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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
BAO §24Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, die Hofräte Dr. Doblinger, Dr. Hofbauer und Mag. Feiel sowie Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Hotz, über die außerordentliche Revision des A B in C, vertreten durch Dr. Günter Schmid, Mag. Rainer Hochstöger, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Hafferlstraße 7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts
Steiermark vom 28. Juni 2019, LVwG 40.19-1256/2019-4, betreffend Oppositionseinwendungen in einer Angelegenheit nach dem Glücksspielgesetz, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Über den Revisionswerber waren als handelsrechtlichen Geschäftsführer eines Unternehmens mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 23. März 2018 Geldstrafen nach dem Glücksspielgesetz (GSpG) verhängt worden (für Näheres siehe VwGH 20.9.2018, Ra 2018/09/0072, 0073).
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark den vom Revisionswerber gegen die wider ihn in diesem Zusammenhang bewilligte Fahrnis- und Gehaltsexekution erhobenen Oppositionsantrag und den Antrag auf Aufschiebung der Exekution ab und jenen auf Zuerkennung von Prozesskosten als unzulässig zurück. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für nicht zulässig.
3 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. 4 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 5 Der Revisionswerber sieht die Zulässigkeit seiner Revision zunächst darin begründet, dass das Landesverwaltungsgericht dadurch gegen die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44 Abs. 1 VwGVG verstoßen habe, weil es über den eine Verwaltungsstrafsache betreffenden Oppositionsantrag trotz entsprechenden Antrags keine mündliche Verhandlung durchgeführt habe. Der Oppositionsantrag stehe in einem engen Zusammenhang mit der Verwaltungsstrafsache, zumal er den Vollzug derselben hindern solle. Die Relevanz dieses Verfahrensmangels sei nicht zu prüfen, weil eine die Verhandlungspflicht grundsätzlich begründende strafrechtliche Anklage im Sinn des Art. 6 EMRK vorliege. 6 Diesem Vorbringen ist zu erwidern, dass eine Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht durchzuführen ist, wenn es um "civil rights" oder "strafrechtliche Anklagen" im Sinn des Art. 6 EMRK oder um die Möglichkeit der Verletzung einer Person eingeräumter Unionsrechte (Art. 47 GRC) geht und eine inhaltliche Entscheidung in der Sache selbst getroffen wird (vgl. z.B. VwGH 22.1.2019, Ra 2018/17/0187, mwN). Außerhalb des Anwendungsbereichs des Art. 6 EMRK bzw. des Art. 47 GRC ist es Sache des Revisionswerbers, die Relevanz der unterbliebenen mündlichen Verhandlung aufzuzeigen (vgl. VwGH 27.3.2018, Ra 2015/06/0118, u.a.).
7 Wenn der Revisionswerber meint, dass über strafrechtliche Anklagen ("criminal charges") im Sinn des Art. 6 EMRK jedenfalls mündlich zu verhandeln sei, übersieht er, dass der Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK voraussetzt, dass Gegenstand des Verfahrens die Entscheidung über eine strafrechtliche Anklage selbst ist. Das ist bei Oppositionseinwendungen, die sich gegen die Durchsetzung einer bereits rechtskräftig festgelegten Geldstrafe richten, nicht der Fall.
8 Dass hier "civil rights" des Revisionswerbers im Sinn des Art. 6 EMRK betroffen wären oder die angefochtene Entscheidung im Anwendungsbereich der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ergangen wäre, und damit die in Art. 47 GRC festgelegten Garantien zum Tragen kämen, bringt der Revisionswerber in seiner Zulässigkeitsbegründung nicht vor (siehe in diesem Zusammenhang zudem VwGH 20.10.2015, Ra 2015/09/0051, mwN); 20.11.2007, 2006/05/0216; u.a. zur Möglichkeit des Entfalls der nach Art. 6 Abs. 1 EMRK oder Art. 47 GRC grundsätzlich gebotenen öffentlichen mündlichen Verhandlung beim Vorliegen ausschließlich rechtlicher oder hochtechnischer Fragen). 9 Die Zulässigkeit der Revision wird ferner im Fehlen von Judikatur zur Frage des wirtschaftlichen Eigentümers im Sinn des § 55 Abs. 3 GSpG gesehen. Gemäß § 55 Abs. 3 GSpG sei das sich in den beschlagnahmten Glücksspielautomaten befindliche Geld zunächst zur Tilgung allfälliger Abgabenforderungen des Bundes und sodann für offene Geldstrafen des wirtschaftlichen Eigentümers der beschlagnahmten Geräte zu verwenden. Nach § 59 Abs. 4 GSpG hafte unter anderem derjenige für die Entrichtung der Abgaben zur ungeteilten Hand, der die Durchführung der Ausspielungen in seinem Verfügungsbereich erlaubt habe. Der Revisionswerber sei als Geschäftsführer einer Gesellschaft wegen dem unternehmerischen Zugänglichmachen verbotener Ausspielungen nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG bestraft worden. Da seine Gesellschaft die verbotenen Ausspielungen unternehmerisch zugänglich gemacht habe, sei diese als wirtschaftliche Eigentümerin gemäß § 55 Abs. 3 GSpG anzusehen. Der in den beschlagnahmten Geräten befindliche Geldbetrag sei deshalb von der gegen ihn verhängten Strafe in Abzug zu bringen. 10 Aus dem vorgebrachten Umstand der Haftung für Abgabenschulden nach § 59 Abs. 4 GSpG lässt sich jedoch nicht ableiten, dass das vom Revisionswerber vertretene Unternehmen als unternehmerischer Zugänglichmacher wirtschaftlicher Eigentümer der beschlagnahmten Geräte und/oder des darin befindlichen Geldes wäre (vgl. zum Begriff des wirtschaftlichen Eigentümers z. B. VwGH 13.9.2018, Ra 2018/15/0055). Die Frage einer möglichen Anrechnung des in den Glücksspielgeräten befindlichen Geldbetrags auf eine gegen den Geschäftsführer, der das Unternehmen repräsentiert, in dessen wirtschaftlichem Eigentum die Geräte stehen, verhängte Geldstrafe stellt sich im vorliegenden Fall daher nicht.
11 Da in der Revision somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 29. Jänner 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019090125.L00Im RIS seit
04.03.2020Zuletzt aktualisiert am
04.03.2020