TE Vwgh Beschluss 2020/1/17 Ra 2019/06/0166

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Veröffentlicht am 17.01.2020
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag Steiermark
L82006 Bauordnung Steiermark
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

BauG Stmk 1995 §4 Z13
BauG Stmk 1995 §42 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Rehak sowie Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, BA, über die Revision des Bürgermeisters der Marktgemeinde Leutschach an der Weinstraße in Leutschach, vertreten durch Dr. Franz Krainer, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 19/III, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 1. August 2019, Zl. LVwG 20.3-652/2019-15, betreffend einen Auftrag gemäß § 42 Abs. 1 des Steiermärkischen Baugesetzes (mitbeteiligte Parteien:

Verlassenschaft nach E R-H, vertreten durch Mag. Peter M. Wolf, Rechtsanwalt in 2340 Mödling, Bahnhofplatz 6, sowie Dr. Bernhard Eder, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Brucknerstraße 4/5, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des H R-H, geboren 1954; weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Am 24. Jänner 2019 erfolgte auf näher bezeichneten Grundstücken der Marktgemeinde Leutschach an der Weinstraße (Gemeinde) eine baupolizeiliche Überprüfung, im Zuge derer der Bürgermeister der Gemeinde (Amtsrevisionswerber) gemäß § 42 Abs. 1 Steiermärkisches Baugesetz (Stmk. BauG) mehrere näher angeführte Sofortmaßnahmen erließ. Unter anderem erfolgte gemäß der genannten Gesetzesbestimmung die Anordnung, es seien "die Strohballen, die unsachgemäß gelagert sind und daher jederzeit umkippen können, wodurch Gefahr für Mensch und Tier besteht, durch von der Gemeinde beauftragten Fachmann zu entfernen und in einem nicht gesperrten Gebäude fachgerecht zu lagern".

2 Für die mitbeteiligten Parteien wurde durch ihre damalige rechtsfreundliche Vertretung mit Schreiben vom 4. März 2019 gegen alle am 24. Jänner 2019 verfügten Sofortmaßnahmen Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt an das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) erhoben.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis sprach das LVwG die Rechtswidrigkeit der oben genannten Anordnung hinsichtlich der nicht ordnungsgemäß gestapelten Strohballen aus und wies die Beschwerde hinsichtlich der übrigen verfügten Sofortmaßnahmen ab (A.). Weiters verpflichtete das LVwG die Gemeinde zur Bezahlung von Kosten des Beschwerdeverfahrens in näher bezeichneter Höhe (B.) und sprach aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG gegen dieses Erkenntnis nicht zulässig sei (C.). 4 Zur Erklärung der durch den Amtsrevisionswerber gemäß § 42 Abs. 1 Stmk. BauG verfügten Sofortmaßnahme hinsichtlich der Lagerung der Strohballen als rechtswidrig führte das LVwG zusammengefasst aus, bei den Strohballen, die teilweise auf Holzpaletten gelagert gewesen seien, habe zwar eine Verbindung mit dem Boden bestanden, indem sie durch eigenes Gewicht auf den Boden gewirkt hätten, jedoch seien für eine Lagerung wie die in Rede stehende keine bautechnischen Kenntnisse erforderlich. Auch wenn an das für den Begriff der "baulichen Anlage" geforderte Merkmal der Erforderlichkeit bautechnischer Kenntnisse nach der Rechtsprechung keine zu großen Ansprüche gestellt werden dürften, werde dieses Maß bei der Stapelung von Strohballen nicht erreicht, sodass hinsichtlich der gegenständlichen Stapelung nicht von einer baulichen Anlage auszugehen sei. Eine gegenteilige Interpretation würde bedeuten, dass sämtliche Lagerungen von Gütern, die eine gewisse Höhe überschritten, einer Bewilligungspflicht unterzogen seien; eine derartige Absicht sei dem Gesetzgeber nicht zu unterstellen. Da es sich daher bei der in Rede stehenden Stapelung von Strohballen nicht um eine bauliche Anlage im Sinne des Stmk. BauG gehandelt habe, sei die diesbezügliche Sofortmaßnahme im Sinne des § 41 Abs. 1 (gemeint wohl: § 42 Abs. 1) leg. cit. in rechtswidriger Weise angeordnet worden.

5 Dagegen richtet sich die gegenständliche außerordentliche

Amtsrevision.

Die Revision ist unzulässig:

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 9 Die Amtsrevision bringt zum Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, entgegen den Ausführungen des LVwG hänge "der gegenständliche Sachverhalt" von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukomme, insbesondere weil das LVwG von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweiche, bzw. "eine solche" fehle. "Konkret unrichtig" beantwortet habe das LVwG die Rechtsfrage, ob der Auftrag zur Entfernung der Strohballen eine Sofortmaßnahme im Sinne des § 42 Abs. 1 Stmk. BauG darstelle. "Bei richtiger rechtlicher Beurteilung" sei diese Frage "mit ja zu beantworten". 10 Mit diesem Zulässigkeitsvorbringen zeigt die Amtsrevision eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht auf:

11 Wie der Verwaltungsgerichtshof zur Rechtslage nach Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 bereits vielfach ausgesprochen hat, muss eine Revision, damit sie zulässig ist, gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG von der Lösung einer Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, abhängen. In der Revision muss daher gemäß § 28 Abs. 3 VwGG konkret dargetan werden, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. für viele z. B. VwGH 15.5.2019, Ra 2019/01/0156, mwN).

12 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann einer Rechtsfrage dabei nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung hat (vgl. für viele VwGH 3.9.2019, Ra 2019/01/0320). Der Verwaltungsgerichtshof ist nach dem Revisionsmodell nicht dazu berufen, die Einzelfallgerechtigkeit in jedem Fall zu sichern - diese Aufgabe obliegt den Verwaltungsgerichten (vgl. etwa VwGH 21.12.2016, Ra 2016/10/0119, und 27.2.2019, Ra 2019/10/0010, jeweils mwN).

13 Im gegenständlichen Fall hat das LVwG die Frage, ob die in Rede stehende Lagerung von Strohballen eine bauliche Anlage im Sinne des § 4 Z 13 Stmk. BauG darstellt, in nicht zu beanstandender Weise beurteilt und ausgehend davon die Frage der Subsumierbarkeit dieses Sachverhaltes unter § 42 Abs. 1 Stmk. BauG verneint.

14 Mit dem oben dargestellten Zulässigkeitsvorbringen werden weder über den Einzelfall hinausreichende Fragen aufgeworfen noch bietet der vorliegende Fall Anhaltspunkte dafür, dass das Verwaltungsgericht den ihm zustehenden Anwendungsspielraum überschritten oder gar eine krasse oder unvertretbare Fehlbeurteilung des vorliegenden Sachverhaltes im Hinblick auf das Vorliegen einer baulichen Anlage nach § 4 Z 13 Stmk. BauG vorgenommen hätte (vgl. in diesem Sinne etwa VwGH 21.11.2019, Ra 2019/10/0177, mwN).

15 Ebensowenig wird darüber hinaus in den Zulässigkeitsgründen der Amtsrevision aufgezeigt, dass sich für den Revisionsfall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem Prozessgegenstand des vor dem LVwG geführten Maßnahmenbeschwerdeverfahrens ergebe.

16 Soweit die Revision schließlich in formaler Hinsicht auch die Aufhebung sonstiger Spruchpunkte des angefochtenen Erkenntnisses begehrt, enthält sie auch dazu keine Zulässigkeitsausführungen.

17 In der Revision werden damit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

18 Dem Kostenersatzantrag des Dr. B. E. als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des H. R.-H. war stattzugeben, da sich aus dessen Stellungnahme vom 22. November 2019 in Verbindung mit dem vorgelegten Einantwortungsbeschluss des Bezirksgerichtes Mödling vom 8. März 2019 dessen Stellung als mitbeteiligte Partei im vorliegenden Revisionsverfahren ergibt.

Wien, am 17. Jänner 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019060166.L00

Im RIS seit

27.02.2020

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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