TE Vfgh Beschluss 2019/9/24 G194/2019

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Veröffentlicht am 24.09.2019
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Index

22/02 Zivilprozessordnung

Norm

B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
ZPO §27 Abs1, §184, §289 Abs1, §425
VfGG §7 Abs2, §62a Abs1

Leitsatz

Zurückweisung eines Parteiantrags auf Aufhebung von Bestimmungen der ZPO im Zusammenhang mit der Nichtzulassung einer an eine Zeugin gestellten Frage auf Grund absoluter Anwaltspflicht im Verfahren vor dem Landesgericht; prozessleitender Beschluss keine entschiedene Rechtssache

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

1.       Die einschreitende Gesellschaft ist klagende Partei in einem Verfahren vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz. Mit Beschluss vom 31. Juli 2019, 35 Cg 86/14p - 139, ließ das Gericht in diesem Verfahren eine von einer Gesellschafterin der einschreitenden Partei an einen Zeugen gestellte Frage nicht zu, zumal auf Grund der absoluten Anwaltspflicht Fragen nur durch den Parteienvertreter gestellt werden könnten.

2.       Gegen diesen Beschluss erhob die einschreitende Gesellschaft Rekurs und stellte den vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 litd B-VG gestützten Antrag. In diesem Antrag begehrt die einschreitende Gesellschaft die Aufhebung (näher bezeichneter Wortfolgen) der §§27 Abs1, 184 und 289 Abs1 ZPO wegen Verfassungswidrigkeit.

3.       Gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen "auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels".

4.       Der Antrag ist nicht zulässig:

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Antragstellung nach Art140 Abs1 Z1 litd B-VG iVm §62a Abs1 VfGG ist, dass auf Grund der gerichtlichen Entscheidung, gegen die ein Rekurs erhoben wurde, eine "entschiedene Rechtssache" vorliegt. Im Rahmen des zivilgerichtlichen Verfahrensrechts ist im Wesentlichen zwischen drei Arten von Beschlüssen zu unterscheiden, nämlich zwischen prozessbeendenden, verfahrensgestaltenden und prozessleitenden Beschlüssen im engeren Sinn (OGH 24.11.2010, 7 Ob 191/10d; vgl auch M. Bydlinski, Vor §425 ZPO, in: Fasching/Konecny [Hrsg.], Zivilprozessgesetze2, Rz 4 ff.). Der Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz, der Anlass des vorliegenden Antrages ist, ist der letzten der drei genannten Kategorien zuzuordnen, weil mit diesem Beschluss Entscheidungen getroffen wurden, die den Ablauf des Verfahrens ordnen. Derartige Beschlüsse haben eine bloß prozessleitende Natur, weil sie der notwendigen und zweckmäßigen Durchführung des Verfahrens dienen; sie haben jedoch keinen Selbstzweck und kein vom Verfahren gelöstes Eigenleben (Rechberger, §425 ZPO, in: Rechberger [Hrsg.], Kommentar zur ZPO4, Rz 3; OGH 24.11.2010, 7 Ob 191/10d). Ferner normiert §425 Abs2 ZPO, dass auch das Gericht selbst nicht an diese Beschlüsse gebunden ist. Ein prozessleitender Beschluss eines ordentlichen Gerichtes, der – wie im vorliegenden Fall – auf die Gestaltung der gerichtlichen Stoffsammlung abzielt, ist daher keine "entschiedene Rechtssache" im Sinne des Art140 Abs1 Z1 litd B-VG (vgl VfGH 22.9.2015, G120/2015; 22.9.2016, G190/2016 ua).

5.       Der Antrag ist daher schon aus diesem Grund gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Parteiantrag, Zivilprozess, VfGH / Legitimation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2019:G194.2019

Zuletzt aktualisiert am

26.02.2020
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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