Entscheidungsdatum
25.11.2019Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W215 2103317-2/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. STARK über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Bundesrepublik Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.08.2019, Zahl 1024174806-180117379, zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz,
BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Vorverfahren:
Der Beschwerdeführer, reiste zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 04.07.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.02.2015, Zahl 1024174806-14765252, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 04.07.2014 gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt
(Spruchpunkt II.) und in Spruchpunkt III. eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß
§ 8 Abs. 4 AsylG bis zu zum 19.02.2016 erteilt.
Gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.02.2015, Zahl 1024174806-14765252, erhob der Beschwerdeführer am 04.02.2015 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des XXXX , vom XXXX , XXXX , gemäß § 27 Abs. 2a SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten verurteilt. Die ausgesprochene Freiheitsstrafe wurde unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Mit Urteil des XXXX , vom XXXX , XXXX wurde diese Probezeit auf insgesamt fünf Jahre verlängert.
Am 03.02.2018 wurde vom BFA gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG ein Aberkennungsverfahren eingeleitet, das in der Folge aufgrund des unbekannten Aufenthaltes des Beschwerdeführers eingestellt wurde.
Im Zuge einer Personenkontrolle wurde der Beschwerdeführer am XXXX angehalten und bei der Überprüfung seiner Daten festgestellt, dass sein Status des subsidiär Schutzberechtigten abgelaufen sei und er keinen Folgeantrag gestellt habe. Daraufhin stellte der Beschwerdeführer am 27.03.2018 und 30.04.2018 einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG.
Mit 28.05.2019 wurde das Aberkennungsverfahren gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG wieder aufgenommen und der Beschwerdeführer zu einer niederschriftlichen Befragung am 21.06.2018 geladen. Die Zustellung der Ladung wurde aufgrund der bestehenden Meldeverpflichtung des Beschwerdeführers bei der zuständigen Polizeiinspektion gemäß
§ 11 BFA-VG durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes verfügt.
Nachdem der Beschwerdeführer zu seiner niederschriftlichen Befragung unentschuldigt nicht erschienen war, wurde seitens der Polizei am XXXX mitgeteilt, dass eine Verständigung über die Ladung an seiner Meldeadresse hinterlegt worden sei. Im Übrigen komme der Beschwerdeführer seiner Meldeverpflichtung nicht nach und sei am XXXX das letzte Mal vorstellig geworden.
Mit Kurzbrief der Landespolizeidirektion vom XXXX wurde mitgeteilt, dass es sich bei der Adresse des Beschwerdeführers um eine Briefkastenadresse/Obdachlosenmeldung handle und die Verständigung über die Hinterlegung unbeachtet geblieben sei. Während des Bereithaltezeitraumes habe der Beschwerdeführer die Polizeiinspektion nicht kontaktiert. Es besteht weder eine Ortsanwesenheit noch eine postalische Erreichbarkeit und hätten keine zweckdienlichen Hinweise bezüglich eines aktuellen Aufenthaltes in Erfahrung gebracht werden können.
Mit Schreiben vom 10.07.2018 teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem an der Meldeadresse des Beschwerdeführers ansässigen Verein mit, dass der Beschwerdeführer einer 14-tägigen Meldeverpflichtung bei der nächstgelegenen Polizeidienststelle unterliege und dieser seit XXXX nicht nachkomme. Sollte er seine Meldeverpflichtung nicht nachkommen und sein aktueller Aufenthaltsort weiterhin unbekannt bleiben, werde ein Abwesenheitskurator bestellt.
Mit Schreiben vom 11.07.2018 teilte der Verein mit, dass der Beschwerdeführer am XXXX bei der zuständigen Polizeiinspektion gewesen sei und dort auf seine 14-tägige Meldeverpflichtung aufmerksam gemacht worden sei. Der Beschwerdeführer habe angegeben, dieser im Zeitraum vom XXXX nicht nachgekommen zu sein, wolle aber nun wieder regelmäßig hingehen.
Nach erfolgreicher Zustellung der darauffolgenden Ladung gemäß § 11 BFA-VG wurde der Beschwerdeführer am 09.08.2018 im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich zur beabsichtigten Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten niederschriftlich befragt.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.08.2019, Zahl 1024174806-180117379, wurde dem Beschwerdeführer der mit Bescheid vom 19.02.2015 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gem. § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und seine Anträge auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung vom 27.03.2018 und 30.04.2018 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß
§ 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass eine Abschiebung nach Somalia gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.) und ihm gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist zur freiwilligen Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt VI.).
Die Zustellung des Bescheides vom 27.08.2018, Zahl 1024174806-180117379, wurde - wie schon zuvor die Zustellung der Ladung zur niederschriftlichen Befragung - abermals durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Zuge der Erfüllung der Meldeverpflichtung nach § 11 BFA-VG vorgenommen.
Mit Schreiben vom 11.09.2018 teilte die zuständige Polizeiinspektion mit, dass die Verständigung über die Hinterlegung des Bescheides vom 27.08.2018 unbeachtet geblieben und der Beschwerdeführer während des Bereithaltezeitraumes nicht bei der Polizeiinspektion erschienen sei. Seitens des Vereins sei mitgeteilt worden, dass am 02.07.2018 der letzte Kontakt erfolgt sei und eine Abmeldung des Beschwerdeführers durchgeführt werde.
Der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.08.2018, Zahl 1024174806-180117379, erwuchs am 25.09.2018 in Rechtskraft.
Nachdem das Beschwerdeverfahren zu Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.02.2015, Zahl 1024174806-14765252, wegen unbekannten Aufenthaltes des Beschwerdeführers mehrmals eingestellt und wiedereröffnet wurde, fand am 20.09.2019 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung, in Gegenwart des Beschwerdeführers, statt. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.10.2019, Zahl W215 2103317-1/36E, wurde die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG als unbegründet abgewiesen.
2. Gegenständliches Verfahren:
Am 19.08.2019 stellte der Beschwerdeführer mit Schreiben seiner Vertretung beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen Antrag auf Zustellung des Bescheides vom 27.08.2018, Zahl 1024174806-180117379. Eventualiter wurde ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben und in eventu eine Anregung auf amtswegige Behebung gemäß § 68 Abs. 2 AVG eingebracht.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl niemals erhalten habe. Er sei auch nicht ordnungsgemäß von der Hinterlegung des angefochtenen Bescheides verständigt worden, weshalb keine rechtswirksame Zustellung erfolgt sei.
Mit gegenständlichem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.08.2019, Zahl 1024174806-180117379, wurde in Spruchpunkt I. der eventualiter gestellte Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 19.08.2019 gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG abgewiesen und in Spruchpunkt II. dem Antrag auf Wiedereinsetzung gemäß § 33 Abs. 4 VwGVG die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Ein Abspruch über den Antrag auf Zustellung des Bescheides vom 27.08.2018 erfolgte nicht.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht am 30.09.2019 gegenständliche Beschwerde und führte - soweit hier wesentlich - aus, dass die Behörde den Eventualantrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 VwGVG abgewiesen habe, noch bevor über den Primärantrag auf Zustellung des Bescheids abgesprochen worden sei. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs sei der Bescheid daher wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit zu beheben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A) Stattgabe der Beschwerde und Behebung des Bescheides
Im gegenständlichen Fall stellte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 19.08.2019 primär einen Antrag auf Zustellung des Bescheides und eventualiter einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl entschied mit dem bekämpften Bescheid vom 28.08.2019, Zahl 1024174806-180117379, allerdings nur über den eventualiter gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und sprach damit über den Primärantrag auf Zustellung des Bescheides vom 27.08.2018, Zahl 1024174806-180117379, nicht ab.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt das Wesen eines Eventualantrages darin, dass er unter der aufschiebenden Bedingung gestellt wird, dass der Primärantrag erfolglos bleibt. Wird ein Eventualantrag vor dem Eintritt des Eventualfalles erledigt, belastet dies die Erledigung mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit. Vor der (rechtskräftigen) Erledigung des Primärantrags auf Zustellung des Bescheids war das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl daher nicht zuständig, über den nur in eventu gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung zu entscheiden (vgl. die Erkenntnisse des VwGH vom 25.04.2006, 2006/19/0393; sowie VwGH vom 17.03.2009, 2006/19/0515; VwGH vom 27.01.2010, 2008/21/0536; VwGH vom 17.11.2010, 2008/23/0754; u.a.).
Der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.08.2019, Zahl 1024174806-180117379, ist daher infolge Unzuständigkeit von Amts wegen zu beheben.
Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen (§ 28 Abs. 5 VwGVG).
Über den Eventualantrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl somit erst zu entscheiden haben, wenn dem primär gestellten Antrag auf Zustellung des Bescheides vom 27.08.2018, Zahl 1024174806-180117379, keine Folge gegeben wird.
Da auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid (von Amts wegen) aufzuheben ist, konnte eine mündliche Verhandlung entfallen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 (VwGG), in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Im konkreten Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, zu der es nicht eindeutige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs gibt (siehe VwGH vom 25.04.2006, 2006/19/0393; sowie VwGH vom 17.03.2009, 2006/19/0515; VwGH vom 27.01.2010, 2008/21/0536; VwGH vom 17.11.2010, 2008/23/0754; u.a.).
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Eventualantrag, Voraussetzungen,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W215.2103317.2.00Zuletzt aktualisiert am
24.02.2020