TE Vwgh Erkenntnis 1998/7/15 96/13/0074

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Veröffentlicht am 15.07.1998
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §250;
BAO §93 Abs3 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des ND in W, vertreten durch Dr. Heinz Wechsler, Rechtsanwalt in Wien VII, Mechitaristengasse 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat VI, vom 29. März 1996, Zl. GA 16-93/3173/13, betreffend Einkommensteuer 1989 und 1990, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Wie einem in den Akten erliegenden Bericht über eine bei der S. Bau GmbH vorgenommenen abgabenbehördlichen Prüfung über die Streitjahre entnommen werden kann, war der Beschwerdeführer vom 24. April 1989 bis zum 22. November 1990 Geschäftsführer der GmbH. In der Zeit vom 2. Februar 1989 bis 10. Dezember 1990 war er an der S GmbH zur Hälfte beteiligt. In dem Bericht vertrat der Prüfer die Auffassung, daß eine Reihe von Unternehmungen, deren Rechnungen von der GmbH beim Vorsteuerabzug sowie unter den Betriebsausgaben berücksichtigt worden waren, tatsächlich keine Leistungen (den Rechnungen zufolge insbesondere über die Gestellung von Arbeitskräften) erbracht habe. Der Vermögensabgang auf Grund dieser "Gefälligkeitsrechnungen" wurde vom Prüfer als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt.

Bei der Veranlagung des Beschwerdeführers zur Einkommensteuer für 1989 und 1990 wurde die Hälfte der bei der S Bau GmbH festgestellten verdeckten Gewinnausschüttungen zuzüglich der darauf entfallenden Kapitalertragsteuer als Einkünfte aus Kapitalvermögen angesetzt.

In der Berufung gegen die Einkommensteuerbescheide 1989 und 1990 wurde darauf hingewiesen, daß der Beschwerdeführer nur vom 24. April 1989 bis 22. November 1990 Geschäftsführer der GmbH gewesen sei. Es könnten nur solche Rechnungen, die ihren Ursprung in der Geschäftsführertätigkeit des Beschwerdeführers gehabt hätten, maßgeblich sein. Außerdem verwies der Beschwerdeführer auf den Umstand, daß gegen die Bescheide "infolge der Betriebsprüfung" (gemeint wohl gegen die Körperschaftsteuerbescheide an die S GmbH) Berufung eingelegt worden sei. Der Betriebsprüfungsbericht enthalte auch keine Feststellungen über einen Zufluß an den Beschwerdeführer.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die Begründung dieses Bescheides lautet folgendermaßen:

"Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) war vom 24. April 1989 bis 22. November 1990 Geschäftsführer der Sour Bau Ges.m.b.H. (vor ihm war es Antun Rapo, danach Slavko Prislin), wobei er ab 2. Februar 1989 bis 10. Dezember 1990 unbestritten mit 50 % an der Ges.m.b.H. beteiligt war (Rest Antun Rapo).

Die Betriebsprüfung (BP.) stellte bei der Ges.m.b.H. unter anderem Scheinrechnungen und verdeckte Gewinnausschüttungen für die Jahre 1989 und 1990 fest. Das Finanzamt erließ dementsprechende Steuerbescheide, die die Ges.m.b.H. mit Berufung anfocht, jedoch die abweisende Berufungsentscheidung unbekämpft ließ.

Die verdeckten Gewinnausschüttungen wurden von der BP zu 50 % dem Bw. zugeordnet (der Rest dem Antun Rapo), was seinen entsprechenden Niederschlag in den Einkommensteuerbescheiden 1989 und 1990 fand.

Der Bw. focht diese Bescheide im wesentlichen nur mit dem Argument an, daß ihm nicht 50 % zugerechnet werden dürften, weil er nur in der Zeit vom 24. April 1989 bis 22. November 1990 Geschäftsführer dieser Ges.m.b.H. gewesen wäre.

Der Berufungssenat sieht in dieser Argumentation keinen hinreichenden Beweis dafür, daß die Ansätze seitens der BP. falsch seien.

Erstens war der Bw. Gesellschafter (zu 50 %) der Ges.m.b.H. schon seit 2. Februar 1989, und zweitens ist durch nichts erwiesen, daß die Scheinrechnungen gleichsam tageweise den Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung (welche ja grundsätzlich vom Bw. nicht bestritten wird) rechtfertigen würden. Da eine gesteigerte Bautätigkeit bekanntermaßen in die warme Jahreszeit fällt, somit auch dort leichter Rechnungsmalversationen "untergebracht" werden können, nimmt der Berufungssenat an, daß das von der BP. dem Bw. Zugeordnete dem Bw. tatsächlich auch in der Zeit, in der er Geschäftsführer, aber auch Gesellschafter dieser Ges.m.b.H. gewesen ist, zugeflossen ist.

Unter diesen Umständen konnte die Berufung nur abgewiesen werden."

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in zahlreichen Erkenntnissen ausgesprochen hat, muß die Begründung eines Bescheides erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, daß gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet. Die Begründung eines Bescheides muß dabei in einer Weise erfolgen, daß der Denkprozeß, der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist (vgl. für viele das Erkenntnis vom 28. Mai 1997, Zl. 94/13/0200, mit zahlreichen weiteren Hinweisen).

Diesen Erfordernissen entspricht der angefochtene Bescheid in keiner Weise. In Verbindung mit dem Umstand, daß auch die Akten des Verwaltungsverfahrens nur rudimentär vorgelegt wurden - insbesondere ist das Ergebnis der im Prüfungsverfahren durchgeführten Erhebungen den Akten nicht angeschlossen - besteht für den Verwaltungsgerichtshof im Beschwerdefall keine Möglichkeit, den angefochtenen Bescheid auf seine Rechtmäßigkeit nachzuprüfen. So hat es die belangte Behörde sogar unterlassen, den an die S GmbH ergangenen Berufungsbescheid den Akten anzuschließen. Ob dieser an die S GmbH dem - aus der GmbH längst ausgeschiedenen - Beschwerdeführer zugänglich gemacht worden ist, ist aus den Akten gleichfalls nicht ersichtlich.

Zur Klarstellung ist dabei darauf hinzuweisen, daß selbst der Umstand, daß eine Berufung kein substantiiertes Vorbringen enthält, die Abgabenbehörde von ihrer Verpflichtung nicht befreit, den Sachverhalt, der der Abgabenvorschreibung zugrunde liegt, sowie seine Subsumtion unter einen bestimmten Tatbestand entsprechend darzustellen. Insbesondere hat sich die belangte Behörde mit dem Einwand, der Beschwerdeführer sei in den beiden Streitjahren nicht zur Gänze an der S GmbH beteiligt bzw. Geschäftsführer gewesen, nicht hinreichend auseinandergesetzt. Abgesehen davon daß der in den Akten befindliche Prüfungsbericht über die bei dieser GmbH vorgenommene Prüfung nicht erkennen läßt, wann die in Rede stehenden Scheinrechnungen ausgestellt wurden und welchen Zeitraum die darin behaupteten Leistungen betroffen haben, wird mit dem Hinweis auf eine "gesteigerte Bautätigkeit während der warmen Jahreszeit" nicht ausreichend dargestellt, daß die im Prüfungsbericht bezeichneten Vorgänge über den Abfluß von Geldmitteln tatsächlich ausnahmslos in der Zeit der Beteiligung des Beschwerdeführers erfolgt sind. Da die belangte Behörde mit diesen Begründungsmängeln Verfahrensvorschriften außer acht gelassen hat, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben. Es erübrigte sich damit auch, auf die weiteren - großteils neues Vorbringen enthaltenden - Ausführungen der Beschwerde näher einzugehen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Im pauschalierten Schriftsatzaufwand ist dabei die Umsatzsteuer bereits enthalten. Ein Ersatz der Beilagengebühr war dabei nur insoweit zuzusprechen, als die Vorlage der Beilage für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung erforderlich war, das war die Beilage des angefochtenen Bescheides (einfach).

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996130074.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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