TE Vwgh Beschluss 2020/1/21 Ra 2019/16/0220

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Veröffentlicht am 21.01.2020
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Index

32/06 Verkehrsteuern

Norm

GrEStG 1987 §17 Abs1 Z1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und den Hofrat Dr. Mairinger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision der B Privatstiftung in G, vertreten durch die Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Hartenaugasse 6, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 23. Oktober 2019, Zl. RV/2100010/2016, betreffend Grunderwerbsteuer (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 17. Februar 2015 wies das Finanzamt den Antrag der Revisionswerberin, einer Privatstiftung, nach § 17 GrEStG wegen Rückgängigmachung des der Vorschreibung zugrundeliegenden Kaufvertrags vom 24. Oktober 2012 ab. 2 Der dagegen erhobenen Beschwerde der Revisionswerberin gab das Bundesfinanzgericht keine Folge und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

3 § 17 GrEStG stelle eine Ausnahme von dem für die Verkehrsteuern (zu denen auch die Grunderwerbsteuer zähle) geltenden Grundsatz dar, wonach eine einmal entstandene Steuerpflicht durch eine nachträgliche, wenn auch rückwirkende, privatrechtliche Vereinbarung nicht mehr beseitigt werden könne. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liege eine (zur Abänderung einer bereits festgesetzten Grunderwerbsteuer führende) Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs iSd § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG vor, wenn der Verkäufer jene Verfügungsmacht über das Grundstück wiedererlange, die er vor Vertragsabschluss gehabt habe. Dies sei nicht der Fall, wenn der Vertrag zwar der Form nach aufgehoben werde, die durch diesen Vertrag begründete Verfügungsmöglichkeit aber beim Erwerber verbleibe und der Verkäufer seine ursprüngliche (freie) Rechtsstellung nicht wiedererlange. In Fällen, in denen die Auflösung eines Vertrags vereinbart werde, um den Verkauf des Objekts an einen im Voraus bestimmten neuen Verkäufer zu ermöglichen, wobei die Auflösung des alten und der Abschluss des neuen Vertrags gleichsam "uno actu" erfolgten, sei nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon auszugehen, dass der Verkäufer in Wahrheit dadurch nicht die Möglichkeit wiedererlange, über das Grundstück anderweitig frei zu verfügen.

4 Nach den vorliegenden, von denselben Rechtsanwälten errichteten Urkunden, habe die Verkäuferin H am 7. Juli 2014 sowohl ihre Zustimmung zur Aufhebung des ersten Kaufvertrags mit der Revisionswerberin als auch zum Abschluss des zweiten Kaufvertrags mit der R GmbH & Co KG, deren Kommanditistin die Revisionswerberin sei, erteilt. Darüber hinaus habe H am 7. Juli 2014 bereits als Treugeberin einen Kontoverfügungsauftrag betreffend den zweiten Kaufvertrag unterzeichnet.

5 Der zwischen der Aufhebung des ersten Kaufvertrags mit der Revisionswerberin und dem Verkauf der Liegenschaft an die R GmbH & Co KG bestehende zeitliche und sachliche Zusammenhang lasse mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, dass zwischen den Vertragsteilen bereits vor der Aufhebung des ersten Kaufvertrags Einigkeit über die Veräußerung der Liegenschaft samt Wohnhaus an die neue Käuferin bestanden habe. Auch wenn die Beglaubigung der Unterschrift der Verkäuferin erst am 9. Juli 2014 (mit Unterzeichnung des zweiten Kaufvertrags durch die neue Käuferin) erfolgt sei, habe H durch die Rückgängigmachung des ersten Kaufvertrags in Wahrheit nicht die freie Verfügungsmacht über ihr Grundstück zurückerlangt. Vielmehr sei die Aufhebung des ersten Kaufvertrags nur zu dem Zweck erfolgt, den Verkauf der Liegenschaft an die im Voraus bestimmte R GmbH & Co KG zu denselben Konditionen zu ermöglichen.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit vorgebracht, nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei zwar nicht von einer Wiedererlangung der freien Verfügungsmacht des Verkäufers auszugehen, wenn die Auflösung des alten und der Abschluss des neuen Vertrags gleichsam "uno actu" erfolgten. Es fehle jedoch Rechtsprechung zur Frage, ob dies auch in jenen Fällen gelte, in denen die Unterfertigung des neuen Kaufvertrags durch den Verkäufer und den Käufer zeitlich auseinanderfielen. 9 Gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG wird die Steuer auf Antrag nicht festgesetzt, wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts oder eines Wiederverkaufsrechts rückgängig gemacht wird. Eine bereits erfolgte Festsetzung der Steuer ist auf Antrag entsprechend abzuändern (§ 17 Abs. 4 leg. cit.).

10 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Rückgängigmachung eines Kaufvertrags iSd § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG voraus, dass der ursprüngliche Verkäufer jene Verfügungsmacht wiedererlangt, die er vor dem Vertragsabschluss hatte. Das ist aber u.a. dann nicht der Fall, wenn ein Vertrag nur zu dem Zweck aufgehoben wird, um das Grundstück an einen im Voraus bestimmten neuen Käufer zu veräußern (vgl. VwGH 18.9.2007, 2007/16/0066; VwGH 17.10.2001, 2001/16/0184, 0190). 11 Das Bundesfinanzgericht hat im angefochtenen Erkenntnis aufgrund des zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs zwischen der Aufhebung des ersten Kaufvertrags und dem Verkauf der Liegenschaft an die R GmbH & Co KG die Feststellung getroffen, dass zwischen den Vertragsteilen bereits vor der Rückgängigmachung des ersten Kaufvertrags Einigkeit darüber bestanden habe, die streitgegenständliche Liegenschaft samt Wohnhaus an die neue Käuferin, deren Kommanditistin die Revisionswerberin sei, zu veräußern. Die Aufhebung des Kaufvertrags zwischen H und der Revisionswerberin sei nur zu dem Zweck erfolgt, den Verkauf der Liegenschaft an die R GmbH & Co KG zu denselben Konditionen zu ermöglichen.

12 Ausgehend von diesen Feststellungen ist das Bundesfinanzgericht aber zulässigerweise zum Ergebnis gelangt, dass H durch die Rückgängigmachung des ersten Kaufvertrags nicht die freie Verfügungsmacht über ihr Grundstück, insbesondere nicht die Möglichkeit, dieses an einen außenstehenden Dritten zu verkaufen, zurückerhalten hat.

13 Soweit in der Revision vorgebracht wird, die Aufhebung des ersten Kaufvertrags und der Abschluss des zweiten Kaufvertrags seien nicht "uno actu" erfolgt, sodass H zwei Tage lang über das Grundstück anderweitig hätte verfügen können, ist auf die Feststellungen des Bundesfinanzgerichts zu verweisen, wonach H am 7. Juli 2014 sowohl ihre Zustimmung zur Aufhebung des ersten Kaufvertrags, als auch zum Abschluss des zweiten Kaufvertrags erteilt und einen Kontoverfügungsauftrag betreffend den zweiten Kaufvertrag unterzeichnet hat. 14 Dem Bundesfinanzgericht ist nicht entgegen zu treten, wenn es daraus den Schluss gezogen hat, dass bereits im Zeitpunkt der Aufhebung des ersten Kaufvertrags klar gewesen sei, dass anstelle der Revisionswerberin die R GmbH & Co KG als Käuferin die Liegenschaft zu denselben Konditionen erwerben werde. Andernfalls hätte H nicht bereits am selben Tag die Urkunde über die zweite Veräußerung unterfertigen können. Daran vermag der Umstand, dass die neue Käuferin den Kaufvertrag erst zwei Tage später unterzeichnet hat, nichts zu ändern (vgl. zu einem ähnlich gelagerten Fall nochmals VwGH 17.10.2001, 2001/16/0184, 0190). 15 In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 21. Jänner 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019160220.L00

Im RIS seit

16.04.2020

Zuletzt aktualisiert am

16.04.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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