Entscheidungsdatum
18.10.2019Norm
BVergG 2018 §12 Abs1Spruch
W273 2223161-2/25E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Isabel FUNK-LEISCH als Vorsitzende, Mag. Wolfgang POINTNER als fachkundigen Laienrichter auf Auftraggeberseite und Mag. Hagen PLEILE als fachkundigen Laienrichter auf Auftragnehmerseite über die Anträge auf Nichtigerklärung der Ausscheidens- und der Zuschlagsentscheidung der XXXX , XXXX , vertreten durch Huber Berchtold Rechtsanwälte OG, Getreidemarkt 14, 1010 Wien betreffend das Vergabeverfahren "Vorbereitende Maßnahmen VMIS 2.0 im Bereich der VMZ Wien", Referenznummer 2019/PROVIA ID-Nr. 34952 der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft, vertreten durch die ASFINAG Bau Management GmbH, Modecenterstraße 16, 1030 Wien, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung
A)
I. zu Recht erkannt:
Der Antrag "das Bundesverwaltungsgericht möge die angefochtene Ausscheidensentscheidung vom 27.08.2019 wegen Rechtswidrigkeit für nichtig erklären" wird abgewiesen.
II. beschlossen:
Der Antrag "das Bundesverwaltungsgericht möge die angefochtene Zuschlagsentscheidung vom 02.09.2019 wegen Rechtswidrigkeit für nichtig erklären" wird zurückgewiesen.
B)
I. Die Revision gegen Spruchpunkt A) I. ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
II. Die Revision gegen Spruchpunkt A) II. ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Vorbringen der Parteien
1. Mit Schriftsatz vom 06.09.2019 beantragte die XXXX (im Folgenden "Antragstellerin") die Ausscheidensentscheidung vom 27.08.2019 und die Zuschlagsentscheidung vom 02.09.2019 wegen Rechtswidrigkeit für nichtig zu erklären, Akteneinsicht in den Vergabeakt zu gewähren, das Angebot der Antragstellerin und alle Teile des Vergabeakts, die sich auf ihr Angebot beziehen, von der Akteneinsicht durch allfällige weitere Parteien des Nachprüfungsverfahrens auszunehmen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und die Auftraggeberin dazu zu verpflichten, der Antragstellerin die Pauschalgebühren binnen 14 Tagen zu ersetzen. Die Antragstellerin verband ihre Anträge mit dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Gegenstand der Anträge ist das Vergabeverfahren "Vorbereitende Maßnahmen VMIS 2.0 im Bereich der VMZ Wien", Referenznummer 2019/PROVIA ID-Nr. 34952 (im Folgenden "das Vergabeverfahren") der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (im Folgenden "Auftraggeberin"), vertreten durch die ASFINAG Bau Management GmbH, Modecenterstraße 16, 1030 Wien, als vergebende Stelle.
2. Begründend führte die Antragstellerin aus, dass sie in ihrem Recht auf rechtskonforme Durchführung des Vergabeverfahrens, auf Unterlassung eines willkürlichen Ausscheidens, auf Durchführung einer rechtskonformen Angebotsbewertung und auf Zuschlagserteilung verletzt sei.
2.1. Am 26.08.2019, an die Antragstellerin versendet am 27.08.2019, sei die Entscheidung über das Ausscheiden des Angebots der Antragstellerin wegen (1) angeblich fehlender Eignung (Personalausstattung) und (2) angeblich unzulässiger Weitergabe kritischer Leistungen an Subunternehmen erfolgt. Am 02.09.2019 sei die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der XXXX ( XXXX ) erfolgt.
2.2. Das Ausscheiden wegen fehlender Personalausstattung sei rechtswidrig gewesen, weil die Antragstellerin nachgewiesen habe, dass sie zu den letzten drei Stichtagen über mehr als 10 Mitarbeiter verfügt habe. Gemäß den bestandsfesten Ausschreibungsbestimmungen hätten die Bieter den "Nachweis des jährlichen Mittels der Mitarbeiter zum Stichtag 01.01. in den letzten 3 Jahren [...] zu erbringen." Die Angebotsfrist habe am 29.07.2019 geendet, weshalb die Personalausstattung zu den Stichtagen 01.01.2017, 2018 und 2019 nachzuweisen gewesen sei, was die Antragstellerin nachgewiesen habe. Die Auftraggeberin habe daraufhin erklärt, dass "eigentlich" die Kalenderjahre 2016, 2017 und 2018 gemeint gewesen seien. Die Antragstellerin habe im Zuge der Aufklärung dieses Punktes nachgewiesen, dass sie im Zeitraum 2016 bis 2018 einen gemittelten Personalstand von 11,16 Mitarbeitern gehabt habe. Die Auftraggeberin habe die Ausschreibungsbestimmungen dann so ausgelegt, dass das jährliche Mittel und der Hinweis auf den "oben genannten Zeitraum" nicht so zu verstehen sei, dass ein Mittelwert über den gesamten "oben genannten Zeitraum" errechnet werden dürfte. Zusammengefasst sei gemäß den Ausschreibungsbestimmungen eine Mindestpersonalausstattung "zum Stichtag 01.01. in den letzten 3 Jahren" nachzuweisen gewesen, womit die von der Antragstellerin nachgewiesenen Personalausstattungen zu den Stichtagen 01.01. 2017, 2018 und 2019 gemeint gewesen seien.
2.3. Das Ausscheiden wegen der Weitergabe kritischer Leistungen an Subunternehmer sei rechtswidrig, weil die Antragstellerin mit Aufklärung vom 06.08.2019 ausdrücklich erklärt habe, dass die von der Antragstellerin bekannt gegebene Subunternehmerin nicht für kritische Leistungen herangezogen werde bzw. dass für derartige Leistungen gar kein Subunternehmer herangezogen werde. Die Auftraggeberin würde ihre Ausscheidensentscheidung auf eine subjektive und damit willkürliche Vermutung stützen, wonach produktspezifische Anpassungen durch eine Subunternehmerin erforderlich wären und daher eine unzulässige Weitergabe von kritischen Leistungen vorliegen würde.
2.4. Die Zuschlagsentscheidung vom 02.09.2019 zu Gunsten der Mitbewerberin beruhe auf einer rechtswidrigen Ausscheidensentscheidung. Für den Fall der Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung sei das Angebot der Antragstellerin in die Bestbieterermittlung einzubeziehen. Der Antragstellerin sei als Bestbieterin der Zuschlag zu erteilen.
3. Die Antragstellerin führte des Weiteren aus, dass sie ihr Interesse am Vertragsabschluss durch die Ausarbeitung und die Übersendung der Angebotsunterlagen dargelegt habe. Aufgrund der bisherigen Beteiligung am Vergabeverfahren seien der Antragstellerin Kosten in Höhe von zumindest EUR XXXX (ekl. USt) entstanden. Der Antragstellerin drohe durch die rechtswidrige Zuschlagserteilung die Gefahr, einen Referenzauftrag für zukünftige Vergabeverfahren zu verlieren.
4. Mit Schreiben vom 06.09.2019 verständigte das Bundesverwaltungsgericht die Auftraggeberin und die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin von dem Nachprüfungsverfahren. Die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin erhielt eine teilweise geschwärzte Fassung des Antrages der Antragstellerin zugestellt.
5. Am 10.09.2019 erteilte die Auftraggeberin allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren und übermittelten die Unterlagen des Vergabeverfahrens.
6. Am 11.09.2019 nahm die Auftraggeberin zum Nachprüfungsantrag Stellung.
6.1. Die Auftraggeberin führte im Wesentlichen aus, dass der objektive Erklärungswert der - bestandsfesten - Ausschreibungsbestimmungen zur Personalausstattung so zu verstehen sei, dass die Antragstellerin in den letzten drei Jahren (somit in den Jahren 2016, 2017 und 2018) im jährlichen Mittel jeweils über zehn Mitarbeiter verfügen habe müssen, um den geforderten Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit zu erbringen. Die Antragstellerin habe nach zweifacher Aufforderung zur Aufklärung den Nachweis für die Jahre 2016, 2017 und 2018 nicht erbracht. Der geforderte Nachweis im Zusammenhang mit der Personalausstattung sei jedenfalls für das Jahr 2016 nicht erbracht und die geforderte technische Leistungsfähigkeit sei somit nicht nachgewiesen worden.
6.2. Im Zusammenhang mit der Erbringung kritischer Leistungen durch Subunternehmer habe die Antragstellerin im Zuge einer Aufklärung dargelegt, dass im Zuge eines "Werkvertrages IT- Dienstleistungen" produktspezifische Anpassungen vorgenommen werden sollen. Derartige Anpassungen seien aber dem Projekt und insbesondere der XXXX (Informationsverarbeitung) und somit den kritischen Leistungen zuzurechnen. Zusammenfassend sei dem objektiven Angebot der Antragstellerin zu entnehmen, dass kritische Leistungen von Subunternehmern erbracht würden. Die diesbezüglichen Aufklärungen der Antragstellerin bzw. Unterlagen würden Widersprüche aufweisen. Es liege damit ein ausschreibungswidriges Angebot vor.
7. Die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin erstattete mit Schreiben vom 13.09.2019 begründete Einwendungen gemäß § 346 Abs. 3 BVergG 2018 und führte im Wesentlichen aus, dass ihr Parteistellung für das gesamte Nachprüfungsverfahren zukomme. Des Weiteren erstattete die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin rechtliche Ausführungen zur Auslegung der Ausschreibungsbestimmungen. Die Antragstellerin sei aufgrund der fehlenden Personalausstattung zu Recht ausgeschieden worden.
8. Mit Schreiben vom 20.09.2019 beantragte die Antragstellerin, Schriftsätze und Ausführungen zu behaupteten Ausscheidensgründen, welche sich auf die Benennung von Subunternehmern für angeblich kritische Leistungsbereiche und auf die Personalkennzahlen der Antragstellerin beziehen würden, von der Akteneinsicht durch die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin auszunehmen.
9. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 04.10.2019 im Beisein der Antragstellerin, der Auftraggeberin und der in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Der Rechtsvertreter der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin verließ den Verhandlungssaal, soweit Details des Angebotes und der Aufklärungen zum Angebot der Antragstellerin erörtert wurden und erhielt eine in diesen Punkten in Abstimmung mit dem Vertreter der Antragstellerin geschwärzte Fassung des Protokolls der mündlichen Verhandlung ausgehändigt.
10. Am 04.10.2019 erfolgte nach eingehender Erörterung der Sach- und Rechtsfragen die Beschlussfassung im Senat.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Ausschreibung
1.1.1. Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-AG (ASFINAG) schrieb unter der Bezeichnung "vorbereitende Maßnahmen für VMIS 2.0 im Bereich der VMZ Wien" IT-Dienstleistungen aus. Die Bekanntmachung des Vergabeverfahrens erfolgte am 16.07.2019 zu GZ: 2019/S 116-284911 in der elektronischen Version des Supplements zum Amtsblatt der europäischen Union. Der geschätzte Auftragswert beträgt EUR XXXX Die Auftraggeberin führte ein offenes Verfahren zum Abschluss eines Dienstleistungsauftrags im Oberschwellenbereich nach dem Bestbieterprinzip durch (Auskünfte der Auftraggeberin).
1.1.2. Das Leistungsverzeichnis der Auftraggeberin sieht gemäß Teil D.5., Position 010100D112A folgendes vor:
"Kritische Leistungen
Der Auftraggeber kann kritische Leistungen iSd § 98 Abs 4 BVergG definieren.
Kritische Leistungen sind vom Bieter/Mitglied einer Arbeits- oder Bietergemeinschaft selbst oder von einem mit diesem verbundenen Unternehmen auszuführen. D.h., für die Ausführung von kritischen Leistungen dürfen keine Subunternehmer iSd BVergG herangezogen werden.
Folgende Leistungen werden als kritische Leistungen definiert:
Leistungen der XXXX jeder OG, der LG 95 jeder OG
Die XXXX enthält ausschließlich Leistungen der Informationsverarbeitung. Die LG 95 beinhaltet Instandhaltungsleistungen der durch den Auftragnehmer zu errichtenden Infrastruktur."
(Vergabeakt Ordner A, Register 2/1).
1.1.3. Die XXXX der Ausschreibung umfasst unter dem Überbegriff "Informationsverarbeitung" unter anderem die Installation, Konfiguration und die Parametrisierung der im Rahmen des Projektes eingesetzten SCADA-Software. Dies umfasst produktspezifische Anpassungen wie die Einbindung neuer Komponenten in die SCADA-Software und die damit verbundene Einbindung zusätzlicher Datenpunkte.
Die LG 95 der Ausschreibung umfasst unter dem Überbegriff "Instandhaltung" unter anderem die Anpassungen, Wartungen und Instandhaltungen der im Rahmen des Projektes eingesetzten SCADA-Software.
1.1.4. Bezüglich der Personalausstattung sieht das Leistungsverzeichnis gemäß Teil D.5., Position 010100.D113A Folgendes vor:
"Personalausstattung
Der Bieter muss nachweisen, dass er über genügend Mitarbeiter verfügt.
Es ist gemäß Formblatt "Nachweise gemäß §§ 80ff BVergG 2018" der Nachweis des jährlichen Mittels der Mitarbeiter zum Stichtag 01.01. in den letzten 3 Jahren (bzw. für den seit Unternehmensgründung bestehenden Zeitraum bei Unternehmen, die jünger als drei Jahre sind) zu erbringen.
Als Mindestanforderung wird festgelegt, dass der Bieter den Nachweis über mindestens 10 Mitarbeiter im oben genannten Zeitraum erbringen muss. Bei Bietergemeinschaften kann die Personalausstattung der einzelnen Mitglieder aufaddiert werden.
Als Mitarbeiter gelten Dienstnehmer (Vollzeit, Teilzeit, geringfügig Beschäftigte), freie Dienstnehmer und auf Werkvertragsbasis beschäftigte Personen und vertretungsbefugte Organe des Bieters/der Bietergemeinschaft, wie z.B. Geschäftsführer (Hinweis: freie Dienstnehmer und auf Werkvertragsbasis beschäftigte Personen sind im Subunternehmerverzeichnis anzuführen, falls diese als Nachweis für die technische Leistungsfähigkeit oder für die Zuschlagskriterien herangezogen werden)."
(Vergabeakt Ordner A, Register 2/1).
1.1.5. Die Angebotsöffnung fand am 29.07.2019 um 11 Uhr öffentlich statt.
Die Angebotssummen (ohne USt) der vier billigsten Bieter lauteten:
Reih ung
Bieter
Angebotsart
Bezeichnung
Gesamtpreis netto inkl. AS/NL
% Preis
% zu ges, AW
Zuschlags- kriterium
ange- boten
Punkten* bewertung
1
XXXX
Hauptangebot
XXXX
XXXX
XXXX
XXXX
Basisangebot
Basisangebot
XXXX
XXXX
XXXX
2
XXXX XXXX
Hauptangebot
XXXX
XXXX
XXXX
3
XXXX
Hauptangebot
XXXX
XXXX
XXXX
4
XXXX
Hauptangebot
XXXX
XXXX
XXXX
(Vergabeakt Ordner B, Register 3).
1.2. Zum Angebot der Antragstellerin
1.2.1. Die Antragstellerin legte mit 19.07.2019 ein Angebot. Beilage XXXX zum Angebot der Antragstellerin enthält bezüglich der Mitarbeiteranzahl eine Aufstellung, aus der hervorgeht, dass die Antragstellerin in den Jahren 2017, 2018 und 2019 jeweils über mehr als 10 Mitarbeiter verfügte. Zur Berechnung der jährlichen Mitarbeiterzahlen rechnete die Antragstellerin die im Mittel pro Kalenderjahr bei der Antragstellerin angestellten Dienstnehmer und die Werkvertragsnehmer zusammen und schlüsselte diese pro Kalenderjahr auf. (Angebot der Antragstellerin, Vergabeakt, Ordner B, Register 8/2).
1.2.2. Das Formblatt "Subunternehmerverzeichnis" im Angebot der Antragstellerin enthält unter anderem eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (im Folgenden "die von der Antragstellerin genannte Subunternehmerin") mit einem Werkvertrag für IT-Dienstleistungen als Subunternehmerleistung sowie drei weitere juristische Personen als Subunternehmer (Angebot der Antragstellerin, Vergabeakt Ordner B, Register 8/2). Natürliche Personen wurde im Formblatt "Subunternehmerverzeichnis" nicht genannt.
1.3. Aufklärungen zum Angebot
1.3.1. Mit Schreiben vom 01.08.2019 wies die Auftraggeberin die Antragstellerin darauf hin, dass im ANKÖ Auszug vom 31.07.2019 für die Jahre 2016, 2017 und 2018 unter "jährliches Mittel der beschäftigten Dienstnehmer" im Jahr 2016 weniger als zehn und in den Jahren 2017 und 2018 jeweils mehr als zehn Mitarbeiter ausgewiesen werden. Die Auftraggeberin forderte die Antragstellerin auf, zum Thema der Personalausstattung für die Jahre 2016, 2017 und 2018 Stellung zu nehmen und geeignete Nachweise vorzulegen.
Des Weiteren ersuchte die Auftraggeberin um Aufklärung zum im Subunternehmerverzeichnis der Antragstellerin ausgewiesenen Werkvertrag für IT-Dienstleistungen (Vergabeakt Ordner B, Register 4/4).
1.3.2. Mit Schreiben vom 06.08.2019 legte die Antragstellerin eine Tabelle zur Personalausstattung vor, aus der hervorging, dass die Antragstellerin in den Jahren 2017, 2018 und 2019 jeweils über mehr als zehn Mitarbeiter verfügte. Bezüglich des Einsatzes von Subunternehmern führte die Antragstellerin im Schreiben vom 06.08.2019 (auszugsweise) Folgendes aus (Auszug - Anmerkungen nicht im Original):
"Ad 5) Aufklärung
Die XXXX und ... (Anmerkung: die von der Antragstellerin genannte
Subunternehmerin) haben gemeinsam ein neues SCADA/DCS System
entwickelt, welches auf dem Markt als Produkt .... (Anmerkung: Name
des Produkts) angeboten wird. ... (Anmerkung: die von der
Antragstellerin genannte Subunternehmerin und ein Werkvertragsnehmer
der Antragstellerin) ist jedoch auf Werkvertragsbasis für XXXX tätig
und entwickelt und supported das Produkt. Da für das gegenständliche
Projekt auch .... (Anmerkung: Name des Produkts) vorgesehen ist, und
für die Personenanzahl auch auf Werkvertragsbasis beschäftigte
Personen gelten, ist (Anmerkung: ein Werkvertragsnehmer der
Antragstellerin) .... als Subunternehmer genannt. Darüber hinaus ist
... (Anmerkung: ein Werkvertragsnehmer der Antragstellerin) für
produktspezifische Anpassungen eingesetzt und nicht für kritische
Leistungen lt. Ausschreibung. Wir können daher nochmals bestätigen,
dass die Nennung der ... (Anmerkung: die von der Antragstellerin
genannte Subunternehmerin) nicht im Zusammenhang mit den Leistungen der XXXX jeder OG steht und im Zusammenhang mit kritischen Leistungen keine Subunternehmer herangezogen werden, sondern diese Leistungen ausschließlich von unserem Unternehmen erbracht werden."
(Vergabeakt Ordner B, Register 4/4).
Bei dem von der Antragstellerin in der Aufklärung vom 06.08.2019 genannten Werkvertragsnehmer handelt es sich um eine natürliche Person.
1.3.3. Mit Schreiben vom 13.08.2019 forderte die Auftraggeberin die Antragstellerin auf, Nachweise vorzulegen, aus denen hervorgeht, dass aufgrund des gelegten Angebotes das jährliche Mittel der beschäftigten Dienstnehmer in den Jahren 2016, 2017 und 2018 mindestens zehn betragen hat. Des Weiteren ersuchte die Auftraggeberin die Antragstellerin mit Schreiben vom 13.08.2019, die Verpflichtungserklärung der Subunternehmer vorzulegen.
1.3.4. Mit Schreiben vom 19.08.2019 legte die Antragstellerin zur Position der Mitarbeiterausstattung Mitarbeiterzahlen zur Aufklärung vor, aus denen hervorging, dass die Antragstellerin im Jahr im Mittel 2016 weniger als zehn, in den Jahren 2017 und 2018 jeweils im Mittel mehr als zehn Mitarbeiter hatte. Unter dem Titel "Durchschnitt der Jahre 2016, 2017, 2018" legte die Antragstellerin 11,16 Personen dar. Unter dem Titel "Durchschnitt der Jahre 2017, 2018, 2019" legte die Antragstellerin 13,69 Personen dar. Zur Berechnung der jährlichen Mitarbeiterzahlen rechnete die Antragstellerin die im Mittel pro Kalenderjahr bei der Antragstellerin angestellten Dienstnehmer und die Werkvertragsnehmer zusammen und schlüsselte diese pro Kalenderjahr auf.
Des Weiteren legte die Antragstellerin das Formblatt "Verpflichtungserklärung für Subunternehmer" für von ihr genannte Subunternehmerin vor.
(Vergabeakt Ordner B, Register 4/4).
1.4. Ausscheidensentscheidung
1.4.1. Mit Schreiben vom 26.08.2019, an die Antragstellerin versendet am 27.08.2019, teilte die Auftraggeberin der Antragstellerin mit, dass das Angebot der Antragstellerin ausgeschieden wurde.
1.4.2. Im Zusammenhang mit der Personalausstattung begründete die Auftraggeberin das Ausscheiden des Angebotes (auszugsweise) folgendermaßen:
"Entsprechend den bestandsfest gewordenen Ausschreibungsunterlagen waren zum Nachweis der Personalausstattung die Jahre 2016/2017/2018
heranzuziehen... Aufgrund der vorliegenden Unterlagen ... wurde der
geforderte Nachweis iZm der Personalausstattung für das Jahr 2016 nicht erbracht. Die geforderte technische Leistungsfähigkeit konnte somit nicht nachgewiesen werden." 1.4.3. Im Zusammenhang mit der Erbringung kritischer Leistungen durch Subunternehmer begründete die Auftraggeberin das Ausscheiden des Angebotes (auszugsweise) folgendermaßen (Anmerkung nicht im Original):
"Diese Erklärung (Anm: Verpflichtungserklärung des Subunternehmers) wiederspricht Ihrer ersten Aufklärung vom 06.08.2019. Des Weiteren sind produktspezifische Anpassungen des Leitungssystems (SCADA-Software), welche aus den Erfordernissen des gegenständlichen Projekts heraus zu täten sind, dem Projekt und somit den kritischen Leistungen zuzurechnen, da der Auftraggeberin bekannt ist, dass die erforderlichen Produkteigenschaften für die erfolgreiche Projektumsetzung in mehreren am Markt verfügbaren Produkten bereits seit mehreren Jahren verfügbar sind."
(Vergabeakt Ordner B, Register 6).
1.4.4. Die von der Antragstellerin genannte Subunternehmerin und die Antragstellerin haben ein in dem ausgeschriebenen Projekt unter anderem zur Verwendung beabsichtigtes Produkt gemeinsam entwickelt. Es handelt sich dabei um ein SCADA/DCS Leitsystem. Der von der Antragstellerin angeführte Werkvertragsnehmer hat das für den Einsatz in dem ausgeschriebenen Projekt beabsichtigte Produkt mitentwickelt und hat umfassende Kenntnisse von diesem Produkt.
1.4.5. Die von der Antragstellerin genannte Subunternehmerin und/oder der von der Antragstellerin genannte Werkvertragsnehmer würden im Rahmen der Umsetzung des ausgeschriebenen Projektes unter anderem auch IT - Dienstleistungen der Installation, Konfiguration und Parametrisierung und/oder Instandhaltung, Wartung und Anpassung der SCADA-Software für die Antragstellerin erbringen.
1.5. Zuschlagsentscheidung und Stand des Vergabeverfahrens
1.5.1. Mit Schreiben vom 02.09.2019 teilte die Auftraggeberin den Bietern mit, dass sie beabsichtigt, den Zuschlag der XXXX als Bestbieterin zu erteilen (Vergabeakt Ordner B, Register 7/3).
1.5.2. Die Auftraggeberin hat weder den Zuschlag erteilt, noch das Vergabeverfahren widerrufen (Auskünfte der Auftraggeberin).
1.6. Die Antragstellerin bezahlte Pauschalgebühren in Höhe von EUR 3.240,--.
1.7. Die Antragstellerin hatte bislang Aufwendungen in Höhe von ca. EUR XXXX ,-- für die Teilnahme am Vergabeverfahren.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den jeweils in Klammern genannten Quellen. Diese sind die Unterlagen des Vergabeverfahrens, sowie Auskünfte, die nur die Auftraggeberin erteilen kann.
2.2. Die Echtheit und Richtigkeit von herangezogenen Unterlagen hat keine der Verfahrensparteien bestritten. Diese Beweismittel sind daher echt. Ihre inhaltliche Richtigkeit steht außer Zweifel. Widersprüche in den Unterlagen traten nicht auf.
2.3. Die Angaben der Auftraggeberin bezüglich des Inhaltes und der Abgrenzung der im Leistungsverzeichnis unter XXXX und LG 95 enthaltenen Leistungen (Punkt 1.1.3. der Feststellungen) waren nachvollziehbar und decken sich mit den diesbezüglichen Inhalten des Vergabeaktes (Ordner A, Register 1/2). Sie wurden nicht bestritten (Protokoll der mündlichen Verhandlung = OZ 22, S. 6).
2.4. Die Feststellungen zur Entwicklung und Lizenzierung der SCADA-Software und insbesondere des von der Antragstellerin zum Einsatz beabsichtigten Produktes (Punkt 1.4.4. der Feststellungen) ergeben sich aus den Aufklärungen der Antragstellerin vom 06.08.2019 (zitiert unter 1.3.2. der Feststellungen) den diesbezüglichen Angaben des Herrn XXXX in der mündlichen Verhandlung (OZ 22, S. 5).
2.5. Die Feststellung, dass sowohl die von der Antragstellerin genannte Subunternehmerin als auch der Werkvertragsnehmer als Subunternehmer zur Installation, Konfiguration und Parametrisierung und/oder Instandhaltung, Wartung und Anpassung der SCADA-Software eingesetzt werden würden, ergibt sich aus den Angaben der Antragstellerin in ihrem Angebot, in den Aufklärungen und in der mündlichen Verhandlung: Bereits im Angebot nannte die Antragstellerin die Subunternehmerin für IT-Dienstleistungen, ohne dies näher zu konkretisieren. In der Aufklärung vom 06.08.2019 gab die Antragstellerin an, dass sie das SCADA/DCS System gemeinsam mit der von der Antragstellerin genannten Subunternehmerin entwickelt habe. Die von der Antragstellerin genannte Subunternehmerin würde das Produkt supporten und ein weiterer Mitarbeiter (der Werkvertragsnehmer) wäre als Subunternehmer auf Werkvertragsbasis für produktspezifische Anpassungen im Einsatz. Die von der Antragstellerin genannte Subunternehmerin und der Werkvertragsnehmer würden aber nicht für kritische Leistungen eingesetzt. In der mündlichen Verhandlung gab XXXX dann weiter an, dass der Werkvertragsnehmer Entwicklungen an dem Produkt vorgenommen habe und das Produkt am besten kennen würde. Die umfassenden Kenntnisse des Werkvertragsnehmers von dem Produkt sind in die Preisgestaltung der Antragstellerin eingelfossen (OZ 22 S. 5-6).
Diese Angaben stützen die Annahme der Auftraggeberin, die von der Antragstellerin genannte Subunternehmerin würde im Rahmen der im Angebot angeführten IT- Dienstleistungen auch kritische Leistungen im Sinne der Ausschreibung erbringen: Gerade, weil die Antragstellerin mit der von der Antragstellerin genannten Subunternehmerin bei der Entwicklung zusammengearbeitet hat, ist davon auszugehen, dass ein Einsatz der von der Antragstellerin genannten Subunternehmerin für nicht näher spezifizierte IT-Dienstleistungen nicht nur Leistungen wie Softwareupdates umfassen würde, sondern auch Anpassungen der Software für die Erfordernisse des Projektes. Das entsprechende Know-How ist nach den Angaben von Herrn XXXX bei dem laut Aufklärung vom 06.08.2019 ebenfalls als Subunternehmer eingesetzten Werkvertragsnehmer in besonderem Maß vorhanden, so dass auch hier mit Subunternehmerleistungen im Bereich der Anpassung der Software für die Erfordernisse der Auftraggeberin im Projekt zu rechnen wäre. Bekräftigt wird dies durch die Angaben von Herrn XXXX , wonach das Wissen des Werkvertragsnehmers bezüglich des zum Einsatz in dem Projekt in Aussicht genommenen Produktes im besonderen Maß in die Preisgestaltung eingeflossen ist. Es ist nicht davon auszugehen und wäre nicht nachvollziehbar, dass dieses Wissen zwar in die Preisgestaltung einfließt, dann im Projekt bei der konkreten Anpassung der Software entsprechend den Anforderungen der Auftraggeberin von der Antragstellerin nicht genutzt wird.
Dieser Schluss ergab sich für die Auftraggeberin auch bereits aus den Angaben der Antragstellerin im Angebot und in ihrem Schreiben vom 06.08.2019, zumal dort auf die gemeinsame Entwicklung und den Support des Produktes und die Leistungen des Werkvertragsnehmers als Subunternehmer verwiesen wird. Die Auftraggeberin konnte bereits aufgrund dieser Angaben nicht ausschließen, dass davon auch projektspezifische Leistungen im Sinne der kritischen Leistungen der XXXX und 95 der Ausschreibung erfasst waren. Diese Annahme wurde durch die Angaben der Antragstellerin in der Aufklärung vom 06.08.2019 insofern gestützt, als die Antragstellerin mit der für IT-Dienstleistungen vorgesehenen Subunternehmern eine zentrale Projektkomponente, nämlich ein SCADA/DCS Produkt, gemeinsam entwickelt hat und diese auch zum Support des Produkts heranzieht. Zudem wurde - entgegen den Angaben im Angebot - in der Aufklärung vom 06.08.2019 der Werkvertragsnehmer als zusätzlicher Subunternehmer angegeben. Insofern lag zwischen dem Angebot und der Aufklärung der Antragstellerin vom 06.08.2019 ein Widerspruch vor. Die Annahme der Auftraggeberin bezüglich des Einsatzes von Subunternehmern für kritische Leistungen war somit weder willkürlich, noch subjektiv, sondern durch die vorgelegten Unterlagen nachvollziehbar und wurde durch die Angaben des Geschäftsführers der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung - wie oben dargelegt - untermauert.
Aus diesem Grund war die Feststellung zu treffen, dass sowohl die von der Antragstellerin genannte Subunternehmerin als auch der (erst ab der Aufklärung vom 06.08.2019 und in der mündlichen Verhandlung erneut) ausdrücklich als Subunternehmer genannte Werkvertragsnehmer, kritische Leistungen im Sinne der Konfiguration der Software ( XXXX) und/oder der späteren Wartung (LG 95) erbringen würden.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und zur formalen Zulässigkeit
3.1.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 328 Abs 1 Bundesgesetz über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2018 - BVergG 2018), BGBl I 2018/65 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 327 BVergG 2018, soweit es sich nicht um die um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über einen Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten. Vorliegend hat das Bundesverwaltungsgericht über den oben wiedergegebenen Nachprüfungsantrag zu entscheiden. Somit liegt Senatszuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
3.1.2. Die ASFINAG ist öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 4 Abs. 1 Z 2 BVergG 2018. Bei der gegenständlichen Ausschreibung handelt es sich gemäß § 7 BVergG 2018 um einen Dienstleistungsauftrag. Der geschätzte Auftragswert liegt jedenfalls über dem relevanten Schwellenwert des § 12 Abs. 1 BVergG 2018, sodass es sich um ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich handelt. Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich des BVergG 2018. Da das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 334 Abs. 2 Z 2 BVergG 2018 zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen eines Auftraggebers zuständig.
3.1.3. Die Anträge auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung vom 26.08.2019, an die Antragstellerin versendet am 27.08.2019, und auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 02.09.2019 wurden jeweils rechtzeitig eingebracht. Sie enthalten alle in § 344 Abs. 1 BVergG 2018 geforderten Inhalte. Ein Grund für eine Unzulässigkeit gemäß § 344 Abs. 2 BVergG 2018 liegt nicht vor. Die Antragstellerin entrichtete die Pauschalgebühren in der erforderlichen Höhe (§340 Abs 1 Z 1, 3 und 4 BVergG 2018 iVm § 1 BVwG-Pauschalgebührenverordnung Vergabe 2018, BGBl II Nr 212/2018 - Dienstleistungsaufträge im Oberschwellenbereich).
3.2. Zu A) I. Abweisung des Antrages auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung
3.2.1. Die maßgeblichen Bestimmungen BVergG 2018 lauten:
Subunternehmerleistungen
§ 98
...
(4) Der öffentliche Auftraggeber kann
1. bei Bau- oder Dienstleistungsaufträgen sowie bei Verlege- oder Installationsarbeiten im Zusammenhang mit einem Lieferauftrag vorschreiben, dass bestimmte, von ihm festgelegte kritische Aufgaben vom Bieter selbst, von einem mit diesem verbundenen Unternehmen, oder - im Falle der Teilnahme einer Arbeits- oder Bietergemeinschaft am Vergabeverfahren - von einem Mitglied dieser Arbeits- oder Bietergemeinschaft ausgeführt werden müssen, oder
2. den Rückgriff auf Subunternehmer in der Ausschreibung im Einzelfall beschränken, sofern dies durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt und angemessen ist.
...
Ausscheiden von Angeboten
§ 141. (1) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung hat der öffentliche Auftraggeber aufgrund des Ergebnisses der Prüfung folgende Angebote auszuscheiden:
...
2. Angebote von Bietern, deren Eignung nicht gegeben ist, oder
....
7. den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote, Teil-, Alternativ-, Varianten- und Abänderungsangebote, wenn sie nicht zugelassen wurden, nicht gleichwertige Alternativ- oder Abänderungsangebote und Alternativangebote, die die Mindestanforderungen nicht erfüllen, sowie fehlerhafte oder unvollständige Angebote, wenn deren Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind, oder
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Grundsätze des Vergabeverfahrens
§ 193. (1) Vergabeverfahren sind nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der unionsrechtlichen Grundsätze wie insbesondere der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter, der Nichtdiskriminierung, der Verhältnismäßigkeit, der Transparenz sowie des freien und lauteren Wettbewerbes und unter Wahrung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit durchzuführen. Die Vergabe hat an geeignete Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen.
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Einleitung des Verfahrens
§ 342. (1) Ein Unternehmer kann bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern
1. er ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages behauptet, und
2. ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
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Parteien des Nachprüfungsverfahrens
§ 346. (1) Parteien des Nachprüfungsverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht sind jedenfalls der Antragsteller und der Auftraggeber. Soweit eine zentrale Beschaffungsstelle ein Vergabeverfahren oder Teile eines Vergabeverfahrens als vergebende Stelle durchführt, tritt sie als Partei des Nachprüfungsverfahrens an die Stelle des Auftraggebers. Der Auftraggeber kann, soweit die zentrale Beschaffungsstelle an seine Stelle tritt, dem Nachprüfungsverfahren als Nebenintervenient beitreten; §§ 17 Abs. 1, 18 Abs. 1 und 19 Abs. 1 ZPO sind sinngemäß anzuwenden. Wird ein Vergabeverfahren von mehreren Auftraggebern gemeinsam durchgeführt, so bilden die in der Ausschreibung genannten Auftraggeber eine Streitgenossenschaft im Nachprüfungsverfahren. Die Bestimmungen der §§ 14 und 15 ZPO sind sinngemäß anzuwenden.
(2) Parteien des Nachprüfungsverfahrens sind ferner jene Unternehmer, die durch die vom Antragsteller begehrte Entscheidung unmittelbar in ihren rechtlich geschützten Interessen nachteilig betroffen sein können (Antragsgegner); insbesondere ist im Falle der Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung der für den Zuschlag in Aussicht genommene Bieter Partei des Nachprüfungsverfahrens.
(3) Der in einer Zuschlagsentscheidung für den Zuschlag in Aussicht genommene Bieter verliert seine Parteistellung, wenn er seine begründeten Einwendungen gegen die vom Antragsteller begehrte Entscheidung nicht binnen zehn Tagen ab Zustellung der Verständigung über die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens erhebt. Andere Parteien im Sinne des Abs. 2 verlieren ihre Parteistellung, wenn sie ihre begründeten Einwendungen gegen die vom Antragsteller begehrte Entscheidung nicht binnen zehn Tagen ab Bekanntmachung der Verfahrenseinleitung nach § 345 Abs. 1 erheben. Sofern eine mündliche Verhandlung vor Ablauf dieser Fristen stattfindet, können die Einwendungen spätestens in der mündlichen Verhandlung erhoben werden. § 42 Abs. 3 AVG gilt sinngemäß.
Nichtigerklärung von Entscheidungen des Auftraggebers
§ 347. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers mit Erkenntnis für nichtig zu erklären, wenn
1. sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte rechtswidrig ist und
2. die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.
(2) Als Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen kommt insbesondere auch die Streichung von für Unternehmer diskriminierenden Anforderungen hinsichtlich technischer Leistungsmerkmale sowie hinsichtlich der wirtschaftlichen oder finanziellen Leistungsfähigkeit in der Ausschreibung in Betracht.
(3) Erklärt das Bundesverwaltungsgericht eine gesondert anfechtbare Entscheidung für nichtig, ist der Auftraggeber verpflichtet, in dem betreffenden Vergabeverfahren mit den ihm zu Gebote stehenden Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Bundesverwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
3.2.2. Die Antragsvoraussetzungen gemäß § 342 Abs. 1 BVergG 2018 liegen bei der Antragstellerin bezüglich des Antrages auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung vor. Die Antragstellerin hat ihr Interesse am Vertragsabschluss durch Abgabe des Angebotes vom 19.07.2019 nachgewiesen und einen drohenden Schaden aufgrund der Ausscheidensentscheidung in Form von Aufwendungen für die Teilnahme am Vergabeverfahren plausibel vorgebracht. Der Antragstellerin kommt jedenfalls Legitimation zur Überprüfung ihres eigenen Ausscheidens zu (VwGH 25.01.2011, 2009/04/0302).
3.2.3. Die Auftraggeberin begründet das Ausscheiden zum einen mit der fehlenden technischen Leistungsfähigkeit, weil die Antragstellerin den Nachweis der laut Ausschreibung erforderlichen Personalausstattung nicht erbracht hat (§ 141 Abs. 1 Z 2 BVergG 2018). Zum anderen würde die Antragstellerin kritische Leistungen laut Ausschreibung an einen Subunternehmer weitergeben, weshalb das Angebot ausschreibungswidrig sei (§ 141 Abs. 1 Z 7 BVergG 2018).
3.2.4. Zum Ausscheiden wegen fehlender Personalausstattung (§ 141 Abs. 1 Z 2 BVergG 2018): Im gegenständlichen Vergabeverfahren wurde die Ausschreibung nicht angefochten. Sie ist daher bestandsfest geworden und alle am Vergabeverfahren Beteiligten sind daran gebunden (st Rspr zB VwGH 14.04.2011, 2008/04/0065). Die von einem öffentlichen Auftraggeber festgelegten Kriterien sind von ihm selbst strikt einzuhalten (EuGH 14.12.2016, C-171/15 Connexxion Taxi Services, Rn 38). Zudem verlangt der Grundsatz der Gleichbehandlung, dass die an einer öffentlichen Ausschreibung interessierten Wirtschaftsteilnehmer bei der Abfassung ihrer Angebote die gleichen Chancen haben müssen, dass sie genau erkennen können, welche Bedingungen sie in dem Verfahren zu beachten haben, und dass sie die Gewissheit haben können, dass für alle Wettbewerber die gleichen Bedingungen gelten (EuGH 14.12.2016, C-171/15 Connexxion Taxi Services, Rn 39,. EuGH 02.06.2016, C-27/15, Pizzo, Rn. 36). Die Auslegung von Ausschreibungsbestimmungen hat nach dem objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlichen fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt zu erfolgen. Im Zweifel sind Festlegungen in den Ausschreibungsbestimmungen gesetzeskonform und sohin in Übereinstimmung mit den maßgeblichen Bestimmungen zu lesen. Auf den vermuteten Sinn und Zweck kommt es nicht an. Maßgeblich ist der objektive Erklärungswert (VwGH 01.02.2017, Ro 2016/04/0054).
3.2.5. Ausgehend von den bestandsfesten Bestimmungen der Ausschreibung ist zum Ausscheidensgrund der fehlenden technischen Leistungsfähigkeit auszuführen: Gemäß dem Eignungskriterium "Personalausstattung" (00D113A) hat der Bieter den "Nachweis des jährlichen Mittels der Mitarbeiter zum Stichtag 01.01. in den letzten drei Jahren... zu erbringen". Als Mindestanforderung wird festgelegt, dass der Bieter den Nachweis über mindestens zehn Mitarbeiter in diesem Zeitraum erbringen muss. Die Antragstellerin legte im Angebot Mitarbeiterzahlen für die Jahre 2017, 2018 und 2019 im Ausmaß von jeweils mehr als zehn Mitarbeitern vor. Im Zuge des Aufklärungsersuchens durch die Auftraggeberin legte die Antragstellerin schließlich dar, dass sie in den Jahren 2016 über weniger als zehn Mitarbeiter, im Jahr 2017 und im Jahr 2018 jeweils über mehr als zehn Mitarbeiter verfügte. Die Antragstellerin addierte in ihrer Aufklärung vom 19.08.2019 die jährliche durchschnittliche Mitarbeiteranzahl der Jahre 2016, 2017 und 2018, dividierte das Ergebnis durch drei und führte auf Basis dieser Berechnung als Durchschnitt dieser drei Jahre eine Mitarbeiteranzahl von 11,16 an. Aus Sicht der Antragstellerin wurde dadurch der nach dem Eignungskriterium "Personalausstattung" geforderte Nachweis über mindestens zehn Mitarbeiter zum Stichtag 01.01. in den letzten drei Jahren erbracht. Auf Basis der Angaben der Antragstellerin in der Aufklärung vom 19.08.2019 steht fest, dass die Antragstellerin im Jahr 2016 weniger als zehn Mitarbeiter hatte.
Die Auftraggeberin und die präsumtive Zuschlagsempfängerin bringen vor, dass das Eignungskriterium "Personalausstattung" so auszulegen ist, dass ein Bieter in den letzten drei Jahren vor dem Stichtag 01.01. und somit in den Jahren 2016, 2017 und 2018 im jährlichen Mittel jeweils über mindestens zehn Mitarbeiter verfügen muss.
Zu klären sind vor dem Hintergrund des Angebotes und der Angaben der Antragstellerin in den Aufklärungen zum einen die für den Nachweis der Personalerstattung relevanten Jahre und zum anderen die Frage, worauf sich der "Nachweis des jährlichen Mittels der Mitarbeiter" bezieht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Auftraggeberin sich bei dem Eignungskriterium "Personalausstattung" an der Liste der Nachweise der technischen Leistungsfähigkeit gemäß Anhang XI zum BVergG 2018 gemäß § 85 Abs. 1 BVergG 2018 orientiert hat. Gemäß Anhang XI. Abs. 3 Z. 8 BVergG 2018 kann als Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit bei Dienstleistungsaufträgen unter anderem verlangt werden: "Eine Erklärung, aus der das jährliche Mittel der vom Unternehmer in den letzten drei Jahren Beschäftigten und die Anzahl seiner Führungskräfte in den letzten drei Jahren ersichtlich sind".
Die Antragstellerin hat abweichend von der Formulierung des Anhanges XI. Abs. 3 Z. 8 BVergG 2018 den Nachweis der Mitarbeiter zum Stichtag 01.01. in den letzten drei Jahren verlangt. Die Antragstellerin zog in ihrem Angebot auch das Jahr 2019 als maßgeblich heran und wich schon damit von dem in der Ausschreibung festgelegten Stichtag ab. Die Antragstellerin verfügte im Zeitpunkt der Stellung des Angebotes mit 19.07.2019 über mehr als zehn Mitarbeiter und bezog die Mitarbeiteranzahl somit auf die erste Jahreshälfte 2019 und nicht auf den Stichtag 01.01.2019. Die erforderliche Personalausstattung ist aber entgegen den Ausführungen der Antragstellerin so zu verstehen, dass es auf die Mitarbeiterausstattung in einem ganzen Kalenderjahr ankommt. Dies erklärt sich daraus, dass ansonsten die Festlegung der "letzten drei Jahre" keinen Sinn ergeben würde, weil die Bieter bei Einbeziehung von noch nicht abgeschlossenen Geschäftsjahren eben nur die Mitarbeiteranzahl von zwei Jahren und jenem Zeitraum des angefangenen Geschäftsjahres, bis zu dem das Angebot gelegt wurde, nachzuweisen hätten und nicht drei volle Jahre. Die Ausschreibung stellt aber explizit auf drei Jahre ab, was nicht durch die Heranziehung von Rumpfjahren umgangen werden soll. Daraus ergibt sich, dass drei volle Geschäftsjahre gemeint sind. Bei dieser Auslegung ist zu berücksichtigen, dass die Ausschreibung nach ihrem Wortlaut und in Überstimmung mit den gesetzlichen Bestimmungen auszulegen ist. Sowohl der Wortlaut der Ausschreibung als auch die verwandte Bestimmung des Anhanges XI. Abs. 3 Z. 8 BVergG 2018 stellen auf drei Jahre und nicht auf Rumpfjahre ab, weshalb die Mitarbeiteranzahl jedenfalls für drei volle Geschäftsjahre nachzuweisen ist. Eine Ausnahme vom Erfordernis, eine jährliche Mindestmitarbeiterausstattung für drei volle Geschäftsjahre zu belegen, besteht nach den Ausschreibungsbestimmungen nur bei Unternehmen, die jünger als drei Jahre sind. Dies ist bei der Antragstellerin - auf Basis der von ihr vorgelegten Informationen - nicht der Fall.
Die Festlegung eines Stichtages mit 01.01. durch die Auftraggeberin dient schließlich der Klarstellung, dass das Kalenderjahr und nicht ein abweichendes Geschäftsjahr eines Bieters gemeint ist.
Das Eignungskriterium "Personalausstattung" ist somit bei einer Auslegung nach dem objektiven Erklärungswert so zu verstehen, dass ein Bieter den Nachweis der ausreichenden Personalausstattung für drei volle abgelaufene Geschäftsjahre jeweils zum Stichtag 01.01. zu erbringen hat.
Die Antragstellerin wies mit dem Angebot jedenfalls keine ausreichende Personalausstattung im Sinne der Ausschreibung nach, zumal sie im Angebot die Jahre 2017, 2018 und 2019 für die Anzahl der beschäftigten Mitarbeiter heranzog. Bei richtiger Auslegung waren die Mitarbeiterzahlen für drei vorangegangene volle Geschäftsjahre nachzuweisen, dies jeweils zum Stichtag 01.01.. Dies waren im Zeitpunkt der Ausschreibung die Jahre 2016, 2017 und 2018.
Im Zuge der Aufklärung legte die Antragstellerin dann weiter dar, dass sie zwar im Jahr 2016 über weniger als zehn Mitarbeiter verfügte, dafür aber im Jahr 2017 und 2018 über jeweils mehr als zehn Mitarbeiter. In der Aufklärung summierte die Antragstellerin die Mitarbeiterstände aus den drei Jahren und dividierte sie durch drei (Jahre), sodass sich daraus ein Mitarbeiterstand von durchschnittlich 11,16 für die Jahre 2016 bis 2018 ergab. Aus Sicht der Antragstellerin stellt dies einen ausreichenden Nachweis des jährlichen Mittels der Mitarbeiter von zumindest zehn Mitarbeitern im Sinne des Eignungskriteriums "Personalausstattung" dar. Diese Auslegung ist aber mit dem Wortlaut der Ausschreibung und der dahinterstehenden gesetzlichen Vorgabe aus Anhan