TE Vfgh Erkenntnis 2019/11/28 A19/2019

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Veröffentlicht am 28.11.2019
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Index

L6130 Kulturpflanzenschutz, Pflanzenschutz

Norm

B-VG Art137 / sonstige Klagen
PflanzenschutzG Bgld 2003
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Abweisung einer auf Kostenersatz eingeschränkten Klage auf Grund der Setzung einer zu kurzen (5-tägigen) Zahlungsfrist zur Forderungsbegleichung

Spruch

Die Klage wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I.       Klage und Vorverfahren

1.       Gestützt auf Art137 B-VG begehrten die Kläger zunächst, die Marktgemeinde Podersdorf am See schuldig zu erkennen, einen Betrag iHv € 569,48 samt 4 % Zinsen seit 7. Dezember 2017 sowie den Ersatz der Prozesskosten zuhanden ihrer Rechtsvertreter binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründend wird dazu im Wesentlichen ausgeführt, "der Bürgermeister" der Marktgemeinde Podersdorf am See habe den Klägern mit Bescheid vom 7. Dezember 2016 einen Starebekämpfungskostenbeitrag iHv € 569,48 vorgeschrieben, den sie am 5. Dezember 2017 bezahlt hätten. Mit Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Podersdorf am See vom 16. Mai 2019 habe dieser – nach einem aufhebenden Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Burgenland vom 4. Juni 2018 – der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid stattgegeben und diesen ersatzlos aufgehoben. Damit sei der Rechtsgrund für die Zahlung der Kläger iHv € 569,48 an die Marktgemeinde Podersdorf am See weggefallen. Dennoch weigere sich diese – trotz Mahnung vom 22. August 2019 – den genannten Betrag samt 4 % Zinsen seit 7. Dezember 2017 zurückzuzahlen, sodass die Klagsführung notwendig sei.

Der Rückforderungsanspruch der Kläger gegen die beklagte Marktgemeinde Podersdorf am See sei jedenfalls seit 16. Mai 2019 fällig. Beim geltend gemachten Anspruch handle es sich um einen vermögensrechtlichen Anspruch gegen eine Gemeinde, der weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sei, sodass für die Geltendmachung des Rückforderungsanspruches nur die Möglichkeit einer Klage gemäß Art137 B-VG bestehe. Die beklagte Marktgemeinde Podersdorf am See sei "[u]m den zu Unrecht vereinnahmten Betrag […] zu Unrecht bereichert", weil der Rechtstitel weggefallen sei, auf den sie sich bei der Vereinnahmung gestützt habe.

2.       Die beklagte Partei hat die auf die Rechtssache Bezug habenden Akten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Klage beantragt und dem geltend gemachten Anspruch wie folgt entgegentritt:

Mit am 26. August 2019 eingelangtem Schreiben des Rechtsvertreters der Kläger sei die beklagte Marktgemeinde Podersdorf am See aufgefordert worden, innerhalb von fünf Tagen einen Betrag iHv € 569,48 samt der angefallenen Zinsen und € 40,– auf das angegebene Konto zu überweisen. Dies sei – nachdem die Bürgermeisterin die Rechtmäßigkeit der angefallenen Zusatzkosten prüfen habe lassen – 14 Tage nach Erhalt des genannten Schreibens erfolgt.

In einer Gemeinde habe die Bürgermeisterin sparsam mit Geldern umzugehen, was eine Prüfung und Überweisung innerhalb von fünf Tagen nicht möglich mache. Wie am Kontoblatt im unteren Rand ersichtlich sei, habe die Bürgermeisterin die Buchhaltung am 29. August 2019 gebeten, einen Betrag iHv insgesamt € 649,85 anzuweisen. Bis der Gemeindekassier diese und auch andere Zahlungen mit seiner Unterschrift freigegeben habe und die Zahlung auch noch vom zweiten Zeichnungsberechtigten durch seine zusätzliche Unterschrift zur Überweisung freigegeben worden sei, seien noch einige zusätzliche Tage vergangen. Die Bgld GemO sehe eine doppelte Zeichnung als Freigabe von Überweisungen vor; dies alles benötige eine gewisse Vorlaufzeit. Fünf Tage seien aus Sicht der Gemeinde nicht einzuhalten.

Aus Sicht der Marktgemeinde Podersdorf am See werde die Sache mit der Überweisung des geforderten Betrages inklusive der Spesen für das Schreiben des Rechtsanwaltes sowie der Zinsen von 7. Dezember 2017 bis 6. September 2019 als bereinigt angesehen.

3.       Mit Schriftsatz vom 3. Oktober 2019 schränkten die Kläger das Klagebegehren auf Kostenersatz ein (zumal die beklagte Marktgemeinde auch die Zinsen abgedeckt habe) und stellten klar, dass die Beklagte am 10. September 2019 – mithin nach Klagseinbringung – einen Betrag iHv € 649,85 an die Klagsvertreter überwiesen habe. Der Rückforderungsanspruch der Kläger sei bereits am 16. Mai 2019 mit Stattgabe der Berufung der Kläger und Behebung des erstinstanzlichen Bescheides vom 7. Dezember 2016 entstanden. Dies bedeute, dass die beklagte Marktgemeinde Podersdorf am See mit der Rückzahlung des Betrages von € 552,39 seit spätestens Ende Mai 2019 in Verzug gewesen sei; die mit Schreiben vom 23. August 2019 gesetzte Nachfrist sei angemessen gewesen. Die beklagte Marktgemeinde habe erst 18 Tage nach Expedierung des Mahnschreibens und nach Einbringung der Klage Zahlung geleistet.

4.       In einem weiteren Schreiben vom 10. Oktober 2019 gestand die Marktgemeinde Podersdorf am See zu, dass der Rückforderungsanspruch der Kläger bereits am 16. Mai 2019 entstanden sei, weshalb die Gemeinde die Zinsen bis zu diesem Zeitpunkt rückwirkend akzeptiert und überwiesen habe, was einem Schuldeingeständnis gleichzusetzen sei. Es sei schlichtweg vergessen worden, die Buchhaltung anzuweisen, den Betrag an die Kläger zu überweisen.

Die Aufforderung der einschreitenden Rechtsanwälte, einen Betrag iHv € 569,48 innerhalb von fünf Tagen zu überweisen, sei am 26. August 2019 im Gemeindeamt eingelangt. Dieser Betrag habe auch Kosten der Mahnung iHv € 40,– enthalten. Die Bürgermeisterin habe zu prüfen gehabt, ob diese auch bezahlt werden müssten. Unmittelbar nach Freigabe des Rechtsvertreters der Gemeinde habe die Bürgermeisterin einen Gesamtbetrag iHv € 649,85 freigegeben (Anordnungsrecht der Bürgermeisterin gemäß §71 Abs1 Bgld GemO).

Die Bgld GemO sehe in §76 vor, dass für den Zahlungsvollzug der Gemeindekassier zuständig sei. Die Bgld GemeindehaushaltsO 2015 besage in §14, dass die Bürgermeisterin eine von ihr bestellte zweite Person gemeinsam mit dem Gemeindekassier für die Zeichnungsberechtigung zu bestimmen habe (Vier-Augen-Prinzip). Da der Gemeindekassier diese Tätigkeit nicht hauptberuflich ausübe, komme er nicht täglich in die Gemeinde sondern "im Rhythmus von etwa einer Woche". Erst nach der Gegenzeichnung durch den zweiten Zeichnungsberechtigten komme es zur eigentlichen Überweisung durch die Buchhaltung.

Kurz zusammengefasst sei es für die Gemeinde nicht möglich, eine Zahlung innerhalb von fünf Tagen durchzuführen, wie dies die Klagsvertreter gefordert hätten. Die Zahlung sei innerhalb von 15 Tagen (Erhalt des Schreibens am 26. August 2019 – Überweisung am 9. September 2019) erfolgt, was ein handelsübliches Zahlungsziel sei.

II.      Erwägungen

1.       Zur Zulässigkeit der Klage

Gemäß Art137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche gegen den Bund, ein Land, eine Gemeinde oder einen Gemeindeverband, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.

Ein solcher Anspruch wird mit der vorliegenden Klage geltend gemacht. Da im Verfahren auch sonst kein Prozesshindernis hervorgekommen ist, erweist sich die Klage insgesamt als zulässig.

2.       In der Sache

2.1.    Die Klage ist nicht begründet.

2.2.    Auf Grund des Vorbringens der Parteien und der vorgelegten Unterlagen geht der Verfassungsgerichtshof von folgendem maßgeblichen Sachverhalt aus:

Mit Bescheid vom 7. Dezember 2016 schrieb die Marktgemeinde Podersdorf am See den Klägern einen Kostenbeitrag für gemeinsame Starevertreibungsmaßnahmen für das Jahr 2016 iHv € 552,39 vor. Der dagegen erhobenen Berufung gab der Gemeinderat der Marktgemeinde Podersdorf am See mit Bescheid vom 8. März 2017 keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Das von den nunmehrigen Klägern angerufene Landesverwaltungsgericht Burgenland gab der dagegen erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 4. Juni 2018 statt, hob den angefochtenen Bescheid auf und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Verwaltungsbehörde zurück. Mit Bescheid vom 16. Mai 2019 gab der Gemeinderat der Marktgemeinde Podersdorf am See der Berufung der Einschreiter statt und hob den erwähnten Bescheid vom 7. Dezember 2016 auf. Mit am 26. August 2019 eingelangtem Schreiben forderten die Kläger die Marktgemeinde Podersdorf am See auf, ihnen einen Betrag iHv € 569,48 samt 4 % Zinsen seit 7. Dezember 2017 und die Kosten der Mahnung iHv € 40,– binnen fünf Tagen zu überweisen. Am 9. September 2019 (16:13 Uhr) wurde der Auftrag der beklagten Marktgemeinde Podersdorf am See zur Überweisung eines Betrages iHv € 649,85 an die Rechtsvertreter der Kläger von einer bestimmten Bank übernommen. Die Klage der Einschreiter wurde am 9. September 2019 (16:34 Uhr) bei der Post aufgegeben.

2.3.    Da die von der nunmehrigen Klägern in ihrer Mahnung vom 22. August 2019 gesetzte Zahlungsfrist von fünf Tagen als unangemessen kurz anzusehen ist und die beklagte Marktgemeinde Podersdorf am See ihrer Zahlungsverpflichtung innerhalb von (üblichen) 14 Tagen (vgl VfSlg 12.298/1990) vollständig nachgekommen ist, erweist sich das auf Kosten iHv € 514,78 eingeschränkte Klagsbegehren als unberechtigt.

III.    Ergebnis

1.       Die Klage ist daher abzuweisen.

2.       Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

3.       Der obsiegenden beklagten Partei sind Kosten nicht zuzusprechen, weil sie kein entsprechendes Begehren gestellt hat.

Schlagworte

VfGH / Klagen, Fristen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2019:A19.2019

Zuletzt aktualisiert am

26.02.2020
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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