Entscheidungsdatum
26.11.2019Norm
AsylG 2005 §35 Abs1Spruch
W240 2225159-1/2E
W240 2225160-1/2E
W240 2225153-1/2E
W240 2225157-1/2E
W240 2225154-1/2E
W240 2225156-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. FEICHTER nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 25.09.2019,
Zl. Islamabad-ÖB/KONS/0417/2019, aufgrund der Vorlageanträge von
XXXX 2.) bis 6.) gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX , sämtliche vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 03.07.2019, beschlossen:
A) Den Beschwerden wird gemäß § 28 Abs 3 VwGVG stattgegeben, die
bekämpften Beschwerdevorentscheidungen behoben und die Angelegenheit zur Erlassung neuer Entscheidungen an die Behörde zurückverwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Die Erstbeschwerdeführerin XXXX gibt an, die Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers XXXX , der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin XXXX , des minderjährigen Viertbeschwerdeführers XXXX , der minderjährigen Fünftbeschwerdeführerin XXXX und des minderjährigen Sechstbeschwerdeführers XXXX zu sein. Alles sind Staatsangehörige Afghanistans und stellten am 11.02.2019 bei der Österreichischen Botschaft Islamabad (in der Folge: "ÖB Islamabad") einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005.
Als Bezugsperson wurde der angebliche Ehemann bzw. Vater der Beschwerdeführer XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, angeführt, welchem mit Entscheidung des BVwG vom 31.03.2015, W126 1431730-1/9E, der Status des Asylberechtigten in Österreich zuerkannt wurde.
2. In seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005 vom 21.05.2019 führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (kurz: BFA) aus, dass betreffend die antragstellenden Parteien die Gewährung des Status eines Asylberechtigten oder eines subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Beschwerdeführer die Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen gem. § 60 Abs. 2 Z 1-3 AsylG nicht nachweisen könnten. Sie würden nicht über einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen werde verfügen, keine alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügen bei dem die Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig sei und sie könnten nicht nachweisen, dass ein Aufenthalt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führe. Zudem habe die Ehe zwischen der Erstbeschwerdeführerin und der Bezugsperson nicht bereits vor Einreise der Bezugsperson bestanden. In der Stellungnahme vom selben Tag (21.05.2019) führte das BFA weiters aus, dass die Bezugsperson weder in der Erstbefragung noch in den weiteren Einvernahmen angegeben habe, Vater von fünf Kindern zu sein.
3. Mit Schreiben vom 07.06.2019 wurde den Beschwerdeführern die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Ihnen wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, wobei auf die beiliegende Stellungnahme und Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom selben Tag verwiesen wurde. Es wurde hiermit Gelegenheit gegeben, innerhalb der Frist von einer Woche ab Zustellung die angeführten Ablehnungsgründe durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.
4. In einer Stellungnahme vom 07.06.2019 brachten die Beschwerdeführer im Wege ihrer Vertretung vor, dass die Ehe der Erstbeschwerdeführerin und der Bezugsperson am XXXX in Afghanistan nach traditionellen Ritus geschlossen, jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht offiziell registriert worden sei. Diese sei erst nachträglich durch die Erstbeschwerdeführerin vorgenommen worden. Die Eheleute seien seit mittlerweile dreiundzwanzig Jahren verheiratet und hätten sechs (sic) gemeinsame Kinder. Die Familie hätte bis zur Flucht der Bezugsperson im Jahre 2012 im gemeinsamen Haushalt gelebt, wo die Beschwerdeführer auch heute noch leben würden. Die Eheschließung sei daher bereits vor der Einreise der Bezugsperson geschlossen worden, lediglich die Registrierung der Ehe sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorgenommen worden. Seitdem die Familienmitglieder getrennt leben müssten, würden sie das Ehe- und Familienleben durch regelmäßige Nachrichten, Telefonate und Fotos aufrecht halten und via Smartphones in sehr engem Kontakt stehen. Die Ehe zwischen der Bezugsperson und der Erstbeschwerdeführerin sei persönlich geschlossen worden. Lediglich bei der offiziellen Eintragung habe sich die Bezugsperson vertreten lassen. Diese Registrierung sei jedoch nicht ausschlaggebend für den Ehebegriff iSd §°35°Abs.°5°AsylG. Diesbezüglich sei auf die Judikatur des VwGH (Ra2018/18/0094-8) hinzuweisen, so dieselbe Form der Eheschließung im Herkunftsland Syrien als rechtmäßig geschlossene Ehe im Herkunftsland anerkannt werde. Die Bezugsperson wolle darauf hinweisen, dass die Ehe nach traditionellem Ritus, den lokalen Vorschriften entsprechend, geschlossen worden sei. Eine nachträgliche Registrierung sei laut Angaben der Bezugsperson die übliche Vorgehensweise im Herkunftsland. Zu den in der Einvernahme gemachten Angaben der Bezugsperson sei anzuführen, dass die Bezugsperson den Rat eines Bekannten gefolgt sei. Die Bezugsperson habe angegeben, keine Kinder zu haben, da sie dachte, dass dies ihre Asylchancen erhöhe. Laut Auskunft eines Bekannten würden kinderlose Personen eher den Status des Asylberechtigten zugesprochen werden, weil diese infolge der Staatsgefährdung nicht auch noch Kinder nach Österreich nachholen würden. Der Bezugsperson tue diese falsche Aussage sehr leid, um nachzuweisen, dass es sich tatsächlich um seine Kinder handle, sei die gesamte Familie jederzeit mit einer DNA-Analyse einverstanden.
Zu den Erteilungsvoraussetzungen gem. § 60 Abs. 2 Z 1-3 AsylG sei auszuführen, dass der Begriff der "ortsüblichen Unterkunft" iSd § 11 Abs. 2 NAG ein rechtlich unbestimmter Begriff sei. Im konkreten Fall gebe es keinerlei Hinweise darauf, dass die Wohnung aufgrund der Ausstattung nicht ortsüblich wäre, da die Wohneinheit Zugang zu Ver- und Entsorgung, Sanitätseinrichtungen und elektrischem Strom beinhalte. Die Beschwerdeführer hätten den Nachweis über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz und die Leistungspflicht dieser Versicherung durch den bei der Antragstellung vorgelegten Versicherungsdatenauszug erbracht. Eine andere Form der Bestätigung sei laut Auskunft der GKK nicht möglich. Bezüglich der behaupteten finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft sei auszuführen, dass mit Berücksichtigung auf die Sonderzahlungen das monatliche Gehalt der Bezugsperson den Richtsätzen des ASVG entspräche. Eine etwaige finanzielle Belastung der Gebietskörperschaft könne somit nicht angenommen werden. Um Härtefälle zu vermeiden, habe der Gesetzgeber aus diesem Grunde die Möglichkeit geschaffen, von der Erfüllung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1-3 AsylG abzusehen. So könne von diesen Voraussetzungen gem. § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG abgesehen werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens dringend geboten sei. Zu den Zweifeln an den vorgelegten Dokumenten werde ausgeführt, dass der Aufforderung zur Stellungnahme weder ein Bericht eines "Dokumentenberaters" noch dessen Ergebnis beigelegt worden sei. Es lasse sich somit nicht nachvollziehen, wie die Behörde die Echtheit der Dokumente überprüft habe. Darüber hinaus sei nicht klar definiert worden, welche Dokumente konkret als nicht echt erachtet worden seien. Das BFA habe angeführt, dass eine Dokumentenprüfung erforderlich wäre, der Familie selbst stehe kein Mittel einer Dokumentenprüfung zur Verfügung, sie erkläre sich allerdings mit einer Prüfung der Dokumente einverstanden.
5. Nach Übermittlung der Stellungnahme an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl teilte dieses am 12.06.2019 mit, dass die negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrecht bleibe und verwies auf die Stellungnahme vom 21.05.2019.
6. Mit Bescheid vom 03.07.2019 wies die ÖB Islamabad die Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 ab.
7. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde, in welcher zunächst das Vorbringen in der Stellungnahme wiederholt wurde. Es wurde bemängelt, dass der angefochtene Bescheid in keiner Weise auf das Vorbringen der Beschwerdeführer eingehe und ausgeführt, dass die Ehe bereits vor der Einreise bestanden habe. Von der Eheschließung bis zur Flucht der Bezugsperson hätten die Eheleute im gemeinsamen Haushalt gelebt und sich um die gemeinsamen Kinder gekümmert. Weiters dürfte bei den Angaben zu dem Alter der Ehefrau bei der Eheschließung Missverständnisse entstanden sein. Die Erstbeschwerdeführerin sei laut Angaben aus dem Reisepass sowie aus der Heiratsurkunde siebzehn Jahre alt gewesen. Die falschen Angaben in der Einvernahme tue der Bezugsperson leid. Um nachzuweisen, dass es sich tatsächlich um die Kinder der Bezugsperson handle, sei die gesamte Familie jederzeit mit einer DNA-Analyse einverstanden. Bezüglich der Erteilungsvoraussetzungen gem. § 60 Abs. 2 Z 1- 2 AsylG sei auszuführen, dass es keinerlei Hinweise darauf gebe, dass die Wohnung aufgrund der Ausstattung nicht ortsüblich wäre. Hinsichtlich der Größe sei anzumerken, dass die Bezugsperson gerade auf der Suche nach einer anderen Wohnung sei. Die Beschwerdeführer hätten den Nachweis über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz und die Leistungspflicht dieser Versicherung erbracht. Auch würde es aufgrund des Einkommens aus Erwerbstätigkeit der Bezugsperson zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft kommen. Der Aufforderung zur Stellungnahme sei weder ein Bericht eines "Dokumentenberaters" noch dessen Ergebnis beigelegt worden. Es lasse sich somit nicht nachvollziehen wie die Behörde die Echtheit des Dokuments überprüft habe. Darüber hinaus sei nicht klar definiert worden, welche Dokumente konkret als nicht echt erachtet worden seien. Selbst wenn die Echtheit der Dokumente angezweifelt werde, wäre dies für sich kein tauglicher Grund den Antrag abzuweisen, sondern wären sonstige Beweismittel zu prüfen.
8. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 25.09.2019 wies die ÖB Islamabad die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab.
Im Laufe des Verfahrens wurden folgende Dokumente vorgelegt:
Die Beschwerdeführer betreffend:
-
Kopien der Reisepässe der Beschwerdeführer
-
Geburtsurkunden
-
Familienfotos
Die Bezugsperson betreffend:
-
Kopie des Konventionspasses der Bezugsperson
Heiratsurkunde über die Eheschließung am XXXX
Meldezettel
Arbeitsvertrag
Lohnzettel April 2019-Juni 2019
Versicherungsdatenauszug
Mietvertrag
9. Am 07.10.2019 wurde bei der ÖB ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.
10. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 04.11.2019, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 07.11.2019, wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A) Stattgebung der Beschwerden und Zurückverweisung:
Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:
"§ 34 (1) Stellt ein Familienangehöriger von
1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist und
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).
(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und
4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;
3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG)."
Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden
"§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."
§ 11, § 11a und § 26 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG)
Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
"§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte."
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung sind auch die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist anzugeben.
(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.
(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.
(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.
(9) Für Entscheidungen über die Erteilung eines Visums für Saisoniers (§ 2 Abs. 4 Z 13) oder Praktikanten (§ 2 Abs. 4 Z 13a) ist Art. 23 Abs. 1 bis 3 Visakodex sinngemäß anzuwenden.
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.
Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005
§ 26 FPG lautet:
"§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Familienangehörigen gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen."
§ 13 Abs. 4 BFA-VG lautet:
"Gelingt es einem Fremden nicht, ein behauptetes Verwandtschaftsverhältnis, auf das er sich in einem Verfahren vor dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht oder in einem Verfahren gemäß § 35 AsylG 2005 beruft, durch unbedenkliche Urkunden oder sonstige geeignete und gleichwertige Bescheinigungsmittel nachzuweisen, so hat ihm das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht auf sein Verlangen und auf seine Kosten die Vornahme einer DNA-Analyse zu ermöglichen. Der Fremde ist über diese Möglichkeit zu belehren. Das mangelnde Verlangen des Fremden auf Vornahme einer DNA-Analyse ist keine Weigerung des Fremden, an der Klärung des Sachverhaltes mitzuwirken. Im weiteren Verfahren darf nur die Information über das Verwandtschaftsverhältnis verarbeitet werden; allenfalls darüber hinaus gehende Daten sind zu löschen. Das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht hat dem Fremden die Kosten der DNA-Analyse auf Antrag zu erstatten, wenn das behauptete Verwandtschaftsverhältnis durch das auf der DNA-Analyse beruhende Gutachten festgestellt wurde und sich der Fremde im Bundesgebiet aufhält."
§ 28 Abs. 1 bis 3 VwGVG lautet wie folgt:
"§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist."
Mit Erkenntnis vom 26.6.2014, Ro 2014/03/0063, hat der VwGH festgestellt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen werde daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gelte, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.
Im Erkenntnis vom 01.03.2016, Ro 2015/18/20002 bis 0007, hält der VwGH zunächst fest, dass der in § 35 Abs. 4 AsylG 2005 angeordnete Beweismaßstab, nach dem das Bundesamt zu beurteilen hat, ob es eine positive oder negative Mitteilung abgibt, für sich betrachtet rechtsstaatlich nicht bedenklich erscheint. Da das Gesetz vorsieht, dass eine positive Mitteilung des Bundesamtes schon dann zu ergehen hat, wenn die Gewährung von internationalem Schutz bloß wahrscheinlich ist, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass eine negative Prognose nur dann erfolgen darf, wenn die Gewährung dieses Schutzes in einem nach Einreise in Österreich zu führenden Asylverfahren nicht einmal wahrscheinlich ist; Gewissheit darüber, dass dem Antragsteller internationaler Schutz in Österreich gewährt werden wird, erfordert die Erteilung einer Einreiseerlaubnis hingegen nicht.
Um somit die Einreiseerlaubnis nach Österreich zu erhalten, muss der Antragsteller lediglich die niedrigere Beweisschwelle der Wahrscheinlichkeit einer künftigen Gewährung internationalen Schutzes überspringen. Schon dann steht ihm die Möglichkeit offen, in das Bundesgebiet einzureisen und dort ein Familienverfahren nach § 34 AsylG 2005 - mit allen Verfahrensgarantien - zu absolvieren. Dass § 35 Abs. 4 AsylG 2005 die Vergabe eines Visums an die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes im künftigen Asylverfahren bindet, erscheint unter diesem Blickwinkel mit dem rechtsstaatlichen Prinzip somit nicht im Widerspruch zu stehen.
Der Verfassungsgerichtshof hat mehrfach ausgesprochen, dass willkürliches Verhalten einer Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, dann anzunehmen ist, sofern in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen wird oder ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren gar nicht stattfindet, insbesondere mit einem Ignorieren des Parteienvorbringens oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes. Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (vgl. VfSlg. 13.302/1992 mwN sowie VfSlg. 14.421/1996 und 15.743/2000).
Die Behörde hat die Pflicht, für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhalts erforderlichen Beweise zu sorgen und auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhaltes von Bedeutung sein kann, einzugehen. Die Behörde darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen (vgl. VwGH vom 10.04.2013, Zl. 2011/08/0169 sowie dazu Walter/Thienel:
"Verwaltungsverfahren Band I2", E 84 zu § 39 AVG).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. das im Beschwerdefall im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).
Ungeachtet dieser für die Vertretungsbehörden bestehenden Bindungswirkung an die Prognoseentscheidung des Bundesamtes steht es dem Bundesverwaltungsgericht allerdings nunmehr - innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012, geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems - offen, auch die Einschätzung des Bundesamtes über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002). Auch wenn es sich bei der Mitteilung des Bundesamtes um keinen Bescheid handelt, der vom Antragsteller (selbständig) angefochten werden kann (VwGH 06. 10.2010, 2008/19/0527), setzt die Möglichkeit einer Überprüfung der Richtigkeit dieser Prognose durch das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls voraus, dass dieser Mitteilung des Bundesamtes in nachvollziehbarer Weise zu entnehmen ist, aus welchen Gründen das Bundesamt die Zuerkennung des beantragten Schutzstatus für nicht wahrscheinlich hält.
Im gegenständlichen Fall liegt eine Mangelhaftigkeit im Sinne des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG vor bzw wurde auch Verfahrensvorschriften nicht ausreichend Rechnung getragen:
Die Erstbeschwerdeführerin gibt an, die Mutter der übrigen Beschwerdeführer und Ehefrau der Bezugsperson zu sein, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.03.2005 der Status des Asylberechtigten in Österreich zuerkannt wurde. Die Bezugsperson sei der leibliche Vater der mj. Zweit- bis Sechstbeschwerdeführer.
Zur Bezugsperson ist darauf hinzuweisen, dass dieser mit Erkenntnis des BVwG vom 31.03.2015, W126 1431730-1/9E, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wurde.
Der angebliche Ehemann bzw. Vater der Beschwerdeführer hat jedoch im Zuge seiner Erstbefragung, Einvernahme und in der mündlichen Verhandlung angegeben, (lediglich) traditionell verheiratet zu sein und keine Kinder zu haben. Weiters, dass er seit seiner Flucht keinen Kontakt mehr zu seiner sechzehnjährigen Ehefrau hat. Im Zuge der mündlichen Verhandlung am 16.02.2015 führte die Bezugsperson etwa aus, dass nach ihrer Flucht alle Dorfbewohner aus dem Heimatdorf vertrieben worden wären, weshalb die Bezugsperson den Aufenthalt ihrer Familie nicht kenne. Der Bezugsperson wurde aufgrund der behaupten Flucht vor Verfolgung durch die Taliban in Österreich der Asylstatus zuerkannt.
Im Gegensatz dazu brachte die Erstbeschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vor, bis zur Flucht der Bezugsperson mit dieser im gemeinsamen Haus(halt) gelebt zu haben, wo sie auch heute noch zusammen mit den minderjährigen Beschwerdeführern leben würde. Seitdem die Familienmitglieder getrennt leben müssten, würden sie ihr Ehe- und Familienleben durch regelmäßige Nachrichten, Telefonate und Fotos aufrecht halten. Demgegenüber gab die Bezugsperson in der mündlichen Verhandlung an, seit der Flucht keinen Kontakt mehr zu den Verwandten zu haben.
Der angebliche Vater der minderjährigen Beschwerdeführer räumte nunmehr in der Stellungnahme ein, falsche Angaben bezüglich seiner Kinder - der nunmehrigen minderjährigen Beschwerdeführer - getätigt zu haben, da er dachte, "dass dies seine Chancen erhöht, Asyl zuerkannt zu bekommen. Laut Auskunft seines Bekannten, würden kinderlose Personen eher den Status des Asylberechtigten zugesprochen bekommen, weil diese Infolge der Statusgewährung nicht auch noch Kinder nach Österreich nachholen würden."
Das Bundesverwaltungsgericht stimmt den Feststellungen in der nunmehr angefochtenen Entscheidung dahingehend zu, dass die Bezugsperson weder in der Erstbefragung noch in den weiteren Einvernahmen angegeben habe, Vater von fünf Kindern zu sein, im Widerspruch dazu wird im gegenständlichen Antrag behauptet, die Bezugsperson sei der leibliche Vater der mj. Zweit- bis Sechstbeschwerdeführer. Diesbezüglich ist jedoch darauf hinzuweisen, dass insbesondere betreffend die minderjährigen Beschwerdeführer der Verweis auf die widersprüchlichen Angaben der Bezugsperson nicht hinreichend erscheint, sondern dahingehend weitere Ermittlungen erforderlich sind, da der Bezugsperson nach wie vor der Asylstatus in Österreich zukommt und zum Entscheidungszeitpunkt kein Aberkennungsverfahren eingeleitet wurde, weshalb die behauptete Eigenschaft Familienangehörige der Bezugsperson zu sein zu überprüfen ist.
Die Behörde wies den Einreiseantrag der Beschwerdeführer gegenständlich im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass das behauptete Familienverhältnis aufgrund der Zweifel an der Echtheit der Kopien der vorgelegten Urkunden und der Angaben der Bezugsperson in deren Einvernahme nicht als erwiesen anzunehmen sei. Betreffend die Erstbeschwerdeführerin und die mj Zweit- bis Sechstbeschwerdeführer habe die Eigenschaft als Familienangehörige gem. § 35 Abs. 5 AsylG nicht bewiesen werden können, da die Ehe nicht bereits vor Einreise der Bezugsperson bestanden habe und die Bezugsperson angegeben habe keine Kinder zu haben. Zudem seien die Erteilungsvoraussetzungen des §°60 Abs. 2 AsylG nicht erfüllt.
Eine Überprüfung der vorgelegten Dokumente ist, wie sich auch aus dem Akt ergibt, aus von den Beschwerdeführern nicht zu vertretenden Gründen, gegenständlich jedoch unterblieben. Es wurde bereits zurecht von der Vertretung der Beschwerdeführer ausgeführt, dass sich im gegenständlichen Fall nicht nachvollziehen lässt, wie die Behörde die Echtheit der Dokumente überprüft hat. Darüber hinaus ist nicht klar definiert worden, welche Dokumente konkret als nicht echt erachtet worden sind. Im Hinblick auf die von der Behörde hinsichtlich der Echtheit und der Richtigkeit des Inhalts der vorgelegten Urkunden geäußerten Bedenken ist zudem festzuhalten, dass dies allein eine Ablehnung der Einreiseanträge nicht zu begründen vermag. In einem solchen Fall hat die Behörde andere Nachweise für das Bestehen der Familienangehörigeneigenschaft zu prüfen; darunter fallen etwa Einvernahmeprotokolle der Bezugsperson, deren zeugenschaftliche Einvernahme oder die Durchführung von DNA-Tests.
Auch wenn sich aus den Einvernahmeprotokollen unbestritten ergibt, dass die Bezugsperson angegeben hat, keine Kinder zu haben und zudem die Behörde die vorgelegten Dokumente für nicht geeignet befunden hat, das tatsächliche Bestehen des behaupteten und relevanten Familienverhältnisses nachzuweisen, wäre, aufgrund der in diesem Verfahren getätigten Aussagen der Beschwerdeführer und der Bezugsperson gemäß §°13°Abs 4 BFA-VG DNA-Analysen zum Nachweis der Familienangehörigeneigenschaft der mj Beschwerdeführer in Hinblick auf die Bezugsperson bzw. der leiblichen Mutterschaft der Erstbeschwerdeführerin zu den Zweit- bis Sechstbeschwerdeführern, erforderlich gewesen (nach der Rechtsprechung des VwGH, 22.2.2018, Ra 2017/18/0131, ist § 13 Abs 4 BFA-VG auch in Verfahren nach
§ 35 AsylG anzuwenden).
Im gegenständlichen Fall wurde den Verfahrensvorschriften insofern nicht ausreichend entsprochen, als die Beschwerdeführer von der Behörde nicht entsprechend
§°13°Abs.°4 BFA-VG über die Möglichkeit der Vornahme einer DNA-Analyse belehrt wurden. Eine korrekte Anwendung des § 13 Abs. 4 BFA-VG erfordert eine Belehrung der Fremden über die Möglichkeit der Vornahme einer DNA-Analyse. Den Beschwerdeführern ist auf deren Verlangen und auf deren Kosten eine solche zu ermöglichen (vgl etwa BVwG W175 2142004-1f vom 17.05.2017; W205 21009987-1f vom 16.06.2016; W192 2009649-1f vom 24.03.2016 und W165 2012710-1 vom 07.01.2019).
Die Erstbeschwerdeführerin hat die Bereitschaft (sämtlicher Beschwerdeführer), sich zum Nachweis der Familienangehörigeneigenschaft einer DNA-Analyse zu unterziehen, explizit erklärt (vgl. Stellungnahme vom 07.06.2019). Im vorliegenden Fall hat das Bundesamt jedoch eine entsprechende Belehrung nicht erteilt.
Vor Abweisung eines Antrags gemäß § 35 AsylG aufgrund von Zweifeln an einem Verwandtschaftsverhältnis hat jedenfalls gemäß § 13 Abs 4 BFA-VG eine organisatorische Hilfestellung zur Beibringung eines DNA-Nachweises und die entsprechende Belehrung zu erfolgen (arg:
"hat ihm ... zu ermöglichen"; "ist zu belehren"; vgl VwGH 22.2.2018,
Ra 2017/18/0131). Im vorliegenden Fall, in dem sich die Beschwerdeführer, wie bereits erwähnt, ausdrücklich bereit erklärt haben, das Verwandtschaftsverhältnis mittels DNA-Gutachten nachzuweisen, sofern entsprechende Zweifel bestünden, kann dieses Ersuchen nur so verstanden werden, dass die Beschwerdeführer damit um die gebotene behördliche organisatorische Hilfestellung im oben wiedergegebenen Sinn, somit auch eine Anleitung betreffend die Modalitäten der Durchführung einer DNA-Analyse (u.a. Ort, Zeit und Kosten) ersucht haben (vgl auch VwGH 22.2.2018, Ra 2017/18/0131).
In diesem Zusammenhang ist auch noch Folgendes festzuhalten: Eine allfällige Kenntnis eines Fremden von der Bestimmung des § 13 Abs 4 BFA-VG entbindet die Behörde nicht von ihrer Verpflichtung, den Fremden über die Möglichkeit der Durchführung einer DNA-Analyse zu belehren. Für eine hievon abweichende Auslegung bietet der klare Wortlaut der Bestimmung keine Anhaltspunkte (arg.: "Der Fremde ist über diese Möglichkeit zu belehren"...). Die Behörde hat es jedenfalls unbestrittener Maßen verabsäumt, die Beschwerdeführer entsprechend zu belehren, obgleich die Beschwerdeführer selbst auf diese die Behörde treffende Verpflichtung hingewiesen haben.
Sollten nach einer erneuten Überprüfung der Heiratsdokumente sowie im Hinblick auf das Heiratsalter der Erstbeschwerdeführerin, weiterhin Zweifel an einer (gültig geschlossenen, in Österreich anerkannten) Ehe zwischen der Erstbeschwerdeführerin und der Bezugsperson vorliegen, wäre - sollte nach Durchführung der DNA-Analysen eine Familieneigenschaft zwischen den Zweit- bis Sechstbeschwerdeführern (bzw. einem oder mehreren von ihnen) und der Bezugsperson gesichert sein - in Bezug auf die Erstbeschwerdeführerin - deren leibliche Mutterschaft zu den Zweitbis Sechstbeschwerdeführern vorausgesetzt - auch Art. 8 EMRK entsprechend zu berücksichtigen.
Die Behörde wird daher im fortgesetzten Verfahren - unter Berücksichtigung der neueren höchstgerichtlichen Judikatur (vgl VwGH 22.2.2018, Ra 2017/18/0131) - eine entsprechende Belehrung gemäß § 13 Abs. 4 BFA-VG durchzuführen und den Beschwerdeführern, im Falle ihrer Ansicht nach weiterhin vorliegender Zweifel an der Familienangehörigeneigenschaft, Gelegenheit zur Vornahme von DNA-Analysen zu geben haben. Ferner ist die Behörde gegebenenfalls (bei DNA-mäßig festgestellter Mutterschaft der Erstbeschwerdeführerin) gehalten, die Einhaltung des Art. 8 EMRK zu prüfen, um der Erstbeschwerdeführerin die Fortsetzung des Familienlebens mit ihren Kindern zu ermöglichen.
Hinsichtlich der Ausführungen über die Erteilungsvoraussetzungen gem.
§ 60 Abs. 2 Z 1-3 AsylG in der gegenständlich angefochtenen Entscheidung ist schließlich darauf hinzuweisen, dass zunächst die vorzitierten Ermittlungen zur behaupteten Familieneigenschaft anzustellen sind. In weiterer Folge wird festzustellen sein, ob im gegenständlichen Fall eine Konstellation vorliegt, für die der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen hat, von der Erfüllung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1-3 AsylG abzusehen. Es kann beispielsweise von vorzitierten Voraussetzungen gem. § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG abgesehen werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens dringend geboten ist.
Das Bundesverwaltungsgericht weist noch auf die Spezifika und die verfahrensrechtlichen Einschränkungen (siehe § 11a FPG) der gegenständlichen Beschwerdeverfahren hin, weshalb die Durchführung der notwendigen Ermittlungen zur Familienangehörigeneigenschaft der Beschwerdeführer nicht im Interesse der Effizienz, Raschheit und Kostenersparnis durch dieses selbst durchgeführt werden können.
Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieser Beschluss ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelleEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W240.2225153.1.00Zuletzt aktualisiert am
24.02.2020