Entscheidungsdatum
18.11.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W277 2221707-1/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. ESCHLBÖCK, MBA, über die Beschwerde von XXXX , XXXX , StA. XXXX , vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX , zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
I. Verfahrensgang
1. Die Beschwerdeführerin (in der Folge: BF), eine Staatsangehörige der Russischen Föderation, stellte am XXXX im Bundesgebiet einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz und wurde am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt.
2. Nach einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) am XXXX wurde mit Bescheid vom XXXX , der Antrag auf internationalen Schutz gem. § 5 Abs. 1 AsylG zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) und die Außerlandesbringung nach XXXX angeordnet (Spruchpunkt II.). Die dagegen gerichtete Beschwerde vom XXXX wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom XXXX zur Zl. XXXX als unbegründet abgewiesen.
3. Am XXXX stellte die BF den gegenständlichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz. Anlässlich der Befragung am selben Tag brachte die BF zu ihren Fluchtgründen vor, dass ihr Vater und ihr Bruder XXXX , dass sie einen "alten Mann" heirate. Sie sei dagegen gewesen. Zur gleichen Zeit habe sie ihren jetzigen Mann über das Internet kennengelernt. Im XXXX sei sie nach Österreich gereist und habe ihn hier geheiratet. Im Falle einer Rückkehr befürchte die BF, von ihrem Vater und Bruder getötet zu werden, weil sie den "alten Mann" nicht geheiratet habe. Dieser Mann sei eine mächtige Person in XXXX und empfinde es als Schande, dass sie nicht ihn geheiratet habe. Er würde sie ebenfalls töten wollen.
4. Am XXXX wurde die BF vor dem BFA niederschriftlich einvernommen.
5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom XXXX wurde der Antrag auf internationalen Schutz der BF bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und des Status der subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.), eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass die Abschiebung in die Russische Föderation zulässig ist (Spruchpunkt V.). Die Frist zur freiwilligen Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).
6. Das BFA stellte der BF amtswegig einen Rechtsberater zur Seite.
7. Mit Schriftsatz vom XXXX erhob die BF durch ihren Rechtsvertreter, XXXX , binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde ein.
8. Am XXXX brachte die BF durch ihren Rechtsvertreter eine Stellungnahme zu den durch das Bundesverwaltungsgericht übermittelten Länderberichten ein.
9. Das Bundesverwaltungsgericht führte am XXXX eine öffentliche, mündliche Verhandlung unter Beiziehung einer geeigneten Dolmetscherin für die Sprache Russisch durch, an welcher die BF und ihre Rechtsvertretung teilnahmen. Die BF wurde ausführlich zu ihrer Person und den Fluchtgründen befragt, und es wurde ihr Gelegenheit gegeben, die Fluchtgründe umfassend darzulegen sowie zu den im Rahmen der Verhandlung in das Verfahren eingeführten und ihr mit der Ladung zugestellten Länderberichten Stellung zu nehmen. Die BF legte vier Gehaltsabrechnungen ihres Ehemanns (Beilage ./A) vor.
10. Das Bundesverwaltungsgericht führte eine Strafregisterabfrage durch. Es scheint keine Verurteilung auf.
II. Für das Bundesverwaltungsgericht ergibt sich daraus wie folgt:
1. Feststellungen
1.1. Zur Person der BF
Die BF ist eine russische Staatsangehörige und gehört der Volksgruppe der Tschetschenen an. Sie ist in XXXX , Republik Tschetschenien, geboren und ist in XXXX (andere Schreibweise: XXXX), Republik Tschetschenien, aufgewachsen. Vor Ihrer Ausreise lebte sie circa zwei Monate lang in XXXX . Sie ist muslimischen Glaubens.
Die BF ist volljährig, im erwerbsfähigen Alter und spricht Russisch und Tschetschenisch. Sie hat im Herkunftsstaat eine XXXX jährige Schulausbildung genossen.
Ihre Eltern, XXXX Brüder und XXXX Schwester sowie die XXXX Onkel väterlicherseits leben in XXXX . Eine Schwester der BF lebt in XXXX . Drei Tanten väterlicherseits leben in XXXX Drei Tanten und zwei Onkel mütterlicherseits leben in XXXX und in XXXX .
Die BF ist verheiratet. Ein Onkel und eine Tante ihres Ehemannes leben in XXXX , eine Tante lebt in XXXX . Weitere Tanten und Onkel des Ehemannes leben in Tschetschenien. Die Eltern, Geschwister und der Onkel des Ehemannes leben im Bundesgebiet.
Die BF leidet an keiner schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankung und ist strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zum Fluchtvorbringen der BF
Die BF ist keiner konkreten, asylrelevanten Verfolgung bzw. Bedrohung im Herkunftsstaat Russische Föderation ausgesetzt.
1.3. Zur maßgeblichen Situation in der Russischen Föderation
Aus den ins Verfahren eingeführten, mit der Ladung zugestellten und im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 30.09.2019 (in der Folge: LIB) zitierten Länderberichten zur Lage in der Russischen Föderation ergibt sich Folgendes:
1.3.1. Relevante Bevölkerungsgruppen - Frauen im Nordkaukasus, insbesondere in Tschetschenien
Die Situation von Frauen im Nordkaukasus unterscheidet sich zum Teil von der in anderen Regionen Russlands. Fälle von Ehrenmorden, häuslicher Gewalt, Entführungen und Zwangsverheiratungen sind laut NGOs nach wie vor ein Problem in Tschetschenien (ÖB Moskau 12.2018, vgl. AA 13.2.2019). Verlässliche Statistiken dazu gibt es kaum. Die Gewalt gegen Frauen bleibt in der Region ein Thema, dem von Seiten der Regional- und Zentralbehörden zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Erschwert wird die Situation durch die Ko-Existenz dreier Rechtssysteme in der Region - dem russischen Recht, dem Gewohnheitsrecht ("Adat") und der Scharia. Gerichtsentscheidungen werden häufig nicht umgesetzt, lokale Behörden richten sich mehr nach "Traditionen" als nach den russischen Rechtsvorschriften. Insbesondere der Fokus auf traditionelle Werte und Moralvorstellungen, die in der Republik Tschetschenien unter Ramzan Kadyrow propagiert werden, schränkt die Rolle der Frau in der Gesellschaft ein. Das Komitee zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau sprach im Rahmen seiner Empfehlungen an die Russische Föderation in diesem Zusammenhang von einer "Kultur des Schweigens und der Straflosigkeit" (ÖB Moskau 12.2018). Außerdem weist sie auf eine Form der Polygamie hin, die zwar offiziell nicht zulässig, aber durch die Parallelität von staatlich anerkannter und inoffizieller islamischer Ehe faktisch möglich ist (AA 13.2.2019).
Die Behandlung von Frauen, wie sie heute existiert, soll aber nie eine Tradition in Tschetschenien gewesen sein. Frauen sind sowohl unter islamischem Recht als auch im Adat hochgeschätzt (EASO - European Asylum Support Office (9.2014): Bericht zu Frauen, Ehe, Scheidung und Sorgerecht in Tschetschenien (Islamisierung; häusliche Gewalt; Vergewaltigung; Brautentführung; Waisenhäuser)). Allerdings ist die Realität in Tschetschenien, dass Gewalt gegen Frauen weit verbreitet und die Situation im Allgemeinen für Frauen schwierig ist. Auch die Religion ist ein Rückschlag für die Frauen und stellt sie in eine den Männern untergeordnete Position (EASO 9.2014, vgl. Welt.de (14.2.2017): Immer ein echter Mann zu sein - das ist eine Last).
Häusliche Gewalt, die überall in Russland ein großes Problem darstellt, gehört in den nordkaukasischen Republiken zum Alltag (Welt.de 14.2.2017). Zivilgesellschaftliche Initiativen widmen sich jedoch der Unterstützung nordkaukasischer Frauen (ÖB Moskau 12.2018).
1.3.2. Bewegungsfreiheit
In der Russischen Föderation herrscht Bewegungsfreiheit sowohl innerhalb des Landes als auch bei Auslandsreisen, ebenso bei Emigration und Repatriierung (US DOS 13.3.2019).
Tschetschenen steht, genauso wie allen russischen Staatsbürgern, das in der Verfassung verankerte Recht der freien Wahl des Wohnsitzes und des Aufenthalts in der Russischen Föderation zu. Mit dem Föderationsgesetz von 1993 wurde ein Registrierungssystem geschaffen, nach dem Bürger den örtlichen Stellen des Innenministeriums ihren gegenwärtigen Aufenthaltsort [temporäre Registrierung] und ihren Wohnsitz [permanente Registrierung] melden müssen. Voraussetzung für eine Registrierung ist die Vorlage des Inlandspasses und nachweisbarer Wohnraum. Nur wer eine Bescheinigung seines Vermieters vorweist, kann sich registrieren lassen (AA 13.2.2019). Einige regionale Behörden schränken die Registrierung von vor allem ethnischen Minderheiten und Migranten aus dem Kaukasus und Zentralasien ein (FH - Freedom House (4.2.2019): Jahresbericht zu politischen Rechten und bürgerlichen Freiheiten im Jahr 2018 - Russland).
Personen aus dem Nordkaukasus können grundsätzlich problemlos in andere Teile der Russischen Föderation reisen. Die tschetschenische Diaspora in allen russischen Großstädten ist stark angewachsen; 200.000 Tschetschenen sollen allein in Moskau leben. Sie treffen allerdings immer noch auf anti-kaukasische Einstellungen (AA 13.2.2019, vgl. ADC Memorial, CrimeaSOS, SOVA Center for Information and Analysis, FIDH (International Federation of Human Rights) (2017): Racism, Discrimination and Fight Against "Extremism" in Contemporary Russia and its Controlled Territories. Alternative Report on the Implementation oft he UN Convention on the Eliminiation of All Forms of Racial Discrimination by the Russian Federation).
1.3.3. Meldewesen
Eine Registrierung ist für einen legalen Aufenthalt in der Russischen Föderation unabdingbar. Diese ermöglicht außerdem den Zugang zu Sozialhilfe (Arbeitslosengeld, Pension, etc.) und staatlich geförderten Wohnungen, zum kostenlosen Gesundheitssystem sowie zum legalen Arbeitsmarkt (BAA Staatendokumentation (12.2011):
Forschungsaufenthalt der Staatendokumentation. Bericht zum Forschungsaufenthalt Russische Föderation - Republik Tschetschenien; vgl. ÖB Moskau 12.2018).
Es kann für alle Bürger der Russischen Föderation zu Problemen beim Registrierungsprozess kommen. Es ist möglich, dass Migranten aus dem Kaukasus zusätzlich kontrolliert werden (ADC Memorial, vgl. CrimeaSOS, SOVA Center for Information and Analysis, FIDH 2017). In der Regel ist die Registrierung aber auch für Tschetschenen kein Problem, auch wenn es möglicherweise zu Diskriminierung oder korruptem Verhalten seitens der Beamten kommen kann. Im Endeffekt bekommen sie die Registrierung (DIS - Danish Immigration Service (1.2015): Security and human rights in Chechnya and the situation of Chechens in the Russian Federation - residence registration, racism and false accusations; Report from the Danish Immigration Service's fact finding mission to Moscow, Grozny and Volgograd, the Russian Federation; vgl. EASO 8.2018).
1.3.4. Tschetschenen innerhalb der Russischen Föderation und Westeuropa
Tschetschenen leben überall in der Russischen Föderation (EASO 8.2018).
In ganz Russland gibt es ein Netz von 50 offiziellen Vertretungen der tschetschenischen Republik. Obwohl es dem Büro prinzipiell möglich wäre, Informationen zu einer bestimmten Person nach Grosny weiterzuleiten, können diese Vertretungen nicht als Knotenpunkt für das Sammeln von Informationen angesehen werden. Sie tätigen auch sonst keine weiteren, direkteren Aktionen. Obwohl die tschetschenischen Gemeinden in Russland Kadyrow teilweise behilflich bei der Ausübung von Druck auf hochrangige/bekannte Kritiker sind, scheint es keine Beweise zu geben, dass sie eine Art von "fünfter Kolonne" für Grosny sind (Galeotti, Mark (2019): License to kill? The risk to Chechens inside Russia).
Insgesamt schwanken die mitunter ambivalenten Aussagen von Kadyrow zur Migration nach Westeuropa zwischen Toleranz und Kritik. Vor diesem Hintergrund herrscht aus menschenrechtlicher Perspektive die Einschätzung vor, dass die gemessen an der Größe der tschetschenischen Diaspora innerhalb und außerhalb Russlands quantitativ geringe Zahl an tatsächlich Verfolgten sowohl im Inland als auch im Ausland in Einzelfällen einer konkreten Gefährdung ausgesetzt sein können. Auf das Potential zur Instrumentalisierung dieser nur selten begründbaren Gefährdungslage wird meist dann zurückgegriffen, wenn sozio-ökonomische Motive hinter dem Versuch der Migration nach Westeuropa stehen, wie auch von menschenrechtlicher Seite eingeräumt wird. Laut einer Analyse des Moskauer Carnegie-Zentrums sollen die meisten Tschetschenen derzeit aus rein ökonomischen Gründen emigrieren. Trotz der Rhetorik des tschetschenischen Oberhauptes gilt dessen Machtentfaltung außerhalb der Grenzen der Teilrepublik als beschränkt, und zwar nicht nur formell im Lichte der geltenden russischen Rechtsordnung, sondern auch faktisch durch die offenkundige Konkurrenz zu den föderalen Sicherheitskräften (ÖB Moskau 12.2018). Viele Personen innerhalb der Elite, einschließlich der meisten Leiter des Sicherheitsapparates, misstrauen und verachten Kadyrow (Al Jazeera (28.11.2017): Is Chechnya's Kadyrov really ‚dreaming' of quitting?). Daraus ist zu folgern, dass die umfangreiche tschetschenische Diaspora innerhalb Russlands nicht unter der unmittelbaren Kontrolle von Kadyrow steht. Wie konkrete Einzelfälle aus der Vergangenheit zeigen, können kriminelle Akte gegen explizite Regimegegner im In- und Ausland allerdings nicht gänzlich ausgeschlossen werden (ÖB Moskau 12.2018).
1.3.5. Grundversorgung - Nordkaukasus
Die nordkaukasischen Republiken stechen unter den Föderationssubjekten Russlands durch einen überdurchschnittlichen Grad der Verarmung und der Abhängigkeit vom föderalen Haushalt hervor. Die Haushalte Dagestans, Inguschetiens und Tschetscheniens werden noch immer zu über 80% von Moskau finanziert (GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (5.2019a):
Russland, Geschichte und Staat; vgl. ÖB Moskau 12.2018), obwohl die föderalen Zielprogramme für die Region mittlerweile ausgelaufen sind. Dennoch hat sich die Lage im Nordkaukasus verbessert, wenngleich es verfrüht erscheint, von einer nachhaltigen Stabilisierung zu sprechen. Vor allem die wirtschaftliche Situation in Tschetschenien hat sich aufgrund massiver Transferzahlungen aus dem föderalen Budget in den letzten Jahren einigermaßen stabilisiert. Wenngleich die föderalen Transferzahlungen wichtig bleiben, konnten in den vergangenen Jahren dank des massiven Engagements der Föderalen Behörden, insbesondere des Nordkaukasus-Ministeriums, signifikante Fortschritte bei der sozio-ökonomischen Entwicklung der Region erzielt werden (ÖB Moskau 12.2018).
Die materiellen Lebensumstände für die Mehrheit der tschetschenischen Bevölkerung haben sich seit dem Ende des Tschetschenienkrieges dank großer Zuschüsse aus dem russischen föderalen Budget deutlich verbessert. Die ehemals zerstörte Hauptstadt Tschetscheniens, Grozny, ist wieder aufgebaut. Problematisch sind allerdings weiterhin die Arbeitslosigkeit und die daraus resultierende Armut und Perspektivlosigkeit von Teilen der Bevölkerung. Die Bevölkerungspyramide ähnelt derjenigen eines klassischen Entwicklungslandes mit hohen Geburtenraten und niedrigem Durchschnittsalter, und unterscheidet sich damit stark von der gesamtrussischen Altersstruktur (AA 13.2.2019).
1.3.6. Sozialbeihilfen
Die Russische Föderation hat ein reguläres Sozialversicherungs-, Wohlfahrts- und Rentensystem. Leistungen hängen von der spezifischen Situation der Personen ab; eine finanzielle Beteiligung der Profitierenden ist nicht notwendig. Alle Leistungen stehen auch Rückkehrern offen (IOM - International Organisation of Migration (2018): Länderinformationsblatt Russische Föderation).
1.3.7. Rückkehr
Zur allgemeinen Situation von Rückkehrern, insbesondere im Nordkaukasus, kann festgestellt werden, dass sie vor allem vor wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen stehen. Dies betrifft vor allem die im Vergleich zum Rest Russlands großen wirtschaftlichen Probleme sowie die damit einhergehende Arbeitslosigkeit im Nordkaukasus. Hinzu kommen bürokratische Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Dokumenten, die oft nur mit Hilfe von Schmiergeldzahlungen überwunden werden können. Die wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen betreffen weite Teile der russischen Bevölkerung und können somit nicht als spezifisches Problem von Rückkehrern bezeichnet werden. Besondere Herausforderungen ergeben sich für Frauen aus dem Nordkaukasus, zu deren Bewältigung zivilgesellschaftliche Initiativen unterstützend tätig sind. Eine allgemeine Aussage über die Gefährdungslage von Rückkehrern in Bezug auf mögliche politische Verfolgung durch die russischen bzw. die nordkaukasischen Behörden kann nicht getroffen werden, da dies stark vom Einzelfall abhängt. Aus informierten Kreisen mit direktem Praxisbezug war zu erfahren, dass Rückkehrer gewöhnlich nicht mit Diskriminierung seitens der Behörden konfrontiert sind (ÖB Moskau 12.2018).
Es besteht keine allgemeine Gefährdung für die körperliche Unversehrtheit von Rückkehrern in den Nordkaukasus. Vereinzelt gibt es Fälle von Tschetschenen, die im Ausland einen negativen Asylbescheid erhalten haben, in ihre Heimat zurückgekehrt sind und nach ihrer Ankunft unrechtmäßig verfolgt worden sind. Das unabhängige Informationsportal Caucasian Knot schreibt in einem Bericht vom April 2016 von einigen wenigen Fällen, in denen Tschetschenen, denen im Ausland kein Asyl gewährt worden ist, nach ihrer Abschiebung drangsaliert worden wären (ÖB Moskau 12.2018). Die Stellung eines Asylantrags im Ausland führt aber nicht prinzipiell zu einer Verfolgung. Der Kontrolldruck gegenüber kaukasisch aussehenden Personen ist aus Angst vor Terroranschlägen und anderen extremistischen Straftaten erheblich. Russische Menschenrechtsorganisationen berichten von häufig willkürlichem Vorgehen der Polizei gegen Kaukasier allein wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit. Kaukasisch aussehende Personen stünden unter einer Art Generalverdacht. Personenkontrollen und Hausdurchsuchungen (häufig ohne Durchsuchungsbefehle) finden weiterhin statt (AA 13.2.2019).
1.3.8. Medizinische Versorgung in Tschetschenien
Wie jedes Subjekt der Russischen Föderation hat auch Tschetschenien eine eigene öffentliche Gesundheitsverwaltung, die die regionalen Gesundheitseinrichtungen wie z.B. regionale Spitäler (spezialisierte und zentrale), Tageseinrichtungen, diagnostische Zentren und spezialisierte Notfalleinrichtungen leitet. Das Krankenversicherungssystem wird vom territorialen verpflichtenden Gesundheitsfonds geführt. Schon 2013 wurde eine dreistufige Roadmap eingeführt, mit dem Ziel, die Verfügbarkeit und Qualität des tschetschenischen Gesundheitssystems zu erhöhen. In der ersten Stufe wird die primäre Gesundheitsversorgung, inklusive Notfall- und spezialisierter Gesundheitsversorgung, zur Verfügung gestellt. In der zweiten Stufe wird die multidisziplinäre spezialisierte Gesundheitsversorgung, und in der dritten Stufe die spezialisierte Gesundheitsversorgung zur Verfügung gestellt (BDA CFS 31.3.2015). Es sind somit in Tschetschenien sowohl primäre als auch spezialisierte Gesundheitseinrichtungen verfügbar. Die Krankenhäuser sind in einem besseren Zustand als in den Nachbarrepubliken, da viele vor nicht allzu langer Zeit erbaut wurden (DIS 1.2015).
Bestimmte Medikamente werden kostenfrei zur Verfügung gestellt. Verschriebene Medikamente werden in staatlich lizensierten Apotheken kostenfrei gegen Vorlage des Rezeptes abgegeben (DIS - Danish Immigration Service (1.2015): Security and human rights in Chechnya and the situation of Chechens in the Russian Federation - residence registration, racism and false accusations; Report from the Danish Immigration Service's fact finding mission to Moscow, Grozny and Volgograd, the Russian Federation; From 23 April to 13 May 2014 and Paris, France 3 June 2014).
Weitere Krankheiten, für die Medikamente kostenlos weitergegeben werden (innerhalb der obligatorischen Krankenversicherung), sind ua. Krankheiten des Urogenitalsystems
Die obligatorische Krankenversicherung in Tschetschenien ist von der föderalen obligatorischen Krankenversicherung subventioniert (BDA - Belgium Desk on Accessibility (31.3.2015): Accessibility of healthcare: Chechnya, Country Fact Sheet via MedCOI). Trotzdem muss angemerkt werden, dass auch hier aufgrund der niedrigen Löhne der Ärzte das System der Zuzahlung durch die Patienten existiert (BDA CFS 31.3.2015, vgl. GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (8.2019c): Russland, Gesellschaft, AA 13.2.2019). Es gibt dennoch medizinische Einrichtungen, wo die Versorgung kostenfrei bereitgestellt wird, beispielsweise im Distrikt von Gudermes (von hier stammt Ramzan Kadyrow). In kleinen Dörfern sind die ärztlichen Leistungen günstiger (BDA CFS 31.3.2015).
Gesundheitseinrichtungen, die die ländlichen Gebiete Tschetscheniens abdecken, sind: "Achkhoy-Martan RCH" (regional central hospital), "Vedenskaya RCH", "Grozny RCH", "Staro-Yurt RH" (regional hospital), "Gudermessky RCH", "Itum-Kalynskaya RCH", "Kurchaloevskaja RCH", "Nadterechnaye RCH", "Znamenskaya RH", "Goragorsky RH", "Naurskaya RCH", "Nozhai-Yurt RCH", "Sunzhensk RCH", Urus-Martan RCH", "Sharoy RH", "Shatoïski RCH", "Shali RCH", "ChiriYurt RCH", "Shelkovskaya RCH", "Argun municipal hospital N° 1" und "Gvardeyskaya RH" (BDA CFS 31.3.2015)
Wenn eine Behandlung in einer Region nicht verfügbar ist, gibt es zudem die Möglichkeit, dass der Patient in eine andere Region, wo die Behandlung verfügbar ist, überwiesen wird (BDA CFS 31.3.2015).
1.4. Zur Situation der BF im Falle einer Rückkehr
Der BF ist die Rückkehr in die Russische Föderation und XXXX sowie XXXX zumutbar, zumal sie ebendort über familiäre Anknüpfungspunkte verfügt und von einer Unterstützung durch die Familie auszugehen ist. Eine Rückkehr nach XXXX ist ebenfalls zumutbar, weil sie dort vor Ihrer Ausreise gelebt hat. Zudem kann die BF durch ihre in XXXX und XXXX wohnhaften Tanten, dem Onkel und ihre weitere, in Tschetschenien wohnhafte Verwandtschaft Unterstützung erhalten. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass der im Bundesgebiet berufstätige Ehemann und die Familie ihres Ehemannes die BF bei einer Rückkehr unterstützen können.
Im Falle einer Rückkehr würde sie in keine existenzgefährdende Notlage geraten bzw. es würde ihr nicht die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen werden. Sie läuft nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose Situation zu geraten. Es ist davon auszugehen, dass sie Unterstützung durch ihre Verwandten in Tschetschenien erhalten wird.
Im Falle einer Abschiebung in den Herkunftsstaat ist die BF nicht in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht.
Außergewöhnliche Gründe, die eine Rückkehr ausschließen, konnten nicht festgestellt werden.
1.5. Zur Situation der BF in Österreich
Die BF ist mit einem italienischen Visum zu einem unbestimmten Zeitpunkt im Jahre XXXX in Österreich eingereist und stellte im österreichischen Bundesgebiet am XXXX den einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz. Sie verfügte zum Zeitpunkt der Antragstellung über ein gültiges (Gültigkeitszeitraum von XXXX ) Schengen-Visum Typ XXXX , ausgestellt von der XXXX . Mit Bescheid vom XXXX , wurde der Antrag auf internationalen Schutz gem. § 5 Abs. 1 AsylG zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) und die Außerlandesbringung nach XXXX angeordnet (Spruchpunkt II.). Die dagegen gerichtete Beschwerde vom XXXX wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom XXXX zur Zl. XXXX als unbegründet abgewiesen. Am XXXX stellte sie den zweiten Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet.
Die BF geht im Bundesgebiet keinem Erwerb nach. Sie hat rudimentäre Grundkenntnisse der deutschen Sprache und hat im Jahre XXXX einen Deutschkurs auf dem Niveau XXXX besucht. Sie besucht aktuell keine sonstigen Kurse oder Ausbildungen in Österreich.
Die BF hat am XXXX standesamtlich XXXX , geb. XXXX , geheiratet. Ein gemeinsamer Haushalt zur BF bestand vom XXXX bis spätestens XXXX und besteht nunmehr wieder seit dem XXXX . Die BF hat familiäre Anknüpfungspunkte zur Familie ihres Ehemanns. Darüber hinaus verfügt die BF über keine weiteren, familiären oder sonstig verwandtschaftlichen bzw. familienähnlichen, sozialen Bindungen im Bundesgebiet. Sie hat keine freundschaftlichen Beziehungen zu anderen Personen im Bundesgebiet.
Die BF hat keine ehrenamtlichen Tätigkeiten ausgeübt und ist nicht Mitglied in einem Verein, einer religiösen Gruppe oder einer sonstigen Organisation.
Es bestehen keine weiteren, substantiellen Anknüpfungspunkte im Bereich des Privatlebens in Österreich.
2. Beweiswürdigung
2.1. Zur Person der BF
2.1.1. Die Identität konnte mangels Vorlage von glaubhaften Dokumenten nicht bewiesen werden, weshalb hinsichtlich dem Namen und dem Geburtsdatum Verfahrensidentität vorliegt.
2.1.2. Die Feststellungen zur Staats-, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit der BF sowie ihrer tschetschenischen Herkunft gründen sich auf ihre insoweit glaubhaften Angaben in den bisherigen Befragungen sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG bzw. ihren Kenntnissen der russischen und tschetschenischen Sprache. Die Feststellung über ihren Schulbesuch im Herkunftsstaat in der Dauer von XXXX Jahren ergibt sich aus ihren stringenten Angaben im behördlichen Verfahren (AS 12, 91).
2.1.3. Nicht glaubhaft war die Angabe der BF im Herkunftsland eine Universität besucht zu haben.
So legte sie zwar im Rahmen ihres Erstverfahrens eine Bescheinigung (inkl. beglaubigter Übersetzung) über ein Studium an der " XXXX Profil XXXX an der XXXX vor (AS 57 und 59).
Jedoch existiert an der XXXX (ChSPU) keine Fakultät mit dieser Bezeichnung (vgl. Website der Universität XXXX , Menü XXXX (Universität), Unterpunkt XXXX (Institute und Fakultäten), Zugriff am XXXX ).
Ebenso konnte die BF in der Einvernahme vor dem BFA im gegenständlichen Verfahren nur ausgesprochen vage Angaben über ihr Studium tätigen. Befragt, was sie über ihr Studium angeben könne, antwortete sie lapidar: "Ich war XXXX .". Auf weitere Nachfrage gab sie an, dass sie gelernt habe, wie man Rechnungen ausstelle und es seien Listen gemacht worden, die man ausfüllen habe müssen. Sie könne sich nicht erinnern, in welchen Fächern sie unterrichtet worden sei. Vage gab sie die Fächer Russisch, Mathematik und Buchhaltung an. Den Namen der Universität sowie Namen von Professorinnen und Professoren konnte sie nicht nennen. Befragt, was der Schwerpunkt des Studiums gewesen sei, sagte die BF aus: "Das was ich noch weiß, war die XXXX ." Die Universität sei in XXXX gewesen, an die genaue Adresse könne sie sich aber nicht erinnern (AS 91).
Schließlich ist nicht nachvollziehbar, wie die BF an die mit " XXXX " datierte Bescheinigung (AS 57,59) gelangte, zumal sie doch zu jenem Zeitpunkt laut ihren eigenen Schilderungen angab (s. Punkt 2.1.6.) bereits seit den Monaten vor November XXXX in Österreich aufhältig gewesen zu sein. In der mündlichen Verhandlung dazu befragt, gab die BF zunächst an, schon bei der Einreise in Österreich im Besitz dieser Bescheinigung gewesen zu sein. Weiter befragt, gab die BF an, dass wahrscheinlich eine falsche Übersetzung vorliege. Darauf hingewiesen, dass sie selbst die Übersetzung vorgelegt hat (AS 57), gab die BF an, dass das Datum irrtümlich falsch eingetragen worden sei und XXXX dort stehen müsste (Niederschrift der mündlichen Verhandlung, in der Folge; NSV, S. 9f). Wenn man jedoch eine solche falsche Jahresangabe unterstellen würde, stünde diese wiederum im Widerspruch zum Inhalt der Bescheinigung, da diese bestätigt, dass die BF zum Ausstellungszeitpunkt Studentin des XXXX Studienjahrs im Direktstudium gewesen sei. Die BF gab jedoch in der mündlichen Verhandlung an, erst im XXXX mit dem Studium begonnen zu haben (NSV, S. 9), womit sie zu diesem Zeitpunkt erst im ersten Studienjahr gewesen wäre.
Aufgrund dieser äußerst vagen, widersprüchlichen und nicht nachvollziehbaren Angaben kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die BF in ihrem Herkunftsstaat tatsächlich studierte XXXX
2.1.4. Die Feststellungen zum Geburts- und Wohnort, sowie zum Aufenthalt der Eltern, Geschwister und Verwandten stützen sich auf die glaubhaften Angaben der BF. So gab sie an, dass die Eltern und sowie XXXX Brüder und XXXX Schwester (AS 13, NSV S. 17) in XXXX leben. XXXX sowie Tanten und Onkel mütterlicherseits leben in XXXX . Weitere Tanten und Onkel sowie Cousinen sind in XXXX (NSV S. 17). Es ergab sich kein Hinweis an ihren Angaben, dass sie vor ihrer Ausreise circa einen Monat und 3 Wochen in XXXX gelebt hat zu zweifeln (NSV S.11). Zudem gab die BF vor dem BFA an, noch "viele Verwandte" in der Russischen Föderation zu haben (AS 92).
Es ergab sich auch kein Hinweis an den Angaben der Verwandtschaft ihres Ehemannes in Tschetschenien zu zweifeln. So gab die BF in der mündlichen Verhandlung an, dass ein Onkel und eine Tante in XXXX leben (NSV S. 16). Eine Tante wohnt im Nebenhaus ihrer Eltern in XXXX (NSV S. 17). Weitere Verwandtschaft des Ehemannes lebt in Tschetschenien (NSV S. 16).
Dass die Eltern, die XXXX Geschwister und der Onkel des Ehemannes im Bundesgebiet leben, ergibt sich aus einem XXXX und den Angaben der BF (NSV S. 16).
2.1.5. Nicht glaubhaft waren die Angaben der BF, über keinen Kontakt mit ihrer Familie bzw. Verwandtschaft im Herkunftsstaat zu verfügen. Da die BF ihre Angaben, über keinen Kontakt zu verfügen, mit ihrem Fluchtgrund begründet (AS 92 und 97; NSV, S. 17f), dieser jedoch nicht glaubhaft ist (s. Punkt 2.2.), konnte die BF nicht glaubhaft darlegen, dass kein Kontakt bestünde. Die Angaben, dass die ihr seit frühester Kindheit bekannte Tante ihres Ehemannes (NSV S. 16), welche im Nebenhaus ihrer Eltern in XXXX lebt, und die Mutter der BF zwar bei der Ausreise geholfen haben (NSV S. 18 sowie S. 22), die Mutter aber nicht wisse, wo sie sich derzeit befinde und die Eltern die BF umbringen würden, wenn sie sie finden würden, ist nicht schlüssig (NSV S. 22). Auf diesbezüglich weitere Fragen antwortete die BF ausweichend (NSV S. 22, unten).
2.1.6. Dass die BF verheiratet ist, ergibt sich aus der Heiratsurkunde des Standesamtes XXXX vom XXXX (AS 41). Dem Bescheid XXXX ist zu entnehmen, dass dem Ehemann der BF im Jahre XXXX die XXXX zugesprochen wurde.
2.1.7. Dass die BF an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten leidet, stützt sich auf die glaubhaften Angaben der BF (NSV, S. 6f). Die BF gab in der mündlichen Einvernahme an, dass sie ein XXXX Problem habe. Im abweisenden Erkenntnis des ersten Antrages vom XXXX wurde festgestellt, dass sich bei der BF sich im Rahmen einer im Bundesgebiet durchgeführten XXXX Untersuchung Anzeichen auf ein XXXX Syndrom XXXX ergeben haben und eine XXXX vorliegt. Weiters ist dem Erkenntnis zu entnehmen, dass diesbezüglich die Beschwerdeführerin medikamentös behandelt wurde und an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung leidet.
Dem vorgelegten Patientenbrief vom XXXX ist zu entnehmen, dass bei der BF eine XXXX sowie ein XXXX vorliegt. Weiters ist zu entnehmen, dass am XXXX eine XXXX vorgenommen und die BF am XXXX im guten Allgemeinzustand entlassen wurde (AS 79 f.). Den vorlegten Laborbefunden sind keine Auffälligkeiten zu entnehmen (AS 81 f.). Dem vorgelegten Entlassungsbrief vom XXXX ist zu entnehmen, dass die BF keiner professionellen Unterstützung bedarf (AS 87). Befragt nach weiteren Unterlagen gab die BF in der mündlichen Verhandlung an, dass keine schwere Erkrankung vorliege und sie deshalb in ihrem Beschwerdevorbringen nicht mehr weiter darauf Bezug genommen habe (NSV S. 7). Es hat sich aufgrund der vorgelegten Befunde und des Gesamteindruckes in der Verhandlung auch kein Hinweis ergeben, daran zu zweifeln, weshalb keine Veranlassung bestand von Amts wegen eine Begutachtung des Gesundheitszustands vorzunehmen.
Die BF gab vor dem BVwG an, Probleme " XXXX " zu haben (NSV S. 6). Die XXXX Probleme hätten begonnen nachdem sie in das Bundesgebiet gekommen sei. Sie hätte sich schon an einen XXXX gewandt, der sie jedoch nicht in die Behandlung aufgenommen habe. Auch gab sie an " XXXX " einzunehmen. Am Verhandlungstag habe sie jedoch keine " XXXX " eingenommen. Befragt, wer ihr das Medikament verschrieben habe, gab sie an zu glauben, dass dies ein Allgemeinmediziner getan habe. An dessen Namen könne sie sich nicht mehr erinnern und gab nach wiederholter Befragung an, dass er " XXXX " heiße (NSV S. 7). In ihrem Beschwerdevorbringen hat die BF nicht das Vorliegen XXXX Probleme dargetan. Mangels Vorlage entsprechender Unterlagen, ihren Angaben, dass sie nicht zur Behandlung zugelassen worden sei und den diesbezüglich vagen und unglaubhaften Angaben sah sich das BVwG nicht veranlasst diesbezügliche Untersuchungen vorzunehmen. Zudem ist den unter II.1.3.8. zitierten Länderberichten zu entnehmen, dass in Tschetschenien grundsätzlich sowohl primäre als auch spezialisierte Gesundheitseinrichtungen verfügbar sind und es auch die Möglichkeit gibt, dass Staatsbürger bei medizinscher Notwendigkeit in eine andere Region überwiesen werden, wo die spezielle Behandlung verfügbar ist.
2.1.8. Die Feststellung, dass die BF strafgerichtlich unbescholten ist, beruht auf einem aktuellen Auszug des Strafregisters.
2.2. Zum Fluchtvorbringen
2.2.1. Die Feststellung, dass die BF keiner konkreten, asylrelevanten Verfolgung bzw. Bedrohung im Herkunftsstaat Russische Föderation ausgesetzt ist, ergibt sich daraus, dass das Fluchtvorbringen der BF nicht glaubhaft ist. Es mangelt diesbezüglich schon an der persönlichen Glaubwürdigkeit der BF.
2.2.2. An der Glaubhaftigkeit des Fluchtvorbringens lassen bereits große zeitliche Lücken im Vorbringen der BF erheblich zweifeln.
So brachte die BF in der Einvernahme vor dem BFA vor, am XXXX den Mann, XXXX verheiratet werden habe sollen, getroffen zu haben (AS 92). Dieser habe sie am folgenden Tag entführt (AS 95). Nach sechs oder sieben Stunden sei ihr die Flucht gelungen (AS 96). Am XXXX sei sie bei ihrer Freundin gewesen und ihre Mutter habe ihr eine Fahrkarte nach XXXX gekauft (AS 97). Die BF habe sich ca. einen Monat in XXXX aufgehalten und sei dann ausgereist (AS 93), wobei die BF diesen Zeitraum - widersprüchlich - in der mündlichen Verhandlung mit " XXXX " angab (NSV, S. 11). Sie sei mit dem Flugzeug am XXXX (Einvernahme vor dem BFA, AS 92) bzw. am XXXX (Erstbefragung vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, AS 13) von XXXX gereist.
Jedoch liegt zwischen dem XXXX und dem XXXX ein Zeitraum von rund XXXX Monaten. Auch unter Zugrundelegung eines XXXX langen Aufenthalts in XXXX bliebe immer noch eine erhebliche Lücke von etwas mehr als XXXX Monaten.
Im Übrigen gab die BF im Erstverfahren im Zuge der Einvernahme vor dem BFA an, im XXXX in XXXX gewesen zu sein (vgl. S. 8 des Bescheides des BFA vom XXXX ), was wiederum in Widerspruch zur Flucht aus XXXX nach XXXX im XXXX stünde.
2.2.3. Ebenso ist das Fluchtvorbringen aufgrund des Ausstellungsdatums der vorgelegten Kopie des Reisepasses der BF zu bezweifeln. Dieser Kopie (AS 69) ist zu entnehmen, dass der Reisepass am XXXX ausgestellt wurde. Als Ausstellungsbehörde ist (in russischen Lettern) "FMS 20001" angegeben. Seit XXXX werden in Tschetschenien biometrische Pässe mit dieser Behördennummer ausgestellt (vgl. LandInfo, Tsjetsjenia: Utstedelse av russisk innenriks- of utenrikspass i Tsjetsjenia, XXXX , XXXX Zugriff am XXXX ). Demnach wurde der Reisepass am XXXX in Tschetschenien ausgestellt, was jedoch beträchtlich im Widerspruch zum unter Punkt
2.2.2. genannten Vorbringen der BF steht.
2.2.4. Darüber hinaus war die BF nicht in der Lage, konkrete und nachvollziehbare Angaben über den Mann, XXXX verheiratet XXXX , zu tätigen.
So gab die BF in der Einvernahme vor dem BFA an, dass es sich um einen ca. XXXX Jahre alten, einflussreichen Mann handle (AS 92). Dieser heiße XXXX . Alle hätten Angst vor ihm und niemand dürfe ihm widersprechen. Er habe überall Beziehungen (AS 95) und alle Leute hätten ihn gekannt (AS 96). Nähere Details zur Person könne sie nicht nennen (AS 95). Befragt, wo er arbeite, gab die BF pauschal an: "Es gibt einen Präsidenten und er arbeitet für ihn." (AS 95). Befragt, welchen Präsidenten sie meine, nannte sie " XXXX . Es gibt dort viele Abteilungen, wie heißt das, Bewachung. Aber die Leute waren immer mit Pistolen bewaffnet." (AS 96). Befragt, in welcher Abteilung der Mann gearbeitet habe, brachte die BF wiederum vage vor: "Die Leute haben erzählt, dass er ein einflussreicher Mann ist und für XXXX arbeitet." In der mündlichen Verhandlung ergänzte die BF lediglich, dass dieser Mann bei der Bewachung des XXXX arbeite und daher "praktisch alles" könne. Man könne ihn nicht im Internet finden, da er keine leitende Funktion ausübe (NSV, S. 19f).
Die BF konnte zu keinem Zeitpunkt im Verfahren das Aussehen des Mannes, XXXX verheiratet XXXX , beschreiben.
Aus diesem vagen Vorbringen geht zudem nicht hervor, woher die BF diese Informationen habe. Zwar gab sie an, dass "alle" über ihn Bescheid wüssten, jedoch erklärte die BF nicht, wer konkret ihr was über diesen Mann erzählt habe und wann sie diese Informationen erhalten habe. Ebenso ist nicht nachvollziehbar, dass dieser Mann einen derartigen Bekanntheitsgrad erreichen konnte, ohne jedoch in einer leitenden Funktion zu stehen. Warum "alle" über diesen Mann Bescheid gewusst hätten, die BF selbst jedoch nicht, konnte sie gleichfalls nicht darlegen.
2.2.5. Es ist aus den Schilderungen der BF nicht nachvollziehbar, weshalb XXXX zu derart drastischen Maßnahmen einer Entführung gegriffen haben soll.
Die BF beschrieb in der Einvernahme vor dem BFA die erste Begegnung mit dem Mann folgend: "Er sagte mir, dass er mit meinem Vater bereits eine Vereinbarung getroffen hat. Meine Reaktion war negativ. Ich habe ihm gesagt, dass ich mit ihm nicht reden will. (...) Er war sehr sauer und hat auf den Tisch den Blumenstrauß gelegt, den er mitgebracht hat. Dann sagte er noch, wir werden ja noch sehen." (AS 94). Die BF kann nicht erklären, warum der Mann die - ihm bereits versprochene - BF am nächsten Tag entführen sollte, nur um sie anschließend wieder für die Heirat zu ihren Verwandten zu bringen (AS 95). Es kann dieser unvermittelten Schilderung einer Entführung folglich kein Wahrheitsgehalt zugeschrieben werden, zumal die BF bei der Erstbefragung mit keinem Wort eine Entführung durch diesen Mann angegeben hat (AS 16). Es ist daher davon auszugehen, dass es sich um eine bewusste Steigerung ihres Fluchtvorbringens handelt.
2.2.6. Weiters konnte die BF weder detailliert noch nachvollziehbar ihre Entführung und ihre unmittelbare Flucht darlegen.
Im Rahmen der freien Erzählphase in der Einvernahme vor dem BFA gab die BF an, sie habe an einer Bushaltestelle gewartet, als Männer mit Pistolen gekommen seien, die sie in ein Auto verfrachtet und verschleppt hätten. "Er" (gemeint offenbar: XXXX ), hätte sie zu "irgendwelchen Leuten" gebracht. Er habe ihr gesagt, dass sie am nächsten Tag zu ihren Verwandten fahren und heiraten würden. Als sie widersprochen habe, habe er ihr einen Schlag versetzt. In der Nacht habe die BF ihrem Mann (gemeint: XXXX ) und einer Freundin geschrieben. Das WC habe sich außerhalb des Hauses befunden und sie habe gesagt, dass sie aufs Klo müsse. Von dort sei sie in der Nacht zu einer Freundin geflüchtet (AS 95).
Näher befragt habe es sich bei den Entführern um gesamt drei Männer gehandelt, die sie mit einem schwarzen Auto der Marke XXXX zu einem Haus gebracht hätten, wobei sie angegeben hätten, dass es sich um ein Haus der Verwandten des XXXX handle. Sie sei ca. 30 Minuten unterwegs gewesen. Die Entführer seien älter gewesen und hätten Bärte getragen. Einer habe einen Anzug getragen und grau meliertes Haar und "einen Bauch" gehabt. Die BF habe sich in dem Haus frei bewegen können und ihre Tasche dabeigehabt. Sie könne das Haus aber nicht beschreiben oder aufzeichnen. Es sei in einer Nachbarschaft gewesen. Sie sei sechs oder sieben Stunden dort gewesen. Es habe keine Bewachung gegeben. Es seien Leute dorthin gekommen und XXXX habe ihnen die BF als seine Braut gezeigt. Die Leute seien gekommen und gegangen. Befragt, ob die BF einfach so flüchten habe können, gab diese die lapidare Antwort: "Ja ich konnte es." (AS 96f).
Aus den Schilderungen ist zunächst nicht schlüssig, dass die BF entführt worden wäre und XXXX die BF nach ihrer erneuten Weigerung, ihn zu heiraten, geschlagen hätte, zumal sie sich jedoch im Haus frei bewegen und ihr Handy benutzen habe können. Ausgesprochen vage waren sodann die Angaben der BF zu ihrem Aufenthalt in jenem Haus. Es ist nicht nachvollziehbar, dass sich die BF mehrere Stunden dort aufgehalten habe, sich frei bewegen habe können, jedoch in der Einvernahme vor dem BFA nichts über dieses Haus sagen konnte. Schlussendlich waren auch die Aussagen der BF über ihre Flucht aus dem Haus äußerst vage und nicht nachzuvollziehen. Die BF beschränkte sich lediglich darauf, anzugeben, dass sie auf das WC außerhalb des Hauses gegangen sei und dadurch fliehen habe können. Wie diese Flucht sich jedoch genau gestaltet habe, konnte sie nicht darlegen. Auf die erkennbare Aufforderung der belangten Behörde, nähere Details zur Flucht zu liefern, ging die BF nicht ein.
Dass die BF zu diesen Erlebnissen kaum bis gar keine Angaben machte, ist lebensfremd. Es wäre zu erwarten gewesen, dass die behauptete Entführung und die anschließende Flucht für die BF prägende Ereignisse darstellen würden, jedoch blieb die BF in ihrer Erzählung jegliche Details, Nebensächlichkeiten oder Emotionen schuldig. In einer Gesamtbetrachtung ist daher darauf zu schließen, dass es sich um keinen tatsächlich erlebten Sachverhalt handelt.
2.2.7. Widersprüchlich sind weiters die Angaben der BF über ihre Ausreise aus der Russischen Föderation.
So gab die BF in der Einvernahme vor dem BFA lediglich an, dass sie in der Nacht aus dem Haus zu ihrer Freundin geflohen sei. Dort habe sie mit ihrer Mutter telefoniert, die ihr das für die Hochzeit vorbereitete Geld gegeben habe und ihr bei der Flucht geholfen habe (AS 95). Nochmals dazu befragt, gab die BF - teils widersprüchlich - an, dass ihre Mutter ihr gesagt habe, dass sie sich verstecken solle, da man nach ihr suchen und sie umbringen würde. Ihre Mutter habe ihr eine Fahrkarte nach XXXX gekauft und ihrer Freundin gesagt, dass die BF dorthin fahre. Die Freundin habe ihr geholfen und die BF sei ausgereist. In XXXX habe die BF noch Kontakt mit ihrer Mutter gehabt, die ihr erzählt habe, dass der Mann (gemeint: XXXX ) den Vater und die Brüder der BF mitgenommen und bedroht habe. Er habe gesagt, dass er die BF finden um umbringen würde. Der Vater der BF habe gesagt, dass die BF eine Prosituierte und eine Schande für die Familie sei (AS 97).
Zunächst ist ein Widerspruch darin zu sehen, dass die BF zunächst angab, dass ihre Mutter ihr das Hochzeitsgeld gegeben habe, später jedoch ausführte, dass ihre Mutter ihr ein Ticket nach Moskau gekauft habe. Der Sachverhalt wurde von der BF darüber hinaus sehr detailarm dargestellt. Die BF nannte weder Namen, noch erklärte sie nachvollziehbar, wie das von ihrer Mutter gekaufte Ticket bzw. das Hochzeitsgeld in den Besitz der BF gelangt sei, noch machte sie Angaben darüber, wie und wann sie letztlich nach XXXX gereist sei, sowie wo und bei wem sie dort gelebt habe. Zum - nach ihren Angaben XXXX langen - Aufenthalt in XXXX tätigte die BF keine Ausführungen. Dass die Mutter der BF - augenscheinlich ohne Repressalien - ihr das Hochzeitsgeld übergeben habe können, ist auf der Grundlage der Schilderungen der BF ebenso nicht nachvollziehbar.
2.2.8. Widersprüchlich sind schließlich die Angaben der BF über die Kenntnis ihrer Familie von ihrem nunmehrigen Ehemann.
Bei der Erstbefragung hat die BF angegeben, Ihren Ehemann über das Internet kennengelernt zu haben (AS 16). Bei der Einvernahme vor dem BFA gab die BF an, dass sie "schon lange" geplant habe, zu ihrem nunmehrigen Ehemann zu reisen und ihn zu heiraten, ihre Familie jedoch nichts von ihm gewusst habe (AS 98). Konträr dazu gab die BF im Beschwerdeschriftsatz an, dass ihr Vater verhindern habe wollen, dass sie ihren nunmehrigen Ehemann heirate (AS 207). Das würde aber implizieren, dass der Vater vom Kontakt und den Plänen der BF gewusst habe.
Weiters gab die BF in der Einvernahme vor dem BFA an, seit XXXX Kontakt mit ihrem nunmehrigen Ehemann gehabt zu haben (AS 89). Sie seien von seiner Tante bekanntgemacht worden (AS 89). In der mündlichen Verhandlung gab die BF an, dass die Tante ihres Ehemannes in Tschetschenien im Nachbarhaus gewohnt habe und sie diese seit ihrer Kindheit kenne (NSV, S. 16). In Tschetschenien sei es so, dass man sich oft gegenseitig besuche. Die Tante hätte sie aber nicht persönlich bekanntgemacht, sondern sie hätte ihr ein Photo von ihm gezeigt. Dann hätte sie über Telefonate Kontakt gehalten. Die BF konnte diese unterschiedlichen Angaben, wie sie ihren Ehemann kennengelernt hat in der mündlichen Verhandlung nicht aufklären.
In der Einvernahme vor dem BFA befragt, wie die Familie der BF nichts davon wissen habe können, gab die BF an, dass es in Tschetschenien so sei, dass eine junge Frau nicht sage, mit wem sie in Kontakt stehe (AS 98). Es erscheint aus ihren Angaben nicht nachvollziehbar, dass die BF ungefähr XXXX Jahre lang mit ihrem nunmehrigen Mann in Kontakt gewesen sei, letztlich sogar zu ihm nach Österreich reisen und ihn heiraten habe wollen, jedoch ihre Familie nie davon erfahren habe. Auch die Erklärungsversuche, dass die benachbarte Tante ihres Ehemannes niemandem sage, wo sie sich befinde ist widersprüchlich zu ihrer Angabe, dass ihr die eigene Mutter bei der Ausreise gemeinsam mit der Tante geholfen habe (NSV S.17). Dies ist auch nicht stringent zu ihrer Angabe, dass in ihrem Herkunftsort jeder über alles Bescheid wisse (NSV S. 24).
2.2.9. Insgesamt war die BF nicht in der Lage, den Eindruck zu vermitteln, über tatsächlich erlebte Geschehnisse zu schildern.
Andere Fluchtgründe wurden von der BF weder im behördlichen Verfahren noch in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG vorgebracht und sind auch vor dem Hintergrund der ins Verfahren eingebrachten Länderberichte nicht hervorgekommen.
2.3. Zur Rückkehrsituation der BF
2.3.1. Die Eltern, XXXX Brüder und XXXX Schwestern (AS 13) sowie die weitere Verwandtschaft (AS 82; NSV, S. 17) der BF leben in XXXX , XXXX , XXXX (NSV S. 17). Ebenso lebt die Verwandtschaft ihres Ehemanns in Tschetschenien (NSV, S. 16 f). Die Feststellung, dass der im Bundesgebiet berufstätige Ehemann (Beilage ./A zur mündlichen Verhandlung) und die Familie ihres Ehemannes die BF bei einer Rückkehr unterstützen werden können, ergibt sich aus den Angaben der BF, dass auch aktuell die Eltern -wenn Hilfe nötig ist- das Ehepaar unterstützt (AS 98). Darüber hinaus verfügt die BF über Schulbildung (AS 12) und ist im erwerbsfähigen Alter.
2.3.2. Dass im Falle einer Abschiebung in den Herkunftsstaat die BF in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wäre, ist - zumal aufgrund der Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens - anhand der Länderberichte nicht objektivierbar.
2.3.3. Sonstige außergewöhnliche Gründe, die einer Rückkehr entgegenstehen, hat die BF nicht angegeben und sind auch vor dem Hintergrund der zitierten Länderberichte nicht hervorgekommen.
2.4. Zur Situation der BF in Österreich
2.4.1. Die Feststellungen über Einreise und Aufenthalt der BF im Bundesgebiet ergeben sich der Daten der Visaabfrage (AS 7). Dass der genaue Zeitpunkt ihrer Einreise und ihr Aufenthalt im Bundesgebiet bis zur ersten Antragstellung am XXXX sowie vom XXXX bis zur gegenständlichen Antragstellung am XXXX nicht festgestellt werden können, ist Folge der Angaben der BF sowie des aktuellen Melderegisterauszuges. Die BF war von XXXX bis XXXX mit ihrem Ehemann am gemeinsamen Wohnsitz gemeldet. Es ist hierbei vor dem Hintergrund der Angaben der BF nicht nachvollziehbar, warum die BF bis zum Zeitpunkt der erstmaligen Antragstellung nicht im Bundesgebiet gemeldet war. Zwischen XXXX war die BF nicht im Bundesgebiet gemeldet. Die BF gab in der mündlichen Verhandlung an, dass sie aufgrund einer negativen Entscheidung (gemeint wohl: dem Bescheid des BFA vom XXXX ) zur XXXX gegangen sei, welche ihr gesagt habe, dass sie sich abmelden solle, damit sie nicht gefunden werde. Sie aber weiterhin bei ihrem Ehemann, seiner Familie bzw. bei Freunden und Verwandten ihres Mannes gelebt habe (AS 93; NSV, S. 12f). Allerdings war die BF im Rahmen einer polizeilichen Nachschau am XXXX in der Wohnung des Ehemanns sowie in der Wohnung der Schwiegereltern nicht anzufinden (vgl. polizeiliche Meldung im Erstverfahren, XXXX ). Mit XXXX wurde die BF schließlich XXXX abgemeldet, wobei der Ehemann der BF im Rahmen einer polizeilichen Erhebung angab, dass er sich von der BF getrennt habe (vgl. Polizeibericht im Erstverfahren, XXXX ). Die Angaben der BF in der mündlichen Verhandlung, dass der Ehemann damals gelogen habe, erschien nicht glaubhaft (NSV S. 14). Da die BF nunmehr wieder bei ihrem Ehemann gemeldet ist und keine Scheidung erfolgte, kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob diese Aussage der Wahrheit entsprach. Mangels Vorlage entgegenstehender Beweise kann damit aber der Aufenthalt der BF spätestens zwischen XXXX nicht festgestellt werden.
2.4.2. Die Feststellungen, dass die BF keinem Erwerb nachgeht ergibt sich aus ihren Aussagen (AS 98f; NSV, S. 14f).
2.4.3. Die BF hat eine Kursbesuchsbestätigung über einen Deutschkurs auf dem Niveau XXXX vorgelegt (AS 55). Eine Deutschprüfung hat die BF nicht abgelegt. Das BVwG konnte sich von den geringen Deutschkenntnissen der BF im Rahmen der mündlichen Verhandlung selbst überzeugen (NSV, S. 11f). Dass die BF keine sonstigen Kurse oder Ausbildungen besucht, ergibt sich aus ihren Angaben bzw. dem Unterlassen diesbezüglicher Ausführungen oder Vorlagen (AS 98f; NSV, S. 14f).
2.4.4. Die Feststellung über den Zeitraum des gemeinsamen Haushaltes folgt aus einem aktuellen Melderegisterauszug. Die Feststellung über die familiären Anknüpfungspunkte zur Familie des Ehemannes ergeben sich aus den glaubhaften Angaben der BF (AS 98; NSV, S. 14f). Die Feststellung über ihre sonstigen sozialen Bindungen ist ebenso Folge der glaubhaften Aussagen der BF (NSV, S. 15). So gab sie an, XXXX im Bundesgebiet zu haben (AS 99, NSV S. 15).
2.4.5. Schließlich folgt die Feststellung, dass die BF keiner ehrenamtlichen Tätigkeit nachgeht und nicht Mitglied von Organisationen ist, aus ihren Angaben in der Einvernahme vor dem BFA sowie in der mündlichen Verhandlung (AS 99f; NSV, S. 14f). XXXX 3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchteil A)
3.1.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides
3.1.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
3.1.1.2. Flüchtling iSd. Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist demnach, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen."
Der zentrale Aspekt des Flüchtlingsbegriffs der GFK somit die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Zu fragen ist daher nicht danach, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074).
3.1.1.3. Das individuelle Vorbringen eines Asylwerbers ist ganzheitlich unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers und der objektiven Wahrscheinlichkeit seines Vorbringens zu würdigen (vgl. VwGH 26.11.2003, Ra 2003/20/0389).
3.1.1.4. Für die Asylgewährung kommt es auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der GFK zum Zeitpunkt der Entscheidung an (vgl. jüngst etwa VwGH 30.09.2015, Ra 2015/19/0066). Es ist demnach für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten zum einen nicht zwingend erforderlich, dass der BF bereits in der Vergangenheit verfolgt wurde, zum anderen ist auch eine bereits stattgefundene Verfolgung ("Vorverfolgung") für sich genommen nicht hinreichend. Selbst wenn daher BF im Herkunftsstaat bereits asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt war, ist entscheidend, dass sie im Zeitpunkt der Entscheidung (der Behörde bzw. des VwG) weiterhin mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen rechnen müsste (vgl. VwGH 13.12.2016, Ro 2016/20/0005); die entfernte Gefahr einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074).
3.1.1.5. Auch wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw. sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten, so liegt in diesem Umstand für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr iSd Genfer Flüchtlingskonvention. Um asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).
3.1.1.6. Umgelegt auf den gegenständlichen Fall folgt daraus, dass, wie bereits in der Beweiswürdigung ausführlich dargelegt wurde, die BF in Bezug auf ihren vorgebrachten Fluchtgrund persönlich unglaubwürdig war.
Da die Glaubhaftmachung ein wesentliches Tatbestandsmerkmal für die Gewährung von Asyl ist, ist es der BF nicht gelungen, einen aus dem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Grund einer aktuell drohenden Verfolgung maßgeblicher Intensität schlüssig darzulegen. Die Angaben im Zuge des gesamten Verfahrens sind nicht hinreichend konsistent, sondern vielmehr überwiegend vage und widersprüchlich. Es ist nicht nachvollziehbar, warum sie einer ernstlichen Bedrohung ausgesetzt sei bzw. Gefahr liefe, Übergriffe zu erleiden.
Die BF konnte weiters auch nicht substantiiert angeben, dass eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung gegeben ist bzw. diese mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht. Die durch die BF konkret ins Treffen geführten Gründe beziehen sich im Wesentlichen pauschal darauf, dass sie aufgrund einer drohenden Zwangsverehelichung und ihrer Flucht vor mehr als XXXX Jahren jetzt verfolgt werden würde. Wie bereits in der Beweiswürdigung dargelegt, ist dieses Fluchtvorbringen zur Gänze nicht glaubhaft. Die BF konnte auch nicht hinreichend darlegen, worauf sich die Furcht - so viele