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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und die Hofräte Dr. Grünstäudl und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des A A in G, vertreten durch Mag. Dr. Christoph Sigl, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kalchberggasse 1/1.Stock, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 7. März 2019, Zl. LVwG 42.20-1485/2018-19, betreffend Erteilung einer Lenkberechtigung (Umschreibung eines ausländischen Führerscheins) (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Steiermark), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Erkenntnis vom 5. Juli 2018 wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark, den Bescheid der belangten Behörde vom 8. Mai 2018 bestätigend, den Antrag des Revisionswerbers auf "Umschreibung" seines ausländischen (afghanischen) Führerscheins gemäß § 23 Abs. 3 des Führerscheingesetzes - FSG ab.
2 Mit Erkenntnis vom 14. November 2018, Ra 2018/11/0198, hob der Verwaltungsgerichtshof dieses Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof aus:
"3.2.1. Richtig ist zunächst, dass gemäß 23 Abs. 3 erster Halbsatz FSG die Erteilung einer (österreichischen) Lenkberechtigung den Besitz einer in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung voraussetzt. Nur wenn das Ermittlungsverfahren ergibt, dass der Antragsteller Besitzer einer solchen Lenkberechtigung ist, kann ihm nach der letztzitierten Bestimmung die Lenkberechtigung erteilt werden. Daraus folgt, dass die Führerscheinbehörde in ihrer Beweiswürdigung nachvollziehbar darzulegen hat, ob sie auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens davon ausgeht, der Antragsteller sei im Besitz der genannten ausländischen Lenkberechtigung oder ob dies ihrer Meinung nach nicht der Fall sei. Zu letztgenanntem Ergebnis kann die belangte Behörde in einem Fall, in dem ihr ein ausländischer Führerschein vorgelegt wird, insbesondere dann gelangen, wenn triftige Gründe gegen die Echtheit dieses Dokumentes sprechen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist wichtigstes Beweismittel zwar regelmäßig der Führerschein, also die über die Berechtigung von der ausländischen Kraftfahrbehörde ausgestellte Urkunde. Der Beweis für das Bestehen einer ausländischen Lenkberechtigung kann aber auch auf jede andere Weise erbracht werden, die geeignet ist, die Überzeugung vom Besitz der genannten Lenkberechtigung zu verschaffen. Wenn die Behörde - wie im vorliegenden Fall auf Grund des Ergebnisses einer kriminaltechnischen Untersuchung des Führerscheines - davon ausgehen muss, dass es sich bei dem ihr vorgelegten Führerschein um eine Fälschung handelt, hat sie dies dem Antragsteller bekannt zu geben und ihn aufzufordern, andere geeignete Unterlagen vorzulegen, insbesondere solche betreffend die von ihm absolvierte Ausbildung und die von ihm erfolgreich abgelegte Prüfung. Insoweit trifft die Partei im Erteilungsverfahren eine spezifische Mitwirkungsobliegenheit, deren Verletzung zur Versagung der beantragten Lenkberechtigung führen kann (vgl. zum Ganzen VwGH 24.5.2011, 2011/11/0045 mwN; 24.7.2013, 2013/11/0089; 15.6.2018, Ra 2018/11/0059).
3.2.2. Die Begründung des angefochtenen Erkenntnisses lässt erkennen, dass das Verwaltungsgericht entgegen der dargelegten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Rechtsauffassung vertritt, schon der Umstand, dass der vorgelegte Führerschein nicht echt sei, schließe die beantragte 'Umschreibung', also die Erteilung einer österreichischen Lenkberechtigung, aus.
Ausgehend von dieser verfehlten Rechtsansicht hat das Verwaltungsgericht jegliches Eingehen auf die vom Revisionswerber im Verfahren vorgelegte Bestätigung der afghanischen Botschaft in Wien vom 25. Oktober 2017 unterlassen. In dieser Bestätigung ist, vom Verwaltungsgericht nicht einmal wiedergegeben, davon die Rede, dass der vom Revisionswerber vorgelegte Führerschein eine 'Verlängerung' eines früheren Führerscheins aus dem Jahr 2011 darstellt. Das Verwaltungsgericht hat insbesondere nicht festgestellt, dass diese Bestätigung, die eine Aussage nicht über die Echtheit des Führerscheindokuments, sondern über die 'Verlängerung' einer früher bestehenden Lenkberechtigung trifft, ihrerseits eine Fälschung wäre. Ausgehend von der wiedergegebenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wäre das Verwaltungsgericht verhalten gewesen, den im Verfahren unvertretenen Revisionswerber aufzufordern, allfällige weitere Unterlagen vorzulegen, die für das Bestehen einer aufrechten ausländischen Lenkberechtigung sprechen."
3 Im fortgesetzten Verfahren wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark die Beschwerde des Revisionswerbers mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung (erneut) ab, legte diesem die Kosten der beigezogenen Dolmetscherin in noch zu bestimmender Höhe auf und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das Verwaltungsgericht habe in Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (erneut) auf die Echtheit des ausländischen Führerscheins und nicht auf das Bestehen einer ausländischen Lenkberechtigung abgestellt und dadurch das Beweisthema im Verfahren nach § 23 Abs. 3 FSG verkannt. Insbesondere habe das Verwaltungsgericht neuerlich eine Auseinandersetzung mit dem Bestätigungsschreiben der afghanischen Botschaft vom 25. Oktober 2017 unterlassen. Dadurch habe sich das Verwaltungsgericht auch über die Bindungswirkung des § 63 Abs. 1 VwGG hinweggesetzt.
9 Insoweit die Revision vorbringt, das Verwaltungsgericht habe sich über die im hg. Erkenntnis vom 14. November 2018, Ra 2018/11/0198, geäußerte Rechtsanschauung hinweggesetzt, ist ihr zu entgegnen, dass das Verwaltungsgericht im Rahmen einer am 24. Jänner 2019 durchgeführten mündlichen Verhandlung den Revisionswerber - in Entsprechung der Rechtsanschauung im genannten hg. Erkenntnis - aufgefordert hat, allfällige andere geeignete Unterlagen als den (eine Totalfälschung darstellenden) afghanischen Führerschein vom 25. November 2015 vorzulegen, insbesondere betreffend die von ihm absolvierte Ausbildung und Führerscheinprüfung. Der Revisionswerber hat sich nach dieser Aufforderung allerdings ausschließlich auf die bereits im ersten Verfahrensgang vor dem Verwaltungsgericht vorgelegte Bestätigung der afghanischen Botschaft vom 25. Oktober 2017 berufen. 10 Das Verwaltungsgericht hat seiner Entscheidung zu Grunde gelegt, der Revisionswerber sei im Zeitpunkt der Antragstellung nicht im Besitz einer gültigen Lenkberechtigung gewesen, da ein früherer Führerschein zu diesem Zeitpunkt bereits seine Gültigkeit verloren habe und die vom Revisionswerber vorgelegte Verlängerung dieses Führerscheins eine Totalfälschung sei. Beweiswürdigend hat das Verwaltungsgericht auch das Schreiben der afghanischen Botschaft vom 25. Oktober 2017 betreffend die Echtheit und den Inhalt (Verlängerung des früheren Führerscheins) des Führerscheins vom 25. November 2015, aber auch eine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung des Revisionswerbers wegen des Vergehens der Urkundenfälschung durch den Gebrauch dieses Führerscheins berücksichtigt. Andere geeignete Dokumente, die für das Bestehen einer aufrechten ausländischen Lenkberechtigung sprechen würden, hat der Revisionswerber trotz Aufforderung durch das Verwaltungsgericht nicht vorgelegt.
11 Vor diesem Hintergrund zeigt die Revision nicht auf, dass das Verwaltungsgericht das Beweisthema im Verfahren nach § 23 Abs. 3 FSG verkannt hätte oder dass die seiner Annahme, der Revisionswerber habe im Antragszeitpunkt nicht über eine ausländische Lenkberechtigung verfügt, zu Grunde liegende Beweiswürdigung fallbezogen in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre (vgl. dazu etwa VwGH 11.6.2018, Ra 2018/11/0103, mwN ).
12 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 31. Jänner 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019110046.L00Im RIS seit
10.03.2020Zuletzt aktualisiert am
10.03.2020