TE Bvwg Beschluss 2019/8/29 L524 2219771-3

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Veröffentlicht am 29.08.2019
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Entscheidungsdatum

29.08.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §33 Abs1

Spruch

L524 2219771-3/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. über den Antrag von XXXX , vertreten durch RA Dr. Petra PATZELT, Paracelsusstr. 10, 5020 Salzburg, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts Salzburg vom 02.05.2019, Zl. 100 Jv 71/18z-33, den Beschluss:

A) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts Salzburg vom 02.05.2019, Zl. 100 Jv 71/18z-33, wurde der Antragstellerin die Zahlung der mit Beschluss des Bezirksgerichts Neumarkt bei Salzburg vom 20.12.2016 verhängten Geldstrafe in Höhe von € 500,- zuzüglich der Einhebungsgebühr von € 8,-, somit insgesamt ein Betrag von €

508,- vorgeschrieben.

2. Am 07.06.2019 erhob die Antragstellerin Beschwerde gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts Salzburg.

3. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.07.2019 wurde der Antragstellerin vorgehalten, dass ihre Beschwerde gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts Salzburg verspätet eingebracht worden sei.

4. Daraufhin brachte die Antragstellerin den gegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein und begründete diesen im Wesentlichen mit Schwierigkeiten bei der Übermittlung der Beschwerde im elektronischen Rechtsverkehr.

II. Feststellungen:

Der Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts Salzburg vom 02.05.2019, Zl. 100 Jv 71/18z-33, wurde der Antragstellerin am 08.05.2019 zustellt.

Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin am 07.06.2019, und damit verspätet, Beschwerde.

Am 31.07.2019 stellte die Antragstellerin einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Als Wiedereinsetzungsgrund macht die Antragstellerin Probleme bei der Übermittlung der Beschwerde im ERV geltend.

III. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Vorbringen im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, der Übernahmebestätigung vom 08.05.2019, dem protokollierten Einbringungszeitpunkt im elektronischen Rechtsverkehr und der Faxsendebestätigung.

IV. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen

Stand:

§ 33 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, idF BGBl. I Nr. 24/2017, lautet:

"Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§ 33. (1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Vorlageantrags ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil die anzufechtende Beschwerdevorentscheidung fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat oder die Beschwerdevorentscheidung keine Belehrung zur Stellung eines Vorlageantrags, keine Frist zur Stellung eines Vorlageantrags oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen

1. nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Stellung eines Antrags auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,

bei der Behörde zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

(4) Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

(4a) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf Ausfertigung einer Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil auf das Erfordernis eines solchen Antrags als Voraussetzung für die Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof und einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof nicht hingewiesen wurde oder dabei die zur Verfügung stehende Frist nicht angeführt war. Der Antrag ist binnen zwei Wochen

1. nach Zustellung einer Entscheidung, die einen Antrag auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4, eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit eines Antrags auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 Kenntnis erlangt hat,

beim Verwaltungsgericht zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen. Über den Antrag entscheidet das Verwaltungsgericht.

(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.

(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags findet keine Wiedereinsetzung statt."

Über Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, die bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde eingebracht werden, ist von der Behörde zu entscheiden. Über jene Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, die ab Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht eingebracht werden, ist vom Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden (vgl. VwGH 28.09.2016, Ro 2016/16/0013).

Im vorliegenden Fall wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach der Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht eingebracht, weshalb das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss über diesen Antrag zu entscheiden hat.

Das Bundesverwaltungsgericht ist auf Grund der Antragsbedürftigkeit des Wiedereinsetzungsverfahrens ausschließlich an die vom Wiedereinsetzungswerber (rechtzeitig) vorgebrachten tatsächlichen Gründe gebunden. Es ist ihr verwehrt, von sich aus weitere Gesichtspunkte in die Prüfung miteinzubeziehen. Eine amtswegige Prüfung, ob sonstige vom Antragsteller nicht geltend gemachte Umstände die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen könnten, hat nicht zu erfolgen (vgl. VwGH 17.03.2015, Ra 2014/01/0134).

Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht in besonders nachlässiger Weise außer Acht gelassen haben (VwGH 29.01.2004, 2001/20/0425). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei, wobei an berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen ist als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (vgl. etwa VwGH 18.12.2014, Ra 2014/01/0015, mwN). Ein dem Vertreter widerfahrenes Ereignis stellt einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei nur dann dar, wenn dieses Ereignis für den Vertreter selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich hiebei höchstens um einen minderen Grad des Versehens handelt (vgl. VwGH 23.02.2017, Ra 2016/20/0229).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Verschulden des Vertreters einer Partei an der Fristversäumung dem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten (vgl. VwGH 15.10.2009, 2008/09/0225).

Zwar hindert ein minderer Grad des Versehens der Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht. Eine solche leichte Fahrlässigkeit liegt aber nur dann vor, wenn ein Fehler begangen wird, der gelegentlich auch einem sorgfältigen Menschen unterläuft. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben. Dabei ist an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen, als an Rechtsunkundige oder bisher noch nie an Verfahren beteiligten Personen. War die Versäumung voraussehbar und hätte sie durch ein dem Parteienvertreter zumutbares Verhalten abgewendet werden können, dann ist die Wiedereinsetzung zu verweigern (vgl. VwGH 01.06.2006, 2005/07/0044).

Die Antragstellerin macht als Wiedereinsetzungsgrund geltend, dass die rechtsfreundliche Vertreterin am 05.06.2019 (dem letzten Tag der Beschwerdefrist) die Beschwerde an den Präsidenten des Landesgerichts Salzburg unter Verwendung der korrekten Geschäftszahl übermitteln habe wollen. Auf dem Bescheid sei die Prüfziffer des angefochtenen Bescheids falsch angegeben, auf dem Hybrid-Rückscheinbrief jedoch richtig. Sie habe den Fehler hinsichtlich der Prüfziffer bemerkt, was sie auch auf dem Rubrum der Beschwerde vermerkt habe. Da mittels ERV eine Übermittlung an den Präsidenten des Landesgerichts Salzburg nicht möglich sei, seien zwei Einbringungsmöglichkeiten verblieben, nämlich eine "sonstige Folgeeingabe" an das Landesgericht Salzburg und eine Eingabe mit der Überschrift "Verfassungs-, Verwaltungsgerichtshof, BVwG" und der zugehörigen kleineren Überschrift "BVwG Ersteingabe". Letzteres habe die Vertreterin "eigentlich" ausgeschlossen, da dies ihrer Meinung nach direkt eine Einbringung beim Bundesverwaltungsgericht bewirkt und die Übermittlung an die Behörde erster Instanz auf Gefahr der Antragstellerin zur Folge gehabt hätte. Bei der versuchten Übermittlung an das Landesgericht Salzburg sei es zu Schwierigkeiten mit dem ausgewiesenen Kostenverzeichnis gekommen, welches sich nicht habe entfernen lassen. Die Vertreterin habe sich an den Softwareanbieter gewandt, der zu einer "BVwG Ersteingabe" geraten habe. Auf den mehrmals geäußerten Einwand der Vertreterin, dass dies eine direkte Eingabe beim Bundesverwaltungsgericht bewirke, sei ihr gesagt worden, dass sich aus der Nennung des angefochtenen Bescheides die Behörde, von der er stamme, ergebe, so dass die Beschwerde dann auch dort eingebracht werde. Die Vertreterin habe sich auf diese Auskunft verlassen und durch den Verspätungsvorhalt des Bundesverwaltungsgerichts davon Kenntnis erlangt, dass die Beschwerde direkt beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht wurde.

Dieses Vorbringen vermag jedoch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auszulösen. Die Antragstellerin macht geltend, dass sie nicht gewusst habe, welche Eingabemaske in der von ihr verwendeten Software zu verwenden ist, damit der Schriftsatz beim Präsidenten des Landesgerichts Salzburg eingebracht werde. So wie sich aber der Verwender eines Programms zur Versendung von e-mails mit dessen technischen Möglichkeiten vertraut zu machen hat (vgl. VwGH 22.02.2006, 2005/09/00159) hat sich auch der Verwender einer Anwaltssoftware mit deren technischen Möglichkeiten vertraut zu machen. Gerade wenn die rechtsfreundliche Vertreterin davon ausging, dass die Eingabemaske "BVwG Ersteingabe" direkt zu einer Zustellung des Schriftsatzes beim Bundesverwaltungsgericht führen würde, gegenüber einem Mitarbeiter des Herstellers der von ihr verwendeten Software, der ihr zur Verwendung der "BVwG Ersteingabe" geraten habe, mehrmals den Einwand äußert, dass dies zu einer direkten Eingabe beim Bundesverwaltungsgericht führen würde, sie trotz ihrer Bedenken dennoch "BVwG Ersteingabe" verwendet und dann nicht kontrolliert, ob die Eingabe beim Landesgericht Salzburg eingelangt ist (der Vertreterin wurde erst mit dem Verspätungsvorhalt des Bundesverwaltungsgericht vom 18.07.2019 die direkte Eingabe beim Bundesverwaltungsgericht bekannt), hat sie auffallend sorglos gehandelt, zumal an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen, als an Rechtsunkundige.

Sofern seitens der Antragstellerin ausgeführt wird, dass aus dem ERV-Übermittlungsprotokoll nicht ersichtlich sei, bei welchem Gericht eine Eingabe tatsächlich zugestellt werde, so kann dem nicht gefolgt werden. Die Angaben im ERV-Übermittlungsprotokoll enthalten neben dem Titel "BVwG Ersteingabe" auch weiter unten noch einmal eine Überschrift (fett gedruckt) mit "Bundesverwaltungsgericht Antrag 1". Hingegen wird das Landesgericht Salzburg bzw. der Präsident des Landesgerichts Salzburg nur unter der fett gedruckten Überschrift "Antragsgegner" genannt. Eine Überschrift, die das Landesgericht bzw. den Präsidenten des Landesgerichts anführt, findet sich nicht. Es kann daher gar kein Zweifel bestehen, dass damit eine Eingabe direkt beim Bundesverwaltungsgericht bewirkt wurde.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher abzuweisen.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Im Wiedereinsetzungsantrag wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt. Der für die Beurteilung des Wiedereinsetzungsantrags maßgebliche Sachverhalt erschien aus der Aktenlage als ausreichend geklärt. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung mit der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes übereinstimmt.

Schlagworte

Antragsfristen, Antragszeitpunkt, elektronischer Rechtsverkehr,
Parteienvertretung, Verschulden, Wiedereinsetzungsantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L524.2219771.3.01

Zuletzt aktualisiert am

24.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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