TE Vwgh Beschluss 2020/2/3 Ra 2020/02/0002

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Veröffentlicht am 03.02.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
90/02 Kraftfahrgesetz

Norm

B-VG Art133 Abs4
KFG 1967 §103 Abs2
KFG 1967 §134 Abs1
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
ZustG §17
ZustG §17 Abs2

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie den Hofrat Mag. Straßegger und die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision der Landespolizeidirektion Wien gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 1. Oktober 2019, Zl. VGW- 031/053/1850/2019-10, betreffend Übertretung des KFG (mitbeteiligte Partei: I in W, vertreten durch Mag. Robert Bitsche, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Nikolsdorfergasse 7-11/15), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom 10. Dezember 2018 wurde dem Mitbeteiligten angelastet, die mit Schreiben vom 11. Jänner 2018 verlangte Lenkerauskunft nicht erteilt und damit gegen § 103 Abs. 2 KFG verstoßen zu haben. Über ihn wurde deshalb gemäß § 134 Abs. 1 KFG eine Geldstrafe von EUR 200,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag und 16 Stunden) verhängt. Tragend stellte die Behörde darauf ab, dass die an den Mitbeteiligten versendete Lenkeranfrage am 17. Jänner 2018 zur Abholung bereit gelegen und von ihm nie abgeholt worden sei. 2 In der dagegen erhobenen Beschwerde brachte der Mitbeteiligte u.a. vor, er habe das in Rede stehende Schreiben nie erhalten, der Zusteller habe die Hinterlegungsanzeige falsch eingeordnet.

3 Das Verwaltungsgericht Wien gab mit dem angefochtenen Erkenntnis der Beschwerde Folge, hob das bekämpfte Straferkenntnis auf und stellte das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG ein. Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei. 4 Das Verwaltungsgericht ging erkennbar davon aus, dass die Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe an den Mitbeteiligten unter Verwendung eines Hybridrückscheins versendet worden sei. Die dem Mitbeteiligten zur Last gelegte Tat könne nicht erwiesen werden, weil für die Prüfung der Zustellung des Dokuments das vom Mitbeteiligten nicht behobene Schriftstück samt den Vermerken des Zustellers erforderlich sei. Die revisionswerbende Behörde habe entgegen der gerichtlichen Aufforderung zur Vorlage der nicht behobenen Lenkeranfrage lediglich einen "Ausdruck betreffend den Hybridzustellschein" übermittelt.

5 Diesem in den vorgelegten Akten enthaltenen Datensatz lässt sich weder die Art der Verständigung über die Hinterlegung noch die Person des Zustellers entnehmen.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 9 Die revisionswerbende Behörde macht zur Zulässigkeit der Revision geltend, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 19.10.2017, Ra 2017/20/0290) ab, weil für die Zustellung durch Hinterlegung nach § 17 ZustG das Verwaltungsgericht rechtsirrig dem nicht behobenen Kuvert des zu übermittelnden Dokuments Bedeutung zumesse, obwohl es vielmehr auf die Verständigung von der Hinterlegung ankomme.

10 Dem in der Revision zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein vom vorliegenden Fall eines Hybridrückscheins abweichender Sachverhalt mit einem im dortigen Verwaltungsakt vorhandenen physischen (RSa-)Rückschein zu Grunde, aus dem sich ergibt, dass die Verständigung über die Hinterlegung in die Abgabeeinrichtung eingelegt wurde. Schon deshalb liegt die behauptete Abweichung von der genannten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht vor.

11 Da sich Hinweise über die Art der "Verständigung zur Hinterlegung" auf dem Kuvert eines mit Hybridrückschein versendeten Dokuments befinden sollten (vgl. Punkt 2.1.8 des ab 1. Juli 2018 gültigen Produkt- und Preisverzeichnisses für Rückscheinbriefe der Ämter und Behörden der Österreichischen Post AG), ist es nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht für die Prüfung der ordnungsgemäßen Zustellung nach § 17 Abs. 2 ZustG das Kuvert vom nicht behobenen Dokument samt den darauf befindlichen Vermerken des Zustellers als bedeutend ansieht.

12 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 3. Februar 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020020002.L00

Im RIS seit

10.03.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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