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L8200 BauordnungNorm
B-VG Art139 Abs1 Z3Leitsatz
Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung des Flächenwidmungsplans betreffend die Möglichkeit zur Errichtung eines Hochhauses am "Heumarktareal"; unmittelbarer Eingriff in die Rechtssphäre der Nachbarn erst durch Erteilung einer BaubewilligungSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
1. Die Antragsteller stellen den auf Art139 B-VG gestützten Antrag, die Verordnung des Gemeinderates der Stadt Wien vom 1. Juni 2017, Pr.Zl 1508/2017-GSK (Flächenwidmungs- und Bebauungsplan der Gemeinde Wien, Plandokument 7984) als gesetzwidrig zur Gänze, "in eventu, insoweit, als [sie] die Ermöglichung der Errichtung eines etwa 60 m hohen Hochhauses betrifft", aufzuheben.
2. Zur Antragslegitimation bringen die Antragsteller ua vor, sie seien Miteigentümer bzw Fruchtgenussberechtigte von Liegenschaften, die sich gegenüber des Grundstückes, das durch das Plandokument 7984 umgewidmet wurde ("Heumarktareal"), befinden. Die Beschwerdeführer hätten durch das geplante Hochhaus mit 60 m Bauhöhe erhebliche Nachteile und Immissionen (Beeinträchtigung des Lichteinfalles, Immissionen durch Verkehrslärm, Verstärkung des Windkanales, Beschädigung der historischen Gebäudefassaden, Lärm- und Staubbelastungen, optische Entwertung der Häuser, Eingriff in die Privatsphäre, Minderung des Verkehrswertes der Liegenschaften etc.) betreffend ihre Liegenschaftsanteile zu erwarten und würden diese sogar aktuell erleiden.
2.1. Die angefochtene Verordnung sei für die Antragsteller unmittelbar wirksam geworden, dies insbesondere auch, weil keine Möglichkeit bestehe, die Verordnung mittels Gerichts- oder Bescheidanfechtung zu bekämpfen. Die angefochtene Verordnung widerspreche in mehrfacher Hinsicht der Bauordnung für Wien, dem Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt, BGBl 60/1993, sowie dem Gleichheitssatz.
3. Der Antrag ist unzulässig:
3.1. Gemäß Art139 Abs1 Z3 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass die Verordnung in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie – im Fall ihrer Gesetzwidrigkeit – verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 Z3 B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl zB VfSlg 8594/1979, 15.527/1999, 16.425/2002 und 16.426/2002).
3.2. Die angefochtene Verordnung mag allenfalls in die Rechtssphäre der Antragsteller als Nachbarn insofern eingreifen, als nunmehr Bauführungen auf benachbarten Grundstücken, insbesondere was die Gebäudehöhe betrifft, in größerem Umfang als auf Grund der früheren Rechtslage möglich sind. Zu einem unmittelbaren Eingriff in die Rechtssphäre des Nachbarn kommt es aber erst durch die Erteilung der Baubewilligung, nicht jedoch bereits durch die hier angefochtene Verordnung (vgl VfSlg 11.685/1988 mwN, 14.838/1997, 15.655/1999, 16.425/2001). Dies wäre aber nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes eine von mehreren unverzichtbaren Voraussetzungen für die Legitimation zur Stellung eines Antrages nach Art139 Abs1 B-VG.
4. Der Antrag ist daher mangels Legitimation der Antragsteller als unzulässig zurückzuweisen. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, VfGH / Legitimation, Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan, BaubewilligungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2019:V29.2019Zuletzt aktualisiert am
28.03.2022