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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Mag. Eder und Mag. Cede als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Rechtssache der Revision des A M S in S, vertreten durch Mag. Robert Bitsche, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Nikolsdorfergasse 7-11/15, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Dezember 2018, W144 2174445- 1/11E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, stellte am 29. Oktober 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.
2 Mit Bescheid vom 5. Oktober 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die Behörde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis - nach Durchführung einer Verhandlung - als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Der Revisionswerber erhob gegen dieses Erkenntnis zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 24. September 2019, E 5059/2018-7, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. 5 In der Folge wurde die vorliegende Revision eingebracht. 6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 9 Zunächst bringt die Revision zur Begründung ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen vor, das BVwG sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK und § 9 BFA-VG abgewichen.
10 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. VwGH 6.12.2019, Ra 2019/20/0547, mwN). Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit vor, das angefochtene Erkenntnis habe sich "von den Leitlinien des Verwaltungsgerichtshofes entfernt", ohne zu präzisieren, in welcher Hinsicht sich das Erkenntnis von den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen entfernt habe. Es gelingt der Revision aber auch sonst nicht, aufzuzeigen, dass die Interessenabwägung des BVwG fallbezogen unvertretbar wäre. 11 Weiters bringt die Revision zur Begründung ihrer Zulässigkeit vor, das BVwG habe sich nicht ausreichend mit den persönlichen Umständen des Revisionswerbers und den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30. August 2018 auseinandergesetzt. 12 Mit diesem Vorbringen rügt die Revision einen Verfahrensfehler. Wird ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wegen eines Verfahrensmangels geltend gemacht, ist der Verfahrensmangel zu präzisieren und dessen Relevanz für den Verfahrensausgang darzutun (vgl. VwGH 2.12.2019, Ra 2019/20/0537, mwN). Diesen Anforderungen wird die Revision nicht gerecht.
13 Ungeachtet dessen stellt sich der Vorwurf vor dem Hintergrund des Inhalts der angefochtenen Entscheidung, in der die genannten UNHCR-Richtlinien berücksichtigt wurden, als unzutreffend dar. Nach den getroffenen Feststellungen handelt es sich beim Revisionswerber um einen jungen, arbeitsfähigen, ledigen Mann, der über eine abgeschlossene zwölfjährige Schulausbildung sowie Arbeitserfahrung verfüge und eine der Landesprachen spreche. Die unter Berücksichtigung seiner individuellen Verhältnisse vorgenommene rechtliche Beurteilung des Verwaltungsgerichts, dem Revisionswerber sei die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Mazar-e Sharif zumutbar, ist vor dem Hintergrund der Rechtsprechung nicht zu beanstanden (vgl. etwa VwGH 31.10.2019, Ra 2019/20/0445).
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 28. Jänner 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020200010.L00Im RIS seit
04.03.2020Zuletzt aktualisiert am
04.03.2020