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E1ENorm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Hofbauer und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Hotz, über die außerordentliche Revision der A B in C, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 16. Juli 2019, LVwG 30.9-1542/2018-12, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Steiermark), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Steiermark vom 27. April 2018 wurde die Revisionswerberin unter Aufzählung von fünf näher bezeichneten Glücksspielgeräten (Spruchpunkte 1. und 3. bis 6.) sowie einem konkreter umschriebenen elektronischen Kassensystem (Cashcenter-E-Kiosk) (Spruchpunkt 2.) in einem bestimmten Zeitraum der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 2 und 4 iVm § 4 Glücksspielgesetz (GSpG) in fünf Fällen schuldig erkannt und über sie fünf Geldstrafen in der Höhe von jeweils 5.000 Euro (für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils drei Tagen) verhängt. 2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Steiermark der von der Revisionswerberin dagegen erhobenen Beschwerde insoweit Folge, als es die Tatzeit auf den Kontrollzeitpunkt einschränkte, die Geldstrafen mit jeweils 4.000 Euro (die Ersatzfreiheitsstrafen mit jeweils einem Tag) festsetzte und aussprach, dass sich diese Strafen auf die Spruchpunkte 1. sowie 3. bis 6. (des behördlichen Bescheids) bezögen. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Landesverwaltungsgericht für nicht zulässig.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die belangte Behörde erstattete in dem vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren eine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
4 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. 5 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 6 Unter diesem Gesichtspunkt macht die Revisionswerberin geltend, dass das Landesverwaltungsgericht keine Feststellungen für die von ihm durchzuführende Kohärenzprüfung getroffen habe. 7 Die Revision erweist sich bereits aus diesem Grund als zulässig und auch begründet:
8 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des in der Sache entscheidenden Verwaltungsgerichts, zum Zweck der Durchführung einer Gesamtwürdigung der Umstände, unter denen die die Dienstleistungsfreiheit beschränkenden Bestimmungen des Glücksspielgesetzes erlassen worden sind und umgesetzt werden, die hiefür notwendigen Feststellungen zu treffen, um in der Folge beurteilen zu können, ob die Regelungen des Glücksspielgesetzes den unionsrechtlichen Vorgaben entsprechen (vgl. VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048, 0049). Zur Ermöglichung der Beurteilung, ob Unionsrecht unmittelbar anwendbar ist, hat das Verwaltungsgericht Feststellungen dazu zu treffen, ob die Monopolregelung den unionsrechtlichen Vorgaben entspricht, und sich für den Fall der Annahme der Nichtanwendbarkeit von Unionsrecht auch mit der Frage verfassungsrechtlicher Bedenken der Anwendung von § 52 GSpG wegen Inländerdiskriminierung auseinanderzusetzen (VwGH 25.10.2018, Ra 2018/09/0134, mwN).
9 Im vorliegenden Fall trifft das Verwaltungsgericht auch unter Berücksichtigung der dislozierten Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung keine ausreichenden Feststellungen, auf deren Grundlage eine Kohärenzprüfung im Sinn der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes möglich ist.
10 Das angefochtene Erkenntnis war daher schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.
11 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. 12 Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 29. Jänner 2020
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019090133.L00Im RIS seit
04.03.2020Zuletzt aktualisiert am
04.03.2020