TE Vwgh Beschluss 2020/1/23 Ra 2020/21/0002

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Veröffentlicht am 23.01.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §55
BFA-VG 2014 §9 Abs2
B-VG Art133 Abs4
MRK Art8
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des P Q in A, vertreten durch Mag. Dr. Vera M. Weld, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Weihburggasse 4/40, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25. November 2019,  W173 2146782- 3/10E, betreffend Abweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 und Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Nebenaussprüchen (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der ledige und kinderlose, 1996 geborene Revisionswerber ist afghanischer Staatsangehöriger. Er reiste im Februar 2016 nach Österreich ein und stellte hier in der Folge einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde mit im Beschwerdeweg ergangenem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) vom 30. April 2018 - in Verbindung mit insbesondere einer Rückkehrentscheidung - vollinhaltlich abgewiesen.

2 Der Revisionswerber verblieb im Bundesgebiet und stellte schon am 18. Mai 2018 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies diesen Antrag mit Bescheid vom 27. August 2019 ab, erließ unter einem gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 3 FPG sowie gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 7 FPG ein dreijähriges Einreiseverbot, stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan zulässig sei und erkannte einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab. Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das BVwG nach Abhaltung einer in Abwesenheit des bereits am 16. Februar 2019 nach Afghanistan abgeschobenen Revisionswerbers durchgeführten Beschwerdeverhandlung mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 25. November 2019 nur insoweit Folge, als es das verhängte Einreiseverbot ersatzlos behob; im Übrigen wies es die Beschwerde aber als unbegründet ab und sprach gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

3 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

5 In dieser Hinsicht macht der Revisionswerber der Sache nach geltend, die für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 gleichermaßen wie für die Erlassung der Rückkehrentscheidung maßgebliche Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG sei vom BVwG in Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verfehlt vorgenommen worden. Es lägen "ein soziales Netz, eine familiäre Bindung, eine berufliche Tätigkeit und eine gerichtliche Unbescholtenheit" vor, wozu dann im Einzelnen auf eine in Graz lebende Tante (samt Familie), auf zahlreiche Freunde und Bekannte, die Abgabe von "zahlreichen" Patenschaftserklärungen und Unterstützungserklärungen, die vom Revisionswerber erlangten Sprachkenntnisse (Deutsch auf C2-Niveau) sowie auf - auch für Behörden - geleistete Dolmetschtätigkeiten hingewiesen wird.

6 Dazu ist zunächst anzumerken, dass das Vorbringen, es existierten "zahlreiche Patenschaftserklärungen" insofern eine unbeachtliche Neuerung darstellt, als sowohl im behördlichen als auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nur auf eine einzige Patenschaftserklärung Bezug genommen worden war. Auch das Vorbringen, es bestehe eine "enge familiäre Bindung" zur in Graz wohnenden Tante des Revisionswerbers (dieser lebte bis zu seiner Abschiebung abwechselnd in Stockerau und Wien) ist neu und daher unbeachtlich. Davon abgesehen wurden die erwähnten, in der Revision angesprochenen Gesichtspunkte allerdings vom BVwG im Wesentlichen ohnehin festgestellt und in seine Interessenabwägung einbezogen. Das BVwG hielt aber auch zutreffend fest, dass maßgebliche Integrationsschritte erst zu einem Zeitpunkt gesetzt worden sind, zu dem sich der Revisionswerber nach Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz und in Kenntnis seiner Ausreiseverpflichtung unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt. Jedenfalls von daher erweist sich die vom BVwG vorgenommene Interessenabwägung, die keinen maßgeblichen Begründungsmangel erkennen lässt, angesichts der insgesamt nicht langen Aufenthaltsdauer des Revisionswerbers zumindest als vertretbar, zumal der Umstand, dass der Revisionswerber durch seinen unrechtmäßigen Verbleib in Österreich nach rechtskräftiger Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz und in Missachtung des in Form der damit verbundenen Rückkehrentscheidung erlassenen Ausreisebefehls versucht hat, in Bezug auf seinen Aufenthalt vollendete Tatsachen zu schaffen. Das widerspricht dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen, dem - wie das BVwG ebenfalls zutreffend ausführte - ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. nur VwGH 26.6.2019, Ra 2019/21/0020, Rn. 7). Vor diesem Hintergrund erweist sich die vom BVwG vorgenommene Interessenabwägung aber als nicht revisibel (vgl. nur VwGH 19.9.2019, Ra 2019/21/0264, Rn. 10).

7 Damit werden in der allein auf diese Interessenabwägung Bezug nehmenden Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 23. Jänner 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020210002.L00

Im RIS seit

04.03.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.03.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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