TE Vwgh Beschluss 2020/1/27 Ra 2017/04/0142

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Veröffentlicht am 27.01.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §69
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie Hofrätin Mag. Hainz-Sator und Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision der A F in K, vertreten durch Ing. Dr. Stefan Krall und Dr. Oliver Kühnl, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Anton-Melzer-Straße 9, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. April 2017, Zl. W214 2129442-1/13E, betreffend einen Wiederaufnahmeantrag in einer Angelegenheit nach dem Datenschutzgesetz 2000 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Datenschutzbehörde), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 1. Der Gemeindeverband B K ist Betreiber eines näher bezeichneten Krankenhauses und verwendet ein elektronisches Patientendokumentationssystem ("Patidok") zur Führung der Krankengeschichten der in seiner Anstalt behandelten Patienten. Die Revisionswerberin war in diesem Krankenhaus bis Juli 2016 angestellt. Sie unterzog sich im Jahr 2012 dort einem operativen Eingriff, in dessen Zusammenhang Gesundheitsdaten der Revisionswerberin im elektronischen Patientendokumentationssystem gespeichert wurden.

2 Mit Bescheid der (ehemaligen) Datenschutzkommission vom 25. Oktober 2013 wurde einer Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Gemeindeverband B K wegen Verletzung ihres Rechts auf Geheimhaltung infolge Abfragen zu ihrer Person im elektronischen Patientendokumentationssystem teilweise stattgegeben. Die Behörde stellte dabei fest, dass der Gemeindeverband B K die Revisionswerberin durch Einsicht in ihre in der elektronischen Patientenverwaltung gespeicherte Krankengeschichte am 10. Oktober 2012 im Zeitraum zwischen 12:06:16 Uhr und 12:07:15 Uhr in ihrem Grundrecht auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten verletzt habe. Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen.

Begründend führte die Behörde aus, dass anhand der von der Revisionswerberin vorgelegten Zugriffslisten im genannten Zeitraum fünfmal von der Person E unzulässigerweise auf Gesundheitsdaten der Revisionswerberin zugegriffen worden sei. Hingegen gebe es für die zwei Zugriffe der Person I vom 10. Oktober 2012 von 15:22:28 Uhr bis 15:22:36 Uhr eine Rechtsgrundlage. 3 In einem weiteren (die Revisionswerberin betreffenden) Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, dem ein Bescheid der Datenschutzbehörde vom 27. Februar 2014 zu Grunde lag, wurden der Revisionswerberin im Rahmen einer mündlichen Verhandlung am 27. April 2016 vom Vertreter des Gemeindeverbandes B K Listen ausgehändigt, die einerseits in einem anderen Programm erstellt wurden und andererseits mehr Zugriffe aufwiesen. Als Begründung für die zusätzlichen Zugriffe gab der Datenschutzbeauftragte des Krankenhauses an, dass er seinerzeit vermutlich den Auftrag bekommen habe, nur einzelne Fälle auszuwerten, und diese dann der Revisionswerberin übermittelt worden seien.

4 2.1. Mit Eingabe vom 4. Mai 2016 beantragte die Revisionswerberin bei der Datenschutzbehörde die Wiederaufnahme des mit Bescheid der Datenschutzkommission vom 25. Oktober 2013 abgeschlossenen Verfahrens. Die Revisionswerberin legte dabei unter anderem als Beilage 2 eine Zugriffsliste auf

Gesundheitsdaten der Revisionswerberin vom Oktober 2012 (erstellt am 6. März 2013) sowie eine als Beilage 4 bezeichnete Zugriffsliste vom selben Zeitraum (erstellt am 5. November 2012) vor.

5 2.2. Die Datenschutzbehörde wies diesen Antrag mit Bescheid

vom 2. Juni 2016 ab.

6 Sie begründete dies damit, dass die von der Revisionswerberin vorgelegten Unterlagen, insbesondere die Beilagen 2 und 4, dieser bereits zum Zeitpunkt des Bescheides vom 25. Oktober 2013 bekannt gewesen seien und - bei zeitgerechter Vorlage - hätten berücksichtigt werden können. Abgesehen davon würden diese Beilagen nicht den Schluss zulassen, dass am 10. Oktober 2012 in der Zeit gegen 12:06 Uhr bzw. 15:22 Uhr darüber hinaus unzulässigerweise auf Daten der Revisionswerberin zugriffen worden sei.

7 3. Die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. April 2017 als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt A.1.). Die darüber hinausgehenden Anträge auf Ausdehnung des Verfahrens hinsichtlich aller in Betracht kommender Rechte (Auskunftsrecht, Verbot der Löschung von Daten und Recht auf Geheimhaltung), auf Ausübung der Befugnisse nach § 30 DSG 2000 und auf Schaffung einer Rechtsgrundlage, die der Richtlinie 95/46/EG entspricht, wies das Bundesverwaltungsgericht zurück (Spruchpunkt A.2.). Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG wurde für nicht zulässig erklärt (Spruchpunkt B.).

8 4. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in

nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 11 5. Die vorliegende Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit vor, das Bundesverwaltungsgericht sei von der - näher bezeichneten - ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Nach dieser setze die Wiederaufnahme des Verfahrens unter anderem die Eignung der neuen Tatsachen oder Beweismittel voraus, dass diese allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Ergebnis herbeigeführt hätten. Ob diese Eignung vorliege, sei eine Rechtsfrage, die im Wiederaufnahmeverfahren zu beantworten sei. Tauglich sei ein Beweismittel als Wiederaufnahmegrund (ungeachtet des Erfordernisses der Neuheit) dann, wenn es nach seinem objektiven Inhalt und unvorgreiflich der Bewertung seiner Glaubwürdigkeit die abstrakte Eignung besitze, jene Tatsachen in Zweifel zu ziehen, auf die das Bundesverwaltungsgericht entweder die den Gegenstand des Wiederaufnahmeverfahrens bildende Entscheidung oder zumindest die zum Ergebnis dieser Entscheidung führende Beweiswürdigung tragend gestützt habe. Schließlich setze die Anwendung des § 69 AVG das Vorliegen eines Bescheides voraus. 12 All diese Voraussetzungen lägen im gegenständlichen Fall vor. Dennoch habe das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde der Revisionswerberin abgewiesen und weiche damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Die gegenständliche Rechtsfrage sei auch von grundsätzlicher Bedeutung, weil - folgt man der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts - die für eine Wiederaufnahme nach § 69 AVG vorliegenden Gründe nicht allein ausreichten, eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu erreichen. Die Frage der Zulässigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens sei im vorliegenden Fall unrichtig gelöst worden.

13 6. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, muss die geltend gemachte grundsätzliche Rechtsfrage in der außerordentlichen Revision konkret und substantiiert dargelegt werden (vgl. dazu etwa die Nachweise bei Thienel, Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verwaltungsgerichtsbarkeit, ZVG 2018, 180 (186 f)). Eine Rechtsfrage im Sinn des Art 133 Abs 4 B-VG wird daher nicht schon durch die pauschale Behauptung der Abweichung von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgezeigt (vgl. VwGH 11.9.2017, Ra 2017/17/0505). Das Vorbringen der Abweichung von der Rechtsprechung verlangt vielmehr die Darstellung, inwiefern das angefochtene Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht (vgl. VwGH 30.1.2019, Ro 2017/04/0003). Auch mit den Zitaten vermeintlich im Widerspruch stehender Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes wird noch keine konkrete Rechtsfrage dargestellt, wenn das Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision nicht auch konkret anführt, inwiefern das angefochtene Erkenntnis einen diesen Entscheidungen widersprechenden Inhalt aufweist (vgl. VwGH 15.5.2019, Ra 2016/08/0056, mwN). Der Revisionswerber muss darlegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt einem von ihm ins Treffen geführten Judikat des Verwaltungsgerichtshofes gleicht, das Verwaltungsgericht aber dennoch anders entschieden hat (vgl. VwGH 24.1.2017, Ra 2017/05/0005, mwN).

14 Im vorliegenden Fall gibt die Revision zur Begründung ihrer Zulässigkeit zwar die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Voraussetzungen einer Wiederaufnahme eines Verfahrens gemäß § 69 AVG inhaltlich wieder. Das allgemeine Vorbringen, dass all diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall vorlägen, wird jedoch nicht näher begründet und damit auch nicht aufgezeigt, inwiefern das angefochtene Erkenntnis, das die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens als nicht gegeben erachtete, von der wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abgewichen wäre.

15 7. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 27. Jänner 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2017040142.L00

Im RIS seit

04.03.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.03.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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