TE Vwgh Beschluss 2020/1/23 Ra 2019/21/0373

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Veröffentlicht am 23.01.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
25/02 Strafvollzug
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

BFA-VG 2014 §9
B-VG Art133 Abs4
FrPolG 2005 §67 Abs1
StVG §156b
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des I B in H, vertreten durch Dr. Emelle Eglenceoglu, Rechtsanwältin in 6800 Feldkirch, Gilmstraße 2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15. Oktober 2019, G314 2224309- 1/2E, betreffend Aufenthaltsverbot (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber ist deutscher Staatsangehöriger. Er wurde 1993 in Deutschland geboren, absolvierte dort seine Schulausbildung und begann nach dem Abitur ein Studium an einer deutschen Fachhochschule; dieses Studium hat er bis dato nicht erfolgreich abgeschlossen, er war aber zumindest bis zum Sommersemester 2018 immatrikuliert.

2 Seit Februar 2019 lebt der Revisionswerber in Österreich und ist hier im Unternehmen seines Vaters, der im Bundesgebiet mehrere Friseursalons betreibt, als Leiter einer Filiale beschäftigt. 3 Mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichtes Lindau vom 28. Dezember 2017 war der Revisionswerber zu einer Geldstrafe im Ausmaß von 65 Tagessätzen verurteilt worden, weil er am 30. April 2017 ein Kleinkraftrad ohne Haftpflichtversicherungsschut z und unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln gelenkt, einen Schlagring mit sich geführt und unerlaubt in Österreich gekaufte Betäubungsmittel (3,95g Marihuana und 0,98g Kokaingemisch) nach Deutschland eingeführt hatte.

4 Unter Bedachtnahme auf diese Verurteilung wurde über den Revisionswerber mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 25. Mai 2018, in der Fassung des Urteils des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 23. Jänner 2019, wegen des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach den §§ 15, 142 Abs. 1 und 143 Abs. 1 zweiter Fall StGB eine zweijährige (Zusatz-)Freiheitsstrafe verhängt.

5 Im Hinblick auf die dieser Verurteilung zugrunde liegende Straftat erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) gegen den Revisionswerber mit Bescheid vom 20. September 2019 gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein fünfjähriges Aufenthaltsverbot. Dabei sprach es überdies aus, dass dem Revisionswerber gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt und dass einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde.

6 Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 15. Oktober 2019 nur insoweit Folge, als es dem Revisionswerber einen Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilte und den Ausspruch über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde ersatzlos behob. Eine Revision gegen dieses Erkenntnis erklärte das BVwG in seinem Ausspruch nach § 25a Abs. 1 VwGG gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig. 7 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a erster Satz VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

9 In dieser Hinsicht macht der Revisionswerber geltend, das BVwG sei zu Unrecht zu einer negativen Zukunftsprognose im Sinn des § 67 Abs. 1 FPG gelangt. Dabei wirft er dem BVwG u.a. auch vor, es habe keine Feststellungen zu seinem persönlichen Verhalten "und zu seiner Rolle bei der Tatbegehung" (gemeint: in Bezug auf die der österreichischen Verurteilung zugrunde liegende Tathandlung) getroffen.

10 Dem sind die nachfolgenden Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses entgegenzuhalten:

"Dieser Verurteilung (durch das Landesgericht Feldkirch) lag zugrunde, dass (der Revisionswerber) am 13.03.2017 in W gemeinsam mit zwei Mittätern versuchte, zwei Personen in deren Wohnräumlichkeiten zu berauben, indem sie den Opfern eine Pistole vorhielten und die Haustüre gegen den Widerstand eines Opfers aufdrückten, um eine unbestimmte Menge Marihuana aus einer zuvor von den Mittätern des (Revisionswerbers) bei einem Einbruch entdeckten Indoor-Cannabisplantage wegzunehmen. Der (Revisionswerber) veranlasste durch sein Klingeln ein Opfer zum Öffnen der Haustüre, verhinderte das Schließen der Türe, indem er seinen Fuß zwischen Türe und Türstock stellte, drückte die Türe gewaltsam auf, um den Tätern das Betreten des Hauses zu ermöglichen, und tat sich während der weiteren Tatausführung durch lautstarkes und aggressives Verhalten hervor. Es blieb beim Versuch, weil die Plantage in der Zwischenzeit abgebaut worden war. Eines der Opfer gab den Tätern Bargeld (ca. EUR 120), das sie später untereinander aufteilten. Die Tat zog für die Opfer, die große Angst hatten und einen Schock erlitten, krankheitswertige Folgen nach sich. Bei der Strafzumessung wurden der Umstand, dass es beim Raub beim Versuch blieb, und der zuvor ordentliche Lebenswandel des (Revisionswerbers) als mildernd, die Tatbegehung in der Gesellschaft von Mittätern, die Anwendung beider Begehungsmittel des § 142 Abs. 1 StGB (Gewalt und Drohung mit gegenwärtiger Gewalt für Leib und Leben) sowie das Zusammentreffen des Verbrechens des schweren Raubes mit dem verbotenen Besitz einer Waffe laut der Verurteilung durch das Amtsgericht Lindau dagegen als erschwerend berücksichtigt. Die Schuld des (Revisionswerbers) wurde dadurch erhöht, dass der schwere Raub zum Nachteil von zwei Personen in deren Wohnräumlichkeiten begangen wurde und für die Opfer krankheitswertige Folgen nach sich zog."

11 Das BVwG stellte weiter fest, dass dem Revisionswerber mit Bescheid der Justizanstalt Feldkirch vom 11. Juli 2019 der Vollzug der über ihn verhängten Freiheitsstrafe durch elektronisch überwachten Hausarrest, beginnend am 25. Juli 2019, urteilsmäßiges Strafende am 23. Juli 2021, bewilligt worden sei; gleichzeitig sei ihm eine Weisung zur Durchführung einer ambulanten Drogentherapie erteilt worden.

12 Vor dem Hintergrund dieser Feststellungen kann nicht davon die Rede sein, das BVwG habe sich nicht ausreichend mit dem strafrechtswidrigen Verhalten des Revisionswerbers - und den darauf zurückzuführenden Sanktionen - beschäftigt. Die daran anknüpfende, zutreffend am Boden des § 67 Abs. 1 erster bis vierter Satz FPG vorgenommene Gefährdungsprognose erweist sich jedenfalls als vertretbar. Zutreffend verwies das BVwG in diesem Zusammenhang nämlich auf die beträchtliche kriminelle Energie, die der Revisionswerber bei dem arbeitsteilig organisierten bewaffneten Raubüberfall auf zwei Personen in deren Wohnräumlichkeiten an den Tag gelegt hatte, auf den noch nicht lange zurückliegenden Tatzeitpunkt sowie darauf, dass der Revisionswerber den Raub begangen hatte, um Suchtgift zu erbeuten, und kurze Zeit später Suchtgift aus Österreich nach Deutschland verbrachte (siehe dazu den Strafbefehl des Amtsgerichtes Lindau). Auch die daran anschließende Überlegung zur beim Revisionswerber bestehenden Suchtgiftproblematik, bestätigt durch die erteilte Weisung zur Durchführung einer Drogentherapie, ist nicht zu beanstanden. Schließlich hat sich das BVwG aber auch im Rahmen der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bewegt, wenn es aus dem vom Revisionswerber besonders hervorgehobenen Umstand, dass ihm der elektronisch überwachte Hausarrest bewilligt wurde, keine maßgebliche Minderung der sich aus seinem strafbaren Verhalten ergebenden Gefährdung ableitete (VwGH 26.6.2019, Ra 2019/21/0118, Rn. 12).

13 Dass sich der Revisionswerber bis zum Raubüberfall vom 13. März 2017 wohlverhalten hat und dass er letztlich nur wegen versuchter Tatbegehung verurteilt wurde, musste - anders als der Revisionswerber meint - nicht zu einer anderen Beurteilung der von ihm ausgehenden Gefährdung führen. Auch mit dem Hinweis darauf vermag er somit nichts aufzuzeigen, was das Vorliegen einer wesentlichen Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG begründen könnte. Seine Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 23. Jänner 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019210373.L00

Im RIS seit

10.03.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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