt habe und zwar ohne den außergewöhnlich großen Umfang der beim gegenständlichen Vorhaben umfassten Baustraßen und Zufahrtswege zu berücksichtigen oder sogar darauf spekuliert, dass diese Baustraßen und Zufahrtswege - entgegen der Ausschreibung - doch in weitaus geringerem Umfang anfallen würden.

1.4.4. Rodungsarbeiten: Positionen 01. 06.0106A Gehölz > 10cm fällen + laden + wegschaffen, 01. 06.0107A Wurzelstöcke > 10cm roden + laden + wegschaffen und 0101060120A Fläche roden bis 10 cm Durchmesser, laden + wegschaffen: Diese Positionen würden nach der Grundfläche abgerechnet, auf welcher Bäume oder Wurzelstöcke bzw. Strauchwerk stehen, die zu fällen, zu roden und wegzuschaffen seien. Hinsichtlich der flächenmäßig kleineren Position 01. 06.0106A mit Bäumen (Gehölz > 10cm) sei anzumerken, dass die Verkaufspreise für Sägerundholz derzeit sehr gering sind, sodass auch ein von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin allenfalls nachgewiesener Verkaufserlös zu keinem sehr niedrigen oder gar negativen Einheitspreis führen könne, weil der Aufwand für die Holzernte, den Transport und die Verarbeitung den Verkaufserlös jedenfalls deutlich übersteige. Flächenmäßig würden außerdem die Positionen 01. 06.0107A und 01. 06.0120A (Wurzelstöcke > 10cm bzw. Roden bis 10cm Durchmesser, laden + wegschaffen m²) überwiegen, bei welchen lediglich Wurzelstöcke, Busch und Strauchwerk mit einem Stammdurchmesser bis maximal XXXX cm anfallen würden, sodass bei diesen Positionen jedenfalls kein Verkaufserlös darstellbar und sogar ein Entsorgungsanteil zu kalkulieren sei. Die Antragstellerin vermute, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin bei diesen Positionen auf unrealistische Verkaufserlöse spekuliert bzw. Entsorgungskosten außer Acht lasse und deshalb auch bei diesen Positionen nicht plausibel angeboten habe.

1.4.5. Steinwurf: Positionen 01. 06.1111A Steinwurf abtragen + laden, 01. 06.1116A Steinwurf laden, 01. 06.1116B Steinwurf Verfuhr Baustellenbereich: Bei diesen Positionen könne ein Verwertungserlös gar nicht in Betracht gezogen werden, weil das abgetragene Material nicht weggeschafft, sondern auf der Baustelle verführt werde. Erfahrungsgemäß könne bei diesen Leistungen für das Abtragen und Laden ein Ladegerät (zB Hydraulikbagger) mit einer Leistung von etwa XXXX m³/h bzw. für das Laden allein von XXXX/ h angesetzt werden. Bei plausiblen Kosten pro Stunde für Personal (Maschinist) samt Gerät (LKW) in der Größenordnung von EUR XXXX seien für die Positionen 01. 06.1111A (Abtragen und Laden) Kosten in der Größenordnung von EUR XXXX / m³ und für die Position 01. 06.1116A (nur Laden) Kosten in der Größenordnung von EUR XXXX / m³ anzusetzen. Für die Position 01. 06.1116B (Transport im Baufeld) sei eine mittlere Transportentfernung von rund 2 km bzw. eine Umlaufzeit eines LKWs von etwa 1/3 Stunde erforderlich, woraus sich bei einem LKW mit 20to Ladekapazität (entspricht etwa 10m³) eine Transportleistung in der Größenordnung von 30m³/h ergäbe. Bei plausiblen Kosten pro Stunde für Personal (Maschinist) samt Gerät (LKW) in der Größenordnung von EUR XXXX fielen für den Transport (Position 01. 06.1116B Steinwurf Verfuhr) Kosten in der Größenordnung von EUR XXXX / m³ an. Auch bei diesen Positionen gehe die Antragstellerin davon aus, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin deutlich unter den realistischen Kosten angeboten und daher nicht kostendeckend kalkuliert habe.

1.4.6. Positionen nach VE: Positionen 01. 06.2597J Az Bodenabtrag über Bodenaus-hubdeponie mALSAG VE, 01. 98.0501 Baustofflieferungen und 01. 98.0502 Fremdleistungen: Bei diesen Positionen würden Drittleistungen (Deponie, Regien für Material und Fremdleistungen) angeboten. Die Verrechnung erfolge nach Verrechnungseinheiten (VE), wobei die Verrechnungsmenge dem Rechnungsbetrag entspräche, welcher vom Auftragnehmer für die Leistung des Dritten (zB Deponiebetreiber, Materiallieferant) aufgewendet werde. Der Auftragnehmer erhält also für jeden an ihn vom Dritten verrechneten EUR den in den gegenständlichen Positionen jeweils angebotenen Einheitspreis. Das bedeutet aber zugleich, dass der angebotene Preis zwingend über EUR XXXX betragen müsse, andernfalls nicht einmal jene Kosten abgedeckt werden könnten, die der Auftragnehmer für den Dritten aufwenden müsse. In der Praxis komme es vor, dass Bieter bei solchen Positionen irrtümlich nicht den Preis anbieten (zB EUR 1,1), sondern einen Aufschlag (zB EUR 0,1) auf den jeweiligen vom Dritten verrechneten EUR.

Ausgehend davon, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin bei diesen Positionen einen geringeren Preis als EUR XXXX angeboten habe, decke dieser die direkt zuordenbaren Kosten nicht ab und ist der Gesamtpreis auch aus diesem Grund nicht plausibel zusammengesetzt.

1.4.7. Vom Gericht sei jedenfalls eine sachverständige Prüfung des gesamten Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin vorzunehmen. Die Antragstellerin beantragte die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet Bauwesen/Kalkulation.

1.5. Die Antragstellerin verband ihre Anträge mit dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens.

2. Am 09.12.2019 verständigte das Bundesverwaltungsgericht die Auftraggeberin und die die präsumtive Zuschlagsempfängerin von der Einleitung des Nachprüfungsverfahrens.

3. Mit Schriftsatz vom 12.12.2019 erteilte die Auftraggeberin allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren und übermittelte die Unterlagen des Vergabeverfahrens. Die Auftraggeberin sprach sich nicht gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung aus.

4. Am 13.12.2019 erließ das Bundesverwaltungsgericht zur Geschäftszahl W273 2226328-1/2E eine einstweilige Verfügung mit der der Auftraggeberin für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagt wurde, den Zuschlag zu erteilen.

5. Mit Schriftsatz vom 17.12.2019 erstattete die Auftraggeberin eine Stellungnahme zum gesamten Antragsvorbringen. Die Auftraggeberin brachte im Wesentlichen vor, dass die Auftraggeberin nach der Zurücknahme der ersten Zuschlagsentscheidung vom 30.09.2019 eine weitere vertiefte Angebotsprüfung unter Beiziehung von zwei Sachverständigen aus dem Fachbereich Bautechnik/Kalkulation und dem Antragstellervertreter durchgeführt habe. Dabei seien insbesondere vergleichbare Erfahrungswerte der Auftraggeberin und die relevanten Marktverhältnisse berücksichtigt worden und es sei ein schriftliches Aufklärungsverfahren und ein mündliches Aufklärungsgespräch durchgeführt worden. Auch diese Prüfung habe ergeben, dass das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar war. Selbst wenn die Auftraggeberin im Rahmen einer vertieften Angebotsprüfung festgestellt hätte, dass die angebotenen Preise nicht angemessen seien, so hätte sie das Angebot nur dann ausscheiden dürfen, wenn trotz des Vorbringens des Bieters die Preise nicht betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar gewesen seien. Die betriebswirtschaftliche Erklär- und Nachvollziehbarkeit sei stets aus sachverständiger Sicht zu ermitteln. Wenn man davon ausgehen würde, dass Rechtswidrigkeiten vorlägen (was bestritten werde), wäre die Auftraggeberin verpflichtet, das Vergabeverfahren zu widerrufen. Ausgehend von der Annahme, dass das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin auszuscheiden gewesen wäre, wäre ein Festhalten an der Ausschreibung durch die Aufraggeberin in Ansehung des zur Verfügung stehenden Kostenrahmens unzumutbar gewesen. Die Auftraggeberin könne den Auftrag mangels budgetärer Deckung nicht vergeben und wäre zulässigerweise dazu berechtigt, das Vergabeverfahren zu widerrufen. Die Auftraggeberin beantragte, sämtliche Anträge der Antragstellerin abzuweisen und jene vorgelegten Unterlagen von der Akteneinsicht auszunehmen, die nicht die Antragstellerin selbst betreffen würden.

6. Das Bundesverwaltungsgericht übermittelte der Antragstellerin und der präsumtiven Zuschlagsempfängerin am 17.12.2019 den Schriftsatz der Auftraggeberin vom 17.12.2019.

7. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin erhob mit Schriftsatz vom 19.12.2019 begründete Einwendungen. Sie brachte im Wesentlichen vor, dass ihr Angebot einer vertieften Angebotsprüfung unterzogen worden sei. Die Ausführung, dass selbst im Falle der erfolgten positiven vertieften Angebotsprüfung der Gesamtpreis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nicht plausibel zusammengesetzt bzw. spekulativ sei, beruhe auf unsubstantiierten Vorbringen der Antragstellerin. Der Beweisantrag der Antragstellerin zur Prüfung, ob in den jeweiligen Einheitspreisen alle direkt zuordenbaren Personal-, Material-, Geräte-, Fremdleistungs- und Kapitalkosten enthalten seien und ob die Aufwands- und Verbrauchsansätze sowie die Personalkosten, diese insbesondere im Hinblick auf die dem Angebot zugrunde gelegten Kollektivverträge, nachvollziehbar seien, laufe auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis hinaus. Wenn die Antragstellerin die im Nachprüfungsantrag dargestellte Kalkulation tatsächlich ihrem Angebot zugrunde gelegt habe, erkläre dies deren deutlich höheren Gesamtpreis. Der von der Antragstellerin herangezogene Verweis auf die Preisdifferenzen zwischen ihr und der präsumtiven Zuschlagsempfängerin in anderen Vergabeverfahren sei nicht tauglich, die begehrte Nichtigerklärung zu erlangen. Leistungsinhalte in anderen Vergabeverfahren seien nicht vergleichbar. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin beantragte die Abweisung des Antrags auf Nichtigerklärung und die Antragstellerin von der Akteneinsicht auszunehmen, soweit damit die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der präsumtiven Zuschlagempfängerin gefährdet würden; dies gelte im Besonderen für das Angebot, die Nachreichungen und die Dokumentation zur vertieften Angebotsprüfung.

8. Das Bundesverwaltungsgericht übermittelte der Antragstellerin und der Auftraggeberin die Stellungnahme der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mit Schreiben vom 27.12.2019 zur Kenntnis. Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung trug das Bundesverwaltungsgericht den Verfahrensparteien auf, allfällige Stellungnahmen zu den wechselseitig zugegangenen Schriftsätzen bis längstens 05.01.2019 einzubringen.

9. Mit Schriftsatz vom 03.01.2019 legte die Antragstellerin eine gutachterliche Stellungnahme der allgemein gerichtlich beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen XXXX und XXXX vor (im Folgenden "gutachterliche Stellungnahme vom 02.01.2020"). Demnach liege die absolute Untergrenze eines gerade noch erklärbaren Gesamtpreises bei EUR XXXX bzw. sei ein darunterliegender Gesamtpreis betriebswirtschaftlich jedenfalls nicht erklär- und nachvollziehbar bzw. nicht plausibel zusammengesetzt.

10. Mit Schreiben vom 07.01.2020 und vom 08.01.2020 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht den Schriftsatz der Antragstellerin samt der gutachterlichen Stellungnahme vom 02.01.2020 an die Auftraggeberin und an die präsumtive Zuschlagsempfängerin. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin erhielt eine in Bezug auf die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Antragstellerin geschwärzte Fassung der gutachterlichen Stellungnahme vom 02.01.2020.

11. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 10.01.2020 im Beisein der Antragstellerin, der Auftraggeberin und der in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Die Auftraggeberin brachte eingangs der Verhandlung vor, dass in Bezug auf die Antragstellerin ein Ausscheidensgrund verwirklicht sei, weil die Antragstellerin entgegen Punkt 3.1.4. der Leistungsbeschreibung die Kosten der Einrichtung und Räumung der Baustelle zur Gänze in die Leistungsposition XXXX kalkuliert habe. Die Kosten für das Einrichten und Räumen der Baustelle seinen laut Ausschreibung in die ausgeschriebenen Leistungspositionen einzukalkulieren, falls für die Baustellengemeinkosten - wie es gegenständlich der Fall sei - keine eigene Position vorgesehen sei. Die Antragstellerin brachte dazu vor, dass entsprechend der Rechtsprechung des EuGH selbst ein auszuscheidender Bieter antragslegitimiert sei, wenn sich der Antrag darauf gründet, dass das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin auszuscheiden sei, was hier der Fall sei. Es sei zudem unzutreffend, dass die Ausschreibung keine Position für Baustellengemeinkosten enthalte, diese sei auch angeboten worden. Schließlich seien sämtliche zu der Position XXXX enthaltenen Maßnahmen für diese Position notwendig. Weitere Angaben könnten mangels Anwesenheit des Kalkulaten der Antragstellerin dazu nicht getätigt werden. Der Rechtsvertreter der Antragstellerin verließ den Verhandlungssaal, soweit Details des Angebotes und der Aufklärungen zum Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin erörtert wurden und erhielt eine in diesen Punkten in Abstimmung mit dem Vertreter der präsumtiven Zuschlagsempfängerin geschwärzte Fassung des Protokolls der mündlichen Verhandlung ausgehändigt.

12. Am 10.01.2020 erfolgte nach eingehender Erörterung der Sach- und Rechtsfragen die Beschlussfassung im Senat.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Mit Bekanntmachung vom 17.06.2019 schrieb die via donau - Österreichische Wasserstraßen-Gesellschaft mbH als Auftraggeberin den Auftrag "LIFE+ Auenwildnis Wachau: Erd- und Brückenbauausschreibung", Referenznummer 134 30 010 (ANKÖ Dokument ID: 67545-00) aus. Ausgeschrieben wurde Los 1 - Erdbauarbeiten - Wiederherstellung des Nebenarms Schopperstatt. Es handelt sich um einen Bauauftrag im Unterschwellenbereich. Das Vergabeverfahren wurde als offenes Verfahren geführt. Es wurden fünf Angebote abgegeben, unter anderem von der Antragstellerin (Allgemeine Auskünfte der Auftraggeberin= OZ 7). Der geschätzte Auftragswert betrug EUR XXXX . Das Ende der Angebotsfrist war Donnerstag, 18.07.2019, 10:00 Uhr. Der Zuschlag sollte an das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot ergehen (Bestangebotsprinzip).

1.2. Das Leistungsverzeichnis enthielt laut Ausschreibung die folgenden Positionen, wobei die mit "w" gekennzeichneten Positionen wesentlich laut Ausschreibung sind (Ausschreibung laut Vergabeakt):

HG. .LG.POSNR

w

Positionsstichwort

XXXX

XXXX

01. .01.0130

 

Vermessungsarbeiten

XXXX

XXXX

01. .02.0501A

 

Baustellenzufahrt

XXXX

XXXX

01. .02.0602A

 

Baustellentafel AG 300/240

XXXX

XXXX

01. .02.0603A

 

Verkehrszeichen f. d. Schifffahrt, ges.

XXXX

XXXX

01. .02.0711

 

Bestandspläne

XXXX

XXXX

01. .02.0730

 

Beweissicherung Objekte AN / SV

XXXX

XXXX

01. .02.1203

 

Maßnahmen SiGe-Plan

XXXX

XXXX

01. .02.1301A

 

Stillliegez. f. ges. Baustelle Hochwasser > HSW

XXXX

XXXX

01. .04.0214A

 

Herstellung Suchschlitz 0-2 m

XXXX

XXXX

01. .06.0106A

x

Gehölz > 10cm fällen + laden + wegschaffen

XXXX

XXXX

01. .06.0107A

x

Wurzelstöcke > 10cm roden + laden + wegschaffen

XXXX

XXXX

01. .06.0120A

 

Fläche roden bis 10 cm Durchmesser, laden+wegschaffen m2

XXXX

XXXX

01. .06.0505A

 

Geländer abtragen+laden

XXXX

XXXX

01. .06.0507C

 

Geländer wegschaffen

XXXX

XXXX

01. .06.0701D

 

Beton-o.Steinz.grohr>1000 mm/Eiprofil+Betonabtragen+wegsch.

XXXX

XXXX

01. .06.1025A

 

Objekt abtragen + laden

XXXX

XXXX

01. .06.1027C

 

Objekt Abtragsmaterial wegschaffen.

XXXX

XXXX

 

 

Zwischensumme Objekt abtragen + wegschaffen

 

 

01. .06.1111A

 

Steinwurf u.dgl. abtragen + laden

XXXX

XXXX

01. .06.1112B

 

Az Steinwurf u.dgl. reinigen

XXXX

XXXX

01. .06.1116A

 

Steinwurf u.dgl. laden

XXXX

XXXX

01. .06.1116B

 

Steinwurf u.dgl. Verfuhr Baustellenbereich

XXXX

XXXX

01. .06.2514A

x

Leichter-schwerer Boden 3-5 abtragen + laden

XXXX

XXXX

01. .06.2515A

 

Leichter-schwerer Boden 3-5 laden

XXXX

XXXX

01. .06.2515B

x

Leichter-schwerer Boden Verfuhr Baustellenbereich

XXXX

XXXX

01. .06.2597J

 

Az Bodenabtrag über Bodenaushubdeponie mALSAG VE

XXXX

XXXX

01. .06.3026A

x

Anschüttung ohne Verdichten herstellen

XXXX

XXXX

 

 

Zwischensumme Erdbauarbeiten

 

 

01. .06.3240A

 

Abdichtung Lehm, kf 10^(-6), liefern

XXXX

XXXX

01 .06.3241A

 

Abdichtung Lehm, kf 10^(-6) , 30 cm einbauen

XXXX

XXXX

01. .25.0101D

 

Unterbauplanum für Feldwege

XXXX

XXXX

01. .25.1203A

 

Ungebundene TS 25-40cm, 35 MN/m2, Feldweg

XXXX

XXXX

01. .51.0101B

 

Steinsatz LMB60/300, CS80, ohne Verfüllen, AN

XXXX

XXXX

01. .51.0112E

 

Steinsatz LMB5/60, Verfüllen C25/30/B3, AG

XXXX

XXXX

01. .51.0116A

 

Betonunterb./Hinterf.C25/30/B3 Steinsatz

XXXX

XXXX

01. .51.0117A

 

Anschluss Steinsatz an best. Leitwerk

XXXX

XXXX

01. .51.0220H

 

Steinschlichtung HMB300/1000, CS80, Verfüllen C NR, AN t

XXXX

XXXX

01. .51.0220I

 

Steinschlichtung HMB1000/3000, CS80, Verfüllen C NR,AN t

XXXX

XXXX

01. .51.0220M

x

Steinschlichtung LMB5/60, Verfüllen C NR, AG

XXXX

XXXX

01. .53.3871A

 

Baum DM 30-50cm, Länge bis 5m

XXXX

XXXX

01. .53.3871B

 

Baum DM >50cm, Länge >5m

XXXX

XXXX

01. .53.3872A

 

Strukturbaum DM 30-50cm

XXXX

XXXX

01. .53.3872B

 

Strukturbaum DM >50cm

XXXX

XXXX

01. .53.3873A

 

Strukturbaum DM 30-50cm

XXXX

XXXX

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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