TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/6 W214 2212328-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.08.2019
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Entscheidungsdatum

06.08.2019

Norm

Auskunftspflichtgesetz §1
Auskunftspflichtgesetz §2
Auskunftspflichtgesetz §3
Auskunftspflichtgesetz §4
AVG §8
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W214 2212328-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER über die Beschwerde der XXXX gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie vom 03.12.2018, GZ BMVIT-17.006/0011-I/PR3/2018, betreffend Nichterteilung einer Auskunft nach dem Auskunftspflichtpflichtgesetz zu Recht:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin ist eine "Organisation bestehend aus rund 50 Journalisten, die mit den Ergebnissen investigativer Recherche verschiedene Medienkanäle von Web, TV, Audio und Social Media-Plattformen bespielen. Das Unternehmen unterhält Marken wie addendum.org, addex.org, die Addendum-Zeitung, Factum - das Politikmagazin und Talk im Hangar-7. Sie verfolgt das Ziel, an der Wiederherstellung einer gemeinsamen Faktenbasis für eine qualifizierte politische Debatte zu arbeiten. Dieser rekonstruktive Journalismus hat für sich den Anspruch, der Wirklichkeit in der am besten verfügbaren Form - mithilfe von Recherche und Datenanalyse - so nahe wie möglich zu kommen".

2. XXXX versandte am 23.07.2018 über die Internet-Plattform "fragdenstaat.at" eine E-Mail an das Bundesministerium für Inneres, in der er ("Hiermit beantrage ich...") zur journalistischen Datenanalyse, Aufbereitung und Verbreitung, insbesondere für die Servus TV Reportage "Im Kontext" und auf der Website "addendum.org", die Übermittlung einer vollständigen digitalen Kopie der Daten "Unfalldatenmanagement" und/oder eines Auszuges, der (im Auskunftsbegehren näher bezeichnete) Informationen für alle Straßenverkehrsunfälle im Zeitraum 2012 bis 2017 auf Einzelfallbasis enthält, beantragte.

Für den Fall der vollständigen oder teilweisen Nichterteilung, beantragte XXXX ("beantrage ich...") die Ausstellung eines Bescheides gemäß § 4 AuskunftspflichtG.

Gezeichnet wurde die E-Mail mit:

"Mit freundlichen Grüßen,

XXXX

XXXX

Postanschrift

XXXX 3. Mit E-Mail vom 24.07.2018 teilte das Bundesministerium für Inneres (BMI) XXXX ("Sehr geehrter XXXX ...") mit, dass das BMI über keine Datenbank verfüge, die den Datenbestand der österreichischen Straßenverkehrsunfallstatistik repräsentierte, es bestehe aber die Möglichkeit unter den in § 6 Abs. 2 StVUStG genannten Voraussetzungen beim Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) um Übermittlung des elektronischen Gesamtunfalldatenbestands zu ersuchen. Weiters wurde mitgeteilt, dass der Antrag vom BMI bereits an die zuständige Abteilung bei der belangten Behörde weitergeleitet worden sei.

4. Mit E-Mail der belangten Behörde vom 20.11.2018, adressiert an die " XXXX " wurde XXXX ("Sehr geehrter Herr XXXX ...") von der belangten Behörde mitgeteilt, dass die Weitergabe der angeforderten Daten zu anderen als zu Forschungszwecken, insbesondere zu Zwecken der journalistischen Aufbereitung und Verarbeitung nicht möglich sei. Dem Auskunftsersuchen könne daher wegen Entgegenstehen einer gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht nicht entsprochen werden.

5. Am 03.12.2018 erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid, adressiert an die " XXXX " mit folgendem (wesentlichem) Inhalt (auszugweise):

Bescheid

"Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie hat über Ihren Antrag vom 29.11.2018 auf Bescheiderlassung gemäß § 4 Auskunftspflichtgestez im Falle der Nichterteilung von Auskünften betreffend das Unfalldatenmanagement zu Recht erkannt:

Spruch

Die von Ihnen mit E-Mail vom 23.07.2018 verlangte Auskunft betreffend Erteilung von Auskünften aus der Datenbank "Unfallmanagement" wird gem. § 1 Abs 1 Auskunftspflichtgesetz wegen entgegenstehender gesetzlicher Verschwiegenheitsbestimmungen nicht erteilt.

Begründung

Mit E-Mail vom 23.07.2018 haben Sie folgendes Auskunftsbegehren an das Bundesministerium für Inneres gestellt:

[...]

Die XXXX ist keine fachlich geeignete Forschungseinrichtung und damit nicht dem, im Gesetz eng definierten Empfängerkreis zuzuordnen. Schon aus diesem Grund ist eine Übermittlung nicht möglich [...]

5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 28.12.2018, in welcher beantragt wurde, das Bundesverwaltungsgericht möge in der Sache selbst entscheiden und die beantragte Auskunftserteilung gewähren, in eventu in der Sache selbst entscheiden und den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass die beantragte Auskunftserteilung zur Gänze zu gewähren sei, in eventu in der Sache selbst entscheiden und den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass die beantragte Auskunftserteilung zu gewähren sei, soweit keine Versagungsgründe vorlägen, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides oder zur Beantwortung der Anfrage an die belangte Behörde zurückverweisen sowie eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Unterzeichnet wurde die Beschwerde von den gemeinsam vertretungsbefugten Geschäftsführern der Beschwerdeführerin.

6. Die belangte Behörde sah in der Folge von einer Beschwerdevorentscheidung ab und legte die Beschwerde samt den bezughabenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht am 08.01.2019 zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Es wird von dem unter I. festgestellten Verfahrensgang und Sachverhalt ausgegangen. Damit steht insbesondere fest, dass das Auskunftsbegehren vom 23.07.2018 von XXXX gestellt wurde, der Bescheid der belangten Behörde vom 03.12.2018 allerdings an die Beschwerdeführerin adressiert und gerichtet wurde.

2. Beweiswürdigung:

Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt.

Die Feststellung, dass das Auskunftsbegehren von der natürlichen Person XXXX im eigenen Namen gestellt wurde, ergibt sich einerseits aus der Formulierung des Auskunftsbegehrens ("Hiermit beantrage ich") und der Zeichnung der E-Mail ("Mit freundlichen Grüßen, XXXX ..") andererseits auch aus der Korrespondenz des BMI (und auch der belangten Behörde), welche vor Bescheiderlassung ihre Schreiben stets an XXXX als natürliche Person und nicht an die Beschwerdeführerin richteten ("Sehr geehrter XXXX ..."). Zudem geht auch aus der internen Korrespondenz der belangten Behörde hervor, dass diese das Auskunftsbegehren XXXX persönlich zuordnete ("Ich übermittle Ihnen nachfolgenden Antwortentwurf für ein Ansuchen von Herrn XXXX gemäß §§ 2 und 3 AuskunftsplichtG"; "Sollte diese Rechtsansicht von do. geteilt werden, so wäre das Auskunftsersuchen mit Schreiben abzulehnen, es sei denn, Herr XXXX hat eine Bescheiderlassung für den Fall der Nichterteilung der Auskunft gestellt, was er in der Regel tut, es ist nicht das erste Auskunftsersuchen von ihm...").

Es gibt auch keine anderen Hinweise darauf, dass XXXX nicht im eigenen Namen, sondern für die Beschwerdeführerin aufgetreten sein sollte. Zwar ist im Auskunftsersuchen im Adressfeld unterhalb des Namenszuges XXXX die Beschwerdeführerin genannt, mangels sonstiger ausgewiesener eindeutiger Zuordnungselemente kann jedoch bei objektiver Betrachtung nicht davon ausgegangen werden, dass XXXX im konkreten Fall für die Beschwerdeführerin fungiert haben soll. Die bloße Nennung der Beschwerdeführerin im Adressfeld muss insofern vielmehr allein als ein Bestandteil der Postanschrift des XXXX gewertet werden.

Dass die Beschwerdeführerin Bescheidadressatin ist, ergibt sich sowohl aus der Adresszeile (" XXXX "), in welcher der Name des XXXX nicht vorkommt, als auch aus dem Inhalt des Bescheides: "Die XXXX ist keine fachlich geeignete Forschungseinrichtung und damit nicht dem im Gesetz eng definierten Empfängerkreis zuzuordnen".

Die Feststellungen zur Beschwerdeführerin ergeben sich aus der am 23.07.2019 abgerufenen Website https:// XXXX /

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.1 Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

3.1.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.1.3 Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 i.d.F. BGBl. I Nr. 51/2012, erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

3.1.4 Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

3.2. Zu den Prozessvoraussetzungen:

Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG fristwahrend erhoben und es liegen auch die sonstigen Prozessvoraussetzungen vor.

Dazu ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin auch beschwerdelegitimiert ist, da der Bescheid - wie festgestellt - ihr gegenüber erlassen wurde. An wen ein bekämpfter Bescheid gerichtet hätte werden müssen (siehe Punkt 3.3.2) ist für die Rechtsmittellegitimation iSd § 63 AVG ohne Bedeutung (VwGH 26.06.2013, 2011/05/0199).

3.3. Zu Spruchteil A) Ersatzlose Behebung:

3.3.1. Die hier relevanten Bestimmungen des Auskunftspflichtgesetzes lauten wie folgt:

"§ 1. (1) Die Organe des Bundes sowie die Organe der durch die Bundesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung haben über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht.

(2) Auskünfte sind nur in einem solchen Umfang zu erteilen, der die Besorgung der übrigen Aufgaben der Verwaltung nicht wesentlich beeinträchtigt; berufliche Vertretungen sind nur gegenüber den ihnen jeweils Zugehörigen auskunftspflichtig und dies insoweit, als dadurch die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben nicht verhindert wird. Sie sind nicht zu erteilen, wenn sie offenbar mutwillig verlangt werden.

§ 2. Jedermann kann schriftlich, mündlich oder telephonisch Auskunftsbegehren anbringen. Dem Auskunftswerber kann die schriftliche Ausführung eines mündlich oder telefonisch angebrachten Auskunftsbegehrens aufgetragen werden, wenn aus dem Begehren der Inhalt oder der Umfang der gewünschten Auskunft nicht ausreichend klar hervorgeht.

§ 3. Auskünfte sind ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber binnen acht Wochen nach Einlangen des Auskunftsbegehrens zu erteilen. Kann aus besonderen Gründen diese Frist nicht eingehalten werden, so ist der Auskunftswerber jedenfalls zu verständigen.

§ 4. Wird eine Auskunft nicht erteilt, so ist auf Antrag des Auskunftswerbers hierüber ein Bescheid zu erlassen. Als Verfahrensordnung, nach der der Bescheid zu erlassen ist, gilt das AVG, sofern nicht für die Sache, in der Auskunft erteilt wird, ein anderes Verfahrensgesetz anzuwenden ist."

Aus dem Auskunftspflichtgesetz geht somit hervor, dass ein Bescheid ausschließlich aufgrund eines Antrages erlassen werden kann. Eine amtswegige Auskunftserteilung sieht das AuskunftspflichtG nicht vor.

Die Erlassung eines antragsbedürftigen Bescheides von Amts wegen, also ohne einen eindeutigen diesbezüglichen Antrag belastet diesen Bescheid jedenfalls mit Rechtswidrigkeit (vgl. VwGH 21.03.2011, 98/110/0376). Auf verfassungsgesetzlicher Ebene verstößt die Behörde bei amtswegiger Erlassung eines antragsbedürftigen Bescheides gegen das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Hengstschläger/Leeb, AVG § 13 (Stand 1.1.2014, rdb.at).

3.3.2 Im gegenständlichen Fall, hat XXXX das Auskunftsbegehren in der "Ich-Form" geschrieben und mit seinem Namen gezeichnet, ohne einen Hinweis auf die GmbH aufzunehmen, weshalb - wie festgestellt - davon auszugehen ist, dass der Antragsteller die natürliche Person XXXX und nicht die Beschwerdeführerin ist.

Indem die belangte Behörde den Bescheid gegenüber der Beschwerdeführerin erlassen hat, die nicht Antragstellerin war, hat sie den Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet und war dieser daher ersatzlos zu beheben.

Die belangte Behörde wird in weiterer Folge über das - bislang unerledigte - Auskunftsbegehren des XXXX zu entscheiden haben.

3.3.3 Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG konnte die mündliche Verhandlung entfallen, da schon aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war.

3.4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

3.5. Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

antragsbedürftiger Verwaltungsakt, Antragsteller,
Auskunftsverweigerung, ersatzlose Behebung, GmbH, natürliche Person,
Parteistellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W214.2212328.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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