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21/01 HandelsrechtNorm
B-VG Art140 Abs1 Z1 litdLeitsatz
Unzulässigkeit eines Parteiantrags auf Aufhebung einer Bestimmung des UGB mangels eindeutiger Bezeichnung der Gesetzesstelle durch alternative Formulierung des Aufhebungsbegehrens und – auf Grund der Aufhebung – dem Gesetzgeber nicht zusinnbaren InhaltsSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
1. Mit dem auf Art140 Abs1 Z1 litd B-VG gestützten Antrag begehrt die einschreitende Partei:
"aus §285 Abs3 UGB die nachfolgend unterstrichenen Wortfolgen der Ziffern 1 und 3 wegen Verfassungswidrigkeit aufzuheben, entweder gemeinsam oder jede einzeln, in eventu aus der ersteren Wortfolge das Wort 'besondere'.
Auf Antrag des Adressaten einer Zwangsstrafe kann das Firmenbuchgericht bis zur vollständigen Entrichtung eine Zwangsstrafe ganz oder teilweise nachlassen, wenn alle folgenden Voraussetzungen vorliegen:
1. die Einbringung ist für den Antragsteller mit besonderer Härte verbunden,
2. alle Offenlegungspflichten sind inzwischen erfüllt oder ihre Erfüllung ist für den Antragsteller nicht mehr möglich,
3. dem Antragsteller oder seinen vertretungsbefugten Organen ist nur ein geringes Verschulden an dem Verstoß zur Last zu legen, und
4. es bedarf der Einbringung nicht oder nicht in voller Höhe, um den Adressaten oder andere Unternehmen zur künftigen zeitgerechten Offenlegung anzuhalten."
2. Die Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmung wird pauschal behauptet; eine nähere Darlegung verfassungsrechtlicher Bedenken ist dem Antrag nicht zu entnehmen.
3. Der Antrag ist nicht zulässig.
3.1. Gemäß §62 Abs1 erster Satz VfGG muss ein Gesetzesprüfungsantrag das Begehren enthalten, das – nach Auffassung der antragstellenden Partei verfassungswidrige – Gesetz seinem gesamten Inhalt nach oder in bestimmten Stellen aufzuheben.
Um das strenge Formerfordernis des ersten Satzes des §62 Abs1 VfGG zu erfüllen, muss – wie der Verfassungsgerichtshof bereits in vielen Beschlüssen entschieden hat – die bekämpfte Gesetzesstelle genau und eindeutig bezeichnet werden. Es darf nicht offen bleiben, welche Gesetzesvorschrift oder welcher Teil einer Vorschrift nach Auffassung des Antragstellers tatsächlich aufgehoben werden soll (zB VfSlg 17.570/2005 mwN).
Eben diesem Erfordernis wird der Antrag der einschreitenden Partei nicht gerecht. Das unter Punkt 1. wiedergegebene Aufhebungsbegehren lässt auf Grund seiner alternativen Formulierung, nämlich die "unterstrichenen Wortfolgen der Ziffern 1 und 3" der angefochtenen Bestimmung "entweder gemeinsam oder jede einzeln" aufzuheben, offen, welche Gesetzesvorschrift oder welcher Teil einer Vorschrift nach Auffassung der antragstellenden Partei tatsächlich durch den Verfassungsgerichtshof aufgehoben werden soll (vgl auch VfGH 24.9.2018, G196/2018; einen Individualantrag betreffend 12.6.2018, G90/2018). Da es sich dabei um einen inhaltlichen Mangel handelt, scheidet ein Verbesserungsauftrag seitens des Verfassungsgerichtshofes aus (zB VfGH 2.7.2015, G16/2015; 24.9.2018, G196/2018).
3.2. Die von der einschreitenden Partei in ihrem Eventualantrag begehrte Aufhebung des Wortes "besondere" (gemeint wohl "besonderer") in §285 Abs3 Z1 UGB erweist sich ebenso als unzulässig:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist ein Antrag auf Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung dann unzulässig, wenn durch die begehrte Aufhebung bloßer Teile einer Gesetzesvorschrift dieser ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015, 20.2012/2016, 20.226/2017).
Im Falle der – von der einschreitenden Partei im Eventualantrag begehrten – Aufhebung des Wortes "besondere" (gemeint wohl "besonderer") in §285 Abs3 Z1 UGB bestünde die Möglichkeit zur Mäßigung einer Zwangsstrafe auch dann, wenn die Einbringung der Zwangsstrafe die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht wesentlich beeinträchtigt. Eine derartige Erweiterung des Anwendungsbereiches des §285 Abs3 UGB würde die Bestimmung in einer Weise verändern, die dem Gesetzgeber, der zweifelsfrei Offenlegungspflichtige, die eine Zwangsstrafe ohne finanzielle Schwierigkeiten bezahlen können, von der Möglichkeit der Mäßigung nach §285 Abs3 UGB ausnehmen wollte (OGH 25.10.2017, 6 Ob 175/17d), überhaupt nicht mehr zusinnbar wäre. Die Aufhebung bloß des Wortes "besonderer" in §285 Abs3 Z1 UGB käme damit einem positiven Akt der Gesetzgebung gleich; eine solche Zuständigkeit kommt dem Verfassungsgerichtshof nicht zu (VfSlg 12.465/1990, 13.140/1992, 15.283/1998; VfGH 25.9.2015, G156/2015; 25.9.2015, G312/2015; 11.6.2018, G109/2018).
4. Der Antrag ist daher zurückzuweisen, ohne dass das Vorliegen der sonstigen Prozessvoraussetzungen näher zu prüfen ist.
5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
VfGH / Parteiantrag, VfGH / PrüfungsumfangEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2019:G162.2019Zuletzt aktualisiert am
26.02.2020