TE Bvwg Beschluss 2019/11/25 W111 1312942-7

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Veröffentlicht am 25.11.2019
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Entscheidungsdatum

25.11.2019

Norm

AsylG 2005 §7 Abs1 Z2
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Spruch

W111 1312942-7/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. DAJANI, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch XXXX , Rechtsanwalt in XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.04.2019, Zl. 770352502-170991165, beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, behoben und die Angelegenheit an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Verfahren über die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein russischer Staatsangehöriger und tschetschenischer Volksgruppenzugehöriger, reiste seinen Angaben zufolge am 18.03.2007 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Bereits am 25.03.2007 suchte der Beschwerdeführer einen Psychotherapeuten vom Verein zur Betreuung von Folter- und Kriegsüberlebenden auf, welcher bei ihm eine höhergradige posttraumatische Belastungsstörung zu Folge serieller Traumatisierung diagnostizierte. Am 11.04.2007 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Zuge der Erstbefragung am 11.04.2007 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Antragsteller, zu seinen Fluchtgründen befragt, im Wesentlichen Folgendes an: Im August 2000 hätten russische Soldaten ihn und seinen Vater angehalten, geschlagen und mit Stromschlägen misshandelt. Verwandte hätten ihn damals freigekauft. Danach sei er mehrmals mitgenommen und mit Stromschlägen misshandelt worden.

Am 18.04.2007 führte ein Facharzt für Neurologie und Psychiatrie eine gutachterliche Stellungnahme im Zulassungsverfahren durch, welche bei dem Beschwerdeführer ebenfalls eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostizierte, jedoch feststellte, dass diese psychische Störung einer Ausweisung nicht entgegenstehe. Am 29.05.2007 fand die niederschriftliche Einvernahme des Antragstellers vor dem Bundesasylamt statt.

1.2. Mit Bescheid vom 06.06.2007, Zl. 07 03.525 - EAST Ost, wies das Bundesasylamt zunächst den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurück, da die Slowakei zur Prüfung seines Asylantrages zuständig sei, und erklärte gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 leg. cit., dass der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Slowakei ausgewiesen werde.

1.3. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 13.7.2007, Zl. 312.942-1/3E-XV/53/07, war einer gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung gemäß § 41 Abs. 3 AsylG 2005 stattgegeben und der bekämpfte Bescheid des Bundesasylamtes vom 06.06.2007 behoben worden.

1.4. Am 26.9.2007 fand erneut eine Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesasylamt statt.

Mit Bescheid vom 26.9.2007, Zl. 07 03.525-BAW, war eine Psychologin gemäß § 52 Abs. 4 AVG als nichtamtliche Sachverständige für das Asylverfahren bestellt worden. Am 03.10.2007 langte beim Bundesasylamt ein Schreiben einer Fachärztin für Psychologie und Neurologie ein, in welchem sie beim Beschwerdeführer ebenfalls eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostizierte. Am 12.10.2007 langte beim Bundesasylamt das psychologische Gutachten ein, in welchem sie beim Beschwerdeführer eine Depression diagnostizierte, welche einer Überstellung in die Slowakei jedoch nicht entgegenstehe.

Am 12.10.2007 fand eine weitere Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesasylamt statt.

1.5. Mit Bescheid vom 13.12.2007, Zl. 07 03 525-BAW, wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Antragstellers erneut gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück, da die Slowakei zur Prüfung seines Asylantrages zuständig sei, und erklärte gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 leg. cit., dass der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Slowakei ausgewiesen werde. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 21.12.2007 fristgerecht eine Berufung.

1.6. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 14.01.2008, Zl. 312.942-2/5E-XV/53/07, war dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.12.2007 behoben worden.

1.7. In weiterer Folge fand am 02.09.2008 erneut eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesasylamt statt. Bei dieser gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes an:

Im ersten Tschetschenienkrieg sei er noch klein gewesen, aber sein Vater habe in diesem Krieg als Kämpfer mitgekämpft und seine Brüder hätten diesem geholfen. Überhaupt hätte seine gesamte Familie die Kämpfer und den gewählten Präsidenten Dudaev unterstützt. Auch am zweiten Tschetschenienkrieg habe er selbst nicht aktiv teilgenommen, sondern nur die Kämpfer mit Essen und auch Kleidung unterstützt. Am 04.08.2000 sei er erstmals gemeinsam mit seinem Vater von einer russischen Polizeieinheit festgenommen worden, weil sie die Kämpfer unterstützt hätten und für die Freiheit ihrer Heimat eingetreten wären. Es wären damals bewaffnete Maskierte in ihr Haus eingedrungen und hätten sie in eine Abteilung des Innenministeriums in XXXX mitgenommen. Dort sei er mit gefesselten Händen in ein Kellerabteil gebracht worden, wo er auf einem Tisch mit Stromschlägen gefoltert und auch geschlagen worden sei. Man habe von ihm wissen wollen, wo sich die Kämpfer aufhalten würden. Er sei dort bis zum 20.08.2000 gewesen, erst dann habe er gegen US $ 2.000 freigekauft werden können. Sein Vater sei schon vorher entlassen worden und habe seinen Freikauf arrangieren können. Er sei gerade noch rechtzeitig entlassen worden, da er zehn Minuten später exekutiert worden wäre. Er wisse dies, da seine vier Mithäftlinge dieses Schicksal erlitten hätten. Er habe sich dann auch an die Organisation Memorial gewendet. Sein Verfahren sei dann aber von der Staatsanwaltschaft nach neuerlichen Geldzahlungen eingestellt worden. Er habe sich in weiterer Folge bei Verwandten und Bekannten versteckt und nur noch gelegentlich bei seinen Eltern genächtigt. Dennoch sei er dort im Jahr 2001 und 2002 erneut mitgenommen worden. Insgesamt sei er vier oder fünf Mal für jeweils mehr als 20 Tage mitgenommen und jedes Mal gefoltert worden. Jedes Mal hätten ihn seine Eltern freigekauft und hätte man von ihm eine Zusammenarbeit gefordert, nämlich, dass er Kämpfer suche. Im Dezember 2004 habe er Verwandte in einem Krankenhaus besuchen wollen, als er erneut für 20 Tage festgenommen worden sei. Er habe erst im Nachhinein im Internet herausgefunden, dass er in einem Gefängnis festgehalten worden sei, aus dem nur wenige entkommen wären. Er sei dort erneut mit Prügel, Zigaretten und Strom gefoltert worden, wolle darüber aber nicht sprechen. Erst durch seine Verwandten sei er freigekauft worden. Der letzte Vorfall habe sich im Oktober oder November 2006 ereignet. Er sei damals mit seinem Verwandten im Bus durch XXXX gefahren, als sie bei einem Posten angehalten und von maskierten Tschetschenen mitgenommen worden wären. Man habe ihnen die Hände gefesselt und Säcke über den Kopf gestülpt und habe sie in ein Kellerabteil gebracht. Er sei zuerst aufgerufen worden. Es wären ihm die Hände mit Pferderiemen am Rücken verbunden und seine Füße gefesselt worden und hätte man an seinen Ohren Strom angeschlossen. Man habe von ihm wissen wollen, wo die Kämpfer wären und ob er mit ihnen zusammenarbeite. Man habe von ihm verlangt, dass er irgendwelche Papiere unterschreibe. Über die Folterungen würde er nichts mehr erzählen wollen, über alles andere könne er detailliert berichten, aber nicht über die Folterungen. Diese würden ihn die letzten acht Jahre in der Nacht verfolgen. Sein Verwandter habe ihn nach den Folterungen auch gesehen und gedacht, dass er tot sei. Erst gegen Bezahlung von US $ 3.000 wären sie beide wieder freigelassen worden. Danach hätten sein Verwandter und er beschlossen auszureisen. Er sei davor trotz aller Festnahmen nicht ausgereist, da er nicht gewusst habe, wohin er solle. Er habe darüber hinaus zwei ältere Brüder, die sich nach wie vor in Tschetschenien in Haft befinden. Der eine Bruder sei seit fünf Jahren ohne Gerichtsurteil in Haft, der andere Bruder sei zu zwölfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden und habe schon sechs Jahre Haft verbüßt. Beide würden unschuldig im Gefängnis sitzen.

Ebenfalls am 02.09.2008 war ein Verwandter des Beschwerdeführers als Zeuge vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen worden. Mit Bescheid vom 13.10.2008 bestellte das Bundesasylamt gemäß § 52 Abs. 4 AVG einen Facharzt für Psychiatrie als nichtamtlichen Sachverständigen, welcher am 09.12.2008 sein psychiatrisch-neurologisches Gutachten vorlegte, in welchem er eine Anpassungsstörung im Sinne einer länger dauernden depressiven Reaktion beim Beschwerdeführer diagnostizierte, das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht ausschloss und eine Therapie empfahl.

Am 16.09.2008 legte der Beschwerdeführer dem Bundesasylamt vor:

1. eine Vorladung an seine Mutter für den 10.09.2008 um 10.00 Uhr (zur Sicherheitsabteilung) ORB Nr. 2 in XXXX ;

2. Schreiben seiner Mutter an die Staatsanwaltschaft von XXXX vom 10.09.2008, in welchem sie die - ihren Sohn betreffenden - Vorwürfe im Zuge der Befragung vom 10.9.2008 wiedergibt und um Hilfe ersucht;

3. Verfügung vom 17.09.2000 über die Einstellung der Strafsache des Antragstellers.

1.8. Am 05.05.2009 stellte der Beschwerdeführer beim Asylgerichtshof einen Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs. 2 AVG iVm § 61 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005.

1.9. Mit in Rechtskraft erwachsenem Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 31.01.2009, Zahl D5 312942-3/2009/7E, wurde dem Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 stattgegeben, dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuerkannt und gemäß § 3 Abs. 5 leg.cit. festgestellt, dass diesem kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Im Rahmen der Entscheidungsbegründung hielt der erkennende Senat des Asylgerichtshofes im Wesentlichen fest, der Beschwerdeführer habe als seinen Fluchtgrund glaubwürdig angegeben, im zweiten Tschetschenienkrieg Kämpfer mit Essen und Kleidung unterstützt zu haben. Aufgrund dessen sei er seit dem Jahr 2000 immer wieder von russischen Einheiten festgenommen, geschlagen und mit Stromschlägen gefoltert worden, da man von ihm u.a. wissen habe wollen, wo sich die tschetschenischen Kämpfer aufhielten. Erst nach Zahlung von hohen Geldsummen habe er von seiner Familie jeweils freigekauft werden können. Letztmalig sei er im Oktober oder November 2006 gemeinsam mit seinem Verwandten (AIS-Zl. 07 01.162) festgenommen und erneut gefesselt, geprügelt und mit Stromschlägen gefoltert worden. Auch bei dieser letzten Festnahme sei er erst nach Zahlung von US $ 3.000 wieder frei gelassen worden. Danach hätten sein Verwandter und er aus Furcht vor weiteren Verfolgungen Tschetschenien verlassen. Der Asylgerichtshof traf weiters Feststellungen zur damals aktuellen Situation in Tschetschenien und hielt im Rahmen der rechtlichen Beurteilung im Wesentlichen fest, im Fall des Beschwerdeführers sei davon auszugehen, dass ihm aufgrund seiner unterstützenden Tätigkeiten im zweiten Tschetschenienkrieg - Versorgung der Kämpfer mit Lebensmitteln und Kleidungsstücken - und aufgrund der bereits wiederholt erfolgten Festnahmen und Folterungen nach wie vor asylrelevante Verfolgung in seinem Herkunftsstaat drohe.

Insbesondere stünde aufgrund der Länderfeststellungen fest, dass Personen, die für Rebellen oder deren Sympathisanten gehalten würden, nach wie vor einem sehr hohen Risiko ausgesetzt seien, festgenommen, verschleppt, verhört, gefoltert und auch ermordet zu werden. Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer bereits zahlreiche Male festgenommen, verhört und gefoltert worden sei und jedes Mal erst gegen Zahlung von hohen Geldsummen freigelassen worden wäre, sei davon auszugehen, dass dieser im Falle einer Rückkehr nach Tschetschenien bzw. in die Russische Föderation Verfolgungshandlungen von maßgeblicher Intensität zu gewärtigen hätte. Daher sei im Fall des Beschwerdeführers das Bestehen einer aktuellen Verfolgungsgefahr in seinem Herkunftsstaat Russische Föderation zu bejahen. Somit bleibe festzuhalten, dass dem Beschwerdeführer aufgrund seiner "politischen Gesinnung" in seinem Herkunftsstaat Russische Föderation asylrelevante Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK drohe. Der Beschwerdeführer sei aus Furcht vor ungerechtfertigten Eingriffen von erheblicher Intensität aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt, sich des Schutzes seines Herkunftsstaates zu bedienen.

1.10. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 5. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten, davon acht Monate bedingt, Probezeit drei Jahre, rechtskräftig verurteilt. Dem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer im Februar 2014 einem verdeckten Ermittler nicht ganz tausend Gramm Cannabiskraut um netto € 3.000,-

überlassen hatte.

Weiters wurde der Beschwerdeführer mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom XXXX wegen Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat bedingt, Probezeit drei Jahre, rechtskräftig verurteilt. Dem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer eine andere Person im September 2012 am Körper verletzt hatte, indem er ihr eine 2 cm lange Rissquetschwunde am Hinterkopf, einen Bruch des Nasenbeins mit Verletzung der Kiefernebenhöhlen und eine Schädelprellung zugefügt hatte.

Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom 17 XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 2 StGB zu einer Zusatzstrafe von einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Monat bedingt, Probezeit drei Jahre, rechtskräftig verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer im November 2013 beim Verkehrsamt einen total gefälschten russischen Führerschein zur Umschreibung und mit dem Antrag auf Ausstellung einer österreichischen Lenkerberechtigung vorgelegt hatte.

2. Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten:

2.1. Nachdem der Beschwerdeführer im Bundesgebiet mehrfach straffällig geworden war, wurde dieser am 21.10.2016 im Rahmen des eingeleiteten Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen (vgl. AS 31 bis 35). Mit Aktenvermerk vom gleichen Datum wurde das Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingestellt.

2.2. Mit Schreiben vom 07.12.2017 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl über das neuerlich gegen seine Person eingeleitete Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten in Kenntnis gesetzt. Am 27.12.2017 übermittelte der Beschwerdeführer eine bezugnehmende Stellungnahme.

2.3. Mit Urteil des Landesgerichts für XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen § 27 Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichts für XXXX XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen § 105 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten verurteilt.

2.4. Am 14.03.2019 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (vgl. AS 309 bis 315), in welcher der Beschwerdeführer über das gegen seine Person eingeleitete Verfahren zur Aberkennung des Asylstatus in Kenntnis gesetzt wurde und anlässlich derer er zunächst verneinte, sich psychisch und physisch in der Lage zu fühlen, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten, da er in psychiatrischer und psychologischer Behandlung sei und sich frage, wie eine Einvernahme ohne Anwalt gehen könne. Die Frage, ob er einen Anwalt habe, bejahte der Beschwerdeführer; dieser sei ein guter Österreicher. Er habe diesen nicht verständigt, da er nicht gewusst hätte, dass er heute vernommen werde. Auf die Frage, wer sein Vertreter im Asylverfahren sei, antwortete der Beschwerdeführer, er habe bisher niemanden gefunden, er müsse sich erst einen Anwalt suchen. Er wolle heute keine Angaben machen, er habe sich nicht vorbereiten können und keine Möglichkeit gehabt, sich beraten zu lassen. Der Beschwerdeführer hätte eine Ladung bekommen müssen und er hätte auch gewollt, dass ein Psychologe oder Psychiater anwesend sei, da er im Gefängnis schwer gefoltert worden wäre. Zu seinem Gesundheitszustand führte der Beschwerdeführer aus, er sei in psychiatrischer Behandlung gewesen, hier sei er bei einem Psychologen gewesen. Er verliere jeden Tag mehrfach das Bewusstsein. Er nehme keine Medikamente, obwohl er eine Behandlung brauche. Der Beschwerdeführer beherrsche Tschetschenisch, Russisch und Deutsch und habe im Asylverfahren bisher immer die Wahrheit gesagt, obwohl er Vieles aus Angst nicht angegeben hätte. Um kurze Schilderung seines Fluchtgrundes ersucht, gab der Beschwerdeführer an: "Weil man mich nicht nur dort verfolgt hat. Man hat mich verfolgt um mich zu töten. Ich habe große Angst vor diesen Leuten, Ich habe noch meine Mutter dort. Ich bin weg von dem diktatorischen Regime von Kadyrov."

Der Beschwerdeführer habe bis zu seiner Ausreise im Winter 2006 immer in der Russischen Föderation gelebt. Nachdem er mehrmals verhaftet, gefoltert und dann wieder freigekauft worden wäre, habe er sich einen gefälschten Pass besorgt und in XXXX gelebt. Nachdem ihm bei einer Kontrolle der Pass abgenommen worden und eine Anfrage an Tschetschenien gestellt worden wäre, sei er wieder nach Tschetschenien zurückgekehrt. In Österreich habe er eine Lebensgefährtin, mit der er nach moslemischem Ritus verheiratet sei und mit der er keine gemeinsamen Kinder hätte. Vor seiner Inhaftierung habe er mit dieser zusammengewohnt. In der Strafanstalt habe ihn seine Lebensgefährtin noch nicht besucht, da sie mit ihren Kindern aus erster Ehe Probleme hätte. In Österreich lebe weiters der Bruder des Beschwerdeführers, zu dem er in keinerlei Abhängigkeitsverhältnis stünde. In der Russischen Föderation - genauer gesagt in XXXX in der Teilrepublik Tschetschenien - würden sich noch seine Eltern, drei Brüder und eine Schwester aufhalten. In Österreich habe der Beschwerdeführer ungefähr fünf Monate lang bei einer Reinigungsfirma gearbeitet und ca. 1.500,- EUR verdient; infolge eines Arbeitsunfalls sei er im Jahr 2011 oder 2012 abgemeldet worden. Er sei dann immer beim AMS, bei Ärzten und bei der MA 40 gewesen. In Österreich habe er einen A2-Deutschkurs gemacht und sich gut integriert. Er habe viele junge Leute davon abgehalten, zum IS kämpfen zu gehen. Österreich sei für ihn eine zweite Heimat geworden. Künftig wolle der Beschwerdeführer die Führerscheinprüfung machen, nicht mehr kriminell werden und den Beruf des Tischlers oder Goldschmiedes erlernen. Für seine Straftaten schäme er sich. Auf Vorhalt, dass der Beschwerdeführer bereits wegen mehrerer Straftaten zu Haftstrafen verurteilt worden sei, weshalb ihm der Status eines Asylberechtigten abzuerkennen und er in die Russische Föderation auszuweisen sein werde, erklärte der Beschwerdeführer, da würde er sich lieber selbst umbringen; er hielte dies nicht mehr aus und werde keinesfalls zurückkehren. Bei einer Rückkehr drohe ihm mit tausendprozentiger Sicherheit der Tod. Auf Vorhalt, dass dem Beschwerdeführer eine Rückkehr in sein Heimatland zumutbar sei, da sich die Lage laut Länderfeststellungen geändert hätte, erklärte der Beschwerdeführer, wer immer behaupte, dass sich die Lage in Tschetschenien gebessert hätte, sei ein Spion Putins. Über Vorhalt, dass er in jeder Großstadt der Russischen Föderation etwa in Moskau, St. Petersburg oder Rostow leben und zudem auf sein familiäres Netzwerk zurückgreifen könnte, erklärte der Beschwerdeführer, er könnte nirgendwo in der Russischen Föderation leben, Kadyrow hätte überall Einfluss. Er würde gleich am Flughafen vom FSB in Empfang genommen werden.

Die Frage, ob er sich während dieser Einvernahme wohl gefühlt hätte, wurde vom Beschwerdeführer mit dem Vermerk verneint, dass er von Anfang an gesagt hätte, dass er sich psychiatrisch nicht wohl fühle. Die weitere Frage, ob der Beschwerdeführer nach Rückübersetzung "Einwendungen gegen die Niederschrift selbst hätte oder alles richtig und vollständig protokolliert" worden sei, wurde vom Beschwerdeführer bejaht.

Die im Akt einliegende Niederschrift jener Einvernahme weist keinerlei Unterschriften - weder des Beschwerdeführers (hier findet sich der Vermerk "Ich verweigere meine Unterschrift") noch des Einvernahmeleiters oder der Dolmetscherin - auf.

Im Rahmen einer am 18.03.2019 eingebrachten schriftlichen Stellungnahme führte der Beschwerdeführer aus, er sei in seinem Heimatland mehrmals in Haft gewesen und regelmäßig gefoltert worden. Einen Prozess oder eine Anklageschrift habe es nie gegeben. Seinem Vater sei es schließlich gelungen, den Beschwerdeführer über einen Freund, der Beziehungen zu einem hochrangigen General gehabt hätte, aus der Haft freizukaufen. Ihm sei geraten worden, das Land zu verlassen, da vor seiner Enthaftung geplant gewesen wäre, den Beschwerdeführer und vier weitere Häftlinge zu töten. Die Leichname der vier weiteren namentlich genannten Häftlinge seien zwei Tage nach Enthaftung des Beschwerdeführers in einem Straßengraben gefunden worden. Seit 2007 lebe der Beschwerdeführer in Österreich und habe jedes Jahr an der Demo am 23. Februar gegen die Verbrechen Russlands gegen das tschetschenische Volk teilgenommen. Auch habe er am Begräbnis des namentlich genannten ehemaligen Bodyguards von Präsident Kadyrov teilgenommen. Von jener Demonstration und dem Begräbnis gebe es im Internet Videos, auf denen der Beschwerdeführer erkennbar wäre. Sollte er nach Russland zurückgebracht werden, drohe ihm Folter bzw. die Exekution.

Mit Eingabe vom 20.03.2019 erstattete der Beschwerdeführer eine weitere Stellungnahme, in welcher im Wesentlichen der Inhalt der zwei Tage zuvor eingebrachten Stellungnahme wiederholt wurde.

Am 02.04.2019 erfolgte vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Einvernahme der vom Beschwerdeführer genannten Lebensgefährtin als Zeugin. Diese gab zusammengefasst an, sie verfüge über eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte, arbeite in einer Konditorei als Reinigungskraft und lebe mit ihren drei Kindern in einem gemeinsamen Haushalt. Zum Beschwerdeführer hätte sie derzeit keinen Kontakt. Sie hätten sich scheiden lassen, sie seien lediglich nach islamischem Recht verheiratet gewesen. Sie habe auch nicht vor, diesen nochmals zu treffen.

2.5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 04.04.2019 wurde dem Beschwerdeführer in Spruchteil I. der ihm mit Erkenntnis vom 31.07.2009, Zahl: D5 312942-3/2009/7E, zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 idgF aberkannt. Gemäß § 7 Abs. 4 AsylG wurde festgestellt, dass diesem die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukomme. In Spruchteil II. wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt, weiters wurde ihm in Spruchteil III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Darüber hinaus wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG iVm § 9 BFA-VG idgF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG idgF erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG 2005 wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Zur Person des Beschwerdeführers wurde erwogen, dass dessen Identität aufgrund der vorliegenden russischen Identitätsdokumente feststünde; dieser beherrsche Tschetschenisch, Russisch und Deutsch und verfüge über Schulbildung und Arbeitserfahrung. Der Beschwerdeführer hätte sich in psychologischer Behandlung befunden, es lägen allerdings zwei medizinische Gutachten vor und es könne im Falle des Beschwerdeführers von keiner psychischen Störung ausgegangen werden. Dieser bedürfe keiner Medikamente. Der Beschwerdeführer sei mehrmals rechtskräftig verurteilt worden und hätte lange Haftstrafen verbüßt.

Die Entscheidung über die Aberkennung des Status des Asylberechtigten wurde darauf gestützt, dass die Umstände, aufgrund derer der Beschwerdeführer als Flüchtling anerkannt worden wäre, weggefallen seien und dieser es nicht mehr ablehnen könne, den Schutz seines Heimatlandes in Anspruch zu nehmen. Die Lage im Heimatland des Beschwerdeführers habe sich zwischenzeitlich nachhaltig geändert, diesem stünde nun eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung. Dieser sei während des Bürgerkrieges in der Russischen Föderation (Tschetschenienkrieg) als "Unterstützer" tätig gewesen; wie im Länderbericht der Staatendokumentation festgestellt, habe sich jedoch die Situation in seinem Herkunftsstaat so weit normalisiert, dass ihm keine weitere Verfolgung drohe. In einem Spruch des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR 30.11.2017, 54646/17, X./Deutschland) werde festgehalten, dass eine Rückkehrentscheidung in die Russische Föderation grundsätzlich keine Gefahr für die Person darstelle. Desweiteren sei der Beschwerdeführer in Österreich massiv straffällig geworden.

Der Beschwerdeführer sei in der Lage, seinen Lebensunterhalt in der Russischen Föderation durch eigene Arbeitsleistung sowie mithilfe seiner Angehörigen zu sichern. Die Krankenversorgung in der Russischen Föderation sei sichergestellt, etwaige psychische Störungen seien behandelbar.

Der Beschwerdeführer habe durch sein strafbares Verhalten seine besondere Gefährlichkeit für die Gesellschaft zum Ausdruck gebracht, zumal Handel mit Suchtgift eine große und manifeste Gefahr für die Volksgesundheit darstelle. Bei der Suchtgiftkriminalität handle es sich um eine besonders gefährliche Form der Kriminalität, bei der die Wiederholungsgefahr besonders groß sei. Der Beschwerdeführer sei ledig, habe keine Kinder und stünde zu keiner Person in Österreich in einem Abhängigkeitsverhältnis. Der Beschwerdeführer habe keine besonderen Bemühungen um eine berufliche Eingliederung gezeigt, sei in keinen Vereinen Mitglied und habe trotz seines mehrjährigen Aufenthalts keine besonderen Bindungen zu Österreich darlegen können. Eine Rückkehrentscheidung sei daher zulässig.

Aufgrund der vorliegenden strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers stelle ein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar, weshalb gegen diesen ein Einreiseverbot zu verhängen sei.

2.6. Mit am 02.05.2019 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingelangtem Schriftsatz wurde durch den nunmehrigen gewillkürten Vertreter fristgerecht die verfahrensgegenständliche Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften eingebracht. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Bedrohung, aufgrund derer dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden sei, bestünde nach wie vor, wie vom Beschwerdeführer im Rahmen seiner Einvernahme und Stellungnahmen mehrfach ausgeführt worden sei. Soweit die Behörde an mehreren Stellen des angefochtenen Bescheides auf die Entscheidung des EGMR vom 30.11.2017, Nr. 54646/17, X./Deutschland, Bezug nehme, verkenne sie den tatsächlichen Inhalt dieser Entscheidung, welche keinesfalls festhalte, dass in der Russischen Föderation eine allgemeine Alternative gesehen werden könne und keine Gefahr mehr vorliege. Entscheidungsgrundlage sei ein mit drei Jahren nach Deutschland geflüchteter Nordkaukase, welcher sich sodann der radikalislamischen Szene angeschlossen hätte und an der Planung eines Anschlages beteiligt gewesen wäre. Dem Sachverhalt sei weiters zu entnehmen, dass die betreffende Person offenbar keinen Asylstatus innegehabt hätte und die Abschiebung aufgrund der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit habe erfolgen sollen. Inwiefern diese Entscheidung, in welcher sich der EGMR ausschließlich mit dem aufgezeigten individuellen Fall des X beschäftigt hätte, für den Beschwerdeführer maßgeblich sein solle, sei nicht nachvollziehbar. Die Behörde vermöge nicht darzulegen, weshalb im Falle des Beschwerdeführers davon auszugehen sei, dass die Umstände - sohin die Gefahr der unbegründeten Verfolgung und Inhaftierung von Seiten Russlands sowie die damit einhergehende Gefahr der Folter und unmenschlicher Behandlung und in weiterer Folge Lebensgefahr - weggefallen seien. Im vorliegenden Fall setze sich die Behörde nicht einmal oberflächlich mit dem Länderbericht auseinander. Die Situation in Russland und Tschetschenien habe sich keinesfalls geändert oder sogar gebessert. Nach wie vor seien Aufständische und Kritiker sowie Meinungs- und Menschenrechtsaktivisten repressiven Maßnahmen und Gewalt bis hin zum Tod ausgesetzt. Es komme nach wie vor täglich zu Übergriffen durch das Regime. Der Beschwerdeführer sei Anhänger der Errichtung eines unabhängigen tschetschenischen Staates, habe deshalb im zweiten Tschetschenienkrieg Kämpfer unterstützt und lehne das Regime Kadyrows offen ab, wofür er von den russischen Geheimdiensten und ihren tschetschenischen Marionettenstrukturen verfolgt werde. Die Behörde ignoriere Berichte, welche dokumentieren würden, dass Aufständische und Widerstandskämpfer nach wie vor einer Verfolgung ausgesetzt seien. Der Beschwerdeführer möge zwar angegeben haben, nicht aktiv gekämpft zu haben, er sei jedoch aufgrund seines Vaters und seiner nach wie vor in Haft befindlichen Brüder als Aufständischer und Widerstandskämpfer registriert. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer unschuldig in einen medialen Terrorprozess in Österreich verwickelt und in Syrien aufhältig gewesen; dies sei von den Behörden ebensowenig einer Würdigung unterzogen worden wie der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer offen gegen Kadyrow und auch Russland ausspreche und an Demonstrationen teilnehme. Die Behörde hätte sich zunächst mit den Gründen für die Zuerkennung des Status des Beschwerdeführers auseinandersetzen und in der Folge Ermittlungen bezüglich eines Fortbestehens durchführen müssen. Weshalb für den Beschwerdeführer keine Gefahr mehr bestehe, vermöge das durchgeführte Ermittlungsverfahren der Behörde nicht darzulegen. Auch bezüglich des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers habe die Behörde die Durchführung konkreter Ermittlungsschritte verabsäumt.

Bei den Straftaten des Beschwerdeführers handle es sich um kein derart massives Verbrechen, welches die öffentliche Ordnung wesentlich beeinträchtigen würde. Wie bereits zuvor von der Behörde festgehalten, seien die Verurteilungen für eine Aberkennung nicht relevant und ein Aberkennungsverfahren eingestellt worden. Die Aussagen der einvernommenen Zeugin seien dem Beschwerdeführer nicht zur Stellungnahme übermittelt worden. Ein Einreiseverbot von zehn Jahren sei keinesfalls notwendig und es stehe die Dauer in keinem Verhältnis zu den begangenen Verbrechen des Beschwerdeführers; die Behörde überschreite den ihr zukommenden Ermessensspielraum.

2.7. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 15.05.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren an-gewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu Spruchteil A):

2.1. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat. Zur Anwendung des § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG durch die Verwaltungsgerichte hat der Verwaltungsgerichtshof ausgehend von einem prinzipiellen Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht durch das Verwaltungsgericht präzisierend wie folgt festgehalten (VwGH vom 06.07.2016, Ra 2015/01/0123):

"In § 28 VwGVG 2014 ist ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte normiert, weswegen die in § 28 Abs. 3 zweiter Satz leg cit vorgesehene Möglichkeit der Kassation eines verwaltungsbehördlichen Bescheides streng auf ihren gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken ist (Hinweis E vom 17. Dezember 2014, Ro 2014/03/0066, mwN). Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden (Hinweis E vom 27. Jänner 2015, Ra 2014/22/0087, mwN). Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (Hinweis E vom 12. November 2014, Ra 2014/20/0029, mwN)."

Ebenso hat der Verfassungsgerichtshof in ständiger Judikatur ausgesprochen, dass willkürliches Verhalten einer Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, dann anzunehmen ist, wenn in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen wird oder ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren gar nicht stattfindet, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteienvorbringens oder dem Außer- Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (vgl. VfSlg. 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001). Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (vgl. VfSlg. 13.302/1992 m. w. N., 14.421/1996, 15.743/2000).

Die Behörde hat die Pflicht, für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Beweise zu sorgen und auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhaltes von Bedeutung sein kann, einzugehen. Die Behörde darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 10.04.2013 zu Zl. 2011/08/0169 sowie dazu Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren Band I2, E 84 zu § 39 AVG).

2.2. Im gegenständlichen Fall liegt eine Mangelhaftigkeit im Sinne des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG vor. Der Beschwerdeführer wurde im gegenständlichen Verfahren im Vorfeld der Bescheiderlassung weder ordnungsgemäß einvernommen, noch hat sich die Behörde (erkennbar) mit den ursprünglichen individuellen Gründen für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie den vom Beschwerdeführer eingebrachten Stellungnahmen und den darin angedeuteten Nachfluchtgründen auseinandergesetzt.

2.2.1. Gemäß § 7 Abs. 1 AsylG idgF ist der Status des Asylberechtigten einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn (Z 1) ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt; (Z 2) einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder (Z 3) der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.

Die Aberkennung des Status des Asylberechtigten erfolgte fallgegenständlich, wie im angefochtenen Bescheid dargelegt, da die Umstände, aufgrund derer dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden war, zum Entscheidungszeitpunkt nicht mehr bestehen und der Beschwerdeführer es daher nicht weiterhin ablehnen könne, sich unter den Schutz seines Heimatlandes zu stellen.

Art. 1 Abschnitt C Z 5 der Genfer Flüchtlingskonvention normiert, dass eine Person, auf die die Bestimmungen des Absatzes A zutrifft, nicht mehr unter dieses Abkommen fällt, wenn sie nach Wegfall der Umstände, aufgrund derer sie als Flüchtling anerkannt worden ist, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt. Hierbei wird jedoch unterstellt, dass die Bestimmung dieser Ziffer auf keinen Flüchtling im Sinne der Ziffer 1 des Abschnittes A dieses Artikels Anwendung findet, der sich auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Inanspruchnahme des Schutzes des Landes abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt.

Die Bestimmung des Art. 1 Abschnitt C Z 5 verleiht dem Grundsatz Ausdruck, dass die Gewährung von internationalem Schutz lediglich der vorübergehenden Schutzgewährung, nicht aber der Begründung eines Aufenthaltstitels dienen soll. Bestehen nämlich die Umstände, aufgrund derer eine Person als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr und kann sie es daher nicht weiterhin ablehnen, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen, so stellt auch dies einen Grund dar, den gewährten Status wieder abzuerkennen (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 AsylG, K8.).

Die Bestimmung des Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK stellt primär auf eine grundlegende Änderung der (objektiven) Umstände im Herkunftsstaat ab, kann jedoch auch die Änderung der in der Person des Flüchtlings gelegenen Umstände umfassen, etwa wenn eine wegen der Mitgliedschaft zu einer bestimmten Religion verfolgte Person nun doch zu der den staatlichen Stellen genehmen Religion übertritt und damit eine gefahrlose Heimkehr möglich ist (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 AsylG, K9).

Ein in der Person des Flüchtlings gelegenes subjektives Element spielt auch insofern eine Rolle, zumal aus der in Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK enthaltenen Wortfolge "nicht mehr ablehnen kann" auch die Zumutbarkeit einer Rückkehr in das Herkunftsland ein entscheidendes Kriterium einer Aberkennung des Flüchtlingsstatus ist (vgl. Putzer/Rohrböck, aaO, Rz 146).

Um die Beendigung der Flüchtlingseigenschaft zu bejahen, muss die Änderung der Umstände sowohl grundlegend als auch dauerhaft sein, zumal der Flüchtlingsschutz umfassende und dauerhafte Lösungen zum Ziel hat und Personen nicht unfreiwillig in Verhältnisse zurückkehren sollen, welche möglicherweise zu einer neuerlichen Flucht führen. Da eine voreilige oder unzureichende Begründung der Beendigungsklauseln ernsthafte Konsequenzen haben kann, ist es angebracht, die Klauseln restriktiv auszulegen (vgl. UNHCR, Richtlinien zum internationalen Schutz: Beendigung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Artikels 1 C (5) und (6) des Abkommens von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ["Wegfall der Umstände"-Klauseln], Abs. 6 f).

2.2.2. Im gegenständlichen Fall war dem aus der Teilrepublik Tschetschenien stammenden Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 31.01.2009 der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden, da aufgrund des glaubhaften Vorbringens des Beschwerdeführers davon ausgegangen wurde, dass ihm aufgrund seiner unterstützenden Tätigkeiten im zweiten Tschetschenienkrieg - Versorgung der Kämpfer mit Lebensmitteln und Kleidungsstücken - und aufgrund der bereits wiederholt erfolgten Festnahmen und Folterungen weiterhin asylrelevante Verfolgung in seinem Herkunftsstaat drohe. Das Bundesamt begründete den Wegfall der Umstände, welche fallgegenständlich zur Anerkennung als Flüchtling geführt hätten, im angefochtenen Bescheid mit dem pauschalen Verweis auf den Länderbericht der Staatendokumentation, aus welchem sich ergeben würde, dass sich die Situation im Herkunftsstaat soweit normalisiert hätte, dass dem Beschwerdeführer keine weitere Verfolgung drohe (vgl. Bescheid, Seite 47). Weiters werde im Spruch des "Europäischen Gerichts für Menschenrechte (EGMR 30.11.2017, 54646/17, X./Deutschland) [...] festgehalten, dass eine Rückkehrentscheidung in die Russische Föderation grundsätzlich keine Gefahr für die Person darstellt." (Bescheid, Seite 48).

2.2.3. Eine Auseinandersetzung mit dem festgestellten Grund für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten lässt sich dem angefochtenen Bescheid jedoch in keiner Weise entnehmen (so findet sich auf Seite 50 des Bescheides der allgemein gehaltene Vermerk:

"Ihnen wurde aufgrund des Bürgerkrieges in der Russischen Föderation internationaler Schutz zuerkannt."), sodass die Beurteilung einer für eine Aberkennung des Status des Asylberechtigten maßgeblichen Besserung der Lage im Herkunftsstaat schon aus diesem Grund nicht sinnvoll möglich erscheint. Diese fehlenden Feststellungen zum ursprünglichen Fluchtgrund des Beschwerdeführers wiegen im gegenständlichen Fall umso schwerer, als im Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 31.01.2009, mit welchem dem Beschwerdeführer der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden war, festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum zwischen 2000 und 2006 mehrfach zum Opfer von Festnahmen und der Anwendung von Folter (insbesondere in Form von Schlägen und der Versetzung von Stromstößen) durch die Behörden seines Herkunftsstaates geworden ist und demnach im Vorfeld seiner Ausreise bereits massiven Eingriffen in seine körperliche Unversehrtheit und seine durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte durch Organe seines Herkunftsstaates ausgesetzt gewesen ist. Vor diesem Hintergrund erweist sich der pauschale und inhaltlich in keiner Weise konkretisierte Verweis auf eine sich aus dem Länderinformationsblatt ergebende verbesserte Lage im Herkunftsstaat jedenfalls als ungenügend, um einen Wegfall der Verfolgungsgefahr und demnach den Endigungsgrund des Art. 1 Abschnitt C Z5 GFK bejahen zu können. Die Behörde hat keine Feststellungen dahingehend getroffen, aufgrund welcher konkreter Umstände sie eine relevante Änderung der Lage im Herkunftsstaat gegenüber dem Zeitpunkt der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten im Jahr 2009 annimmt.

Der pauschale Verweis auf die oben angesprochene Entscheidung des EGMR vom 30.11.2017 vermag eine maßgebliche Änderung der asylrelevanten Lage im konkreten Fall des Beschwerdeführers ebenfalls nicht nachvollziehbar zu begründen, zumal es sich bei der Entscheidung des EGMR um die Beurteilung eines Einzelfalls handelte, in welchem die Zulässigkeit einer Abschiebung in die Russische Föderation erkannt wurde, welche jedoch keine Rückschlüsse auf die Person des Beschwerdeführers - bei welchem zudem, anders als im Verfahren vor dem EGMR, eine individuelle Verfolgungsgefahr und bereits stattgefundene Eingriffe in seine Rechte nach Art. 3 EMRK im Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 31.01.2009 festgestellt worden waren - und die Prognose einer diesem (weiterhin) drohenden Gefährdung zulässt.

Soweit zu den festgestellten Gründen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten desweiteren auf die Straffälligkeit des Beschwerdeführers verwiesen wurde, ist festzuhalten, dass der rechtlichen Beurteilung nicht zu entnehmen ist, dass die Behörde die Aberkennung des Asylstatus auf die Verurteilung wegen eines besonders schweren Verbrechens gestützt hätte, zumal sich die Begründung des angefochtenen Bescheides ausschließlich auf den Wegfall der ursprünglichen Verfolgungsgründe bezieht und keine rechtliche Würdigung der vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten dahingehend, ob diese allenfalls den Aberkennungsgrund des § 6 Abs.1 Z 4 AsylG 2005 erfüllen (was prima facie insbesondere angesichts der Verurteilungen im Bereich der Suchtgiftkriminalität nicht auszuschließen ist), vornimmt.

2.2.4. Die Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens resultiert desweiteren daraus, dass sich die Behörde mit dem Inhalt der vom Beschwerdeführer eingebrachten schriftlichen Stellungnahmen und den darin geäußerten Rückkehrbefürchtungen nicht erkennbar auseinandergesetzt und damit Parteienvorbringen ignoriert hat. So hat der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Stellungnahme vom 27.12.2017 u.a. ausgeführt, deshalb strafgerichtliche oder politische Verfolgung im Heimatland zu befürchten, da er den Rebellen und den Menschenrechtsaktivisten - der später getöteten XXXX - geholfen hätte (AS 141). Überdies führte er in einer weiteren Stellungnahme vom 20.03.2019 aus, in Österreich an Demonstrationen gegen in Tschetschenien begangene Menschenrechtsverletzungen sowie am Begräbnis des XXXX teilgenommen zu haben. In letzterer Stellungnahme ersuchte der Beschwerdeführer auch um ein weiteres Gespräch, da er am 14.03.2019 nicht die notwendigen Beweismittel in Bezug auf seine Verfolgung in der Russischen Föderation habe vorzeigen können (AS 327). Dem angefochtenen Bescheid lässt sich jedoch weder ein Hinweis auf die vom Beschwerdeführer eingebrachten Stellungnahmen, noch eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem darin erstatteten Vorbringen entnehmen. Da das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die vom Beschwerdeführer eingebrachten Stellungnahmen demnach schlichtweg ignoriert und keinerlei Ermittlungen in Bezug auf die vom Beschwerdeführer geäußerten möglichen Nachfluchtgründe getätigt oder diese sonst erkennbar in die Würdigung des Falles miteinbezogen hat, fehlt es auch insofern an einer Sachverhaltsgrundlage für die Beurteilung, ob eine asylrelevante Verfolgungsgefahr zum Entscheidungszeitpunkt unverändert besteht.

Insofern fehlt es auch insgesamt an einer Beurteilungsgrundlage in Bezug auf die Frage, ob sich eine mögliche Bedrohung des Beschwerdeführers allenfalls als lokal begrenzt erweisen würde, weshalb auch die im angefochtenen Bescheid bejahte Möglichkeit einer Niederlassung außerhalb der Teilrepublik Tschetschenien auf keiner ausreichenden Sachverhaltsfeststellung beruht.

2.2.5. Neben diesem Ignorieren von Parteienvorbringen liegt dem behördlichen Ermittlungsverfahren insofern ein weiterer gravierender Mangel zugrunde, als die Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 14.03.2019 qualifiziert mangelhaft geführt worden ist.

Zunächst ist festzuhalten, dass sich dem Akteninhalt nicht entnehmen lässt, dass der Beschwerdeführer (welcher sich zu diesem Zeitpunkt in Justizhaft befunden hat) eine Ladung zur Einvernahme erhalten hat oder sonst über den bevorstehenden Einvernahmetermin respektive das gegen seine Person eingeleitete Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten in Kenntnis gesetzt worden ist. Der Beschwerdeführer hatte demnach keine Möglichkeit, sich auf die bevorstehende Befragung zu einer möglichen Aberkennung seines Asylstatus sowie zur Prüfung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme inhaltlich vorzubereiten, allfällige Beweismittel beizuschaffen und Kontakt zu einem Vertreter oder einer Beratungsorganisation aufzunehmen. All diese Umstände wurden vom Beschwerdeführer zu Beginn seiner Einvernahme als auch nach deren Abschluss ausdrücklich moniert (AS 310). Überdies erklärte der Beschwerdeführer (bei welchem das Vorliegen psychischer Probleme in Form einer posttraumatischen Belastungsstörung aktenkundig ist) zu Beginn seiner Einvernahme ausdrücklich, sich auch aufgrund seines psychischen Zustandes nicht zur Beantwortung der Fragen in der Lage zu fühlen (ebenfalls AS 310). Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl setzte sich über diese Einwendungen des Beschwerdeführers jedoch hinweg und führte die Einvernahme durch.

Eine inhaltliche Befragung zu den ursprünglichen Fluchtgründen des Beschwerdeführers und deren Fortbestehen sowie zu allfällig zwischenzeitlich neu entstandenen Rückkehrbefürchtungen hat nicht stattgefunden. Obwohl der Beschwerdeführer wiederholt angab, im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat mit Sicherheit getötet zu werden, erfolgten keine Rückfragen zu den Gründen der diesbezüglichen Befürchtungen des Beschwerdeführers.

Schließlich fiel auf, dass die im Akt einliegende Niederschrift der Einvernahme vom 14.03.2019 keinerlei Unterschriften aufweist. Weder der Beschwerdeführer, noch der Einvernahmeleiter oder die hinzugezogene Dolmetscherin haben die Richtigkeit und Vollständigkeit der aufgenommenen Niederschrift sowie deren ordnungsgemäße Rückübersetzung durch deren Unterschrift bestätigt, sodass dem Protokoll auch insofern kein Beweiswert zugesprochen werden kann.

Schließlich hat die Behörde auch unzureichende Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers getroffen; wie angesprochen, ist im Verwaltungsakt dokumentiert, dass der Beschwerdeführer in der Vergangenheit insbesondere an posttraumatischer Belastungsstörung gelitten hat, was im Verfahren über die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten durch Einholung zweier Sachverständigen-Gutachten (1. Verwaltungsakt, Seiten 501 ff und 1125 ff) festgestellt wurde. Angesichts dieser aktenkundigen früheren psychischen Erkrankung sowie den Aussagen des Beschwerdeführers anlässlich seiner Einvernahme vom 14.03.2019 hinsichtlich seiner schlechten psychischen Verfassung wäre die Behörde zu zusätzlichen Ermittlungen angehalten gewesen, insbesondere auch um die Selbsterhaltungsfähigkeit des Beschwerdeführers im Falle einer Niederlassung im als innerstaatliche Schutzalternative geprüften Gebiet beurteilen zu können. Da der Beschwerdeführer im Zuge seiner Einvernahme u.a. ausgesagt hat, täglich mehrfach das Bewusstsein zu verlieren (AS 310), haben jedenfalls Anhaltspunkte vorgelegen, um den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers etwa durch Rücksprache mit der Justizanstalt und Einholung seiner Krankenakte einer Klärung zuzuführen.

Demnach ist keine taugliche Grundlage für die Feststellung zu erkennen, dass dem Beschwerdeführer zum Entscheidungszeitpunkt keine asylrelevante Gefährdung mehr in der Russischen Föderation drohen und ihm eine Niederlassung in außerhalb Tschetscheniens gelegenen Landesteilen gefahrlos möglich sein würde. Die aufgezeigten gravierenden Ermittlungsmängel, insbesondere das Ignorieren von aktenkundigem Parteienvorbringen, erweckt den Eindruck, dass die Behörde die erforderlichen Verfahrenshandlungen bewusst an das Bundesverwaltungsgericht zu delegieren versuchte.

2.3. Angesichts derart gravierender Ermittlungslücken und Begründungsmängel erscheint eine sachgerechte Beurteilung der Beschwerde hinsichtlich der ausgesprochenen Aberkennung des Status des Asylberechtigten, der Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung sowie der erlassenen Rückkehrentscheidung und des Einreiseverbotes auf Grundlage der Ermittlungsergebnisse der belangten Behörde als völlig ausgeschlossen, wobei hinsichtlich der Beurteilung ein vom bekämpften Bescheid abweichendes Ergebnis nicht auszuschließen ist.

Zusammengefasst ist festzustellen, dass sich das Bundesamt in unzureichender und im Ergebnis untauglicher Weise mit der Frage des Vorliegens eines Aberkennungsgrundes auseinandergesetzt hat. Im gegenständlichen Fall erweist sich daher der angefochtene Bescheid des Bundesamtes und das diesem zugrundeliegende Verfahren in besonders gravierender Weise als mangelhaft. Die entscheidenden Ermittlungshandlungen, welche grundsätzlich von der belangten Behörde durchzuführen sind, wären demnach nahezu zur Gänze erstmals durch das Verwaltungsgericht zu tätigen. Die dargetanen Mängel lassen sohin im Ergebnis nur die Feststellung zu, dass das Bundesamt bloß ansatzweise ermittelt hat und zentrale Verfahrenshandlungen an das Bundesverwaltungsgericht zu delegieren versuchte, sodass vom Vorliegen besonders gravierender Ermittlungslücken auszugehen ist.

Der angefochtene Bescheid der belangten Behörde und das diesem zugrunde liegende Aberkennungsverfahren ist im Ergebnis daher so mangelhaft, dass die Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde geboten erscheint, wobei sich im konkreten Fall erst nach einem nachvollziehbaren Ermittlungsverfahren ergeben wird, ob im vom Bundesamt eingeleiteten Aberkennungsverfahren die Voraussetzungen nach § 7 Abs. 1 AsylG 2005 tatsächlich vorliegen und die (allfällige) Erlassung eines neuen Bescheides zulassen. Diesbezüglich erweist sich der Sachverhalt in Verbindung mit der Beschwerde jedenfalls noch als völlig ungeklärt.

2.4. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der gegenständliche Bescheid aufzuheben ist, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelle
Verhältnisse, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W111.1312942.7.00

Zuletzt aktualisiert am

24.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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