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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
SDG 1975 §2 Abs2 Z1 liteBetreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des G L in K, vertreten durch Mag. Paolo Caneppele, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Alter Platz 23, 2. Stock, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Oktober 2019, Zl. W136 2213675- 1/2E, betreffend Abweisung eines Rezertifizierungsantrags nach dem SDG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Präsident des Landesgerichtes Klagenfurt), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht - durch Bestätigung eines entsprechenden Bescheids der belangten Behörde - den Antrag des Revisionswerbers auf Rezertifizierung als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für näher genannte Fachgebiete der Fachgruppe Pflanzen (30) gemäß § 6 Abs. 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 1 lit. e SDG ab; die ordentliche Revision erklärte es für nicht zulässig. 2 Dem legte das Verwaltungsgericht (soweit für das nunmehrige Revisionsverfahren wesentlich) Folgendes zu Grunde:
3 Der Revisionswerber komme seinen Zahlungsverpflichtungen insoweit nur schleppend nach, als er diese in zumindest sieben Fällen erst nach gerichtlicher Geltendmachung beglichen habe (das Verwaltungsgericht nannte die Geschäftszahlen von sieben Exekutionsverfahren des Bezirksgerichtes K, die in den Jahren 2017 und 2018 geführt wurden, und in denen gegenüber dem Revisionswerber als Verpflichteten jeweils Fahrnisexekution bewilligt worden war).
4 Nach einer Darlegung der für die Rezertifizierung eines Sachverständigen maßgebenden Rechtslage führte das Verwaltungsgericht fallbezogen im Wesentlichen Folgendes aus:
5 Schon die belangte Behörde habe zu Recht dargelegt, der Umstand, dass der Revisionswerber in den letzten Jahren seinen Zahlungsverpflichtungen vielfach erst nach gerichtlicher Geltendmachung nachgekommen sei, obwohl er nach eigenen Angaben in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebe und ihm die Zahlungen durchaus möglich gewesen wären, sei geeignet, den Verlust seiner Vertrauenswürdigkeit zu begründen. Dieses Verhalten lasse nämlich Zweifel an der für den Weiterbestand der Vertrauenswürdigkeit iSd § 2 Abs. 2 Z 1 lit. e SDG erforderlichen Korrektheit und Sorgfalt des Sachverständigen aufkommen. Dem Einwand des Revisionswerbers, ihn treffe an sämtlichen gegen ihn geführten Exekutionsverfahren kein Verschulden, sei zu begegnen, dass der Revisionswerber diesbezüglich lediglich hinsichtlich zweier Verfahren nachvollziehbare Behauptungen getätigt habe, und dass diese beiden Verfahren ohnehin nicht in Anschlag gebracht worden seien.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende - außerordentliche - Revision.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 10 Die demnach für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision allein maßgebende Zulässigkeitsbegründung der Revision macht (zusammengefasst) geltend, das angefochtene Erkenntnis verstoße insofern gegen die höchstgerichtliche Judikatur (Verweis auf VwGH 6.7.99, 99/10/0090), als der Revisionswerber nicht etwa trotz Exekutionsführung beharrlich keine Zahlungen geleistet habe, vielmehr "immer nach Vorliegen der Exekution sofort seine Schuld beglichen" habe. Zudem habe das Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt, dass auch einem Sachverständigen zuzubilligen sei, den Rechtsweg auszuschöpfen (Verweis auf VwGH 6.3.1979, 2488/77). 11 Mit diesem Vorbringen wird nicht dargelegt, dass der Verwaltungsgerichtshof bei der Entscheidung über die vorliegende Revision eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG zu lösen hätte.
12 Hinsichtlich der für die Entscheidung über einen Rezertifizierungsantrag eines Sachverständigen nach dem SDG maßgebenden Rechtslage wird gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Jänner 2020, Ra 2020/03/0005, verwiesen.
13 Das Verwaltungsgericht hat demnach die von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs gezogenen Leitlinien zur Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit eines Sachverständigen nach § 2 Abs. 2 Z 1 lit. e SDG nicht verlassen. Der von der Revision behauptete Widerspruch zu Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs liegt schon deshalb nicht vor, weil die zitierten Entscheidungen - VwGH 99/10/0090 betrifft die Verurteilung eines Sachverständigen wegen fahrlässiger Krida, VwGH 2448/77 die Geltendmachung wechselmäßiger Ansprüche gegen den Akzeptanten trotz nachträglicher Kenntnis über das Fehlen eines Grundgeschäfts - mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar sind.
14 Im Revisionsfall hat das Verwaltungsgericht dem Sachverständige im Wesentlichen angelastet, wiederholt seine Zahlungsverpflichtungen erst nach Einleitung von Exekutionsverfahren gegen ihn erfüllt zu haben; dies begründe Zweifel an seiner Korrektheit und Sorgfalt und damit an der iSd § 2 Abs. 2 Z 1 lit. e SDG geforderten Vertrauenswürdigkeit. 15 Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs erfordert die Vertrauenswürdigkeit eines Sachverständigen im Sinn des § 2 Abs. 2 Z 1 lit. e SDG, dass der Sachverständige in einem solchen Maße vertrauenswürdig ist, wie es die rechtssuchende Bevölkerung von jemandem erwarten darf, der in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen und Dolmetscher (Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste) eingetragen ist. In Ansehung der bedeutsamen Funktion, die dem Sachverständigen bei der Wahrheitsfindung im gerichtlichen und behördlichen Verfahren obliegt, darf daher nicht der leiseste Zweifel an seiner Gesetzestreue, Korrektheit, Sorgfalt, Charakterstärke sowie an seinem Pflichtbewusstsein bestehen; bei dieser Beurteilung ist ein strenger Maßstab anzulegen; auch ein einmaliges - gravierendes - Fehlverhalten kann Vertrauensunwürdigkeit begründen (vgl. VwGH Ra 2020/03/0005, mwN).
16 Im Erkenntnis vom 19. Dezember 2018, Ra 2018/03/0122, hat der Verwaltungsgerichtshof dargelegt, dass mehrfache mehrmonatige Zahlungsrückstände mit Prämien für die - nach § 2 Abs. 2 Z 1 lit. i in Verbindung mit § 2a SDG zwingend abzuschließende - Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung, die erst nach Setzung von Nachfristen und zum Teil erst nach gerichtlicher Androhung mit dem Entzug der Sachverständigeneigenschaft beglichen wurden, sowie mehrere (wenn auch zwischenzeitlich beendete) gegen den Sachverständigen geführte Exekutionsverfahren, wie sie von der belangten Behörde festgestellt worden waren, jedenfalls gravierende Zweifel am Vorliegen der Vertrauenswürdigkeit wie auch der geordneten wirtschaftlichen Verhältnisse begründen und es daher der nachvollziehbaren Feststellung außergewöhnlicher Umstände des Einzelfalls bedürfte, die es bei derartiger Sachlage erlauben würden, das Vorliegen der Vertrauenswürdigkeit nach § 2 Abs. 2 Z 1 lit. e SDG anzunehmen.
17 Im vorliegenden Fall hat der Revisionswerber nicht etwa (bloß) "den Rechtsweg ausgeschöpft", sondern wiederholt Zahlungsverpflichtungen erst nach Einleitung von Exekutionsverfahren gegen ihn erfüllt. Wenn das Verwaltungsgericht auf dieser Grundlage zum Ergebnis gelangt ist, ihm fehle deshalb die Vertrauenswürdigkeit, hat es die Leitlinien der Judikatur zur Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit nicht verlassen. 18 In der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 29. Jänner 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019030159.L00Im RIS seit
04.03.2020Zuletzt aktualisiert am
04.03.2020