TE Vwgh Beschluss 2020/1/23 Ro 2019/15/0015

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.01.2020
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs8
VwGG §33 Abs1
VwGG §34 Abs1
VwGG §55
VwGG §58 Abs2

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofrätin Dr. Büsser und den Hofrat Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des Bundesministers für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 2. Jänner 2019, Zlen. VGW- 002/V/042/12899/2018-2 und VGW-002/V/042/12907/2018, betreffend Vorschreibung von im Zuge eines Beschlagnahme- und Einziehungsverfahrens nach dem Glücksspielgesetz erwachsenen Barauslagen (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Landespolizeidirektion Wien; mitbeteiligte Partei: M D in U, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Zuspruch von Aufwandersatz findet nicht statt.

Begründung

1 Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Wien vom 21. August 2018 wurde A.S. und dem mitbeteiligten M.D. die Zahlung von Barauslagen zur ungeteilten Hand in der Höhe von 226,89 EUR gemäß § 50 Abs. 10 Glücksspielgesetz (GSpG) vorgeschrieben, die im Zuge eines Beschlagnahme- und Einziehungsverfahrens gemäß §§ 53 Abs. 1 und 54 Abs. 1 GSpG nach der am 7. November 2014 in einem näher genannten Lokal gemäß § 53 Abs. 2 GSpG erfolgten Beschlagnahme eines näher bezeichneten Glücksspielgerätes angefallen waren.

2 Begründend führte die belangte Behörde aus, dass A.S. als Inhaber des in seinem Lokal aufgestellten gegenständlichen Glücksspielgerätes mit Straferkenntnis vom 9. Juni 2015 wegen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild GSpG bestraft und dies vom Verwaltungsgericht Wien mit Erkenntnis vom 29. Jänner 2016 unter Herabsetzung der Höhe der Verwaltungsstrafe bestätigt worden sei. Eine diesbezügliche Revision sei vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 17. August 2017, Ra 2017/17/0079, zurückgewiesen worden. Der mitbeteiligte M.D. sei ebenfalls mit Straferkenntnis vom 9. Juni 2015 als handelsrechtlicher Geschäftsführer der U hinsichtlich des gegenständlichen Glücksspielgerätes wegen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 1. Fall iVm § 2 Abs. 4 GSpG iVm § 9 Abs. 1 VStG bestraft und dieses Straferkenntnis vom Verwaltungsgericht Wien mit Erkenntnis vom 29. Jänner 2016 unter Herabsetzung der Höhe der Verwaltungsstrafe bestätigt worden. Der Verwaltungsgerichtshof habe die diesbezügliche Revision mit Beschluss vom 14. Juni 2018, Ra 2017/17/0091 und 0092, zurückgewiesen. Demnach seien die Lagerkosten und die Kosten für die Abholung und Vernichtung des Glücksspielgerätes von den Bestraften zur ungeteilten Hand zu tragen.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien die Beschwerde des A.S. als unbegründet ab und bestätigte den angefochtenen Bescheid. Der Beschwerde des mitbeteiligten M.D. gab das Verwaltungsgericht hingegen Folge und hob den angefochtenen Bescheid im Hinblick auf diesen ersatzlos auf. Außerdem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig sei.

4 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, der mitbeteiligte M.D. sei "im Hinblick auf das gegenständliche Gerät und die gegenständliche Kontrolle, anlässlich welcher dieses Gerät beschlagnahmt worden" sei, nie bestraft worden. Es sei nur hervorgekommen, dass er zum Kontrollzeitpunkt der zur Außenvertretung der Eigentümerin des gegenständlichen Gerätes Befugte gewesen sei.

5 Gegen diese ersatzlose Behebung richtet sich die vorliegende Amtsrevision, die auf einen Widerspruch in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses verweist. Der Mitbeteiligte sei - wie auch vom Verwaltungsgericht wiedergegeben - als handelsrechtlicher Geschäftsführer der U sehr wohl wegen der Veranstaltung verbotener Ausspielungen durch Betrieb des eingezogenen Glücksspielautomaten bestraft worden. Die Nichtvorschreibung der Barauslagen ihm gegenüber verkleinere daher zu Unrecht den "Haftungsfonds", wodurch die Einbringlichkeit der Barauslagen gefährdet sei. 6 Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung, mit der er auch einen Einzahlungsbeleg zum Nachweis der inzwischen erfolgten Bezahlung der Barauslagen durch A.S. vorlegte. Da infolge Bezahlung der mit dem erstinstanzlichen Bescheid auferlegten Kosten eine Uneinbringlichkeit derselben nicht mehr eintreten könne, sei das Rechtsschutzinteresse der Amtsrevision weggefallen und diese jedenfalls gegenstandslos geworden. 7 Über Anfrage des Verwaltungsgerichtshofs, inwieweit sich der Amtsrevisionswerber im Hinblick darauf durch das angefochtene Erkenntnis noch beschwert erachte, gab dieser mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2019 bekannt, dass er sich vor dem Hintergrund der nachgewiesenen Bezahlung der Barauslagen nicht gegen eine Einstellung des Verfahrens ausspreche.

8 Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde, die Revision nach Anhörung des Revisionswerbers in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

9 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist mit der Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im Sinne des § 33 Abs. 1 VwGG nicht nur bei formeller Klaglosstellung, sondern auch bei "Gegenstandslosigkeit" der Revision vorzugehen.

Gegenstandslosigkeit wird angenommen, wenn durch Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Revisionswerbers an der Entscheidung wegfällt. Ebenso vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass sich § 33 Abs. 1 VwGG entnehmen lasse, dass der Gesetzgeber das Rechtsschutzbedürfnis als Prozessvoraussetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof versteht. Liegt diese Voraussetzung schon bei Einbringung einer Revision nicht vor, ist diese unzulässig, fällt die Voraussetzung erst nach Einbringung einer zulässigen Revision weg, so führt dies zu einer Einstellung des Verfahrens (vgl. VwGH 16.10.2019, Ra 2019/03/0116). Dies gilt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sinngemäß auch im Falle einer Amtsrevison (vgl. zB VwGH 9.4.2018, Ra 2017/17/0928, sowie 9.9.2015, Ro 2015/03/0028).

10 Das vorliegende Revisionsverfahren war daher wegen nachträglichen Wegfalles des rechtlichen Interesses in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und einzustellen.

11 Wird eine Revision - ohne formelle Aufhebung der angefochtenen Entscheidung - wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses unter sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt, ist die Kostenentscheidung mangels formeller Klaglosstellung nicht nach § 55 VwGG, sondern nach § 58 Abs. 2 VwGG zu treffen (vgl. VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0249). Im Hinblick darauf, dass die Frage des hypothetischen Schicksals der Revision nicht ohne nähere Prüfung zu lösen wäre und daher die Entscheidung über den vom Mitbeteiligten gestellten Kostenantrag einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, hat der Gerichtshof daher nach freier Überzeugung entschieden, dass kein Aufwandersatz zugesprochen wird (§ 58 Abs. 2 zweiter Halbsatz VwGG).

Wien, am 23. Jänner 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RO2019150015.J00

Im RIS seit

03.04.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.04.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten