TE Bvwg Beschluss 2019/11/19 W237 2002214-4

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Veröffentlicht am 19.11.2019
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Entscheidungsdatum

19.11.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §57 Abs1
VwGVG §28 Abs1

Spruch

W237 2002218-4/4E

W237 2002214-4/4E

W237 2002212-4/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Martin WERNER über die Beschwerde von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , und 3.) mj. XXXX , geb. XXXX , alle StA. Russische Föderation, alle vertreten durch XXXX sowie XXXX , gegen die Bescheide des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 27.02.2019, 1.) Zl. 646916809 + 161511534, 2.) Zl. 646916700 + 161511585, und 3.) Zl. 656376007 + 161511470:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Mandatsbescheiden des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 29.05.2018 wurde der Erstbeschwerdeführerin und ihren beiden Kindern, der volljährigen Zweitbeschwerdeführerin und dem minderjährigen Drittbeschwerdeführer, gemäß § 57 Abs. 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG aufgetragen, bis zu ihrer Ausreise durchgängig Unterkunft in der Betreuungseinrichtung "Bundesbetreuungseinrichtung XXXX " zu nehmen sowie dieser Verpflichtung binnen drei Tagen nachzukommen.

1.2. Gegen diese Mandatsbescheide erhoben die Beschwerdeführer am 30.05.2018 durch ihren Rechtsanwalt das Rechtsmittel der Vorstellung.

1.3. Am 11.06.2018 wurden die Beschwerdeführer in der Betreuungseinrichtung XXXX aufgenommen und dort amtlich gemeldet.

1.4. Die Erst- und Zweitbeschwerdeführerin wurden am 28.06.2018 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein ihres rechtlichen Vertreters niederschriftlich einvernommen.

2. Mit Bescheiden des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 27.02.2019 wurde den Beschwerdeführern gemäß § 57 Abs. 1 FPG aufgetragen, bis zu ihrer Ausreise durchgängig Unterkunft in der Betreuungseinrichtung "Bundesbetreuungseinrichtung XXXX " zu nehmen und dieser Verpflichtung unverzüglich nachzukommen (Spruchpunkt I.). Des Weiteren wurde jeweils die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen den Bescheid gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen (Spruchpunkt II.).

2.1. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verfügte am 28.02.2019, dass die angeführten - jeweils fälschlicherweise als "Mandatsbescheid" bezeichneten - Bescheide den Beschwerdeführern gegen Unterzeichnung einer Übernahmebestätigung persönlich auszufolgen seien. In Folge wurden die Bescheide noch am selben Tag der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin durch ein Organ der Bundesbetreuungsstelle persönlich ausgehändigt und eine von den Beschwerdeführerinnen unterzeichnete Übernahmebestätigung rückübermittelt.

3. Am 21.03.2019 erhoben die Beschwerdeführer über ihren (ebenfalls zur Vertretung im weiteren Verfahren bevollmächtigten) Rechtsberater gegen die Bescheide vom 27.03.2019 eine näher begründete Beschwerde.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legte diese Beschwerde samt zugehörigen Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht am 15.07.2019 vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Verfahrensgang wird wie unter Pkt. I. dargelegt festgestellt.

1.2. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der volljährigen Zweitbeschwerdeführerin und des minderjährigen Drittbeschwerdeführers; alle sind russische Staatsangehörige.

Die Beschwerdeführer gaben dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit ihrer Vorstellung am 30.05.2018 bekannt, dass sie ihren (näher genannten) Rechtsanwalt mit ihrer rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt hätten, und ersuchten darum, "alle Ladungen, Weiterungen und dergleichen zu Handen [ihres] Vertreters zuzustellen". Bis zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung gaben die Beschwerdeführer nicht bekannt, dass das Vollmachtsverhältnis aufgelöst worden sei.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verfügte am 28.02.2019 die Zustellung der Bescheide vom 27.02.2019 an die Beschwerdeführer durch persönliche Ausfolgung. Die Bescheide wurden der Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin am selben Tag in der Betreuungsstelle gegen Unterfertigung einer Übernahmebestätigung ausgehändigt. Eine Zustellung an den Rechtsanwalt der Beschwerdeführer wurde nicht verfügt.

2. Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen und der festgestellte Verfahrensgang ergeben sich zweifelsfrei aus dem Inhalt der vorliegenden Verfahrensakten. Die Bekanntgabe des Vollmachtsverhältnisses zum Rechtsanwalt der Beschwerdeführer erfolgte in klarer Weise mit dem Vorstellungsschriftsatz vom 30.05.2018. Den Verfahrensakten ist keine Erklärung zu entnehmen, dass dieses Vertretungsverhältnis mittlerweile aufgelöst worden wäre. Der Zustellvorgang betreffend die Bescheide vom 27.02.2019 ergibt sich unzweifelhaft aus dem im Akt aufliegenden Schriftverkehr zwischen dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und der Betreuungseinrichtung sowie den vorliegenden Übernahmebestätigungen, welche durch die Beschwerdeführer unterzeichnet wurden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

1. Die Beschwerdeführer begründeten zu ihrem Rechtsanwalt ein Vollmachtsverhältnis, über welches das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 30.05.2018 in Kenntnis gesetzt wurde. Dessen ungeachtet adressierte die belangte Behörde die angefochtenen Bescheide vom 27.02.2019 mit Verfügung vom 28.02.2019 an die Beschwerdeführer persönlich, worauf den Beschwerdeführern die Bescheide am 28.02.2019 ausgefolgt wurden (die Erstbeschwerdeführerin nahm als gesetzliche Vertreterin des Drittbeschwerdeführers dabei den ihn betreffenden Bescheid entgegen). Die Verfügung der Zustellung an den Rechtsanwalt der Beschwerdeführer erfolgte hingegen nicht.

2. Voraussetzung für das rechtliche Zustandekommen eines Bescheids ist dessen Erlassung. Erlassen wird ein schriftlicher Bescheid durch rechtswirksame Zustellung oder durch Ausfolgung (vgl. VwGH 18.05.1994, 93/09/0115).

2.1. Gemäß § 21 AVG und § 1 Zustellgesetz (im Folgenden: ZustG), sind Zustellungen nach dem ZustG vorzunehmen. Gemäß § 5 ZustG hat die Behörde in geeigneter Form den Empfänger und dessen Identität möglichst eindeutig zu bezeichnen. "Empfänger" ist die von der Behörde in der Zustellverfügung namentlich bezeichnete Person, in deren Verfügungsgewalt das zuzustellende Dokument gelangen soll (§ 2 Z 1 ZustG). Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt gemäß § 7 ZustG die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist. Bezeichnet die Behörde hingegen eine falsche Person als "Empfänger", so ist dies ein Mangel, der nicht nach § 7 ZustG etwa dadurch heilen kann, dass das Dokument (Schriftstück) jener Person zukommt, die als Empfänger zu bezeichnen gewesen wäre (vgl. zB VwGH 18.05.1994, 93/09/0115; 27.06.1995, 94/04/0206; 22.03.2001, 97/03/0201; 24.03.2015, 2014/05/0013).

Bezeichnet also die Behörde fälschlich nicht den zustellbevollmächtigten Vertreter einer Verfahrenspartei, sondern die Partei selbst als Empfänger eines Schriftstücks (Dokuments), so liegt ein Mangel des Zustellvorgangs vor, der keiner Heilung zugänglich ist. Auf ein Verschulden der belangten Behörde kommt es dabei nicht an.

2.2. Im vorliegenden Fall sah die Zustellverfügung vom 28.02.2019 nur die Beschwerdeführer selbst und nicht den rechtlichen Vertreter als Empfänger der bekämpften Bescheide vor. Es liegt daher eine fehlerhafte Zustellung vor, die auch nicht dadurch zu heilen vermochte, dass die Bescheide zu einem späteren Zeitpunkt dem rechtlichen Vertreter der Beschwerdeführer zugegangen sein mögen. Die Entscheidungen des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl sind daher nie erlassen worden und damit rechtlich nicht zustande gekommen.

3. Ist ein Bescheid nicht rechtswirksam erlassen worden, so ist es der Berufungsbehörde verwehrt, meritorisch über die Berufung abzusprechen. Ihre Zuständigkeit reicht in solchen Fällen nur so weit, das Rechtsmittel wegen Unzulässigkeit mangels tauglichen Anfechtungsgegenstandes zurückzuweisen (vgl. VwGH 09.03.1982, 81/07/0212; 30.05.2006, 2005/12/0098). Dies hat auch für das Bundesverwaltungsgericht als Beschwerdeinstanz in Anwendung des § 28 VwGVG zu gelten.

Mangels Erlassung der (als solche lediglich bezeichneten) Bescheide vom 27.02.2019 ist die Beschwerde dagegen also zurückzuweisen.

4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; zudem fehlt es auch nicht an einer Rechtsprechung und die zu lösende Rechtsfrage wird in dieser auch nicht uneinheitlich beantwortet. So entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass Beschwerden wegen (noch) nicht erlassenen Bescheiden zurückzuweisen sind.

Schlagworte

Bescheid, Rechtswidrigkeit, Verfahrensmangel, Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W237.2002214.4.00

Zuletzt aktualisiert am

24.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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