TE Vwgh Beschluss 1998/7/15 97/13/0216

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Veröffentlicht am 15.07.1998
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

B-VG Art132;
FinStrG §136;
FinStrG §82 Abs3;
VwGG §27;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, in der Beschwerdesache des WV in W, gegen das Finanzamt für den 3. und 11. Bezirk in Wien, betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Finanzstrafsache, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit der am 17. November 1997 beim Gerichtshof eingelangten Beschwerde wird vom Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Bestimmungen der §§ 136 und 82 Abs. 3 FinStrG sowie auf das Fehlen einer Devolutionsmöglichkeit im Finanzstrafverfahren eine Verletzung der Entscheidungspflicht der belangten Behörde über einen vom Beschwerdeführer am 18. März 1997 zur Post gegebenen Antrag geltend gemacht, mit welchem der Beschwerdeführer "gemäß §§ 136 und 82 Abs. 3 lit. c in Verbindung mit § 7 Abs. 1 FinStrG" die Einstellung des gegen ihn bei der belangten Behörde anhängigen Finanzstrafverfahrens begehrt hatte.

Zur Erhebung der vorliegenden Säumnisbeschwerde fehlt es dem Beschwerdeführer jedoch an der Berechtigung.

Wenn der Beschwerdeführer vor dem Hintergrund der Bestimmung des Art. 132 B-VG aus dem Fehlen einer Devolutionsmöglichkeit im Finanzstrafverfahren (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 9. November 1994, 94/13/0202) auf die Zulässigkeit der Geltendmachung einer Verletzung der Entscheidungspflicht der Finanzstrafbehörde erster Instanz vor dem Verwaltungsgerichtshof schließt, ist dieser Schlußfolgerung grundsätzlich beizupflichten. Der Beschwerdeführer übersieht jedoch, daß das in Art. 132 B-VG (§ 27 VwGG) verankerte Recht zur Beschwerdeerhebung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch Verwaltungsbehörden das Bestehen einer solchen Entscheidungspflicht voraussetzt, die von der als belangte Behörde in Anspruch genommenen Behörde verletzt worden sein konnte. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Anwendungsbereich der Bundesabgabenordnung wiederholt ausgesprochen hat, besteht behördliche Entscheidungspflicht lediglich über solche Anbringen, die in Abgabenvorschriften vorgesehen sind und die einer bescheidmäßigen Erledigung deswegen bedürfen, weil mit ihnen ein Recht geltend gemacht wird (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. Jänner 1996, 95/13/0279, ÖStZB 1997, 23, und vom 8. September 1992, 91/14/0119, ÖStZB 1993, 177, ebenso wie den hg. Beschluß vom 27. April 1994, 93/13/0223). Im letztgenannten Beschluß hat der Gerichtshof klargestellt, daß die Frage, ob Entscheidungspflicht besteht, nach den im Einzelfall anzuwendenden einfachgesetzlichen Rechtsvorschriften beurteilt werden muß. Diese Beurteilung führt im Bereich des Finanzstrafverfahrens zur Einsicht, daß über einen vom Beschuldigten im Zuge des Finanzstrafverfahrens gestellten Antrag auf Einstellung dieses Verfahrens eine behördliche Entscheidungspflicht nicht besteht.

Weder die vom Beschwerdeführer zitierte Bestimmung des § 82 Abs. 3 Satz 2 FinStrG noch die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Bestimmung des § 136 leg. cit. sehen einen Antrag des Beschuldigten auf Einstellung des gegen ihn eingeleiteten Finanzstrafverfahrens vor. Es ist auch nicht einzusehen, daß ein solches Antragsrecht für den Beschuldigten aus Rechtsschutzgründen zu fordern wäre. Dem Beschuldigten stehen im Finanzstrafverfahren die gesetzlich verankerten Verteidigungsmittel zu Gebote, er kann finanzstrafbehördliche Bescheide im Instanzenzug und vor den Höchstgerichten bekämpfen und ist zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht über eine von ihm erhobene Berufung gegen einen finanzstrafbehördlichen Bescheid legitimiert. Über einen außerhalb der gesetzlich vorgesehenen Verteidigungsmöglichkeiten des Beschuldigten von ihm gestellten Antrag auf Einstellung des Finanzstrafverfahrens aber besteht keine behördliche Entscheidungspflicht.

Die vorliegende Beschwerde war demnach gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen, was die Einleitung des in § 34 Abs. 2 VwGG vorgesehenen Verfahrens ebenso entbehrlich machte wie eine Entscheidung über den vom Beschwerdeführer gestellten Verfahrenshilfeantrag.

Schlagworte

Anspruch auf Sachentscheidung Besondere Rechtsgebiete Verletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche Angelegenheiten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997130216.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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