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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag WienNorm
AVG §8Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision des DI V J in W, vertreten durch Dr. Gernot Nachtnebel, Rechtsanwalt in 1210 Wien, Prager Straße 55/14, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 7. November 2019, VGW-111/067/2040/2019-20; VGW- 111/V/067/2042/2019; VGW-111/V/067/2043/2019; VGW- 111/V/067/2044/2019; VGW-111/V/067/2045/2019; VGW- 111/V/067/2046/2019; VGW-111/V/067/2047/2019; VGW- 111/V/067/2048/2019; VGW-111/V/067/2050/2019; VGW- 111/V/067/2051/2019; VGW-111/V/067/2052/2019; VGW- 111/V/067/2054/2019; VGW-111/V/067/2055/2019; VGW- 111/V/067/2056/2019, betreffend eine Bauangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; weitere Partei: Wiener Landesregierung; mitbeteiligte Parteien:
1. M N, 2. DI Dr. M M, 3. Mag. E Z, 4. Dr. B F, 5. Dr. T F, 6. E F und 7. DI Dr. A F, alle in W, alle vertreten durch Mag. Wolfgang Gartner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Salzgries 17/4/11A), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 4 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:
5 Die vorliegende Revision wendet sich gegen Spruchpunkt 2.3. des angefochtenen Erkenntnisses, mit dem den mitbeteiligten Parteien gemäß § 134 Abs. 4 der Bauordnung für Wien (BO) Parteistellung als Nachbarn in dem vom Revisionswerber als Bauwerber näher bezeichneten Baubewilligungsverfahren vor dem Magistrat der Stadt Wien zugesprochen wird.
6 Gemäß § 134 Abs. 3 dritter Satz BO sind die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre in § 134a BO erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte berührt und sie, unbeschadet § 134 Abs. 4 BO, gemäß § 70 Abs. 2 BO bzw. spätestens bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 134a BO gegen die geplante Bauführung erheben.
7 Weist ein Nachbar der Behörde nach, dass er ohne sein Verschulden daran gehindert war, die Parteistellung nach § 134 Abs. 3 BO zu erlangen, kann er gemäß § 134 Abs. 4 BO seine Einwendungen im Sinne des § 134a BO gegen die Bauführung auch nach dem Abschluss der mündlichen Bauverhandlung bzw. nach Ablauf der gemäß § 70 Abs. 2 BO gesetzten Frist bis längstens drei Monate nach dem Baubeginn vorbringen und ist vom Zeitpunkt des Vorbringens dieser Einwendungen an Partei; eine spätere Erlangung der Parteistellung ist ausgeschlossen. Solche Einwendungen sind vom Nachbarn binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses für ihre Erhebung bei der Behörde einzubringen, die die Bauverhandlung anberaumt bzw. die Frist gemäß § 70 Abs. 2 BO gesetzt hat. 8 Ob die Voraussetzungen des § 134 Abs. 4 BO für die Erlangung der Parteistellung vorliegen, ist keine Rechtsfrage, der über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge daher nur dann vor, wenn die diesbezügliche Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. VwGH 27.2.2019, Ra 2019/05/0044, mwN).
9 Das Verwaltungsgericht ist beweiswürdigend zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen für die Erlangung der Parteistellung der Mitbeteiligten gemäß § 134 Abs. 4 BO erfüllt sind. Das Vorbringen in den Revisionszulässigkeitsgründen läuft darauf hinaus, dass diese Beweiswürdigung in Frage gestellt wird, wobei auch Begründungsmängel geltend gemacht werden. Damit werden Rechtsfragen des Verfahrensrechtes aufgeworfen. Solchen kommt nur dann grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes - zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen nicht berufen ist - nur dann vor, wenn, wie bereits erwähnt, das Verwaltungsgericht diese in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. VwGH 23.1.2018, Ra 2018/05/0002, mwN).
10 Zwar behaupten die Revisionszulässigkeitsgründe ein anderes Beweisergebnis insbesondere betreffend die Wirksamkeit der seinerzeitigen Ladung der Mitbeteiligten, die eine Heranziehung des § 134 Abs. 4 BO ausschließe, ein substantiiertes Vorbringen gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes (vgl. dazu insbesondere S. 11 und S. 16 f des angefochtenen Erkenntnisses) enthalten die Revisionszulässigkeitsgründe aber nicht. Sie zeigen folglich nicht auf, dass die Beurteilung des Verwaltungsgerichtes in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre.
11 Wenn sich die Revisionszulässigkeitsgründe darauf berufen, dass das Verwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen bzw. diese Rechtsprechung nicht einheitlich sei, wäre diesbezüglich in den Revisionszulässigkeitsgründen die Angabe konkreter Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes unter Angabe von Datum und Geschäftszahl notwendig gewesen (vgl. VwGH 22.11.2017, Ra 2014/06/0038, mwN).
12 Das Vorbringen, dass angesichts einer "rechtskräftigen" Baubewilligung die Zuerkennung von Parteistellung gemäß § 134 Abs. 4 BO nicht in Frage käme, geht ins Leere: In den Revisionszulässigkeitsgründen wird nicht dargelegt, dass die Baubewilligung den mitbeteiligten Parteien gegenüber erlassen und in Rechtskraft erwachsen wäre. Dass Rechtskraft gegenüber anderen Parteien (insbesondere gegenüber dem Revisionswerber als Bauwerber) eingetreten sein mag, hindert die Erlangung einer Parteistellung von Nachbarn gemäß § 134 Abs. 4 BO nicht, zumal eine solche nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung (vgl. dazu VwGH 29.9.2016, Ra 2016/05/0078, mwN) sogar noch bis zu drei Monate nach dem Baubeginn in Frage kommt.
13 Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 30. Jänner 2020
Schlagworte
Baurecht NachbarBauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Parteien BauRallg11/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020050003.L00Im RIS seit
28.02.2020Zuletzt aktualisiert am
28.02.2020