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E1ENorm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., in der Revisionssache der H Ltd in S, United Kingdom, vertreten durch Dr. Michael Sedlaczek, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilergasse 16, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 23. Juli 2018, Zl. RV/7101044/2016, betreffend Rechtsgebühren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 553,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis setzte das Bundesfinanzgericht im Instanzenzug Rechtsgebühren nach § 33 Tarifpost (TP) 17 Abs. 1 Z 1 des Gebührengesetzes 1957 (GebG) in jeweils näher angeführter Höhe fest und sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.
2 Die revisionswerbende Gesellschaft (Revisionswerberin) sei ein im United Kingdom eingetragenes Internetunternehmen, welches Wetten (insbesondere im Zusammenhang mit sportlichen Ereignissen) über das Internet anbiete. Zu einer Selbstberechnung dieser Wettgebühren für den Zeitraum Jänner 2011 bis August 2014 habe die Revisionswerberin u.a. ausgeführt, in der Berechnung der Wettgebühren für diesen Zeitraum seien all jene Wettumsätze enthalten, die von Kunden erzielt worden seien, die sich mit einer österreichischen Adresse bei ihr registriert hätten. Diese führten allerdings teilweise Wetten mit einer ausländischen IP-Adresse durch.
3 Das Bundesfinanzgericht ging in einer ausführlichen Beweiswürdigung davon aus, dass im angefochtenen Erkenntnis näher angeführte Wettteilnehmer die Wette im Inland abgeschlossen hätten. Dabei wurde einerseits der bei der Registrierung angeführte Wohnsitz in Österreich, teilweise auch eine ausländische IP-Adresse sowie Beruf, Telephonnummer, E-Mail-Anschrift, Ort und Art der Bezahlung als Indizien herangezogen. Bei manchen Wettteilnehmern gelangte das Bundesfinanzgericht - anders als die Revisionswerberin - zum Ergebnis, dass diese die Wette im Inland abgeschlossen hätten, bei manchen Wettteilnehmern ging das Bundesfinanzgericht davon aus, dass sie die Wette nicht im Inland abgeschlossen hätten.
4 Die Zulässigkeit der Revision begründete das Bundesfinanzgericht damit, es sei zwar durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt, dass sowohl die inländische Wohnsitzadresse als auch die inländische IP-Adresse Indizien für die "Teilnahme vom Inland" darstellten. Nicht geklärt sei, inwieweit die beiden Indizien gleichwertig seien, und die Wertigkeit der weiteren "vorgebrachten" Indizien.
5 Die dagegen erhobene Revision legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens und einer mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2018 eingereichten Revisionsbeantwortung des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel, welches Ersatz der Aufwendungen begehrt, dem Verwaltungsgerichtshof vor. 6 Die Revisionswerberin erachtet sich in Ausführung des Revisionspunktes im Recht verletzt, dass keine Wettgebühren "unter Einbeziehung der tatsächlich geleisteten Einsätze jener Kunden, deren Aufenthaltsort bei ihrer Teilnahme an Wetten .... indiziertermaßen außerhalb Österreichs liegt" festgesetzt werden. 7 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden.
9 Gemäß § 33 TP 17 (Glücksverträge) Abs. 1 Z 1 GebG unterliegen im Inland abgeschlossene Wetten, die nicht dem Glücksspielgesetz (GSpG) unterliegen, wenn zumindest eine der am Rechtsgeschäft mitwirkenden Personen Unternehmer im Sinn des § 2 Abs. 2 GSpG ist, einer Gebühr von 2 vH vom Wetteinsatz und, wenn die Wetteinsätze verschieden sind, vom höheren Wetteinsatz. 10 Eine Wette gilt gemäß § 33 TP 17 Abs. 2 leg. cit. auch dann als im Inland abgeschlossen, wenn sie vom Inland in das Ausland vermittelt wird oder wenn die Teilnahme an dem Rechtsgeschäft Wette vom Inland aus erfolgt.
11 Zur Zulässigkeit ihrer Revision führt die Revisionswerberin u. a. aus, die vom Bundesfinanzgericht angesprochenen Fragen zur Auslegung der Bestimmung des § 33 TP 17 Abs. 2 GebG hätten grundsätzliche Bedeutung, weil sie noch nicht Gegenstand höchstgerichtlicher Rechtsprechung gewesen seien. Die Frage, welche Indizien bei der Ermittlung der Teilnahme vom Inland aus im Zusammenhang mit der Festsetzung der Wettgebühren zu ermitteln seien, welche Indizien zu berücksichtigen seien und welches Gewicht den einzelnen Indizien im Rahmen dieser "Bemessung" zukämen, sei noch nicht Gegenstand der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gewesen. Insbesondere sei noch nicht geklärt, ob die inländische Wohnanschrift und die IP-Adresse gleichwertige Indizien seien. Auch sei die Frage bisher noch nicht an den Verwaltungsgerichtshof herangetragen worden, in welchem Verhältnis weitere Indizien zu den beiden genannten stünden und ob eine Vorlage zusätzlicher Indizien zur Entkräftung eines dieser Indizien für jeden Einzelfall erforderlich sei.
12 Die Frage des Beweiswertes verschiedener Indizien und die Zulässigkeit oder Erforderlichkeit zusätzlicher Indizien stellt indes keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG dar. Die Gewichtung einzelner Indizien ist in jedem Einzelfall gesondert vorzunehmen. Somit geht die konkrete Berücksichtigung von Indizien und das dabei gefundene Ergebnis in seiner Bedeutung über den Einzelfall nicht hinaus (vgl. den eine Revision des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel gegen dasselbe angefochtene Erkenntnis betreffenden Beschluss vom heutigen Tag, Ro 2018/16/0045).
13 Die Revisionswerberin sieht in der Zulässigkeitsbegründung ihrer Revision auch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage, ob die Bestimmung des § 33 TP 17 Abs. 2 GebG mit dem Unionsrecht vereinbar sei. Diese Bestimmung träfe de facto nur nichtösterreichische Anbieter, die - anders als inländische Anbieter - gezwungen wären, extrem aufwändige, ja bisweilen unmögliche Nachforschungen zum tatsächlichen Aufenthaltsort jedes einzelnen Kunden bei jeder einzelnen Wette anzustellen, um ihren Selbstberechnungs- und Anmeldeverpflichtungen in Österreich nachkommen zu können. Diese ungerechtfertigte Beschränkung ausländischer Anbieter bewirke, dass das Ausüben derer Dienstleistungsfreiheit unattraktiv gemacht werde.
14 Einen Zwang zu Nachforschungen der von der Revisionswerberin angesprochenen Art ergibt sich aus der Bestimmung des § 33 TP 17 Abs. 2 GebG nicht; solches ist dem angefochtenen Erkenntnis auch nicht zu entnehmen. Das Bundesfinanzgericht hat Indizien herangezogen, welche von der Revisionswerberin im Rahmen ihrer Geschäftsbeziehung zu den Wettteilnehmern erfasst werden und der Abgabenbehörde mitgeteilt wurden. Hat anhand dieser Daten die Revisionswerberin keine Zweifel am Umstand, dass der Wettteilnehmer die Wette nicht im Inland abgeschlossen hat, ist sie nicht verpflichtet, weitere Nachforschungen anzustellen. Welche konkrete Nachforschungen die Revisionswerberin "de facto" hätte anstellen müssen, um weitere Indizien zu finden, welche entgegen der registrierten Wohnanschrift im Inland für einen Abschluss der Wette im Ausland sprächen, legt die Revisionswerberin nicht dar. Dass die vom Bundesfinanzgericht herangezogenen Indizien der Revisionswerberin nicht bereits durch die normale Geschäftsbeziehung mit ihren Wettteilnehmern bekannt gewesen wären, sondern Gegenstand gesonderter Nachforschungen gewesen wären, behauptet die Revisionswerberin nicht. Da somit der von der Revisionswerberin ins Treffen geführte Zwang zu Nachforschungen nicht gegeben ist, liegt nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes keine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit vor.
15 Eine Revision hängt nur dann von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG ab, wenn sich die Rechtsfrage innerhalb des vom Revisionswerber durch den Revisionspunkt selbst definierten Prozessthemas stellt. Die Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses, auch der Zulässigkeit einer Revision, hat daher im Rahmen des Revisionspunktes zu erfolgen und sich auf das dort geltend gemachte Recht zu beschränken (vgl. etwa VwGH 15.5.2018, Ra 2018/16/0015 bis 0017, mwN).
16 In der Zulässigkeitsbegründung ihrer Revision spricht die Revisionswerberin auch die Einbeziehung von sogenannten "Freebets" (auch bei im Inland abgeschlossenen Wetten) in die Bemessungsgrundlage der Wettgebühr an. Soweit damit die Höhe der Bemessungsgrundlage bekämpft wird, bewegt sich die Revision außerhalb des im Rahmen des Revisionspunktes (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG) geltend gemachten subjektiven Rechtes. Im Rahmen des durch den Revisionspunkt abgesteckten Prozessthemas, welches eine Bestreitung der Gebührenfestsetzung für einzelne Wetten dem Grunde nach erfasst, stellt sich die von der Revisionswerberin im Zusammenhang mit der Höhe der Bemessungsgrundlage aufgeworfene Rechtsfrage nicht (vgl. auch VwGH 25.7.2019, Ra 2018/16/0148). 17 Die Revisionswerberin bekämpft in der Zulässigkeitsbegründung ihrer Revision schließlich die Schlüssigkeit der Beweiswürdigung und wirft dem Bundesfinanzgericht Aktenwidrigkeit vor. Der vom Bundesfinanzgericht angenommene Sachverhalt weiche vom Akteninhalt deshalb ab, weil er in den von der Revisionswerberin vorgelegten Unterlagen keine Deckung finde oder diesen widerspreche. Weiters fehlten zu einem Wettteilnehmer Feststellungen zum Sachverhalt, weshalb dieser nicht geklärt sei und einer Ergänzung bedürfe. 18 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine Aktenwidrigkeit nicht schon dann vor, wenn die Behörde oder das Verwaltungsgericht einen Sachverhalt feststellt, der lediglich mit dem Vorbringen einer Partei im Widerspruch steht (vgl. VwGH 4.12.2019, Ra 2019/16/0190). Welche konkreten Feststellungen die Revisionswerberin hinsichtlich des genannten Wettteilnehmers vermisst, wenn es dem Bundesfinanzgericht die Ergänzungsbedürftigkeit des Erkenntnisses vorwirft, lässt die Revisionswerberin in der Zulässigkeitsbegründung offen. Mit dem weiteren Vorbringen gegen die Schlüssigkeit der ausführlichen Beweiswürdigung des Bundesfinanzgerichtes, wonach dieses keine ausreichende Begründung für näher erwähnte Feststellungen biete, zeigt die Revisionswerberin jedoch nicht auf, dass das Bundesfinanzgericht im Revisionsfall die konkrete Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden Weise vorgenommen hätte.
19 Insgesamt liegt somit keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor.
20 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
21 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-AufwErsV.
Wien, am 14. Jänner 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RO2018160046.J00Im RIS seit
10.03.2020Zuletzt aktualisiert am
10.03.2020